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Rammbock des Neoliberalismus

  • Donnerstag, 19. April 2018 @ 16:18
Meinung
Leo Furtlehner über die NEOS

Ebenso wie Unkenntnis von Gesetzen nicht vor Strafe schützt gilt für die Politik, dass Unkenntnis der wahren Absichten bestimmter Parteien nicht vor den Folgen schützt.
Wenn laut Sora-Wahltagsbefragung bei der Nationalratswahl 2017 die Mehrheit der Arbeiter_innen (59 Prozent) und 26 Prozent der Angestellten die FPÖ gewählt haben, dann sicher nicht mit dem Wissen, damit ein Sprachrohr der Industrie gewählt zu haben. Ähnliches gilt für die Neos, die von immerhin vier Prozent der Arbeiter_innen und sieben Prozent der Angestellten gewählt wurden.

Geht es um Unternehmerwünsche ist nämlich keine Parlamentspartei so extremistisch wie die NEOS. Negativ herausragend dabei ist deren „Sozialsprecher“ Gerald Loacker, dessen Sorge nicht etwa dem sozialen Wohlbefinden der Menschen, sondern dem „Ausufern“ des Sozialstaates gilt.

Kaum war der Länderbericht der EU-Kommission veröffentlicht, bekräftigte Loacker die Forderung nach einer Pensionsautomatik, weil allen Fakten zum Trotz dem gesetzlichen Pensionssystem angeblich der finanzielle Kollaps droht. Dabei steigen die öffentlichen Pensionsausgaben von aktuell knapp 14 Prozent bis 2040 auf nur knapp 15 Prozent und sinken dann bis 2070 wieder auf 14,3 Prozent des BIP. Also wahrlich kein Grund für Alarmismus.

Die NEOS-Pensionsautomatik bedeutet hingegen bei steigender Lebenserwartung mehr einzahlen, später in Pension gehen und geringere Pensionen erhalten. Leicht durchschaubar versteckt sich hinter der als „finanzielle Nachhaltigkeit“ getarnten Absicht das Bestreben, das bewährte Umlagensystem mit Generationenvertrag als seit Jahrzehnten geltender gesellschaftlicher Konsens zu meucheln und privaten Versicherungen das Geschäft mit der Pensionsvorsorge zukommen zu lassen.

Das unsoziale Gehabe der NEOS könnte als Kraftmeierei einer Kleinpartei bewertet werden, hätte sie nicht derzeit eine Schlüsselrolle im Parlament inne. Kann die Strolz-Truppe doch der schwarz-blauen Koalition im Bedarfsfalle zur Zwei-Drittel-Mehrheit verhelfen. Der vida-Vorsitzende Hebenstreit sprach daher über eine „sich immer deutlicher abzeichnende Sozialabbau-Allianz aus Regierung und Neos“, welche „offenbar die Arbeitswelt in ein Schlaraffenland für schwarze Unternehmerschafe umzubauen“ versucht.

Ein Aspekt dabei ist die Aushebelung des Arbeitnehmerschutzes unter dem Titel des Bürokratieabbaus. Ziel dabei ist ein „lockereres Vorgehen“ des Arbeitsinspektorats bei Verstößen sowie die Abschaffung des "Kumulationsprinzips" bei Unternehmensstrafen. Ob Hebenstreits Appell an die „Moral“ der NEOS da hilfreich ist, darf freilich bezweifelt werden.

Logisch, dass die NEOS zu den Vorkämpfern für 12-Stundenarbeitstag sowie Senkung von Lohnnebenkosten zählen. Auch wenn Arbeitslose durch längere Wegzeiten, Abschaffung der Notstandshilfe und Abdrängen in die Mindestsicherung nach Modell Hartz IV an die Kandare genommen werden sollen, ist der NEOS-„Sozialsprecher“ ganz vorne mit dabei.

Geht es doch wie immer darum, den Standort für das globale Kapital attraktiv zu machen. Was spielen dabei schon die Bedürfnisse und Interessen der Lohnabhängigen für eine Rolle? Diese schaffen zwar durch ihre Lohnarbeit alle Werte, aber dazu sind sie aus Unternehmersicht schließlich da. Ebenso wie es als selbstverständlich gilt, dass sich die Eigentümer_innen der Produktionsmittel den Mehrwert krallen, um damit Reichtum und Macht zu mehren.

Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“