Ministerin Gnadenlos
- Donnerstag, 2. Mai 2019 @ 21:48
Gerlinde Grünn über die Zerstörung des geschützten Arbeitsmarktes
Der Rückbau von sozialen Sicherungssystemen steht ganz oben auf der Agenda der schwarz-blauen Regierung. Die Aushöhlung der Selbstverwaltung der Krankenversicherung, die Verdrängung der ArbeitnehmervertreterInnen aus Leitungsgremien und ungenierte Umfärbeaktionen sind bereits vollbracht. Neben den Verschlechterungen bei der hinkünftig nicht mehr Mindestsicherung, sondern Sozialhilfe Neu genannten Basisversorgung der in existenzielle Not geratenen Bevölkerung stehen natürlich auch Verschlechterungen bei der Arbeitslosenversicherung ins Haus. Startschuss für das Zerstörungswerk der Regierung im arbeitsmarktpolitischen Kontext war das Aussetzen der Aktion „20.000“ Anfang Jänner 2018.
Das Projekt, Arbeitslosen über 50 für zwei Jahre einen geförderten Arbeitsplatz im öffentlichen Sektor zur Verfügung zu stellen und damit eine Teilhabe am Arbeitsmarkt zu ermöglichen, fand keine Gnade vor den Augen der frisch gebackenen Sozialministerin Hartinger-Klein. Um erst gar keine Begehrlichkeit nach solchen Projekten mehr aufkommen zu lassen, ist der Evaluierungsbericht bis dato Geheimsache.
Ab heuer werden alle beim Arbeitsmarktservice gemeldeten Arbeitslosen im Probebetrieb mittels Computer in drei Kategorien eingeteilt. Ab 2020 soll dieser AMS-Algorithmus in den Regelbetrieb übergehen. Das Profiling nach Alter, Geschlecht, Erwerbsbiographie, gesundheitlichen Einschränkungen oder Betreuungspflichten kategorisiert Arbeitslose nach ihren Jobchancen. Alle mit geringen Chancen auf einen Job - rund ein Viertel der Arbeitslosen - landen im C-Segment der schwer Vermittelbaren. Für diese Gruppe sind nur mehr eingeschränkte Fördermittel für berufliche Qualifizierungen vorgesehen.
Das Investment in kostenintensive Berufsqualifizierung oder sozialökonomische Betriebe für diese Gruppe mit geringen Vermittlungschancen rechne sich nicht, so das AMS. Klar ist jetzt schon wer auf der Strecke bleiben wird. Ältere Arbeitslose ab 50, Frauen mit Betreuungspflichten, Asylberechtigte, Geringqualifizierte und Behinderte werden das Nachsehen haben. Die Chancen einen Job zu finden ohne Fördermaßnahmen sinkt für diese Gruppe weiter. Der Druck zur Annahme eines x-beliebigen Arbeitsangebots steigt. Die Profiteure des Niedriglohnsektors können sich schon mal die Hände reiben.
Dazu passt natürlich auch, dass die Notstandshilfe im Zuge der Umstrukturierung der Arbeitslosenversicherung abgeschafft werden soll. Damit werden Langzeitbeschäftigungslose in die Sozialhilfe Neu abgedrängt. Anstelle einer Versicherungsleistung tritt die staatliche Sozialhilfe mit ihren Rahmenbedingungen - wie etwa das Aufbrauchen der Ersparnisse und die Veräußerung des Vermögens - bevor es eine Unterstützungsleistung gibt.
Aber nicht nur Arbeitslose bekommen den neuen Wind von rechts zu spüren. Auch die Beschäftigten in arbeitsmarktpolitischen Projekten geraten unter Druck. Der Einsparungsdruck des Fördergebers AMS wird von den Geschäftsleitungen direkt an die Beschäftigten weitergegeben. Kurzfristige Projektzu- und absagen, Stundenreduktionen, Arbeitsverdichtung und fragwürdige Kollektivvertragseinstufungen sind die Folge. Der Unmut der Beschäftigten steigt. Der Mut zum Widerstand muss noch wachsen.
