Mitbestimmung unerwünscht!
- Dienstag, 18. April 2017 @ 13:55
Josef Stingl über Betriebsratsgründungen
Obwohl ab fünf Beschäftigten gesetzlich verpflichtet, haben längst nicht alle Betriebe einen Betriebsrat. »Wir brauchen keinen Betriebsrat, weil bei uns ohnehin alles passt, bzw. weil wir alles mit unserer Chef_in bereden und regeln können«, so oder ähnlich wird oft von den Beschäftigten das Fehlen eines Betriebsrates begründet. Meist hat es aber andere Gründe: Angst um den Arbeitsplatz, Bequemlichkeit oder das sich darauf verlassen, dass eine andere Kolleg_in oder die Gewerkschaft sich ohnehin darum kümmern werden, dass ein Betriebsrat geschaffen wird. Aber eine oder einer muss einmal aktiv werden und sich für die erstmalige Betriebsratswahl engagieren. Hat sich der oder die gefunden, zeigt sich, dass die Angst um den Arbeitsplatz oft nicht unbegründet ist (Anm.: daher die Vorgangsweise mit der zuständigen Gewerkschaft akkordieren).
In letzter Zeit häuft es sich, dass öffentlich bekannt wird, dass Betriebsratsgründungen durch Kündigungen verhindert werden. »Arbeitgeber_innen behaupten dann zwar regelmäßig, dass die Kündigung rein gar nichts mit der Betriebsratsgründung zu tun habe. Allerdings sind die zeitlichen Abläufe meistens so auffallend, dass klar wird, dass es ohne das Thema ,Betriebsratsgründung‘ wohl nie zu einer Kündigung gekommen wäre«, moniert sich die AK-Tirol berechtigt.
Fallbeispiele Drogeriekette Müller und Baumarktkette Hornbach
In der Müller-Filiale Wien Floridsdorf kommt es Anfang dieses Jahres zur Kündigung von Kollegin Özlem Bakiray. Begründet wird dies, dass es für sie keinen Arbeitsplatz mehr gebe. »Zufällig« hat sich besagte Müller-Beschäftigte gerade bemüht einen Betriebsrat zu initiieren. Gegenüber der »Presse« schildert sie, was passiert war: »Als die Marktleiterin mitbekommen hat, dass ich einen Betriebsrat gründen will, wurde ich ins Büro gerufen. Mir wurde mitgeteilt, dass sie das nicht will und dass das Unternehmen das auch nicht will.«
Ähnliches ereignete sich fast zeitgleich in der Innsbrucker Filiale des Baumarktes Hornbach: Hier bemühte sich ebenfalls ein Beschäftigter um eine Betriebsratsgründung und erhielt dafür die Kündigung. Auf seine Frage nach dem Kündigungsgrund wurde ihm mitgeteilt, dass man ihm das nicht sagen müsse. Interessantes Detail ist, dass der Betrieb gleichzeitig auf Personalsuche war und zahlreiche Stellen ausgeschrieben hat. »Ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Kündigung allein wegen der Betriebsratsgründung erfolgte«, so die AK-Tirol.
Fallbeispiele ServusTV und ÖsterreichTV
Um einiges ehrlicher zeigte sich da schon Ende April, Anfang Mai 2016 Red-Bull-Dosen-Boss Mateschitz. Er verkündete das Ende seines Privatsenders »Servus-TV« und kündigte die Entlassung aller Beschäftigten an.
Nach dem anfänglichen Grund »der wirtschaftlichen Untragbarkeit« bestätigte der Selfmade-Milliardär gegenüber den »Salzburger Nachrichten« seine Wut über die Frechheit, dass einige Mitarbeiter_innen ihr Recht auf Mitbestimmung in Anspruch nehmen wollen: »Die Betriebsratsgründung hätte diese Werte insbesondere durch die Art und Weise ihres Zustandekommens - anonym, unterstützt von Gewerkschaft und Arbeiterkammer - nachhaltig beschädigt. Dass diese Vorgehensweise bei der Entscheidung in der aktuellen Situation des Senders nicht gerade dienlich war, ist evident.«
Im Jänner dieses Jahres zeigte ein anderer Medien-Clan was er von betrieblicher Mitbestimmung hält. Bei dem der »Österreich« Mediengruppe angehörenden Fernsehsender oe24.TV bekam der Chef vom Dienst, János Fehérváry, den Tritt in den Ar…, denn er hatte sich erlaubt, einen Betriebsrat im Fellner-Fernsehen gründen zu wollen. Nur »eine halbe Stunde habe es gedauert von der versuchten Betriebsratsgründung bis zur Kündigung und sofortigen Dienstfreistellung«, berichtete »Der Standard« am 27. Jänner dieses Jahres.
