Machen wir jeden Tag zum 1. Mai!
- Dienstag, 1. Mai 2018 @ 14:00
Rede von Josef Stingl, Bundesvorsitzender der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB) zum Themenblock Beschäftigung und Arbeitslosigkeit bei der Bündnisdemo am 1. Mai 2018 in Innsbruck.
Seit 1890 wird der Erste Mai als internationaler Kampftag der Arbeiterinnen und Arbeiter begangen. So wie damals müssen wir auch heute, fast 130 Jahre später, am Ersten Mai für bessere für gerechtere Arbeits- und Lebensbedingungen und für ein menschenwürdiges Leben für alle Menschen eintreten. Und seitdem wir eine schwarz-blauen Regierung haben, müssen wir selbst über Errungenschaften der Arbeiter_innenbewegung streiten, die jetzt schon Jahrzehnte für selbstverständlich gegolten haben.
Die Geschichte des 1. Mai ist eng mit der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung verknüpft. Schon im Mai 1886 streikten US-Arbeiter_innen für den Acht-Stunden-Arbeitstag. Am 1. Mai 1890 gingen Millionen Arbeiter_innen in ganz Europa vor allem für den 8-Stunden-Tag auf die Straße Ihre Parole lautete drei Mal die Acht – acht Stunden Arbeit, acht Stunden Schlaf, acht Stunden Erholung.
1918 wurde in Österreich der Achtstundentag gesetzlich verankert. 1959 erfolgte die Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 48 auf 45 Stunden und wiederum zehn Jahre später einigte man sich über eine schrittweise Absenkung der Arbeitszeit auf 40 Stunden. Seit 1991 fordert der ÖGB mehr, besser gesagt oft weniger laut die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Aber nur in einzelnen Branchen kam es über die Kollektivverträge zu kürzeren Arbeitszeiten.
Die schwarz-blaue Regierung nutzt die Gunst dieser verlorenen Zeit. Ganz oben in ihrem neoliberalen Masterplan heißt es: Flexibilität ist gefordert! Es sei doch logisch, dass wir arbeiten müssen, wenn in den Betrieben die Arbeit anfällt! Dafür bedarf es des 12-Stunden-Arbeitstages und einer 60-Stunden-Woche erst mal freiwillig. Aber wer sagt Nein, wenn er oder sie Angst um den Arbeitsplatz hat?
Das alles passiert, obwohl bis vor kurzem in Österreich die Arbeitslosigkeit stetig anstieg. Jetzt stagniert sie zwar, allerdings bei über 400.000 gemeldeten Arbeitssuchenden. Dass die Zahl der Beschäftigten ebenfalls steigt hat aber nichts mit zusätzlichen Arbeitsplätzen zu tun. Die Kapitalist_innen verteilen die vorhandene Arbeit zugunsten noch höherer Produktivitätsgewinne und ohne jeglichen Lohnausgleich. Alle Statistiken beweisen das die atypischen teilzeitbeschäftigten Arbeitsverhältnisse – also die Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich rasant steigen.
Das Ergebnis dieser arbeiterfeindlichen Politik: Die Prekarisierung erfasst immer mehr Lebensbereiche und die Zahl der Menschen, insbesondere der Frauen, die nicht mehr von ihrer Arbeit leben können wird immer größer. Mit zunehmender Automatisierung und Digitalisierung, die wiederum nur als Mittel zur Profitmaximierung eingesetzt wird, droht ein weiteres Anwachsen der Arbeitslosigkeit. Dagegen anzukämpfen bedeutet Kampf um die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich, die Nutzung des Produktivitätswachstums für höhere Löhne, den Ausbau der öffentlichen Dienste, des Gesundheits- und Pflegewesens, finanziert durch die Wertschöpfungsabgabe der Unternehmen und durch Vermögens- und Erbschaftsteuern. Wir wollen eine andere Verteilung von Arbeit, Zeit und Geld zwischen den Geschlechtern.
Wir sagen daher am 1. Mai 2018: Es geht nicht um die Konkurrenz zwischen PensionistInnen und MindestsicherungsbezieherInnen, zwischen Arbeitslosen und Arbeitenden, sondern es geht um eine Umverteilung von Oben nach Unten.
