Zwei Gesichter einer Partei
- Freitag, 14. Juli 2017 @ 11:41
Leo Furtlehner über das Wirtschaftsprogramm der FPÖ
Der Januskopf wäre das passende Logo der FPÖ. Die Strache-Partei sendet Anti-EU-Signale an das Wahlvolk, versichert gleichzeitig der Industrie ihr Pro-EU. In Sonntagsreden ist sie für die Neutralität, wochentags will sie eine Euro-Armee mit Atomwaffen. Hinter der Fassade der „Sozialen Heimatpartei“ versteckt sich der Vorrang für die Interessen des Kapitals.
In Hinblick auf künftige Regierungsfähigkeit hat die FPÖ nun ein 150-seitiges Programm mit „24 Zielen freiheitlicher Wirtschaftspolitik“ angekündigt. Federführend dabei sind Wirtschaftssprecher Axel Kassegger und Finanzsprecher Hubert Fuchs.
Maßgeblich mitgewirkt daran hat der oö LHStv. Manfred Haimbuchner. Er macht mit dem Sager „Erfreut nehme ich zur Kenntnis, dass die Industriellenvereinigung in den Reformwillen der FPÖ offenbar mehr Vertrauen setzt als in jenen der ÖVP“ (OÖN, 13.12.2016) klar, was Sache ist. In der schwarz-blauen Koalition in Oberösterreich agiert die FPÖ als Pressure-Group der IV. Beraten wird sie vom neoliberalen Hayek-Institut.
Was bislang aus dem noch geheimen Programm durchgesickert ist zeigt eine klare Stoßrichtung: Die FPÖ gebärdet sich zwar sozial, will aber über die Anliegen der Lohnabhängigen mit dem Rasenmäher drüberfahren um Kapital und Superreiche zu bedienen, wie schon in der schwarz-blauen Regierungsära von 2000 bis 2006. Die damalige Praxis und ein Blick in das FPÖ-Handbuch von 2013 verdeutlicht: Steuern und Sozialabgaben sollen gesenkt werden. Der öffentliche Dienst soll ordentlich abgespeckt werden. Ein Steuerwettbewerb zwischen den Bundesländern wird gewünscht.
Nur die Reichen können sich einen armen Staat leisten: Wird die Staatsquote auf 40 Prozent gesenkt und das Nulldefizit zum Staatsziel fehlen logischerweise Milliarden für Soziales, Bildung, Gesundheit oder Öffis. Wird der Verwaltungsaufwand von derzeit vier Prozent des BIP oder 14 Mrd. Euro halbiert, erklärt man 175.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst für überflüssig. Das alles zielt auf Privatisierung, den Zwang durch den Abbau staatlicher Leistungen selber vorzusorgen und bislang öffentliche Einrichtungen privaten Interessenten auszuliefern.
Ein kräftiger Schuss Fremdenfeindlichkeit gehört auch zum wirtschaftspolitischen Konzept der FPÖ. Die Unterscheidung zwischen „echten“ Österreicher_innen und Zugewanderten soll es ermöglichen, billigere Arbeitskräfte für das Kapital bereitzustellen und gleichzeitig die Entsolidarisierung zu forcieren. Besonders perfide ist die Forderung nach Abschaffung der Sozialabgaben für ausländische Beschäftigte oder einer separaten Versicherung für dieselben: Damit würden diese nicht nur alle sozialen Ansprüche verlieren und nach dem Saisonnier-Modell nach Bedarf umgehend in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden. Für das Kapital würden solche Arbeitskräfte billiger. Damit kämen heimische Arbeitskräfte verstärkt unter Druck und die Fremdenfeindlichkeit würde weiter steigen, was von der FPÖ wohl beabsichtigt ist.
Während sich die FPÖ in den Arbeiterkammern formal zu dieser Einrichtung bekennt, wird hinter den Kulissen im Gleichklang mit NEOS und IV die Pflichtmitgliedschaft als „Zwangsmitgliedschaft“ verteufelt. Der Zweck ist klar: Mit der Aufhebung würde die Finanzgrundlage der AK massiv erschüttert und ihre Funktion als wichtigste Interessenvertretung der Lohnabhängigen in Frage gestellt. Genau das, was Industriellenvereinigung & Co. wünschen.
