Dilemma mit der Arbeitszeit
- Donnerstag, 18. Juli 2019 @ 09:24
Brigitte Promberger über eine Umfrage der GPA-djp
Die umtriebige neue Bundesvorsitzende der GPA-djp, Barbara Teiber, beschickt uns Betriebsrät*innen regelmäßig mit Informationen. Das ist neu und gut. Zuletzt ging es um eine Umfrage zum Thema Freizeit. Per Mail konnten sich Betriebsrät*innen anmelden, um sich an den Befragungen im jeweiligen Betrieb zu beteiligen. Nach Anmeldung meldete sich der/die zuständige Sekretär/in mit weiteren Anleitungen. Die Betriebsrät*innen sollten mit Mitarbeiter*innen Gespräche führen, was deren Wünsche zu Freizeit anlangt.
Nur ums Gespräch
Fragebögen gab es nicht, es ginge ums Gespräch. Dazu kamen aufwändige Folder „Mach den GPA-djp FREIZEIT-Check und gewinne einen Urlaubs-Scheck!“, bei denen eine Mitgliederanmeldung nicht fehlen durfte. Auch wurde bereits eine Einladung zur Betriebsrät*innen-Konferenz „Arbeitszeit Neu – Erfahrungen, Herausforderungen, Erfolge“ für den 4. September ausgeschickt.
Nun bleibt doch ein irritierendes Gefühl zurück, wenn man Befragungen macht, die aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit – weil nicht kategorisiert und ohne Mitteilung über die Anzahl der Befragten und ob Frauen oder Männer – geradezu unauswertbar sind. Dient diese Strategie der Einbindung dazu, Betriebsrät*innen das Gefühl zu geben, mitzubestimmen, ohne dass das tatsächlich der Fall ist?
Freizeit vs. Arbeitszeit
Im September vor einem Jahr hat die neoliberale türkis-blaue Bundesregierung den 12-Stundentag und die 60-Stundenwoche (12/60) eingeführt. Noch im Sommer vor diesem Beschluss haben die Gewerkschaften Unterschriften gesammelt und „So nicht!“ dagegengestellt. Nach Einführung gab es noch kräftiges Gebrumme und schnell wurden von den sozialdemokratischen Gewerkschafter*innen wieder die engen Gleise der Sozialpartnerschaft heraufbeschworen. Man habe ja noch die Kollektivverträge und da werde man sowas von kämpfen! Da werde man um weitere Urlaubstage fechten und sich gegen 12/60 stellen, außer… Ja, außer. Außer, wenn die Belegschaft es will, außer in Ausnahmen…
In Salzburg gibt es dazu bereits ein spannendes Beispiel. Ein großer Betrieb hat im Einverständnis mit Betriebsrat und Belegschaft den 12-Stundentag eingeführt. Nachdem Krankenstände massiv gestiegen sind, Arbeitsunfälle sich häuften und immer mehr Ausschuss produziert wurde, ist man von diesem Modell nach sieben Monaten wieder abgegangen.
Vier-Tage-Woche als Beschiss
Auch ist die viel gepriesene Vier-Tage-Woche mehr Beschiss als sonst was. Die gleiche Arbeitszeit auf weniger Tage verteilt bedeutet für die Arbeitenden den Verlust von Überstundenzuschlägen.
Bei der letzten GPA-djp-Regionalvorstandssitzung teilte Regionalsekretär, Landtagsabgeordneter, AK-Vorstandsmitglied und FSG-Landesvorsitzender Gerald Forcher mit, dass sich die GPA-djp für Arbeitszeitverkürzung einsetzen wolle – für 38 Stunden in den Bereichen, in denen derzeit 40 Stunden gearbeitet werden und für 35 oder 36 Stunden für die jetzt 38,5 Stunden Arbeitenden. Bei solchen Aussagen fragt man sich erstens, ob all die bereits geforderten Arbeitszeitverkürzungen bei Spitzenfunktionären so derartig schnell in Vergessenheit geraten und zweitens, wozu die Arbeiterkammern Studien erstellen, in denen bereits vor Jahren klar wurde, dass nur eine generellen Arbeitszeitverkürzung auf zumindest 35 Stunden positive Auswirkungen zeigt.
