In Richtung Hartz IV
- Samstag, 28. Juli 2018 @ 08:00
Heike Fischer zur aktuellen Arbeitsmarktpolitik
Im Regierungsprogramm der ÖVP/FPÖ wird von einer „effektiveren Steuerung des AMS und der Überarbeitung der arbeitsmarktpolitischen Ziele“ gesprochen. Gegen vernünftige Steuerung, laufend überprüfte und bei Bedarf veränderte Zielstellungen ist nichts einzuwenden. Fragt sich, was konkret die Regierung damit meint. Über Hintergründe habe ich mit Beatrix Soder, Sprecherin des Themenforums Arbeitslosigkeit des ÖGB-Oberösterreich, gesprochen. Dieses Forum wurde 2017 mit dem Ziel gegründet, die Situation und Probleme arbeitsloser Menschen sichtbar zu machen und konkrete Verbesserungen einzufordern. Laut Soder geht es sehr wohl um Kürzungen beim AMS, auch wenn es noch keine genauen Beschreibungen gibt, um welche Leistungen es sich handeln soll bzw. welche Umstrukturierungen im Detail geplant sind.
Fest steht, dass das Regierungsprogramm von Kurz/Strache massive Einschnitte in der aktiven Arbeitsmarktpolitik bringen wird. Das Ende der „Aktion 20.000“ ist faktisch schon Gegebenheit und es ist nicht zu vermuten, dass diese Regierung ein ähnlich wirksames Projekt für ältere Langzeitarbeitslose ins Leben rufen wird.
Es ist davon auszugehen, dass das AMS in Zukunft seine Kernaufgabe, nämlich Arbeit suchende Menschen so schnell wie möglich zu vermitteln, übererfüllen wird. Im Mittelpunkt wird dabei jedoch nicht Qualifizierung stehen um die Chancen zu erhöhen länger in Arbeit zu bleiben bzw. aktiv Jobs wechseln zu können. Es geht einfach nur darum, dass die Menschen einen ihnen angebotenen Job zu nehmen haben, egal ob sie die Fähigkeit besitzen, diesen auszuüben.
Gelingt keine Vermittlung wird bei der „Motivation“ der Menschen angesetzt werden. Die Frage ist, welche Vorgaben das AMS von den zuständigen Ministerien dazu erhält. Auf arbeitslose Menschen wird vermutlich mehr Druck ausgeübt, angebotene Stellen ohne Rücksicht auf die persönliche Lebenssituation anzunehmen.
Wenn die Zumutbarkeitsbestimmungen bei den Wegzeiten weiter verschlechtert werden, müssen fünf Stunden hin und retour Arbeitsweg in Kauf genommen werden, um dann bis zu zwölf Stunden Tagesarbeitszeit leisten zu müssen!
Das Themenforum befürchtet, dass eine Individualisierung der Verantwortung für Arbeitslosigkeit und dadurch eine weitere Stigmatisierung von arbeitslosen Menschen erfolgt. In der Folge steigt damit auch der Druck auf die Menschen, die in Arbeit sind. Deutschen Erfahrungen zufolge ist genau das nach ein paar Jahren Hartz IV passiert, nämlich Zurückhaltung bei den Lohnforderungen und höhere Akzeptanz von schlechten Arbeitsbedingungen.
Auch Kürzungen bei der Finanzierung sozialökonomischer Betriebe und Beschäftigungsprojekte ignorieren die langfristig positiven Wirkungen bei den Menschen und die Vermittlungserfolge. Finanziell kommen die Kosten für solche Einrichtungen rasch wieder herein, weil sich der Staat Arbeitslosengeld erspart, Sozialabgaben und Lohnsteuer erhält und mit höheren Konsumausgaben rechnen kann. Das trifft auch auf Menschen zu, die sich in Reha-Maßnahmen zur Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit befinden. Hier zu kürzen erfüllt überhaupt keinen gesellschaftlichen Zweck. Außer die Regierenden legen es bewusst darauf an, unsere Gesellschaft noch weiter und tiefer zu spalten.
