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Kürzung per Rasenmäher

  • Dienstag, 21. November 2017 @ 09:24
OÖ
Leo Furtlehner über soziale Kälte in Oberösterreich

Die schwarz-blaue Landeskoalition hat die Kürzung aller Ermessensausgaben im Landesbudget 2018 um zehn Prozent angekündigt. Zusätzlich sollen Studiengebühren an den Fachhochschulen und eine Gebühr für die Nachmittagsbetreuung in Kindergärten eingeführt werden. Den Beschäftigten im Landes- und Gemeindedienst, Spitälern und Sozialeinrichtungen soll trotz einem Budgetzuwachs von 4,76 Prozent und 100 Mio. Euro Mehreinnahmen der Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst von 2,33 Prozent verweigert und ein Abschluss unter der Inflationsrate aufgezwungen werden. Kontraproduktiv ist auch eine weitere Privatisierung von 190 Mio. Euro aushaftenden Wohnbaudarlehen durch Verkauf an Banken.

Aber Kürzungen nach der Rasenmäher-Methode ignorieren die für eine sinnvolle Budgetpolitik notwendige Differenzierungen: Es ist nämlich nicht egal, wofür das Steuergeld ausgegeben wird. Ob sie für soziale Zwecke, Arbeitsmarktförderung, Gesundheit, Bildung, Wohnen und Kultur oder für die Standortsicherung zugunsten der Industrie, Parteien- oder Wirtschaftsförderung ausgegeben wird. Unter dem zynischen Motto „gegen Gratis-Mentalität“ bedeutet das schwarz-blaue Kahlschlagprogramm demnach Belastungen, vor allem für einkommensschwächere Haushalte.

Neoliberales Dogma

Im Unterschied zu den acht anderen Bundesländern peilen LH Stelzer (ÖVP) und sein Vize Haimbuchner (FPÖ) für Oberösterreich bereits 2018 ein Nulldefizit an. Das entspricht einem fragwürdigen neoliberalen Dogma, hinter dem immer das Ziel steht, den Sozialstaat zu zertrümmern.

Das Ziel ist „finanziellen Spielraum für Investitionen zu bekommen“, um Oberösterreich unter die TOP10 der EU-Regionen zu bringen. Das bedeutet freilich Belastungen für eine große Mehrheit der Bevölkerung zugunsten einer noch weiter verbesserten Kapitalverwertung der Industrie und damit eine weitere Umverteilung nach oben.

Sozialbudget im Visier

Sogar die 2015 paktierten Vereinbarungen für eine fünfprozentige Erhöhung des Sozialbudgets bis 2021 werden außer Kraft gesetzt. Die Unterschrift von LH Thomas Stelzer (ÖVP) bei seinem Amtsantritt im Frühjahr 2017 gilt plötzlich nichts mehr. Wie überhaupt das Sozialressort und die Sozialvereine das erklärte Ziel unsozialer Angriffe auf Kosten von Beschäftigten und Klient_innen sind. So hatte FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner eine Prüfung des Sozialressorts „wie bei einer Darmspiegelung“ durch externe Prüfer verlangt, betrachtet er diesen Sektor offensichtlich als lästigen Blinddarm, der entfernt werden soll.

Bereits 2016 hat schwarz-blau die bedarfsorientiere Mindestsicherung für Migrant_innen und Mehrkindfamilien verschlechtert. Die budgetären Effekte waren minimal, tatsächlich ging es um die Spaltung der Gesellschaft und größeren Konkurrenzdruck am Arbeitsmarkt. Ebenfalls beschlossen wurde die Verschlechterung der Wohnbauförderung für Drittstaatsangehörige ab 2018 durch Sprachnachweis und fünfjährigen Aufenthalt.

Widerstand gegen Kahlschlag

Die Kahlschlagpläne von schwarz-blau haben viel Unmut ausgelöst. Im Landtag haben sich SPÖ und Grüne dagegen ausgesprochen. Die Arbeiterkammer hat den Plänen eine klare Absage erteilt. Die Gewerkschaften Öffentlicher Dienst, younion, vida und GPA-djp haben sich gegen einen Reallohnverlust für den öffentlichen Dienst ausgesprochen und zu Protesten aufgerufen.

Massive Ablehnung gibt es auch gegen die vor allem Alleinerzieher_innen bzw. Alleinverdiener_innen existenziell betreffende Einführung einer Gebühr für die Nachmittagsbetreuung. Und die Kulturplattform hat die Kampagne #kulturlandretten gestartet.

Unter dem Aspekt sozialer Gerechtigkeit sind Landesregierung und Landtag aufgefordert, das Landesbudget 2018 ohne Belastungen in existenziell wichtigen Bereichen wie Gesundheit, Bildung, Soziales und Kultur zu gestalten. Insbesondere ist die Einführung von Studiengebühren an Fachhochschulen, eine Gebühr für die Nachmittagsbetreuung in Kindergärten und ein Gehaltsabschluss unter der Inflationsrate für die rund 65.000 Beschäftigten im Landes- und Gemeindedienst, Spitälern und Sozialeinrichtungen abzulehnen.

Auch beim oö Landesbudget wird die Schieflastigkeit der Steuerpolitik deutlich: Während Lohnabhängige, Prekarisierte und Pensionist_innen den Löwenanteil der Steuern zahlen, flüchten Banken und Konzerne bei der Besteuerung ihrer Superprofite und die laut Global Wealth Report der Schweizer Bank Credit Suisse mittlerweile 250.000 (Dollar-)Millionär_innen in Österreich bei der Besteuerung ihrer Vermögen aus der Steuerpflicht.