Immer wieder ärgerlich ist auch die Ausgrenzung aller Bereiche, für die es keinen Kollektivvertrag gibt. Diese überlassen die sozialpartnerschaftsgeneigten Funktionär*innen weitgehend dem Schicksal, bzw. dem neoliberalen Treiben der Wirtschaft. Selbst dann, wenn es Bereiche betrifft, die die GPA-djp (noch) im Namen trägt – wie den Bereich Druck, Journalismus, Papier. Da wurden Kollektivverträge einseitig vom „Sozialpartner“ Wirtschaft aufgekündigt.
In der Argumentation der Mehrheitsfraktion ist kein Funken von selbstbewusster Interessensvertretung zu erkennen. Weder selbstbewusst, noch Funken. Die Umverteilung von oben nach unten, gerechte Verteilung des Produktivitätszuwachses, Erhöhung des Höchststeuersatzes, Besteuerung der Vermögen – all das findet kaum Eingang in die gewerkschaftlichen Forderungen.
Schonung für Sozialpartner
Dafür die Ansage, die sogenannten Sozialpartner nicht mit zu hohen Forderungen vor den Kopf stoßen zu wollen. Gewerkschaften haben den gesellschaftspolitischen Auftrag, die selbstbewusste Interessensvertretung der Arbeitenden und Arbeitslosen zu sein, die klar macht, dass ohne uns nichts läuft und nichts wächst. Auch keine Wirtschaft und kein Gewinn. „Wir fordern jetzt, was uns gehört und müssen nicht mehr bitten!“, heißt es in der „Proletenpassion“. Ein Motto, das gefallen könnte.
Radikale Arbeitszeitverkürzung auf 30 Wochenstunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich ist ein Mittel, um viele Problemfelder zu entschärfen und um für teilweise Umverteilungsgerechtigkeit zu sorgen!
Brigitte Promberger ist Kulturarbeiterin und Betriebsrätin im Literaturhaus Salzburg und GLB-Arbeiterkammerrätin
Die umtriebige neue Bundesvorsitzende der GPA-djp, Barbara Teiber, beschickt uns Betriebsrät*innen regelmäßig mit Informationen. Das ist neu und gut. Zuletzt ging es um eine Umfrage zum Thema Freizeit. Per Mail konnten sich Betriebsrät*innen anmelden, um sich an den Befragungen im jeweiligen Betrieb zu beteiligen. Nach Anmeldung meldete sich der/die zuständige Sekretär/in mit weiteren Anleitungen. Die Betriebsrät*innen sollten mit Mitarbeiter*innen Gespräche führen, was deren Wünsche zu Freizeit anlangt.
Nur ums Gespräch
Fragebögen gab es nicht, es ginge ums Gespräch. Dazu kamen aufwändige Folder „Mach den GPA-djp FREIZEIT-Check und gewinne einen Urlaubs-Scheck!“, bei denen eine Mitgliederanmeldung nicht fehlen durfte. Auch wurde bereits eine Einladung zur Betriebsrät*innen-Konferenz „Arbeitszeit Neu – Erfahrungen, Herausforderungen, Erfolge“ für den 4. September ausgeschickt.
Nun bleibt doch ein irritierendes Gefühl zurück, wenn man Befragungen macht, die aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit – weil nicht kategorisiert und ohne Mitteilung über die Anzahl der Befragten und ob Frauen oder Männer – geradezu unauswertbar sind. Dient diese Strategie der Einbindung dazu, Betriebsrät*innen das Gefühl zu geben, mitzubestimmen, ohne dass das tatsächlich der Fall ist?
