Klassenkampf von oben
- Freitag, 3. Mai 2019 @ 21:58
Karin Antlanger über das Karfreitagsdebakel
Da haben sich wohl einige zu früh gefreut, als der Europäische Gerichtshof im Jänner dieses Jahres befand, dass die bis vor kurzem in Österreich geltende Karfreitags-Feiertagsregelung diskriminierend sei, weil sie nur für Angehörige der Altkatholischen Kirche, der evangelischen Kirchen Augsburger und Helvetischen Bekenntnisses sowie der evangelisch-methodistischen Kirche galt. Laut EuGH darf ein bezahlter Feiertag nicht nur Angehörigen einzelner Religionsgruppen zugestanden werden, sondern muss für alle ein bezahlter Feiertag sein, weil dies sonst eine Diskriminierung aufgrund des Religionsbekenntnisses sei.
Ein Schelm ist, wer da gedacht hat, dass nun alle einen Anspruch auf einen bezahlten Feiertag am Karfreitag hätten. Die Regierung handelte sogleich nach dem Prinzip „Nehmen ist seliger denn Geben“ und strich den bezahlten Feiertag auch für die Altkatholischen und die Evangelischen.
Feiertag als Verhöhnung
Kreativ sind sie ja im Erfinden neuer Begriffe. „Persönlicher Feiertag“ - soll heißen, dass jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer einmal im Jahr einen Urlaubstag einseitig bestimmen darf. Das heißt, dass für diesen einen Tag kein Einvernehmen mit dem Arbeitgeber hergestellt werden muss.
Es ist aber kein bezahlter Feiertag, wie die Bezeichnung vorgaukeln will, sondern ein Urlaubstag, der vom Urlaubsanspruch abgezogen wird. Nur die LehrerInnen sind von dieser Regelung ausgenommen. Haben diese doch eh am Karfreitag weiterhin frei, weil da für die SchülerInnen unterrichtsfrei ist.
Für Unternehmer läuft es gut
De facto werden also die Leistungszeiten gesamtwirtschaftlich erhöht, indem man den Evangelischen und Altkatholischen den Feiertag wegnimmt, anstatt endlich eine längst überfällige allgemeine Arbeitszeitverkürzung einzuführen. Wie heißt es doch: „Man bekommt bei Gericht keine Gerechtigkeit, sondern ein Urteil.“ Und von der schwarz-blauen Regierung gibt`s dann noch eins drauf.
Denn die agiert erwartungsgemäß nur im Sinne der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung. Dabei werden die schalen Argumente der „wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit, der Leistbarkeit, der Standortfrage“ strapaziert. Als ob die österreichische Volkswirtschaft zusammenbrechen würde, wenn für die an diesem Tag geleisteten Arbeitsstunden ein Feiertagszuschlag zu zahlen wäre. Gewerkschaften und Arbeiterkammern haben zwar kurz aufgeheult – jetzt dröhnt nur noch deren Schweigen in unseren Ohren.
Vier Rechtsgelehrte, fünf Meinungen
Schwarz-Blau hat mit der Regelung des „Persönlichen Feiertages“ in den Generalkollektivvertrag eingegriffen, der seit den 1950er Jahren den Karfreitag und Jom Kippur regelte. Diesen Eingriff sehen manche universitäre Arbeitsrechtler als zulässig, andere als rechtswidrig an. Bei der politischen Besetzung der österreichischen Gerichte eine höchst unsichere Sache.
Ob die Gewerkschaften wieder nur zuschauen, wie ihre so hochgelobte Sozialpartnerschaft ausgehebelt wird, und ob sie das tote Pferd noch im Liegen reiten wollen? Noch ist nichts bekannt, ob die Gewerkschaft diesen durch die Regierung erfolgten Eingriff in den Generalkollektivvertrag anfechten wird. Immerhin hätte die Regierung die Sozialpartner nach dem EuGH-Urteil auffordern müssen, den General-KV zu sanieren.