Als blaues Hobby gilt die Forderung nach Zusammenlegung der Sozialversicherungen. Freilich zeigt ein Vergleich mit den Kassen in Deutschland und der Schweiz, dass es nicht um die Verwaltungskosten geht. Die eigentliche Absicht ist neben der Zerschlagung der, wenn auch sozialpartnerschaftlich deformierten, Selbstverwaltung, das historisch entstandene und bewährte Versicherungssystem zu zerschlagen und privaten und profitorientierten Interessen von Banken und Versicherungen auszuliefern.
Die Haltung der FPÖ zur EU stellt Haimbuchner klar: „Wir wollen eine andere EU, aber keinen Austritt. In einem Industriebundesland wie Oberösterreich nur darüber nachzudenken, wäre ja ein Schuss ins Knie“ (Die Presse, 4.3.2017). Haimbuchners „andere“ EU ist freilich ein völkisch organisiertes Europa mit autoritärem Charakter Marke Orban. So stellt auch Punkt 19 des Wirtschaftsprogramms ein „Klares Bekenntnis zum Industriestandort Österreich und Europa“ fest.
Je mehr von diesem Programm bekannt wird, umso mehr muss die FPÖ freilich auch befürchten, ihr Kernklientel zu verschrecken. Etwa wenn Haimbuchner meint „Wir fordern in bestimmten Fällen bis zu zwölf Stunden Arbeit pro Tag und 60 Stunden pro Woche zu ermöglichen“ (Die Presse, 4.3.2017) oder wenn die schnellere Anhebung des faktischen Pensionsalters oder die Vereinheitlichung der Pensionssysteme – im Klartext Anpassung auf das möglichst niedrigste Niveau – verlangt wird. Eisern steht die FPÖ hingegen zu den „G´stopften“: Eine Besteuerung von Vermögen und Erbschaften ist ebenso Teufelszeug wie eine Wertschöpfungsabgabe. Und auch die Privatstiftungen stellt man nicht in Frage.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“
Der Januskopf wäre das passende Logo der FPÖ. Die Strache-Partei sendet Anti-EU-Signale an das Wahlvolk, versichert gleichzeitig der Industrie ihr Pro-EU. In Sonntagsreden ist sie für die Neutralität, wochentags will sie eine Euro-Armee mit Atomwaffen. Hinter der Fassade der „Sozialen Heimatpartei“ versteckt sich der Vorrang für die Interessen des Kapitals.
In Hinblick auf künftige Regierungsfähigkeit hat die FPÖ nun ein 150-seitiges Programm mit „24 Zielen freiheitlicher Wirtschaftspolitik“ angekündigt. Federführend dabei sind Wirtschaftssprecher Axel Kassegger und Finanzsprecher Hubert Fuchs.
Maßgeblich mitgewirkt daran hat der oö LHStv. Manfred Haimbuchner. Er macht mit dem Sager „Erfreut nehme ich zur Kenntnis, dass die Industriellenvereinigung in den Reformwillen der FPÖ offenbar mehr Vertrauen setzt als in jenen der ÖVP“ (OÖN, 13.12.2016) klar, was Sache ist. In der schwarz-blauen Koalition in Oberösterreich agiert die FPÖ als Pressure-Group der IV. Beraten wird sie vom neoliberalen Hayek-Institut.
Was bislang aus dem noch geheimen Programm durchgesickert ist zeigt eine klare Stoßrichtung: Die FPÖ gebärdet sich zwar sozial, will aber über die Anliegen der Lohnabhängigen mit dem Rasenmäher drüberfahren um Kapital und Superreiche zu bedienen, wie schon in der schwarz-blauen Regierungsära von 2000 bis 2006. Die damalige Praxis und ein Blick in das FPÖ-Handbuch von 2013 verdeutlicht: Steuern und Sozialabgaben sollen gesenkt werden. Der öffentliche Dienst soll ordentlich abgespeckt werden. Ein Steuerwettbewerb zwischen den Bundesländern wird gewünscht.
