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Streik bei Arriva Slowenien

  • Donnerstag, 14. September 2017 @ 22:00
International
Christoph Glanninger führte ein Interview mit Streikführer Endre Mesaroš

FahrerInnen der slowenischen Firma Arriva, organisierten von 4. bis 14. September 2017 einen Streik für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Bezahlung. Die Arriva-Gruppe gehört der Deutschen Bahn und ist ein typisches Beispiel dafür wie westliche Firmen ArbeiterInnenrechte am Balkan ignorieren.

Endre Mesaroš, Präsident der Gewerkschaft der BusfahrerInnen Sloweniens, wurde aufgrund seiner gewerkschaftlichen Aktivität gefeuert. Seit dem Interview hat die Gewerkschaft sich mit Arriva über eine Erhöhung des Stundenlohns geeinigt (weitere Details des Deals wurde nicht veröffentlicht). Obwohl viele Forderungen nicht erfüllt wurden, wurde der Streik beendet, aber weitere Konflikte sind nicht ausgeschlossen.

Glanninger: Sie streiken seit über einer Woche. Worum geht es in der Auseinandersetzung?

Mesaroš: Die Geschäftsleitung weigert sich die Probleme im Unternehmen zu diskutieren. Wie etwa den großen Druck, der auf den Fahrern lastet, das steigende Arbeitspensum bei keiner gleichzeitigen Lohnerhöhung und der Druck, die Fahrtenschreiber zu verfälschen. 2012 und 2013 wurde die Zusatzpensionspensionsversicherung des Unternehmens gestrichen. Die Unternehmensführung verletzt die zwei gesetzlichen Verordnungen, die die Rechte und Pflichten von Kurz- und LangstreckenfahrerInnen regeln.

Die Busfahrzeuge des Unternehmens sind veraltet: Das Unternehmen kauft Ausschussfahrzeuge mit einem Kilometerstand von über einer Million. Das ist unsinnig: Fahrzeuge mit einem Kilometerstand von einer halben Million zeigen bereits eindeutige Anzeichen von Abnützung und werden abgeschrieben. Und Arriva versäumt es dann sie ordnungsgemäß in Stand zu halten. Diese Busse werden dann für den Transport von Schulkindern, Touristen, ArbeiterInnen und anderen Menschen verwendet.

Glanninger: Was verlangen sie von Arriva?

Mesaroš: Wir fordern, dass die Unternehmensführung alle Sanktionen gegenüber den Gewerkschaftsmitgliedern fallen lässt. Dass die Unternehmensführung die Zusatzpensionskrankversicherung für alle Arbeiter, die mehr als 80 Prozent ihrer Arbeitszeit auf ihrem Arbeitsplatz verbringen, wiedereinführt. Dass die Unternehmensführung die gesetzlichen Regelungen für Kurz- und Langstreckenfahrer befolgt. Dass der Stundenlohn auf sieben Euro erhöht wird. Dass das Management einen Kollektivvertrag für alle Arriva Beschäftigten entwirft, inklusive Vereinbarungen über Beförderungen und faire Bezahlung, das Management sich an alle Bestimmungen hält, die Ausstattung und Bustransport betreffen

Glanninger: Welche Eigentümerstruktur steckt hinter Arriva?

Mesaroš: Arriva Slowenien stellt Kurz- und Langstreckentransport für SchülerInnen, ArbeiterInnen und TouristInnen zur Verfügung und haben den größten Marktanteil im Transport über öffentliche Straßen, mit 500 Bussen. Die Gruppe besteht aus vier regionalen Tochterunternehmen. Sie sind Teil von Arriva International Ltd International Group, mit Sitz in Sunderland in Großbritannien und Ablegern in vierzehn europäischen Ländern. Arriva International gehört der Deutschen Bahn, die auch schon versucht hat die Slowenische Eisenbahn und den Hafen von Koper zu kaufen.

Glanninger: Ist das Geschäft in Slowenien profitabel für den Konzern?

Mesaroš: Die Arriva Gruppe hat letztes Jahr insgesamt 3,5 Millionen Reingewinn erwirtschaftet. Das ist ziemlich umstritten, sogar illegal, weil sämtliche Transportdienste die Arriva anbietet (außer dem Transport für TouristInnen) gefördert werden, was bedeutet, dass sie keinen Profit erwirtschaften sollten. Ich verstehe nicht, warum die Behörden nicht reagieren.

Glanninger: Wie läuft der Streik?

Mesaroš: Es gibt ca. 950 ArbeiterInnen, davon ca. 570 BusfahrerInnen – 70 Prozent davon sind im Streik. Letzte Woche haben die streikenden ArbeiterInnen in Kranj auch einen spontanen Protest organisiert. Das Management bedroht die ArbeiterInnen, indem es Nachrichten an ihre Arbeitstelefone verschickt, die den Streik als Illegal bezeichnen, damit drohen, dass die ArbeiterInnen für die Streikteilnahme verklagt werden und auch damit, dass ihre Verträge aufgelöst werden. Sie haben Benachrichtigungen über den Streik von den Bussen entfernt und die Security eingesetzt. Während der CEO Bo Karlsson gleichzeitig arrogant verkündet hat, dass er sich weigert mit Erpressern zu verhandeln.

Glanninger: Habt ihr auch Solidarität erhalten?

Mesaroš: Von den beiden zuständigen Gewerkschaften in der Firma haben wir keine Unterstützung erhalten, sie bleiben dem Management treu. Aber es gab eine große Reaktion von anderen Gewerkschaften aus dem In- und Ausland; einschließlich der Gewerkschaft der Postbediensteten; Schiffsarbeiter; Minenarbeiter; Sozialarbeiter; Beamte; Feuerwehrleute; Polizisten; Verkäufer; Universitätsangestellte; Journalisten; Versicherungsmakler; Arbeiter im Gesundheitsbereich und viele andere. Sie senden uns Solidaritätsbriefe, Protestbriefe an die Geschäftsführung und fordern dazu auf unsere Forderungen zu erfüllen.

Glanninger: Danke für das Interview.