Fast jede und jeder Fünfte in Österreich Lebende – oder in Zahlen 1,563.000 Menschen – armutsgefährdet oder ausgrenzungsgefährdet, 434.000 besonders intensiv: Klassische „Arme“ wie Obdachlose und illegale Migrant_innen sind dabei noch gar nicht erfasst. Die schwarz-blauen Bundesregierung lässt uns täglich wissen, dass wir in Österreich bereits Mindestsicherungsbezieher_innen in Höhe der Burgenland-Einwohnerzahl haben und das enorm viel Geld koste. Ist das wirklich verwunderlich bei 1,5 Millionen Armutsgefährdeten und ist das die Finanzierung einer sozialen Hängematte oder ohnehin nur eine bescheidene Abfederung der bestehenden Armut?
Zumindest Kurz und Strache, haben darauf ihre Antwort gefunden. Die Bekämpfung von Armut ist einfach zu teuer, die Bekämpfung der Armen ist viel einfacher und kommt um einiges billiger! Und der Reingewinn kann den „armen“ Reichen gewidmet werden! Sie erhöhen daher den Druck und verlangen weitere „Einsparungen“. Unter dem Vorwand, den Zuzug ins Sozialsystem zu unterbinden, soll der soziale Rettungsanker Mindestsicherung bundeseinheitlich ausgehöhlt werden. Die Untergrenzen der bestehenden Modelle dienen als Vorbild. Ein besonderes Danke schicken sie an ihre Parteifreund_innen in Oberösterreich, diese haben schon Vorarbeit dafür geleistet.
Tatsächlich geht es nicht um „Sozialtourismus“, sondern um niedrigere Löhne für die gesamte arbeitende Bevölkerung. Denn im vergangenen Jahrzehnt sind die Einkommen in vielen Branchen soweit gesunken und die Wohnkosten so stark gestiegen, dass auch eine Vollzeitstelle kaum noch reicht, um das tägliche Leben zu finanzieren. Durch die Kürzung der Mindestsicherung wird die Kluft in unserer Gesellschaft weiter anwachsen. Wenn noch weiter gekürzt wird, wird das dramatische Folgen haben. Sollen Langzeitarbeitslose auf der Straße landen, wenn die Regierung auch noch die Notstandshilfe abschaffen wird?
Und schon jetzt sinken die unteren Einkommen, die mittleren stagnieren. Diese Niedriglohnpolitik ist zu brechen. Mit einer progressiven KV-Politik, einem gesetzlichen Mindestlohn und einer garantierten Grundsicherung in existenzsichernden Höhe, welche die Teilhabe am sozialen und kulturellen also am gesellschaftlichen Leben gewährleistet!
Wir sagen daher am 1. Mai 2018: Es geht nicht um die Konkurrenz zwischen Inländer_innen und Ausländer_innen oder um die Konkurrenz zwischen Jung und Alt. Es geht um die Löhne und Gehälter von den man nicht leben kann. Sie sind das eigentliche Problem.
Wir protestieren am heutigen 1. Mai aus aktuellem Anlass auch gegen die Angriffe der Regierung auf die Sozialversicherungen (wie die AUVA) und die Arbeiterkammer. Kern der geplanten Fusionen ist die Entmachtung der Selbstverwaltung und die „Verstaatlichung“ der Gesundheitsfinanzierung unter schwarz-blauen Vorzeichen. Hat man erst die Selbstverwaltung ausgehebelt und kann selbst über die Milliardenbudgets entscheiden, steht die Türe zu Privatisierungen weit offen. Unverhohlen wird von vielen Seiten immer wieder vom „Wachstumsmarkt Gesundheit“ gesprochen. Wer die Leidtragenden sind, steht jedenfalls fest: die Beschäftigten und die Patienten und Patientinnen.
Wir sagen daher am 1. Mai 2018: Wir beteiligen uns aktiv in allen Bewegungen, die sich gegen die Zerschlagung des Sozialversicherungssystems und die Einschränkung und Privatisierung von Leistungen im Gesundheitssystem zur Wehr setzen.
Abschließend: Der Kapitalismus – ob neoliberal oder auch nicht – kann die Welt weder menschengerecht noch naturverträglich machen. Wir demonstrieren deshalb am ersten Mai für eine solidarische Gesellschaft und eine bessere Welt. Machen wir ab heute jeden Tag zum 1. Mai! In diesem Sinne unser Motto: Mut zu Widerstand! Hoch die internationale Solidarität!
