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Wo wirklich Reformbedarf beim AK-Wahlrecht besteht

  • Donnerstag, 21. März 2019 @ 08:01
News Natürlich kann das Wahlrecht für die Arbeiterkammer weiter verbessert werden, ein zentraler Punkt dabei muss sein, die Wahlbeteiligung zu heben, meint GLB-Bundesvorsitzender Josef Stingl. Die „Vorschläge“ von ÖAAB-Bundeschef August Wöginger zielen allerdings auf das genaue Gegenteil ab und sind daher völlig ungeeignet. Von 1949 bis 1994 wurde bei der AK-Wahl nur Sonntag und Montag gewählt und die Wahlbeteiligung sank bundesweit von 81 auf 31 Prozent. Mit der Ausweitung der Wahldauer auf zwei Wochen, der Wahlmöglichkeit in Betriebssprengeln und Einführung der Briefwahl wurde die Wahlbeteiligung im Jahr 2000 wieder auf 49 Prozent angehoben, ist zwischenzeitlich aber bis 2014 leider wieder auf 40 Prozent der 2,79 Millionen kammerumlagepflichtigen Beschäftigten (in der Hoheitsverwaltung tätige Menschen sind nicht AK-Mitglied) gesunken.

„Hinter der Forderung Wögingers, aber auch der FPÖ, nur mehr an einem Sonntag zu wählen, steckt in Wirklichkeit die Absicht die Wahlbeteiligung systematisch zu senken um damit die Arbeiterkammer als gesetzliche Interessenvertretung gezielt zu delegitimieren“ so Stingl. Notwendig wäre die Betriebswahl durch Ausweitung zur Regel und die Briefwahl zur Ausnahme zu machen, wobei ein bundesweit einheitlicher zweiwöchiger Wahltermin anstelle einer länderweise unterschiedlichen Erstreckung über drei Monate durchaus sinnvoll wäre.

Anpassungsbedarf sieht der GLB hingegen bei der Größe der Vollversammlungen. Die Vollversammlungen sind länderweise unterschiedlich groß, im Burgenland 50, in Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg je 70, in Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark je 110 und in Wien 180 Mandate. Abgesehen von einer Anhebung der Mandatszahl in Vorarlberg von 50 auf 70 im Jahre 1984 blieb die Größe der Vollversammlungen seit 1949 unverändert, während sich die Beschäftigtenzahlen sehr unterschiedlich entwickelten.

Vor allem in Ober- und Niederösterreich nahm die Beschäftigung stark zu, während die Größe der Vollversammlung unverändert blieb. Und so ergibt sich, dass 2014 bei einem bundesweiten Schnitt von 3.344 im Burgenland schon auf 1.563 Wahlberechtigte ein Mandat entfiel, in Oberösterreich hingegen auf 4.652, also dreimal so viel. Analog kostete 2014 bei einem bundesweiten Schnitt von 1.164 ein Mandat in Vorarlberg nur 602, in Oberösterreich hingegen mit 1.901 Stimmen das dreifache.

Ist die Größe der Kammervollversammlungen gestaffelt, trifft das auf die formale Erfordernis für eine Kandidatur nicht zu: Entweder fünf Mitglieder der amtierenden Vollversammlung oder mindestens 300 Wahlberechtigte müssen einen Wahlvorschlag unterschreiben, damit er als gültig anerkannt wird. Auch hier wäre demnach Anpassungsbedarf durch eine länderweise Staffelung gegeben.

Eine Verbesserung gab es mit der 1998 erfolgten Novellierung der AK-Wahlordnung, indem die bis 1994 gültige Aufsplitterung in drei Wahlkörper (ArbeiterInnen, Angestellte, Verkehrsbedienstete) endlich abgeschafft wurde. Diese hatte bekanntlich jahrzehntelang dazu geführt, dass alle kleineren Fraktionen benachteiligt wurden, weil ihre Stimmen vor allem im Wahlkörper Verkehrsbedienstete durch die geringe Zahl dort vergebener Mandate regelmäßig ohne Wirkung blieben.