Freizeit vs. Arbeitszeit
Im September vor einem Jahr hat die neoliberale türkis-blaue Bundesregierung den 12-Stundentag und die 60-Stundenwoche (12/60) eingeführt. Noch im Sommer vor diesem Beschluss haben die Gewerkschaften Unterschriften gesammelt und „So nicht!“ dagegengestellt. Nach Einführung gab es noch kräftiges Gebrumme und schnell wurden von den sozialdemokratischen Gewerkschafter*innen wieder die engen Gleise der Sozialpartnerschaft heraufbeschworen. Man habe ja noch die Kollektivverträge und da werde man sowas von kämpfen! Da werde man um weitere Urlaubstage fechten und sich gegen 12/60 stellen, außer… Ja, außer. Außer, wenn die Belegschaft es will, außer in Ausnahmen…
In Salzburg gibt es dazu bereits ein spannendes Beispiel. Ein großer Betrieb hat im Einverständnis mit Betriebsrat und Belegschaft den 12-Stundentag eingeführt. Nachdem Krankenstände massiv gestiegen sind, Arbeitsunfälle sich häuften und immer mehr Ausschuss produziert wurde, ist man von diesem Modell nach sieben Monaten wieder abgegangen.
Vier-Tage-Woche als Beschiss
Auch ist die viel gepriesene Vier-Tage-Woche mehr Beschiss als sonst was. Die gleiche Arbeitszeit auf weniger Tage verteilt bedeutet für die Arbeitenden den Verlust von Überstundenzuschlägen.
Bei der letzten GPA-djp-Regionalvorstandssitzung teilte Regionalsekretär, Landtagsabgeordneter, AK-Vorstandsmitglied und FSG-Landesvorsitzender Gerald Forcher mit, dass sich die GPA-djp für Arbeitszeitverkürzung einsetzen wolle – für 38 Stunden in den Bereichen, in denen derzeit 40 Stunden gearbeitet werden und für 35 oder 36 Stunden für die jetzt 38,5 Stunden Arbeitenden. Bei solchen Aussagen fragt man sich erstens, ob all die bereits geforderten Arbeitszeitverkürzungen bei Spitzenfunktionären so derartig schnell in Vergessenheit geraten und zweitens, wozu die Arbeiterkammern Studien erstellen, in denen bereits vor Jahren klar wurde, dass nur eine generellen Arbeitszeitverkürzung auf zumindest 35 Stunden positive Auswirkungen zeigt.
Immer wieder ärgerlich ist auch die Ausgrenzung aller Bereiche, für die es keinen Kollektivvertrag gibt. Diese überlassen die sozialpartnerschaftsgeneigten Funktionär*innen weitgehend dem Schicksal, bzw. dem neoliberalen Treiben der Wirtschaft. Selbst dann, wenn es Bereiche betrifft, die die GPA-djp (noch) im Namen trägt – wie den Bereich Druck, Journalismus, Papier. Da wurden Kollektivverträge einseitig vom „Sozialpartner“ Wirtschaft aufgekündigt.
In der Argumentation der Mehrheitsfraktion ist kein Funken von selbstbewusster Interessensvertretung zu erkennen. Weder selbstbewusst, noch Funken. Die Umverteilung von oben nach unten, gerechte Verteilung des Produktivitätszuwachses, Erhöhung des Höchststeuersatzes, Besteuerung der Vermögen – all das findet kaum Eingang in die gewerkschaftlichen Forderungen.
Schonung für Sozialpartner
Dafür die Ansage, die sogenannten Sozialpartner nicht mit zu hohen Forderungen vor den Kopf stoßen zu wollen. Gewerkschaften haben den gesellschaftspolitischen Auftrag, die selbstbewusste Interessensvertretung der Arbeitenden und Arbeitslosen zu sein, die klar macht, dass ohne uns nichts läuft und nichts wächst. Auch keine Wirtschaft und kein Gewinn. „Wir fordern jetzt, was uns gehört und müssen nicht mehr bitten!“, heißt es in der „Proletenpassion“. Ein Motto, das gefallen könnte.
Radikale Arbeitszeitverkürzung auf 30 Wochenstunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich ist ein Mittel, um viele Problemfelder zu entschärfen und um für teilweise Umverteilungsgerechtigkeit zu sorgen!
Brigitte Promberger ist Kulturarbeiterin und Betriebsrätin im Literaturhaus Salzburg und GLB-Arbeiterkammerrätin