Es gilt das gesprochene Wort.
Seit 1890 wird der Erste Mai als internationaler Kampftag der Arbeiterinnen und Arbeiter begangen. So wie damals müssen wir auch heute, fast 130 Jahre später, am Ersten Mai für bessere für gerechtere Arbeits- und Lebensbedingungen und für ein menschenwürdiges Leben für alle Menschen eintreten. Und seitdem wir eine schwarz-blauen Regierung haben, müssen wir selbst über Errungenschaften der Arbeiter_innenbewegung streiten, die jetzt schon Jahrzehnte für selbstverständlich gegolten haben.
Die Geschichte des 1. Mai ist eng mit der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung verknüpft. Schon im Mai 1886 streikten US-Arbeiter_innen für den Acht-Stunden-Arbeitstag. Am 1. Mai 1890 gingen Millionen Arbeiter_innen in ganz Europa vor allem für den 8-Stunden-Tag auf die Straße Ihre Parole lautete drei Mal die Acht – acht Stunden Arbeit, acht Stunden Schlaf, acht Stunden Erholung.
1918 wurde in Österreich der Achtstundentag gesetzlich verankert. 1959 erfolgte die Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 48 auf 45 Stunden und wiederum zehn Jahre später einigte man sich über eine schrittweise Absenkung der Arbeitszeit auf 40 Stunden. Seit 1991 fordert der ÖGB mehr, besser gesagt oft weniger laut die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Aber nur in einzelnen Branchen kam es über die Kollektivverträge zu kürzeren Arbeitszeiten.
Die schwarz-blaue Regierung nutzt die Gunst dieser verlorenen Zeit. Ganz oben in ihrem neoliberalen Masterplan heißt es: Flexibilität ist gefordert! Es sei doch logisch, dass wir arbeiten müssen, wenn in den Betrieben die Arbeit anfällt! Dafür bedarf es des 12-Stunden-Arbeitstages und einer 60-Stunden-Woche erst mal freiwillig. Aber wer sagt Nein, wenn er oder sie Angst um den Arbeitsplatz hat?
Das alles passiert, obwohl bis vor kurzem in Österreich die Arbeitslosigkeit stetig anstieg. Jetzt stagniert sie zwar, allerdings bei über 400.000 gemeldeten Arbeitssuchenden. Dass die Zahl der Beschäftigten ebenfalls steigt hat aber nichts mit zusätzlichen Arbeitsplätzen zu tun. Die Kapitalist_innen verteilen die vorhandene Arbeit zugunsten noch höherer Produktivitätsgewinne und ohne jeglichen Lohnausgleich. Alle Statistiken beweisen das die atypischen teilzeitbeschäftigten Arbeitsverhältnisse – also die Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich rasant steigen.
Das Ergebnis dieser arbeiterfeindlichen Politik: Die Prekarisierung erfasst immer mehr Lebensbereiche und die Zahl der Menschen, insbesondere der Frauen, die nicht mehr von ihrer Arbeit leben können wird immer größer. Mit zunehmender Automatisierung und Digitalisierung, die wiederum nur als Mittel zur Profitmaximierung eingesetzt wird, droht ein weiteres Anwachsen der Arbeitslosigkeit. Dagegen anzukämpfen bedeutet Kampf um die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich, die Nutzung des Produktivitätswachstums für höhere Löhne, den Ausbau der öffentlichen Dienste, des Gesundheits- und Pflegewesens, finanziert durch die Wertschöpfungsabgabe der Unternehmen und durch Vermögens- und Erbschaftsteuern. Wir wollen eine andere Verteilung von Arbeit, Zeit und Geld zwischen den Geschlechtern.
Wir sagen daher am 1. Mai 2018: Es geht nicht um die Konkurrenz zwischen PensionistInnen und MindestsicherungsbezieherInnen, zwischen Arbeitslosen und Arbeitenden, sondern es geht um eine Umverteilung von Oben nach Unten.
