Willkommen bei GLB - Gewerkschaftlicher Linksblock (Alte Website - Archiv seit Mai 2023) 

Das Thema Arbeit im Mittelpunkt

  • Dienstag, 16. Mai 2017 @ 19:00
OÖ
Nach zwei Neubesetzungen im AK-Vorstand und der Nachnominierung von Laienrichter_innen stand ein Referat des Linzer Bischofs Manfred Scheuer und eine Debatte über das Thema Arbeit im Mittelpunkt der 7. Vollversammlung der oö Arbeiterkammer am 16. Mai 2017. Bischof Scheuer bezeichnete in seinen Ausführungen Arbeit als „Platzanweiser in der Gesellschaft“, bewertete sowohl das Fehlen von Arbeit als auch eine Überforderung durch Arbeit als Störung des Wohlbefindens und plädierte für gute Arbeit. Kritisch hinterfragte er die Entwicklungen in der Arbeitswelt zum Stichwort „Industrie 4.0“. Er kritisierte den Leistungsdruck des Neoliberalismus, bekannte sich jedoch zur Sozialpartnerschaft.

In der Debatte wurde die Kirche als Bündnispartner von AK und ÖGB, etwa bei der Sonntagsallianz, bezeichnet, aber auch mehr soziales Engagement der Kirche eingefordert. GLB-Arbeiterkammerrat Thomas Erlach urgierte dazu, dass die Caritas wieder zur Globalrunde bei den KV-Verhandlungen im Sozialbereich zurückkehren solle.

AK-Präsident Kalliauer sprach in seinem Bericht von einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung, verwies zur Entspannung am Arbeitsmarkt aber auf Problemgruppen wie Jugend und Menschen über 50. Er kritisierte, dass von Seiten der Wirtschaft die Leistungen der Lohnabhängigen nicht gewürdigt werden und kritisierte das Krankjammern, während gleichzeitig höchste Gewinne erzielt werden.

Thomas Erlach (GLB) betonte in der Debatte, dass die Beschäftigten die Kosten der Krise gestemmt haben und daher jetzt die Durchsetzung höherer Mindestlöhne wichtig sei. Er forderte Verbesserungen beim Arbeitslosengeld und Verlängerung der Bezugsdauer und kritisierte am Beispiel des Familienlastenausgleichsfonds die Senkung von Lohnnebenkosten. Zur Debatte um den AK-Werbespot wies er die Attacken der Wirtschaftskammer zurück und ortete Handlungsbedarf in deren eigenen Reihen, etwa in der Baubranche. Die Aufkündigung der Sozialpartnerschaft durch die Wirtschaftskammer sah er hingegen als nicht so problematisch.

Auf der Tagesordnung standen weiters 31 Resolutionen und Anträge (4 gemeinsame, 11 FSG, 5 ÖAAB, 5 FA, 3 AUGE, 2 GLB, 1 Liste Perspektive). Die GLB-Resolution für die Halbierung der Mehrwertsteuer für die Reparatur von Haushaltsgeräten sowie der GLB-Antrag für eine gezielte Auseinandersetzung mit Industrie 4.0 durch die Arbeiterkammer wurden den zuständigen Ausschüssen zugewiesen.

Einstimmig zur Kenntnis genommen wurde schließlich der von AK-Direktor Josef Moser dargelegte Rechnungsabschluss 2016.

Die Anträge des GLB im Wortlaut:

Resolution 1: Halbierung der Mehrwertsteuer für die Reparatur von Haushaltsgeräten

Multinationale Konzerne beuten in Entwicklungsländern Rohstoffe aus, die dann in Schwellenländern unter oft menschenunwürdigen Bedingungen zu Produkten verarbeitet werden, welche dann billig konsumiert und nach kurzen Nutzungszyklen weggeworfen werden.

Der globale Ressourcenverbrauch hat sich in den letzten 30 Jahren nahezu verdoppelt, der Elektroschrott hat 2014 weltweit bereits 41,8 Mio. Tonnen erreicht und hat sich in der EU vervierfacht. Altgeräte sind die schnell wachsende Fraktion des Abfalls: Plus 33 Prozent zwischen 2012 und 2017, pro EU-BürgerIn jährlich 14 Kilo, Österreich liegt mit 25,3 kg pro Kopf und Jahr weltweit im Spitzenfeld.

Im Gegensatz zur Natur ist in der Wirtschaft Wachstumszwang angesagt. Der Wirtschaftskreislauf ist aber kein isoliertes System, sondern Bestandteil des gesellschaftlichen Handelns und steht in enger Beziehung zur Natur. Er funktioniert durch Verbrauch von Naturkapital und Ausstoß von Abfall und Emissionen. Die Belastbarkeit des Ökosystems und der Menschen sind jedoch begrenzt. Für wachstumskritische Ökonomen ist das derzeitige Wirtschaften „imperial“, die natürliche Wachstumsgrenze überschritten. Der Earth Overshoot-Day – jener Tag, an dem weltweit alle Ressourcen aufgebraucht sind, welche die Erde in einem Jahr produzieren kann – war 2016 schon Anfang August.

