Arbeit macht krank
- Mittwoch, 12. Juli 2017 @ 11:35
Anne Rieger und die Burn-Out-Gefahr
„Je niedriger die Qualifikation, desto höher die Burn-out-Gefahr“ titelte der Kurier. Er bezog sich auf die kürzlich veröffentlichte Studie der Arbeiterkammer Oberösterreich. Danach kennt fast jeder dritte Beschäftigte in Österreich Fälle von Burnout im eigenen Betrieb und ebenfalls rund ein Drittel sieht sich zumindest leicht burnoutgefährdet.
Für knapp ein Drittel der Beschäftigten sind die Belastungen in der Arbeit zu hoch. Bei Menschen mit maximal Pflichtschulabschluss gibt sogar fast die Hälfte der Beschäftigten an, unter zu hohen Arbeitsbelastungen zu leiden.
„Das erhöht natürlich den beruflichen Frust sowie die Gefahr, im Job auszubrennen“, so die Arbeiterkammer. Wegen eines Burnouts waren bisher sechs Prozent der Arbeitnehmer/-innen im Krankenstand, bei Absolventen/-innen einer Pflichtschule ist der Anteil doppelt so hoch. Ein Drittel der Beschäftigten sieht sich im Job zumindest leicht burnoutgefährdet, bei Menschen mit maximal Pflichtschulabschluss ist die Einschätzung deutlich höher. Fast vier von zehn Beschäftigten machen sich Sorgen um ihre Kollegen/-innen. Fast ein Drittel gibt an, im eigenen Betrieb jemanden zu kennen, der bereits wegen eines Burnouts im Krankenstand war.
Hilfsarbeiter/innen unter Druck
Endlich deckt eine Studie die Lügen der Lohnschreiber und bezahlten Wissenschaftler auf, die seit Jahren behaupteten, Burnout sei in erster Linie eine Manager- bzw. Prominentenkrankheit. Die Studie belegt nun, Hilfsarbeiter/-innen empfinden den größten Zeit- bzw. Arbeitsdruck.
Burnout ist in den Betrieben zum Thema geworden. Die Belastungsgrenzen haben sich verschoben. Stress gehört heutzutage für viele schon zum normalen Arbeitsalltag. Gestresst fühlen sich Arbeitnehmer/-innen unter anderem von ihrer Arbeitsaufgabe an sich, von den Arbeitsbedingungen, von Zeitdruck und Arbeitsdruck. Ein knappes Viertel der Beschäftigten fühlt sich durch Zeitdruck belastet, etwa ein Sechstel durch ständigen Arbeitsdruck. Männer fühlen sich durch beide Belastungsformen etwas häufiger belastet als Frauen.
„Wir sehen eine Ursache für die zunehmende Gefährdung der psychischen Gesundheit der Beschäftigten im Anstieg von arbeitsbedingtem Stress und des Leistungsdrucks in den Unternehmen“, hatte schon vor Jahren die IG Metall in Deutschland erklärt. Besonders seit dem Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2008 hätten Stress und Leistungsdruck noch einmal zugenommen. Mehr als zwei Drittel der Betriebsräte hätten dies in einer Umfrage bestätigt. Nachdem die Konjunktur wieder angesprungen sei, zahlten „die Menschen in den Betrieben immer häufiger den Preis für ausgelastete Kapazitäten und volle Auftragsbücher“.
Systematischer Verschleiß
Während in 38 Prozent der Betriebe die Beschäftigten über Burnout sprechen, ist die Krankheit in nur 19 Prozent der Firmen ein Thema für die Unternehmensleitung, kritisiert die Arbeiterkammer. Dabei prägen hohe Arbeitsintensität, lange und unplanbare Arbeitszeiten, bezahlte und unbezahlte Überstunden, Schicht- und Nachtarbeit, Arbeitsplatzunsicherheit, zu geringe Qualifikationsmöglichkeiten, mangelnde Anerkennung, permanente Umstrukturierungen, ununterbrochene Ausdünnung der Belegschaften, schleichendes Draufpacken zusätzlicher Arbeitsaufgaben den Arbeitsalltag der meisten Beschäftigten. Und das trifft diejenigen mit geringeren Qualifikationen am härtesten, denn sie sind am untersten Ende der Befehlskette.