Sie hat aber lieber gleich eine neue gesetzliche Regelung im Parlament beschließen lassen. Den Klassenkampf von oben, den die Regierung längst führt, wollen die sozialdemokratischen Chef-FunktionärInnen anscheinend noch immer nicht wahrhaben. Katzian war auch schon mal besser drauf und Achitz ergreift die Flucht zur Volksanwaltschaft.
Weg mit dem Konkordat!
So mancher braucht sich nicht über den islamischen Gottesstaat im Iran aufregen. In Österreich herrschen in so vielen Fragen noch immer die katholischen Ayatollahs. Von 13 gesetzlichen Feiertagen sind nur drei säkulare Feiertage: 1. Jänner, 1. Mai und 26. Oktober. Alle anderen sind kirchliche Feiertage, die meisten davon durch das Konkordat aus dem Jahr 1933 geschützt.
In diesem Vertrag zwischen der österreichischen Bundesregierung und dem Hl. Stuhl wird der Römisch-katholischen Kirche „die freie Ausübung ihrer geistlichen Macht und die freie und öffentliche Ausübung des Kultus…“ garantiert. Da soll noch einer sagen, dass der Katholizismus in Österreich keine Staatsreligion sei.
In einer aufgeklärten, weltlichen Gesellschaft des dritten Jahrtausends kann es nur eine Lösung geben: Religion ist Privatsache und alle Feiertage sind staatliche Feiertage. Es reicht nicht zu sagen, wir geben den Menschen 13 zusätzliche Urlaubstage und streichen dafür alle Feiertage.
Für einen gesellschaftlichen Zusammenhalt sind sehr wohl gemeinsame Feiertage für alle notwendig, wo das Erwerbsleben auch mal weitgehend zur Ruhe kommt. Nur, mit dieser Regierung und mit diesen Gewerkschaften ist das nicht zu machen.
Karin Antlanger ist Sozialpädagogin und war Betriebsrätin bei EXIT-sozial Linz
Da haben sich wohl einige zu früh gefreut, als der Europäische Gerichtshof im Jänner dieses Jahres befand, dass die bis vor kurzem in Österreich geltende Karfreitags-Feiertagsregelung diskriminierend sei, weil sie nur für Angehörige der Altkatholischen Kirche, der evangelischen Kirchen Augsburger und Helvetischen Bekenntnisses sowie der evangelisch-methodistischen Kirche galt. Laut EuGH darf ein bezahlter Feiertag nicht nur Angehörigen einzelner Religionsgruppen zugestanden werden, sondern muss für alle ein bezahlter Feiertag sein, weil dies sonst eine Diskriminierung aufgrund des Religionsbekenntnisses sei.
Ein Schelm ist, wer da gedacht hat, dass nun alle einen Anspruch auf einen bezahlten Feiertag am Karfreitag hätten. Die Regierung handelte sogleich nach dem Prinzip „Nehmen ist seliger denn Geben“ und strich den bezahlten Feiertag auch für die Altkatholischen und die Evangelischen.
Feiertag als Verhöhnung
Kreativ sind sie ja im Erfinden neuer Begriffe. „Persönlicher Feiertag“ - soll heißen, dass jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer einmal im Jahr einen Urlaubstag einseitig bestimmen darf. Das heißt, dass für diesen einen Tag kein Einvernehmen mit dem Arbeitgeber hergestellt werden muss.
Es ist aber kein bezahlter Feiertag, wie die Bezeichnung vorgaukeln will, sondern ein Urlaubstag, der vom Urlaubsanspruch abgezogen wird. Nur die LehrerInnen sind von dieser Regelung ausgenommen. Haben diese doch eh am Karfreitag weiterhin frei, weil da für die SchülerInnen unterrichtsfrei ist.