Beim gegenwärtigen Wirtschaftswachstum werden ökologische Belastungen und soziale Kosten wirtschaftlichen Handelns räumlich und zeitlich in Natur und Gesellschaft „externalisiert“, die Kosten für den Erhalt von Naturkapital der Gesellschaft überantwortet. Durch geplante Obsoleszenz, also das bewusste Einbauen von Schwachstellen in Produkte wie etwa Haushaltsgeräte, wird deren Lebensdauer verkürzt um den Absatz zu steigern. Teilweise werde sogar Sollbruchstellen eingebaut, die Geräte nach einer bestimmten Anzahl von Betriebsstunden außer Funktion setzen.

Ein reduzierter Ressourcenverbrauch und Elektroschrott-Abfall ist jedoch ein zunehmend wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Damit können auch seriöse Reparaturdienstleister abgesichert und die Schaffung von Green-Jobs gewährleistet werden.

In Schweden wurde nach dem Motto „Besser reparieren als wegwerfen“ mit Jahresbeginn 2017 die Mehrwertsteuer auf Reparaturen halbiert, um diese Wegwerfmentalität zu bekämpfen. Damit soll der Vergeudung von Ressourcen entgegengewirkt, mehr Wertschöpfung im Inland generiert und nachhaltiger Konsum angeregt werden.

Die Vollversammlung der oö Arbeiterkammer fordert den Nationalrat und den Bundesminister für Finanzen auf, durch eine entsprechende Gesetzesänderung nach dem Beispiel von Schweden die Mehrwertsteuer für die Reparatur von Haushaltsgeräten zu halbieren um der Wegwerfgesellschaft entgegenzuwirken und mehr Nachhaltigkeit zu erwirken.

Antrag 1: Technische Innovation sozial gestalten

Wir erleben eine neue Welle und Qualität der Automation und Digitalisierung der Arbeit, die unter anderem auf der Miniaturisierung der Sensortechnik, „Big Data“ und gesteigerten Datenverarbeitungskapazitäten sowie «lernenden» Algorithmen und eine Vernetzung von Anlagen und Teilen durch das sogenannte Internet der Dinge (Internet of Things oder IoT) beruht. Oftmals werden diese Umbrüche in der Produktionsweise durch technische Innovationen mit den Schlagworten „Industrie 4.0“ oder seltener „Arbeit 4.0“ verhandelt. „Industrie 4.0“ ist dabei ein Marketing-Begriff, der von der deutschen Bundesregierung geschaffen wurde und einem Entwicklungsprojekt der High-Tech-Strategie in der industriellen Wirtschaft einen Namen gibt. Gemeint ist damit die Vernetzung von industrieller Produktion und modernster Informations- und Kommunikationstechnik.

Dabei wird das Schlagwort „Industrie 4.0“ oft zur Keule gegen die Beschäftigten eingesetzt. Neben dem üblichen Druck der Industrie und Wirtschaft auf Löhne und Arbeitsschutzbestimmungen sind die Auswirkungen auf die gesellschaftliche und berufliche Arbeitsteilung sowie der Arbeitsverhältnisse durch die Technik durchaus real. Das Schlagwort „Industrie 4.0“ braucht daher auch eine neue „Arbeit 4.0“.

Mehr noch: Weitreichende Veränderungen in der Produktions- aber auch Distributions- und Konsumweise müssen unbedingt gesellschaftlich eingebettet werden und mit einer Debatte über „Gesellschaft 4.0“ einhergehen. Und nicht zuletzt sind auch Fragen der Persönlichkeitsrechte und des Datenschutzes durch die digitale Vernetzung und Speicherung vieler Bereiche und Daten angesprochen. Nicht die Frage „Was kommt?“, sondern die Frage «Wer gestaltet und beeinflusst was?» ist entscheidend!

Die Vollversammlung der oö Arbeiterkammer spricht sich deshalb dafür aus, dass sich die Arbeiterkammer Oberösterreich verstärkt mit dem Thema der Auswirkungen der neuen Automations- und Digitalisierungswelle auf Arbeitsqualifikationen und Arbeitsplätze, sowie die dafür notwendigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen beschäftigt und etwa in Form von Zukunftsforen eine Diskussion zum Thema „Industrie 4.0 – Arbeit 4.0 – Gesellschaft 4.0“ in Gang setzt. Dieser Diskussionsprozess soll ergebnisoffen gestaltet werden und auch eine grundlegende Auseinandersetzung über den gesellschaftlichen Stellenwert der Lohnarbeit, Konsum- und Produktion etc. beinhalten. Forderungen nach einer radikalen Arbeitszeitverkürzung, einem existenzsichernden Basiseinkommen ohne Arbeit, einer so genannten „Robotersteuer“, einem sozial-ökologischen Umbau der Industrieproduktion und ähnlichen Faktoren müssen in diesem Diskussionsprozess um eine soziale Gestaltung technischer Innovationen und damit der Zukunft ihren Platz haben.