Verpöntes Kündigungsmotiv
Für Sport- und Salzburg-Gönner Mateschitz gab es für diesen Mitbestimmungs- und Demokratie-Fauxpas von AK und Gewerkschaft einen gewaltigen Kniefall. »Die Presse« dazu: »Es dürfte auch für Gewerkschaftsführer Gerald Forcher eine neue Erfahrung gewesen sein. Indem er versprach, dass sich die Gewerkschaft künftig nicht mehr in die Angelegenheiten des Red-Bull-Senders einmischt, offenbarte die Reality-Show rund um den Sender Servus TV viel über einen ins Wanken geratenen Machtanspruch von Gewerkschaften in einer globalisierten Welt.«
Anders bei der Drogeriekette Müller und bei der Baumarktkette Hornbach. Bei Müller geht die GPA-djp rechtlich gegen die Kündigung vor und hat bereits eine Anfechtung wegen verpönten Motivs beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht eingebracht. Und in Tirol hat Hornbach das gleiche von der AK zu erwarten. »Der engagierte Hornbach-Mitarbeiter wird von der AK Tirol unterstützt, um seine Forderungen geltend machen zu können«, so in einer Presseaussendung der AK-Tirol.
Und ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner reitet überhaupt seinen privaten Feldzug. Auf der Waxing-Nebenfront meinte er erst kürzlich: »Die Foglars, Katzians & Co. sollten sich in Grund und Boden genieren. Wann wird der Kanzler ein Machtwort gegen seine ÖGB-Stalinisten sprechen?«
Josef Stingl ist Mitglied des ÖGB-Bundesvorstandes und Bundesvorsitzender des GLB
Obwohl ab fünf Beschäftigten gesetzlich verpflichtet, haben längst nicht alle Betriebe einen Betriebsrat. »Wir brauchen keinen Betriebsrat, weil bei uns ohnehin alles passt, bzw. weil wir alles mit unserer Chef_in bereden und regeln können«, so oder ähnlich wird oft von den Beschäftigten das Fehlen eines Betriebsrates begründet. Meist hat es aber andere Gründe: Angst um den Arbeitsplatz, Bequemlichkeit oder das sich darauf verlassen, dass eine andere Kolleg_in oder die Gewerkschaft sich ohnehin darum kümmern werden, dass ein Betriebsrat geschaffen wird. Aber eine oder einer muss einmal aktiv werden und sich für die erstmalige Betriebsratswahl engagieren. Hat sich der oder die gefunden, zeigt sich, dass die Angst um den Arbeitsplatz oft nicht unbegründet ist (Anm.: daher die Vorgangsweise mit der zuständigen Gewerkschaft akkordieren).
In letzter Zeit häuft es sich, dass öffentlich bekannt wird, dass Betriebsratsgründungen durch Kündigungen verhindert werden. »Arbeitgeber_innen behaupten dann zwar regelmäßig, dass die Kündigung rein gar nichts mit der Betriebsratsgründung zu tun habe. Allerdings sind die zeitlichen Abläufe meistens so auffallend, dass klar wird, dass es ohne das Thema ,Betriebsratsgründung‘ wohl nie zu einer Kündigung gekommen wäre«, moniert sich die AK-Tirol berechtigt.
