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Wahlkampfauftakt im Gefängnis

  • Dienstag, 27. Juni 2017 @ 08:19
Steiermark
Der ÖVP-nahe Vizekanzler und gleichzeitige Justizminister Wolfgang Brandstetter besichtigte Ende Mai zusammen mit dem Grazer ÖVP-Stadtrat Kurt Hohensinner die Justizanstalt Graz-Karlau, konkret das Ausbildungszentrum Süd der Justizwache sowie die Anstalt und die Werkstätten. Der Vorsitzende der Exekutive des Gewerkschaftlichen Linksblock, Sektion Justizwache, Christian Sikora, kritisierte diese Vorgangsweise im Zusammenhang mit dem Wahlkampfauftakt der ÖVP: “Unglaublich was sich da abspielt. Jahrelang wurde innerhalb der Exekutive auf die Justizwache schlichtweg vergessen. Noch immer kämpft die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Zentralausschuss der Justizwache, um eine Vermehrung von dringend notwendigen Planstellen, um die Aufnahme der Justizwache in das Schwerarbeitersystem sowie um eine bessere, zeitgemäße Ausrüstung für die Justizwachebeamten - jedoch ohne dafür großes Gehör bekommen zu haben. Jetzt auf einmal wurde die Justizwache für den ÖVP Wahlkampfauftakt entdeckt und dafür schlichtweg missbraucht!“

Als alte ÖVP-Wahlkampfmasche sieht Sikora diese Aktion, machte doch auch in Graz ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl zusammen mit Stadtrat Hohensinner immer vor Grazer Wahlen den BürgerInnen der Stadt Graz schöne Augen indem er die Aufstockung der Grazer Exekutive versprach. „Bis dato halt leider nur leere Versprechungen“, so Sikora. Diese Taktik scheine nun auch beim kommenden Nationalratswahlkampf Mode zu werden, nur diesmal eben auf dem Rücken der Justizwache.

Dazu auch Horst Alic, stellvertretender Vorsitzender des Gewerkschaftlichen Linksblock: „Dass Politiker vor Wahlen in den Medien immer wieder ihre große Liebe zu Sicherheit und Exekutive zur Schau stellen ist ja nichts Neues. Erinnern wir uns doch an die Drogenrazzia im Grazer Volksgarten. Zufällig auch kurz vor den Wahlen. Zufällig auch die Beteiligung von Bürgermeister und Innenminister. Zufällig? Vielleicht. Durchschaubar? Ganz sicher!“

So ungefähr dürfe man auch den Besuch von Vizekanzler und Sozialstadtrat in der Grazer Karlau sehen. Es sei ja nicht schlecht, wenn sich die Politik um Randgruppen kümmere. Und so könne man in diesem Fall durchaus auch die Justizwache bezeichnen: „Werden die Bediensteten von Justizanstalten auf den Schreibtischen der Verantwortlichen doch hauptsächlich als Kostenfaktor wahrgenommen. Zumindest wenn es darum geht, das Personal aufzustocken“, so Alic. Das aber fordere schon seit Jahren die Justizwachegewerkschaft.

„Es wäre also wünschenswert, wenn der Herr Minister nicht nur Stadtrat und Presse im Schlepptau hätte sondern auch Planstellen und Personal“ fordert der stellvertretende GLB-Vorsitzende: „In diesem Sinne hoffe ich, dass die Justizwache nicht nur als Wählergruppe gesehen wird, sondern als wichtiger Bestandteil in einem System, das täglich neue Herausforderungen an seine Bediensteten stellt. Vor allem wünsche ich mir, dass man uns auch außerhalb des Wahlkampfes Wertschätzung und Unterstützung entgegen bringt.“