Mit perfiden Methoden wird immer mehr Output aus den Menschen gepresst. Der Druck ist subtil, immer öfter werden sie indirekt gesteuert. Die scheinbare Selbstständigkeit, der eigene Willen der Beschäftigten werden instrumentalisiert für den Unternehmenszweck. Sie sollen agieren wie Unternehmer. Mehr und mehr Verantwortung wird ihnen übertragen, ohne dass sie wirklich Handlungs- und Entscheidungsfreiheit haben. Denn Rahmenbedingungen wie Termine, Kosten, Personal, Qualität legt die Unternehmensleitung fest. Der Taktgeber für die zur Verfügung gestellte Zeit für die Erfüllung der Arbeitsaufgabe aber ist und bleibt der Unternehmer. Bezahlt wird oft nicht mehr nach Arbeitszeit. Was zählt, ist das Ergebnis, und Ergebnis ist nur ein anderes Wort für höheren Profit.
Folge ist, dass immer mehr unbezahlte Überstunden erbracht werden. Methodisch vergrößern Unternehmer und andere Verantwortliche die Kluft zwischen vorgegebenen Zielen und Arbeitsaufgaben einerseits und deren Machbarkeit in der vorgegebenen Zeiteinheit andererseits. Dass damit der systematische Verschleiß von Menschen in Kauf genommen wird, ist Bestandteil des kapitalistischen Systems.
„Um Burnout zu verhindern, reicht es nicht, die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz zu erheben. Die Arbeitgeber müssen die Ergebnisse der Evaluierung ernst nehmen und wirksame Maßnahmen gegen krankmachende Arbeitsbedingungen umsetzen“, fordert der oö AK-Präsident Johann Kalliauer. Die wirksamste Maßnahme ist solidarischer gemeinsamer Widerstand der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften gegen Arbeitshetze, Arbeitsverdichtung, längere und flexible Arbeitszeiten.
Anne Rieger ist Vorstandsmitglied des GLB-Steiermark
„Je niedriger die Qualifikation, desto höher die Burn-out-Gefahr“ titelte der Kurier. Er bezog sich auf die kürzlich veröffentlichte Studie der Arbeiterkammer Oberösterreich. Danach kennt fast jeder dritte Beschäftigte in Österreich Fälle von Burnout im eigenen Betrieb und ebenfalls rund ein Drittel sieht sich zumindest leicht burnoutgefährdet.
Für knapp ein Drittel der Beschäftigten sind die Belastungen in der Arbeit zu hoch. Bei Menschen mit maximal Pflichtschulabschluss gibt sogar fast die Hälfte der Beschäftigten an, unter zu hohen Arbeitsbelastungen zu leiden.
„Das erhöht natürlich den beruflichen Frust sowie die Gefahr, im Job auszubrennen“, so die Arbeiterkammer. Wegen eines Burnouts waren bisher sechs Prozent der Arbeitnehmer/-innen im Krankenstand, bei Absolventen/-innen einer Pflichtschule ist der Anteil doppelt so hoch. Ein Drittel der Beschäftigten sieht sich im Job zumindest leicht burnoutgefährdet, bei Menschen mit maximal Pflichtschulabschluss ist die Einschätzung deutlich höher. Fast vier von zehn Beschäftigten machen sich Sorgen um ihre Kollegen/-innen. Fast ein Drittel gibt an, im eigenen Betrieb jemanden zu kennen, der bereits wegen eines Burnouts im Krankenstand war.
Hilfsarbeiter/innen unter Druck
Endlich deckt eine Studie die Lügen der Lohnschreiber und bezahlten Wissenschaftler auf, die seit Jahren behaupteten, Burnout sei in erster Linie eine Manager- bzw. Prominentenkrankheit. Die Studie belegt nun, Hilfsarbeiter/-innen empfinden den größten Zeit- bzw. Arbeitsdruck.