Fallbeispiele Drogeriekette Müller und Baumarktkette Hornbach
In der Müller-Filiale Wien Floridsdorf kommt es Anfang dieses Jahres zur Kündigung von Kollegin Özlem Bakiray. Begründet wird dies, dass es für sie keinen Arbeitsplatz mehr gebe. »Zufällig« hat sich besagte Müller-Beschäftigte gerade bemüht einen Betriebsrat zu initiieren. Gegenüber der »Presse« schildert sie, was passiert war: »Als die Marktleiterin mitbekommen hat, dass ich einen Betriebsrat gründen will, wurde ich ins Büro gerufen. Mir wurde mitgeteilt, dass sie das nicht will und dass das Unternehmen das auch nicht will.«
Ähnliches ereignete sich fast zeitgleich in der Innsbrucker Filiale des Baumarktes Hornbach: Hier bemühte sich ebenfalls ein Beschäftigter um eine Betriebsratsgründung und erhielt dafür die Kündigung. Auf seine Frage nach dem Kündigungsgrund wurde ihm mitgeteilt, dass man ihm das nicht sagen müsse. Interessantes Detail ist, dass der Betrieb gleichzeitig auf Personalsuche war und zahlreiche Stellen ausgeschrieben hat. »Ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Kündigung allein wegen der Betriebsratsgründung erfolgte«, so die AK-Tirol.
Fallbeispiele ServusTV und ÖsterreichTV
Um einiges ehrlicher zeigte sich da schon Ende April, Anfang Mai 2016 Red-Bull-Dosen-Boss Mateschitz. Er verkündete das Ende seines Privatsenders »Servus-TV« und kündigte die Entlassung aller Beschäftigten an.
Nach dem anfänglichen Grund »der wirtschaftlichen Untragbarkeit« bestätigte der Selfmade-Milliardär gegenüber den »Salzburger Nachrichten« seine Wut über die Frechheit, dass einige Mitarbeiter_innen ihr Recht auf Mitbestimmung in Anspruch nehmen wollen: »Die Betriebsratsgründung hätte diese Werte insbesondere durch die Art und Weise ihres Zustandekommens - anonym, unterstützt von Gewerkschaft und Arbeiterkammer - nachhaltig beschädigt. Dass diese Vorgehensweise bei der Entscheidung in der aktuellen Situation des Senders nicht gerade dienlich war, ist evident.«
Im Jänner dieses Jahres zeigte ein anderer Medien-Clan was er von betrieblicher Mitbestimmung hält. Bei dem der »Österreich« Mediengruppe angehörenden Fernsehsender oe24.TV bekam der Chef vom Dienst, János Fehérváry, den Tritt in den Ar…, denn er hatte sich erlaubt, einen Betriebsrat im Fellner-Fernsehen gründen zu wollen. Nur »eine halbe Stunde habe es gedauert von der versuchten Betriebsratsgründung bis zur Kündigung und sofortigen Dienstfreistellung«, berichtete »Der Standard« am 27. Jänner dieses Jahres.
Verpöntes Kündigungsmotiv
Für Sport- und Salzburg-Gönner Mateschitz gab es für diesen Mitbestimmungs- und Demokratie-Fauxpas von AK und Gewerkschaft einen gewaltigen Kniefall. »Die Presse« dazu: »Es dürfte auch für Gewerkschaftsführer Gerald Forcher eine neue Erfahrung gewesen sein. Indem er versprach, dass sich die Gewerkschaft künftig nicht mehr in die Angelegenheiten des Red-Bull-Senders einmischt, offenbarte die Reality-Show rund um den Sender Servus TV viel über einen ins Wanken geratenen Machtanspruch von Gewerkschaften in einer globalisierten Welt.«
Anders bei der Drogeriekette Müller und bei der Baumarktkette Hornbach. Bei Müller geht die GPA-djp rechtlich gegen die Kündigung vor und hat bereits eine Anfechtung wegen verpönten Motivs beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht eingebracht. Und in Tirol hat Hornbach das gleiche von der AK zu erwarten. »Der engagierte Hornbach-Mitarbeiter wird von der AK Tirol unterstützt, um seine Forderungen geltend machen zu können«, so in einer Presseaussendung der AK-Tirol.
Und ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner reitet überhaupt seinen privaten Feldzug. Auf der Waxing-Nebenfront meinte er erst kürzlich: »Die Foglars, Katzians & Co. sollten sich in Grund und Boden genieren. Wann wird der Kanzler ein Machtwort gegen seine ÖGB-Stalinisten sprechen?«
Josef Stingl ist Mitglied des ÖGB-Bundesvorstandes und Bundesvorsitzender des GLB