Nur die Reichen können sich einen armen Staat leisten: Wird die Staatsquote auf 40 Prozent gesenkt und das Nulldefizit zum Staatsziel fehlen logischerweise Milliarden für Soziales, Bildung, Gesundheit oder Öffis. Wird der Verwaltungsaufwand von derzeit vier Prozent des BIP oder 14 Mrd. Euro halbiert, erklärt man 175.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst für überflüssig. Das alles zielt auf Privatisierung, den Zwang durch den Abbau staatlicher Leistungen selber vorzusorgen und bislang öffentliche Einrichtungen privaten Interessenten auszuliefern.
Ein kräftiger Schuss Fremdenfeindlichkeit gehört auch zum wirtschaftspolitischen Konzept der FPÖ. Die Unterscheidung zwischen „echten“ Österreicher_innen und Zugewanderten soll es ermöglichen, billigere Arbeitskräfte für das Kapital bereitzustellen und gleichzeitig die Entsolidarisierung zu forcieren. Besonders perfide ist die Forderung nach Abschaffung der Sozialabgaben für ausländische Beschäftigte oder einer separaten Versicherung für dieselben: Damit würden diese nicht nur alle sozialen Ansprüche verlieren und nach dem Saisonnier-Modell nach Bedarf umgehend in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden. Für das Kapital würden solche Arbeitskräfte billiger. Damit kämen heimische Arbeitskräfte verstärkt unter Druck und die Fremdenfeindlichkeit würde weiter steigen, was von der FPÖ wohl beabsichtigt ist.
Während sich die FPÖ in den Arbeiterkammern formal zu dieser Einrichtung bekennt, wird hinter den Kulissen im Gleichklang mit NEOS und IV die Pflichtmitgliedschaft als „Zwangsmitgliedschaft“ verteufelt. Der Zweck ist klar: Mit der Aufhebung würde die Finanzgrundlage der AK massiv erschüttert und ihre Funktion als wichtigste Interessenvertretung der Lohnabhängigen in Frage gestellt. Genau das, was Industriellenvereinigung & Co. wünschen.
Als blaues Hobby gilt die Forderung nach Zusammenlegung der Sozialversicherungen. Freilich zeigt ein Vergleich mit den Kassen in Deutschland und der Schweiz, dass es nicht um die Verwaltungskosten geht. Die eigentliche Absicht ist neben der Zerschlagung der, wenn auch sozialpartnerschaftlich deformierten, Selbstverwaltung, das historisch entstandene und bewährte Versicherungssystem zu zerschlagen und privaten und profitorientierten Interessen von Banken und Versicherungen auszuliefern.
Die Haltung der FPÖ zur EU stellt Haimbuchner klar: „Wir wollen eine andere EU, aber keinen Austritt. In einem Industriebundesland wie Oberösterreich nur darüber nachzudenken, wäre ja ein Schuss ins Knie“ (Die Presse, 4.3.2017). Haimbuchners „andere“ EU ist freilich ein völkisch organisiertes Europa mit autoritärem Charakter Marke Orban. So stellt auch Punkt 19 des Wirtschaftsprogramms ein „Klares Bekenntnis zum Industriestandort Österreich und Europa“ fest.
Je mehr von diesem Programm bekannt wird, umso mehr muss die FPÖ freilich auch befürchten, ihr Kernklientel zu verschrecken. Etwa wenn Haimbuchner meint „Wir fordern in bestimmten Fällen bis zu zwölf Stunden Arbeit pro Tag und 60 Stunden pro Woche zu ermöglichen“ (Die Presse, 4.3.2017) oder wenn die schnellere Anhebung des faktischen Pensionsalters oder die Vereinheitlichung der Pensionssysteme – im Klartext Anpassung auf das möglichst niedrigste Niveau – verlangt wird. Eisern steht die FPÖ hingegen zu den „G´stopften“: Eine Besteuerung von Vermögen und Erbschaften ist ebenso Teufelszeug wie eine Wertschöpfungsabgabe. Und auch die Privatstiftungen stellt man nicht in Frage.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“