Fast jede und jeder Fünfte in Österreich Lebende – oder in Zahlen 1,563.000 Menschen – armutsgefährdet oder ausgrenzungsgefährdet, 434.000 besonders intensiv: Klassische „Arme“ wie Obdachlose und illegale Migrant_innen sind dabei noch gar nicht erfasst. Die schwarz-blauen Bundesregierung lässt uns täglich wissen, dass wir in Österreich bereits Mindestsicherungsbezieher_innen in Höhe der Burgenland-Einwohnerzahl haben und das enorm viel Geld koste. Ist das wirklich verwunderlich bei 1,5 Millionen Armutsgefährdeten und ist das die Finanzierung einer sozialen Hängematte oder ohnehin nur eine bescheidene Abfederung der bestehenden Armut?
Zumindest Kurz und Strache, haben darauf ihre Antwort gefunden. Die Bekämpfung von Armut ist einfach zu teuer, die Bekämpfung der Armen ist viel einfacher und kommt um einiges billiger! Und der Reingewinn kann den „armen“ Reichen gewidmet werden! Sie erhöhen daher den Druck und verlangen weitere „Einsparungen“. Unter dem Vorwand, den Zuzug ins Sozialsystem zu unterbinden, soll der soziale Rettungsanker Mindestsicherung bundeseinheitlich ausgehöhlt werden. Die Untergrenzen der bestehenden Modelle dienen als Vorbild. Ein besonderes Danke schicken sie an ihre Parteifreund_innen in Oberösterreich, diese haben schon Vorarbeit dafür geleistet.
Tatsächlich geht es nicht um „Sozialtourismus“, sondern um niedrigere Löhne für die gesamte arbeitende Bevölkerung. Denn im vergangenen Jahrzehnt sind die Einkommen in vielen Branchen soweit gesunken und die Wohnkosten so stark gestiegen, dass auch eine Vollzeitstelle kaum noch reicht, um das tägliche Leben zu finanzieren. Durch die Kürzung der Mindestsicherung wird die Kluft in unserer Gesellschaft weiter anwachsen. Wenn noch weiter gekürzt wird, wird das dramatische Folgen haben. Sollen Langzeitarbeitslose auf der Straße landen, wenn die Regierung auch noch die Notstandshilfe abschaffen wird?
Und schon jetzt sinken die unteren Einkommen, die mittleren stagnieren. Diese Niedriglohnpolitik ist zu brechen. Mit einer progressiven KV-Politik, einem gesetzlichen Mindestlohn und einer garantierten Grundsicherung in existenzsichernden Höhe, welche die Teilhabe am sozialen und kulturellen also am gesellschaftlichen Leben gewährleistet!
Wir sagen daher am 1. Mai 2018: Es geht nicht um die Konkurrenz zwischen Inländer_innen und Ausländer_innen oder um die Konkurrenz zwischen Jung und Alt. Es geht um die Löhne und Gehälter von den man nicht leben kann. Sie sind das eigentliche Problem.
Wir protestieren am heutigen 1. Mai aus aktuellem Anlass auch gegen die Angriffe der Regierung auf die Sozialversicherungen (wie die AUVA) und die Arbeiterkammer. Kern der geplanten Fusionen ist die Entmachtung der Selbstverwaltung und die „Verstaatlichung“ der Gesundheitsfinanzierung unter schwarz-blauen Vorzeichen. Hat man erst die Selbstverwaltung ausgehebelt und kann selbst über die Milliardenbudgets entscheiden, steht die Türe zu Privatisierungen weit offen. Unverhohlen wird von vielen Seiten immer wieder vom „Wachstumsmarkt Gesundheit“ gesprochen. Wer die Leidtragenden sind, steht jedenfalls fest: die Beschäftigten und die Patienten und Patientinnen.
Wir sagen daher am 1. Mai 2018: Wir beteiligen uns aktiv in allen Bewegungen, die sich gegen die Zerschlagung des Sozialversicherungssystems und die Einschränkung und Privatisierung von Leistungen im Gesundheitssystem zur Wehr setzen.
Abschließend: Der Kapitalismus – ob neoliberal oder auch nicht – kann die Welt weder menschengerecht noch naturverträglich machen. Wir demonstrieren deshalb am ersten Mai für eine solidarische Gesellschaft und eine bessere Welt. Machen wir ab heute jeden Tag zum 1. Mai! In diesem Sinne unser Motto: Mut zu Widerstand! Hoch die internationale Solidarität!
Es gilt das gesprochene Wort.