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Als Harmonisierung verkaufter Kahlschlag

  • Dienstag, 22. Mai 2018 @ 17:41
News Als gezielten Kahlschlag des Sozialstaates interpretiert Josef Stingl, Bundesvorsitzender der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB), die von der schwarz-blauen Regierung durchgepeitschte Fusion der Sozialversicherungen: „Die Behauptung der Befürworter, damit würde sich für die Versicherten nichts ändern, soll verschleiern, dass Einsparungen von einer Milliarde Euro im System nicht ohne massive Verschlechterungen von Leistungen, mehr Selbstbehalten oder höheren Versicherungsbeiträgen möglich sind“, stellt Stingl klar. Angebliche Effizienzsteigerungen sollen als Legitimation dafür herhalten, bei den Gebietskrankenkassen die Mitsprache der über sieben Millionen Versicherten – von welchen 14,5 der insgesamt 18,5 Mrd. Euro Beitragseinnahmen kommen – bzw. von Arbeiterkammer und Gewerkschaften als ihre legitimen Vertretungen massiv einzuschränken, den Einfluss der 350.000 Unternehmen bzw. der Unternehmervertretungen auf die von den Lohnabhängigen erarbeiteten Versicherungsleistungen zu erhöhen und der Regierung mehr Eingriffe in die Selbstverwaltung zu ermöglichen.

Nach den Plänen der Regierung soll die Zahl der Sozialversicherungen von 21 auf fünf reduziert werden – wobei die Zukunft der AUVA noch offen ist – weiters die neun Gebietskrankenkassen zu einer bundesweiten Gesundheitskasse mit Landesstellen fusioniert und die Selbstverwaltung durch einen Verwaltungsrat ersetzt werden. Hinter der Reduzierung von 90 auf 30 Selbstverwaltungsgremien mit 400 statt bisher 2.000 durchwegs ehrenamtlich tätigen Mitgliedern versteckt sich die politische Umfärbung der Sozialversicherung auf schwarz-blau.

Alarmierend ist auch die geplante Reduzierung der 19.000 Beschäftigten in der Verwaltung der Sozialversicherungen um 40 Prozent. Dahinter steht die Absicht, die Beitragseinhebung der Finanzverwaltung zu übertragen, die bekanntlich finanziell ausgedünnt wurde was im Klartext bedeutet, dass es für kriminelle Unternehmen noch leichter wird sich der Versicherungsleistung zu entziehen oder längst fällige Insolvenzen zu verzögern.

Damit will die Koalition das gewachsene System der Sozialversicherungen mutwillig zugunsten der Unternehmen und auf Kosten der Versicherten umbauen und letztlich diversen Privatisierungsbestrebungen Tür und Tor öffnen. Insbesondere die von den Sozialversicherungen ausgebaute nicht kommerzielle Infrastruktur (Reha-Zentren, Ambulanzen…) ist unübersehbar Objekt der Begierde für private Investoren, etwa auch in der Form, dass dann Leistungen viel teurer von privaten Anbietern als Dienstleistung „zurückgekauft“ werden.

„Das österreichische System einer solidarischen Sozialversicherung ist international beispielgebend und eine wesentliche Grundlage des Sozialstaates und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt durch den Leistungsausgleich zugunsten schutzbedürftiger Menschen“ betont Stingl.

Mit der Fixierung der Debatte auf eine angeblich zu große Zahl von Versicherungen wird gezielt davon abgelehnt, dass die österreichischen Sozialversicherungen im Vergleich zu solchen im Ausland – vor allen aber zu privaten Versicherungen – mit nur etwas mehr als zwei Prozent extrem niedrige Verwaltungskosten aufweisen und nicht profitorientiert sind. Private Versicherungen stehlen hingegen ihren Versicherten 20 bis 30 Prozent für Verwaltung und Gewinnausschüttung. Zudem wurden bereits bisher unter der Regie des Hauptverbands zwei Drittel aller Leistungen vereinheitlicht. Die vielzitierte Harmonisierung der Leistungen zielt daher erklärtermaßen auf eine Nivellierung nach unten.

So sehr eine Vereinheitlichung von Versicherungsleistungen an die jeweils besten Standards nach oben sinnvoll ist, so vehement muss ein Weg abgelehnt werden, der Dahinter das Streben nach Maximalprofit des Kapitals sowie billige parteipolitische Interessen vor allem zugunsten der FPÖ versteckt: „ÖGB und Arbeiterkammern müssen jetzt mit aller Kraft gegen die Zerschlagungspläne der Regierung mobilisieren und die SPÖ muss im Parlament beweisen, ob sie tatsächlich eine Opposition zum neoliberalen Kurs der Regierung darstellt“, so Stingl abschließend.