Für Unternehmer läuft es gut
De facto werden also die Leistungszeiten gesamtwirtschaftlich erhöht, indem man den Evangelischen und Altkatholischen den Feiertag wegnimmt, anstatt endlich eine längst überfällige allgemeine Arbeitszeitverkürzung einzuführen. Wie heißt es doch: „Man bekommt bei Gericht keine Gerechtigkeit, sondern ein Urteil.“ Und von der schwarz-blauen Regierung gibt`s dann noch eins drauf.
Denn die agiert erwartungsgemäß nur im Sinne der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung. Dabei werden die schalen Argumente der „wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit, der Leistbarkeit, der Standortfrage“ strapaziert. Als ob die österreichische Volkswirtschaft zusammenbrechen würde, wenn für die an diesem Tag geleisteten Arbeitsstunden ein Feiertagszuschlag zu zahlen wäre. Gewerkschaften und Arbeiterkammern haben zwar kurz aufgeheult – jetzt dröhnt nur noch deren Schweigen in unseren Ohren.
Vier Rechtsgelehrte, fünf Meinungen
Schwarz-Blau hat mit der Regelung des „Persönlichen Feiertages“ in den Generalkollektivvertrag eingegriffen, der seit den 1950er Jahren den Karfreitag und Jom Kippur regelte. Diesen Eingriff sehen manche universitäre Arbeitsrechtler als zulässig, andere als rechtswidrig an. Bei der politischen Besetzung der österreichischen Gerichte eine höchst unsichere Sache.
Ob die Gewerkschaften wieder nur zuschauen, wie ihre so hochgelobte Sozialpartnerschaft ausgehebelt wird, und ob sie das tote Pferd noch im Liegen reiten wollen? Noch ist nichts bekannt, ob die Gewerkschaft diesen durch die Regierung erfolgten Eingriff in den Generalkollektivvertrag anfechten wird. Immerhin hätte die Regierung die Sozialpartner nach dem EuGH-Urteil auffordern müssen, den General-KV zu sanieren.
Sie hat aber lieber gleich eine neue gesetzliche Regelung im Parlament beschließen lassen. Den Klassenkampf von oben, den die Regierung längst führt, wollen die sozialdemokratischen Chef-FunktionärInnen anscheinend noch immer nicht wahrhaben. Katzian war auch schon mal besser drauf und Achitz ergreift die Flucht zur Volksanwaltschaft.
Weg mit dem Konkordat!
So mancher braucht sich nicht über den islamischen Gottesstaat im Iran aufregen. In Österreich herrschen in so vielen Fragen noch immer die katholischen Ayatollahs. Von 13 gesetzlichen Feiertagen sind nur drei säkulare Feiertage: 1. Jänner, 1. Mai und 26. Oktober. Alle anderen sind kirchliche Feiertage, die meisten davon durch das Konkordat aus dem Jahr 1933 geschützt.
In diesem Vertrag zwischen der österreichischen Bundesregierung und dem Hl. Stuhl wird der Römisch-katholischen Kirche „die freie Ausübung ihrer geistlichen Macht und die freie und öffentliche Ausübung des Kultus…“ garantiert. Da soll noch einer sagen, dass der Katholizismus in Österreich keine Staatsreligion sei.
In einer aufgeklärten, weltlichen Gesellschaft des dritten Jahrtausends kann es nur eine Lösung geben: Religion ist Privatsache und alle Feiertage sind staatliche Feiertage. Es reicht nicht zu sagen, wir geben den Menschen 13 zusätzliche Urlaubstage und streichen dafür alle Feiertage.
Für einen gesellschaftlichen Zusammenhalt sind sehr wohl gemeinsame Feiertage für alle notwendig, wo das Erwerbsleben auch mal weitgehend zur Ruhe kommt. Nur, mit dieser Regierung und mit diesen Gewerkschaften ist das nicht zu machen.
Karin Antlanger ist Sozialpädagogin und war Betriebsrätin bei EXIT-sozial Linz