Unsozial und autoritär
- Sonntag, 10. Dezember 2017 @ 09:32
Leo Furtlehner über die Pläne von schwarz-blau
Das Ergebnis der Wahl vom 15. Oktober 2017 war im Wesentlichen zu erwarten. Mit ihrer Kampagne, schwarz-blau zu verhindern gelang es der SPÖ zwar Platz zwei zu behaupten, 190.000 leichtgläubige vormalige Grün-Wähler_innen einzufangen und wahrscheinlich einige zehntausend kritische Wähler_innen von KPÖ PLUS fernzuhalten. Trotzdem ging die Taktik letztlich nach hinten los: Die schwarz-blaue Mehrheit wurde nicht verhindert, die SPÖ in Opposition, die Grünen nicht mehr im Parlament, die NEOS dienen sich schwarz-blau für Zweidrittel-Mehrheiten an, die Liste Pilz ist demoliert.
Bei Redaktionsschluss waren die Koalitionsverhandlungen zwischen Kurz und Strache und ihrem jeweiligen Tross noch im Gange. Aber wesentliche Inhalte für die künftige Regierung zeichneten sich deutlich ab. Die Grundlinie der neoliberalen Politik wird fortgesetzt, jedoch mit gesteigerter Intensität und deutlich autoritären Zügen.
Angepeitscht von Industriellenvereinigung und NEOS richtet sich eine Hauptstoßrichtung der künftigen Politik gegen die Kammern – insbesondere die Arbeiterkammer. Es gilt, sie als störendes Relikt zu schwächen und wenn möglich ganz zu eliminieren. Ganz im Sinne der schon von Jörg Haider propagierten „3. Republik“.
Der Hebel sind Aufhebung der Pflichtmitgliedschaft und die Senkung der Kammerumlage. Während der ÖAAB sich der Bedeutung der AK durchaus bewusst ist, agiert die FA dort als trojanisches Pferd. Keineswegs erleichtert wird die Verteidigung der Kammer durch deren Gleichsetzung mit der Sozialpartnerschaft durch die dominierende Mehrheitsfraktion FSG.
Mit dem Kammer-Status hängt auch die flächendeckende Geltung von Kollektivverträgen zusammen. Österreich rangiert mit 98 Prozent KV-Abdeckung europaweit an der Spitze. Erklärtes Ziel der Industrie ist freilich, das KV-System zu zerschlagen und ganz nach Gutsherrenart möglichst nur mehr betriebliche oder gar nur individuelle Lohnabschlüsse zu tätigen, um die lästigen Gewerkschaften auszuschalten.
Ebenfalls mit den Kammern hängt die Selbstverwaltung der Sozialversicherungen zusammen. Eine Zusammenlegung von 22 auf neun würde wenig Einsparungen bei den Verwaltungskosten – derzeit drei Prozent, private Versicherungen bis zu 30 Prozent – bringen. Die eigentliche Absicht ist freilich ein gut funktionierendes System zu zerschlagen, um privaten Versicherungskonzernen satte Geschäfte mit Krankheit, Unfall und Pension zuzuschanzen. Ganz nach dem Motto „Privat ist besser als Staat“: Fragt sich nur für wen.
Auch in für die Lohnabhängigen existenziellen Fragen agieren Kurz & Strache mit dem Vorschlaghammer: Auf ihrer Agenda stehen der 12-Stundentag inklusive 60-Stundenwoche ohne Überstundenzuschläge. Gekippt werden soll die Aktion 20.000 um älteren Arbeitslosen eine Chance zu geben. Angedroht wurde auch bereits die Einführung von Ambulanzgebühren.
Besonders stört die Politik der sozialen Kälte Marke schwarz-blau die Mindestsicherung. Nach dem Beispiel einiger Bundesländer soll bundesweit eine Senkung für Asylwerber_innen und eine Deckelung für Familien erfolgen. Und entsprechend der insbesondere von der FPÖ seit Jahren getrommelten Politik sollen die Sozialleistungen für EU-Bürger_innen, insbesondere das Familiengeld gekürzt werden. Besonders betroffen davon wären die rund 60.000 Frauen aus osteuropäischen Ländern, die im Rahmen der 24-Stunden-Pflege zu zigtausenden in Österreich tätig sind und ihre Kinder zu Hause lassen müssen.