Burnout ist in den Betrieben zum Thema geworden. Die Belastungsgrenzen haben sich verschoben. Stress gehört heutzutage für viele schon zum normalen Arbeitsalltag. Gestresst fühlen sich Arbeitnehmer/-innen unter anderem von ihrer Arbeitsaufgabe an sich, von den Arbeitsbedingungen, von Zeitdruck und Arbeitsdruck. Ein knappes Viertel der Beschäftigten fühlt sich durch Zeitdruck belastet, etwa ein Sechstel durch ständigen Arbeitsdruck. Männer fühlen sich durch beide Belastungsformen etwas häufiger belastet als Frauen.
„Wir sehen eine Ursache für die zunehmende Gefährdung der psychischen Gesundheit der Beschäftigten im Anstieg von arbeitsbedingtem Stress und des Leistungsdrucks in den Unternehmen“, hatte schon vor Jahren die IG Metall in Deutschland erklärt. Besonders seit dem Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2008 hätten Stress und Leistungsdruck noch einmal zugenommen. Mehr als zwei Drittel der Betriebsräte hätten dies in einer Umfrage bestätigt. Nachdem die Konjunktur wieder angesprungen sei, zahlten „die Menschen in den Betrieben immer häufiger den Preis für ausgelastete Kapazitäten und volle Auftragsbücher“.
Systematischer Verschleiß
Während in 38 Prozent der Betriebe die Beschäftigten über Burnout sprechen, ist die Krankheit in nur 19 Prozent der Firmen ein Thema für die Unternehmensleitung, kritisiert die Arbeiterkammer. Dabei prägen hohe Arbeitsintensität, lange und unplanbare Arbeitszeiten, bezahlte und unbezahlte Überstunden, Schicht- und Nachtarbeit, Arbeitsplatzunsicherheit, zu geringe Qualifikationsmöglichkeiten, mangelnde Anerkennung, permanente Umstrukturierungen, ununterbrochene Ausdünnung der Belegschaften, schleichendes Draufpacken zusätzlicher Arbeitsaufgaben den Arbeitsalltag der meisten Beschäftigten. Und das trifft diejenigen mit geringeren Qualifikationen am härtesten, denn sie sind am untersten Ende der Befehlskette.
Mit perfiden Methoden wird immer mehr Output aus den Menschen gepresst. Der Druck ist subtil, immer öfter werden sie indirekt gesteuert. Die scheinbare Selbstständigkeit, der eigene Willen der Beschäftigten werden instrumentalisiert für den Unternehmenszweck. Sie sollen agieren wie Unternehmer. Mehr und mehr Verantwortung wird ihnen übertragen, ohne dass sie wirklich Handlungs- und Entscheidungsfreiheit haben. Denn Rahmenbedingungen wie Termine, Kosten, Personal, Qualität legt die Unternehmensleitung fest. Der Taktgeber für die zur Verfügung gestellte Zeit für die Erfüllung der Arbeitsaufgabe aber ist und bleibt der Unternehmer. Bezahlt wird oft nicht mehr nach Arbeitszeit. Was zählt, ist das Ergebnis, und Ergebnis ist nur ein anderes Wort für höheren Profit.
Folge ist, dass immer mehr unbezahlte Überstunden erbracht werden. Methodisch vergrößern Unternehmer und andere Verantwortliche die Kluft zwischen vorgegebenen Zielen und Arbeitsaufgaben einerseits und deren Machbarkeit in der vorgegebenen Zeiteinheit andererseits. Dass damit der systematische Verschleiß von Menschen in Kauf genommen wird, ist Bestandteil des kapitalistischen Systems.
„Um Burnout zu verhindern, reicht es nicht, die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz zu erheben. Die Arbeitgeber müssen die Ergebnisse der Evaluierung ernst nehmen und wirksame Maßnahmen gegen krankmachende Arbeitsbedingungen umsetzen“, fordert der oö AK-Präsident Johann Kalliauer. Die wirksamste Maßnahme ist solidarischer gemeinsamer Widerstand der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften gegen Arbeitshetze, Arbeitsverdichtung, längere und flexible Arbeitszeiten.
Anne Rieger ist Vorstandsmitglied des GLB-Steiermark