Gerlinde Grünn ist Sozialpädagogin und KPÖ-Gemeinderätin in Linz
Der Rückbau von sozialen Sicherungssystemen steht ganz oben auf der Agenda der schwarz-blauen Regierung. Die Aushöhlung der Selbstverwaltung der Krankenversicherung, die Verdrängung der ArbeitnehmervertreterInnen aus Leitungsgremien und ungenierte Umfärbeaktionen sind bereits vollbracht. Neben den Verschlechterungen bei der hinkünftig nicht mehr Mindestsicherung, sondern Sozialhilfe Neu genannten Basisversorgung der in existenzielle Not geratenen Bevölkerung stehen natürlich auch Verschlechterungen bei der Arbeitslosenversicherung ins Haus. Startschuss für das Zerstörungswerk der Regierung im arbeitsmarktpolitischen Kontext war das Aussetzen der Aktion „20.000“ Anfang Jänner 2018.
Das Projekt, Arbeitslosen über 50 für zwei Jahre einen geförderten Arbeitsplatz im öffentlichen Sektor zur Verfügung zu stellen und damit eine Teilhabe am Arbeitsmarkt zu ermöglichen, fand keine Gnade vor den Augen der frisch gebackenen Sozialministerin Hartinger-Klein. Um erst gar keine Begehrlichkeit nach solchen Projekten mehr aufkommen zu lassen, ist der Evaluierungsbericht bis dato Geheimsache.
Ab heuer werden alle beim Arbeitsmarktservice gemeldeten Arbeitslosen im Probebetrieb mittels Computer in drei Kategorien eingeteilt. Ab 2020 soll dieser AMS-Algorithmus in den Regelbetrieb übergehen. Das Profiling nach Alter, Geschlecht, Erwerbsbiographie, gesundheitlichen Einschränkungen oder Betreuungspflichten kategorisiert Arbeitslose nach ihren Jobchancen. Alle mit geringen Chancen auf einen Job - rund ein Viertel der Arbeitslosen - landen im C-Segment der schwer Vermittelbaren. Für diese Gruppe sind nur mehr eingeschränkte Fördermittel für berufliche Qualifizierungen vorgesehen.
Das Investment in kostenintensive Berufsqualifizierung oder sozialökonomische Betriebe für diese Gruppe mit geringen Vermittlungschancen rechne sich nicht, so das AMS. Klar ist jetzt schon wer auf der Strecke bleiben wird. Ältere Arbeitslose ab 50, Frauen mit Betreuungspflichten, Asylberechtigte, Geringqualifizierte und Behinderte werden das Nachsehen haben. Die Chancen einen Job zu finden ohne Fördermaßnahmen sinkt für diese Gruppe weiter. Der Druck zur Annahme eines x-beliebigen Arbeitsangebots steigt. Die Profiteure des Niedriglohnsektors können sich schon mal die Hände reiben.
Dazu passt natürlich auch, dass die Notstandshilfe im Zuge der Umstrukturierung der Arbeitslosenversicherung abgeschafft werden soll. Damit werden Langzeitbeschäftigungslose in die Sozialhilfe Neu abgedrängt. Anstelle einer Versicherungsleistung tritt die staatliche Sozialhilfe mit ihren Rahmenbedingungen - wie etwa das Aufbrauchen der Ersparnisse und die Veräußerung des Vermögens - bevor es eine Unterstützungsleistung gibt.
Aber nicht nur Arbeitslose bekommen den neuen Wind von rechts zu spüren. Auch die Beschäftigten in arbeitsmarktpolitischen Projekten geraten unter Druck. Der Einsparungsdruck des Fördergebers AMS wird von den Geschäftsleitungen direkt an die Beschäftigten weitergegeben. Kurzfristige Projektzu- und absagen, Stundenreduktionen, Arbeitsverdichtung und fragwürdige Kollektivvertragseinstufungen sind die Folge. Der Unmut der Beschäftigten steigt. Der Mut zum Widerstand muss noch wachsen.
Gerlinde Grünn ist Sozialpädagogin und KPÖ-Gemeinderätin in Linz