Auch in punkto Wohnen ist von schwarz-blau nichts Gutes zu erwarten. Hatte Kurz doch schon im Wahlkampf ganz zynisch erklärt, Menschen die sich die hohen Mieten nicht leisten könnten, sollten doch Eigentum erwerben. Und so setzt man auf die Förderung von Eigentum und mit dem Mietkauf-Modell will man den gemeinnützigen Wohnungsbestand privatisieren. Ortsübliche Mieten nach Neubau und Sanierung für 25 Jahre sollen die Regel werden.
Eine gefährliche Drohung ist die Absicht ,die Steuer- und Abgabenquote auf 40 Prozent des BIP zu senken, was den Entfall von vielen Milliarden für Budget und Sozialversicherungen bedeutet. Die Zuckerl dabei sind die Senkung der Körperschaftssteuer auf die Gewinne von Kapitalgesellschaften und ein Kinderbonus, von dem de facto nur Gutverdienende profitieren. Im Raum steht dabei vor allem die seit Jahren getrommelte Senkung von Lohnnebenkosten, was jedoch im Klartext weniger Einnahmen für die Finanzierung von Gesundheitswesen, Arbeitsmarktmaßnahmen, Pensionen und Gemeinden bedeutet.
Auch im Bildungswesen kündigt sich ein Roll-Back an. Etwa mit dem Aus für die Gesamtschule (Neue Mittelschule) und Wiedereinführung von Leistungsgruppen, Einschränkung des Zuganges zu Hochschulen und Studiengebühren.
Zum „Ausgleich“ kündigen Kurz & Strache verschärfte Überwachung, mehr Polizei, höhere Strafen und ein verschärftes Asylrecht an. Auf dem Programm steht auch eine massive Erhöhung des Rüstungsbudgets, neue Abfangjäger und Beteiligung am EU-Rüstungsprogramm Pesco – auf die Neutralität wird gepfiffen.
Alle, denen soziale Gerechtigkeit ein Anliegen ist, werden also in den kommenden Jahren stark gefordert, Widerstand gegen die unsozialen und autoritären Vorhaben der künftigen Regierung zu leisten.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“
Das Ergebnis der Wahl vom 15. Oktober 2017 war im Wesentlichen zu erwarten. Mit ihrer Kampagne, schwarz-blau zu verhindern gelang es der SPÖ zwar Platz zwei zu behaupten, 190.000 leichtgläubige vormalige Grün-Wähler_innen einzufangen und wahrscheinlich einige zehntausend kritische Wähler_innen von KPÖ PLUS fernzuhalten. Trotzdem ging die Taktik letztlich nach hinten los: Die schwarz-blaue Mehrheit wurde nicht verhindert, die SPÖ in Opposition, die Grünen nicht mehr im Parlament, die NEOS dienen sich schwarz-blau für Zweidrittel-Mehrheiten an, die Liste Pilz ist demoliert.
Bei Redaktionsschluss waren die Koalitionsverhandlungen zwischen Kurz und Strache und ihrem jeweiligen Tross noch im Gange. Aber wesentliche Inhalte für die künftige Regierung zeichneten sich deutlich ab. Die Grundlinie der neoliberalen Politik wird fortgesetzt, jedoch mit gesteigerter Intensität und deutlich autoritären Zügen.
Angepeitscht von Industriellenvereinigung und NEOS richtet sich eine Hauptstoßrichtung der künftigen Politik gegen die Kammern – insbesondere die Arbeiterkammer. Es gilt, sie als störendes Relikt zu schwächen und wenn möglich ganz zu eliminieren. Ganz im Sinne der schon von Jörg Haider propagierten „3. Republik“.
Der Hebel sind Aufhebung der Pflichtmitgliedschaft und die Senkung der Kammerumlage. Während der ÖAAB sich der Bedeutung der AK durchaus bewusst ist, agiert die FA dort als trojanisches Pferd. Keineswegs erleichtert wird die Verteidigung der Kammer durch deren Gleichsetzung mit der Sozialpartnerschaft durch die dominierende Mehrheitsfraktion FSG.