Heike Fischer ist Diplompädagogin, Betriebsratsvorsitzende im Diakonie Zentrum Spattstraße und GLB-Landesvorsitzende in OÖ
Im Regierungsprogramm der ÖVP/FPÖ wird von einer „effektiveren Steuerung des AMS und der Überarbeitung der arbeitsmarktpolitischen Ziele“ gesprochen. Gegen vernünftige Steuerung, laufend überprüfte und bei Bedarf veränderte Zielstellungen ist nichts einzuwenden. Fragt sich, was konkret die Regierung damit meint. Über Hintergründe habe ich mit Beatrix Soder, Sprecherin des Themenforums Arbeitslosigkeit des ÖGB-Oberösterreich, gesprochen. Dieses Forum wurde 2017 mit dem Ziel gegründet, die Situation und Probleme arbeitsloser Menschen sichtbar zu machen und konkrete Verbesserungen einzufordern. Laut Soder geht es sehr wohl um Kürzungen beim AMS, auch wenn es noch keine genauen Beschreibungen gibt, um welche Leistungen es sich handeln soll bzw. welche Umstrukturierungen im Detail geplant sind.
Fest steht, dass das Regierungsprogramm von Kurz/Strache massive Einschnitte in der aktiven Arbeitsmarktpolitik bringen wird. Das Ende der „Aktion 20.000“ ist faktisch schon Gegebenheit und es ist nicht zu vermuten, dass diese Regierung ein ähnlich wirksames Projekt für ältere Langzeitarbeitslose ins Leben rufen wird.
Es ist davon auszugehen, dass das AMS in Zukunft seine Kernaufgabe, nämlich Arbeit suchende Menschen so schnell wie möglich zu vermitteln, übererfüllen wird. Im Mittelpunkt wird dabei jedoch nicht Qualifizierung stehen um die Chancen zu erhöhen länger in Arbeit zu bleiben bzw. aktiv Jobs wechseln zu können. Es geht einfach nur darum, dass die Menschen einen ihnen angebotenen Job zu nehmen haben, egal ob sie die Fähigkeit besitzen, diesen auszuüben.
Gelingt keine Vermittlung wird bei der „Motivation“ der Menschen angesetzt werden. Die Frage ist, welche Vorgaben das AMS von den zuständigen Ministerien dazu erhält. Auf arbeitslose Menschen wird vermutlich mehr Druck ausgeübt, angebotene Stellen ohne Rücksicht auf die persönliche Lebenssituation anzunehmen.
Wenn die Zumutbarkeitsbestimmungen bei den Wegzeiten weiter verschlechtert werden, müssen fünf Stunden hin und retour Arbeitsweg in Kauf genommen werden, um dann bis zu zwölf Stunden Tagesarbeitszeit leisten zu müssen!
Das Themenforum befürchtet, dass eine Individualisierung der Verantwortung für Arbeitslosigkeit und dadurch eine weitere Stigmatisierung von arbeitslosen Menschen erfolgt. In der Folge steigt damit auch der Druck auf die Menschen, die in Arbeit sind. Deutschen Erfahrungen zufolge ist genau das nach ein paar Jahren Hartz IV passiert, nämlich Zurückhaltung bei den Lohnforderungen und höhere Akzeptanz von schlechten Arbeitsbedingungen.
Auch Kürzungen bei der Finanzierung sozialökonomischer Betriebe und Beschäftigungsprojekte ignorieren die langfristig positiven Wirkungen bei den Menschen und die Vermittlungserfolge. Finanziell kommen die Kosten für solche Einrichtungen rasch wieder herein, weil sich der Staat Arbeitslosengeld erspart, Sozialabgaben und Lohnsteuer erhält und mit höheren Konsumausgaben rechnen kann. Das trifft auch auf Menschen zu, die sich in Reha-Maßnahmen zur Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit befinden. Hier zu kürzen erfüllt überhaupt keinen gesellschaftlichen Zweck. Außer die Regierenden legen es bewusst darauf an, unsere Gesellschaft noch weiter und tiefer zu spalten.
Heike Fischer ist Diplompädagogin, Betriebsratsvorsitzende im Diakonie Zentrum Spattstraße und GLB-Landesvorsitzende in OÖ