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GLB-Stingl: Streik in der Metallindustrie ist legitim

  • Dienstag, 7. November 2017 @ 09:23
News
Höchste Zeit für eine härtere Gangart, Streik inklusive, muss der ergebnislose Abbruch der fünften Verhandlungsrunde für den Kollektivvertrag 2018 für die 130.000 Beschäftigten in der metalltechnischen Industrie sein, meint Josef Stingl, Bundesvorsitzender der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB). "Das sture Beharren der Unternehmerseite auf einem Minimalabschluss trotz bester Auftragslage der Metallindustrie ist ein weiteres Anzeichen dafür, dass es dem Fachverband FMTI in Wirklichkeit um die Aushebelung der Kollektivverträge schlechthin geht“, so Stingl. Der Linksgewerkschafter erinnert daran, dass eben dieser Fachverband schon vor Jahren federführend bei der Aufsplitterung der Metall-KV-Verhandlungen auf sechs Sparten und damit dem Auseinanderdividieren der Beschäftigten war.

Das Angebot der Unternehmerseite mit 2,5 Prozent ist – bei einer Inflation von 2,4 Prozent im September 2017 und einer Konjunkturprognose von 2,8 Prozent für 2018 – weit von einer Abdeckung des Produktivitätswachstums und einer Aufholung der Lohnverluste der letzten Jahre entfernt. Die Versuche der Industrie, nicht die höhere österreichische, sondern die niedrigere EU-Inflationsrate anzuwenden, sind einem unverhüllten Profitstreben der Unternehmerseite auf Kosten der Beschäftigten die eigentlich alle Werte schaffen geschuldet. Daher ist die Forderung der Gewerkschaften PRO.GE und GPA-djp mit vier Prozent ohnehin nicht übertrieben.

Wenn FMTI-Boss Christian Knill vor einem „weltfremden Abschluss“ warnt und meint, die Gewerkschaften hätten „heute die Sozialpartnerschaft schwer beschädigt“ will er davon ablenken, dass die Scharfmacher der Metallindustrie schon längst auf beinharten Klassenkampf setzen. Daher sind Kampfmaßnahmen der betroffenen Beschäftigten nicht nur angebracht, sondern höchst an der Zeit. Bereits 2013 konnte ein KV-Abschluss erst nach einem Warnstreik in der Maschinen- und Metallwarenindustrie durchgesetzt werden, erinnert Stingl.

Da die Metallindustrie traditionell als Schlüsselbranche und richtungsweisend für alle anderen Branchen gilt ist die Durchsetzung eines akzeptablen Lohnabschlusses von entscheidender Bedeutung dafür, das System für alle Unternehmen einer Branche geltender KV-Abschlüsse zu erhalten. Ginge es nach den Wünschen der Industriellenvereinigung sollten Lohnabschlüsse bekanntlich nur auf betrieblicher Ebene unter Ausschaltung der Gewerkschaften erfolgen, was einen massiven Druck auf Beschäftigte und Betriebsräte bedeuten würde.

Wie jüngste Berichte zeigen strotzt die Metallindustrie vor Profit: Die Arbeiterkammer hat im „Branchenreport Metallindustrie 2017“ die Jahresabschlüsse von 114 Unternehmen mit 73.320 Beschäftigten ausgewertet, die 2016 31,4 Mrd. Euro Umsatz aufwiesen. 56 Prozent der erwirtschafteten Ergebnisse waren als Ausschüttung vorgesehen, in Summe satte 1,56 Mrd. Euro. Das übersteigt die Sachinvestitionen der Unternehmen deutlich und entspricht 37 Prozent der Löhne und Gehälter. Unter den TOP10 finden sich Andritz mit 103 Mio. Euro Gewinnausschüttung, voestalpine Stahl (105), Julius Blum (100), Palfinger, Plansee und BMW (250). Stingl erinnert auch daran, dass kürzlich sogar die Notenbanken die Gewerkschaften aufgefordert haben für höhere Lohnabschlüsse zu sorgen, weil Masseneinkommen und Konsum in den letzten Jahren zuwenig gewachsen sind.

Als Mangel bezeichnet Stingl zudem, dass bei den KV-Verhandlungen zwar neben einer spürbaren Lohnerhöhung auch verschiedene rahmenrechtliche Verbesserungen angestrebt werden, das immer brennender werdende Thema Arbeitszeitverkürzung als eine Antwort auf die mit Industrie 4.0 verbundene Automatisierung fehlt. Der Verzicht der Gewerkschaften auf die seit 1983 geforderte Arbeitszeitverkürzung auf 35 Wochenstunden und das Einlassen auf die von den Unternehmern geforderte Flexibilisierung wird von der Kapitalseite nach dem Motto „Reichst du mir den kleinen Finger, will ich die ganze Hand“ nur als Ermunterung für noch mehr Flexibilisierung – sprich 12-Stundentag bzw. 60-Stundenwoche ohne Überstundenaufschläge – verstanden.

GLB-Bundesvorsitzender Stingl weist auch das Argument zurück, die exportorientierte Industrie würde durch zu hohe Lohnabschlüsse konkurrenzunfähig. Während Österreich derzeit bei der Produktivität sehr gut liegt, rangiert unser Land bei den Arbeitskosten im EU-Vergleich nur an neunter Stelle: „Damit wird deutlich, dass das Jammern der Metallindustrie verlogen ist und nur auf eine Maximierung der Profite zielt“. Abschließend betont Stingl, dass das Streikrecht ein elementares demokratisches Recht zur Durchsetzung legitimer Interessen ist, welches in einer demokratischen Gesellschaft nicht in Frage gestellt werden darf.