Mit dem Kammer-Status hängt auch die flächendeckende Geltung von Kollektivverträgen zusammen. Österreich rangiert mit 98 Prozent KV-Abdeckung europaweit an der Spitze. Erklärtes Ziel der Industrie ist freilich, das KV-System zu zerschlagen und ganz nach Gutsherrenart möglichst nur mehr betriebliche oder gar nur individuelle Lohnabschlüsse zu tätigen, um die lästigen Gewerkschaften auszuschalten.
Ebenfalls mit den Kammern hängt die Selbstverwaltung der Sozialversicherungen zusammen. Eine Zusammenlegung von 22 auf neun würde wenig Einsparungen bei den Verwaltungskosten – derzeit drei Prozent, private Versicherungen bis zu 30 Prozent – bringen. Die eigentliche Absicht ist freilich ein gut funktionierendes System zu zerschlagen, um privaten Versicherungskonzernen satte Geschäfte mit Krankheit, Unfall und Pension zuzuschanzen. Ganz nach dem Motto „Privat ist besser als Staat“: Fragt sich nur für wen.
Auch in für die Lohnabhängigen existenziellen Fragen agieren Kurz & Strache mit dem Vorschlaghammer: Auf ihrer Agenda stehen der 12-Stundentag inklusive 60-Stundenwoche ohne Überstundenzuschläge. Gekippt werden soll die Aktion 20.000 um älteren Arbeitslosen eine Chance zu geben. Angedroht wurde auch bereits die Einführung von Ambulanzgebühren.
Besonders stört die Politik der sozialen Kälte Marke schwarz-blau die Mindestsicherung. Nach dem Beispiel einiger Bundesländer soll bundesweit eine Senkung für Asylwerber_innen und eine Deckelung für Familien erfolgen. Und entsprechend der insbesondere von der FPÖ seit Jahren getrommelten Politik sollen die Sozialleistungen für EU-Bürger_innen, insbesondere das Familiengeld gekürzt werden. Besonders betroffen davon wären die rund 60.000 Frauen aus osteuropäischen Ländern, die im Rahmen der 24-Stunden-Pflege zu zigtausenden in Österreich tätig sind und ihre Kinder zu Hause lassen müssen.
Auch in punkto Wohnen ist von schwarz-blau nichts Gutes zu erwarten. Hatte Kurz doch schon im Wahlkampf ganz zynisch erklärt, Menschen die sich die hohen Mieten nicht leisten könnten, sollten doch Eigentum erwerben. Und so setzt man auf die Förderung von Eigentum und mit dem Mietkauf-Modell will man den gemeinnützigen Wohnungsbestand privatisieren. Ortsübliche Mieten nach Neubau und Sanierung für 25 Jahre sollen die Regel werden.
Eine gefährliche Drohung ist die Absicht ,die Steuer- und Abgabenquote auf 40 Prozent des BIP zu senken, was den Entfall von vielen Milliarden für Budget und Sozialversicherungen bedeutet. Die Zuckerl dabei sind die Senkung der Körperschaftssteuer auf die Gewinne von Kapitalgesellschaften und ein Kinderbonus, von dem de facto nur Gutverdienende profitieren. Im Raum steht dabei vor allem die seit Jahren getrommelte Senkung von Lohnnebenkosten, was jedoch im Klartext weniger Einnahmen für die Finanzierung von Gesundheitswesen, Arbeitsmarktmaßnahmen, Pensionen und Gemeinden bedeutet.
Auch im Bildungswesen kündigt sich ein Roll-Back an. Etwa mit dem Aus für die Gesamtschule (Neue Mittelschule) und Wiedereinführung von Leistungsgruppen, Einschränkung des Zuganges zu Hochschulen und Studiengebühren.
Zum „Ausgleich“ kündigen Kurz & Strache verschärfte Überwachung, mehr Polizei, höhere Strafen und ein verschärftes Asylrecht an. Auf dem Programm steht auch eine massive Erhöhung des Rüstungsbudgets, neue Abfangjäger und Beteiligung am EU-Rüstungsprogramm Pesco – auf die Neutralität wird gepfiffen.
Alle, denen soziale Gerechtigkeit ein Anliegen ist, werden also in den kommenden Jahren stark gefordert, Widerstand gegen die unsozialen und autoritären Vorhaben der künftigen Regierung zu leisten.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“