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Finanzielle Aushungerung

  • Freitag, 23. Februar 2018 @ 14:51
Meinung
Franz Grün über die Pläne mit der AUVA

Zuerst gilt es, mit dem Irrglauben aufzuräumen, Versicherungsleistungen aus der Allgemeinen Unfallversicherung (AUVA) würden Leistungen für Unfälle im privaten bis zum Risikosportbereich erbringen. Aber Versicherungsleistungen aus der AUVA decken ausschließlich die Unfallfolgen aus Arbeits- und Wegunfällen ab. Die AUVA beruht als Pflichtversicherung auf dem Solidaritätsprinzip und betrifft rund 4,8 Millionen Menschen. Dienstnehmer_innen und diesen gleichgestellte selbständig Erwerbstätige (Hebammen, Lehrer_innen, Erzieher_innen, Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft) sowie Heimarbeiter_innen, Lehrlinge sind in der AUVA versichert. Auch sind Personen mit freien Dienstverträgen den Dienstnehmer_innen gleichgestellt.

Zwei große Leistungsgruppen bilden den Hauptteil der Versicherungsleistungen aus der AUVA ab. Zum einen sind dies die Arbeitsunfälle, wozu auch die Wegunfälle zählen (Unfälle am direkten Weg zwischen Wohnort und Arbeitsort) zum anderen die Berufskrankheiten, welche aus einer sich ständig verändernden Liste ersichtlich sind.

Arbeitsunfälle sind plötzlich von außen auftretende Körperschädigungen im ursächlichen, örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der versicherten Erwerbstätigkeit oder Ausbildung. Unter Versicherungsschutz stehen auch Wege und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit oder Ausbildung. Bestimmte Unfälle sind den Arbeitsunfällen gleichgestellt, selbst wenn sie Personen betreffen, die nicht unfallversichert sind. Dazu gehören etwa Unfälle bei der Rettung eines Menschen aus Lebensgefahr oder beim Blutspenden, Unfälle beim Einsatz von Mitgliedern oder Helfern von Hilfsorganisationen.

Berufskrankheiten sind Schädigungen der Gesundheit durch die versicherte Tätigkeit. Sie sind in einer Liste als Anhang zum ASVG angeführt. Durch eine Generalklausel stehen auch Krankheiten unter Versicherungsschutz, die nicht in dieser Liste enthalten sind: sie müssen nachweisbar berufsbedingt sein und durch schädigende Stoffe oder Strahlen hervorgerufen werden. Neue Gefahren in der Arbeitswelt, aber auch neue Erkenntnisse über Auswirkungen von Schadstoffen oder Belastungen führen dazu, dass die Liste der Berufskrankheiten immer wieder ergänzt wird.

Zusätzlich zu den Leistungen aus Arbeitsunfällen und Berufserkrankungen erbringt die AUVA Leistungen für Entgeltfortzahlung, Entschädigungen (Renten, Pflegegeld), Erste-Hilfe-Schulungen, medizinische und Präventionsforschung, Leistungen bei Tod (Hinterbliebenenrente, Bestattungs- und Überführungskosten), medizinische und soziale Rehabilitation, Unfallheilbehandlung und Heeresentschädigung.

Die soziale Unfallversicherung ist aus der Unternehmerhaftpflicht hervorgegangen. Daher sind die Versicherungsfälle der Arbeitsunfall und die Berufskrankheit. Die Arbeitnehmer_innen zahlen daher keinen Beitrag. Arbeitgeber_innen zahlen derzeit 1,3 Prozent von der Beitragsgrundlage (Lohnsumme) bei einer Höchstbeitragsgrundlage von 5.130 Euro. Kein Unfallversicherungsbeitrag ist für Lehrlinge über die gesamte Lehrzeit sowie für Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, zu entrichten. Selbständig Erwerbstätige zahlen einen fixen Betrag pro Monat, dieser beträgt heuer 9,60 Euro.

Rund 1,3 Milliarden Euro betragen die Einnahmen der AUVA aus den Versicherungsleistungen der Arbeitgeber_innen. Erste Hilfe, Unfallheilbehandlung, Rehabilitation, Leistungsberatung, Entschädigungen. Leistungen bei Tod, Forschung und Entgeltfortzahlung sind nur einige der Leistungen, welche die AUVA für die Versicherten erbringt. Im Zuge der Senkung der Lohnnebenkosten will die Regierung die Kosten für die Dienstgeber senken. Wenn der Versicherungsbeitrag von 1,3 Prozent auf 0,8 Prozent der Beitragsgrundlage gesenkt wird, bedeutet dies für die Arbeitgeber ein Einsparungspotential von rund 500 Millionen Euro, gleichzeitig wird jedoch der gleiche Betrag den versicherten Arbeitnehmer_innen weggenommen. Da der Verwaltungsaufwand bei den in Selbstverwaltung befindlichen Versicherungen in Österreich nur rund zwei Prozent beträgt und dies im Europa-Vergleich ohnehin zu den niedrigsten Kosten zählt, ist hier wohl nichts einzusparen. Eingespart soll also wieder einmal bei denjenigen werden, welche ohnehin durch Unfälle oder Berufserkrankungen vom Schicksal gestraft wurden.

Wo also soll eingespart werden? Zu befürchten ist, dass dies bei der Prävention geschehen könnte. Dies würde bedeuten, dass auf Kosten des Arbeitnehmer_innenschutzes gespart wird. Dies würde nebenbei bedeuten, dass sich die Arbeitgeber_innen bei der Vorsorge noch jede Menge herausholen könnten. Sollten die Einsparungsziele bis Ende 2018 nicht erreicht werden, droht das Aus für die AUVA. Sie könnte in den Krankenkassen aufgehen, wobei man nicht sagen kann wie es dort weitergehen soll.

Für Kanzler Kurz ist es ja selbstverständlich, dass die Arbeitnehmer_innen in Knechtschaft zu den Arbeitgeber_innen sein sollen, für Straches „Partei des kleinen Mannes“ eigentlich auch, nur erzählt der halt seinen Wähler_innen etwas anderes.

Franz Grün ist Organisationsverantwortlicher im GLBvida