Verkehrspolitik von gestern
- Montag, 17. April 2017 @ 13:17
Michael Schmida über den Dauerstau
Um 1900 besaß die US-Großstadt Los Angeles eines der längsten Straßenbahnnetze der Welt. In den 1930er Jahren begannen General Motors und andere Autokonzerne die privaten Straßenbahngesellschaften aufzukaufen und stillzulegen und durch ihre Autobusse zu ersetzen. 1963 wurde in L.A. die Straßenbahn endgültig zu Gunsten des Autos eingestellt. Diese Methode erstreckte sich auf die gesamten USA und ging als „Großer amerikanischer Straßenbahnskandal“ in die Geschichte ein.
In Linz kaufen keine Automultis die Linz Linien, den städtischen Verkehrsbetrieb, auf und werden auch keine Straßenbahnen stillgelegt. Im Gegenteil wuchs das Streckennetz in den letzten Jahrzehnten wieder und neue Linien kamen hinzu. Trotzdem hat Linz wie viele andere Städte ein großes Problem: Den zunehmenden Autoverkehr mit allen Folgen. Neben dem Binnenverkehr - zirka 50 Prozent der Wege werden mit dem Auto zurückgelegt – fahren täglich über 100.000 Menschen überwiegend mit dem Auto aus dem Umland in die Landeshauptstadt.
Auch wenn die Anteile des Rad- und öffentlichen Verkehrs steigen, wenn das Verkehrsaufkommen insgesamt steigt, wächst auch der Autoverkehr, solange keine Verkehrswende zu „sanften Mobilitätsformen“, also Zufußgehen, Radfahren und öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), eingeleitet wird. Genau diese Wende passiert aber in Linz nicht.
Hier herrscht eine Verkehrspolitik wie im 20. Jahrhundert. Je nach politischem Couleur gibt es ein paar Akzente für RadfahrerInnen oder den ÖPNV. Aber diese Maßnahmen bleiben nur Makulatur, an grundsätzlichen Problemen ändert sich wenig. Linz erstickt schon seit Jahren im Stau. Mehr noch: Die Politik will die Probleme aus dem überbordenden Autoverkehr mit noch mehr Straßen und Autoinfrastruktur, etwa Tiefgaragen, „bekämpfen“.
Während bei Bildung, Kultur und Soziales gespart wird, gibt man viel Geld für künftige Straßen- und Autobahnprojekte aus. Für den „Westring“, eine Autobahn mitten durch Linz, oder neue Autobahnanschlussstellen hat man sich sogar eine Co-Finanzierung mit der ASFINAG aus- bzw. eingehandelt, um diese Projekte durchzubringen.
Derzeit gibt es 16 Autofahrspuren über die Donau die den Nord- und Südteil der Stadt miteinander verbinden. Nach der aktuellen Verkehrsplanung und -politik sollen es in ein paar Jahren 34 Querungen sein. Heute sind davon sechs Spuren Autobahn, künftig sollen bis zu 18 Spuren die Donau queren. Wer aber neue und größere Straßen baut, darf sich nicht wundern, wenn noch mehr Verkehr und Belastungen produziert werden. Die Geister die ich rief, werd‘ ich nicht mehr los!
Zwei Beispiele, wie einseitig in Linz zugunsten des Autos Politik gemacht wird: Seit Längerem werden die zulässigen Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO²) deutlich überschritten. Hauptursache dafür sind die NO²-Emissionen durch den Autoverkehr. Durch die wiederholte Nichteinhaltung der Grenzwerte werden Strafzahlungen an die EU fällig. Statt nach dem Verursacherprinzip Lösungen zur Verminderung der Emissionen anzugehen, tut die Stadt wieder einmal nichts.
Es droht die „Gefahr“ von Umweltzonen, in welchen bei zu hohen Belastungen temporär für bestimmte Stadtgebiete Fahrverbote, etwa für alte Diesel-Pkw, verhängt werden. Solche Zonen gibt es in europäischen Städten schon länger. Nun wird die Stadtpolitik – allen voran die „Lebensstadtpartei“ SPÖ – aktiv, aber nur, um solche Zonen mit allen Mitteln zu verhindern.
Mit Erfolg: „Ich bin froh, dass dieses Schreckgespenst vom Tisch ist. Die Einführung hätte eine massive Gefahr für den Wirtschaftsstandort Linz bedeutet“ so SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger, nachdem es ihm gelungen war die Maßnahme für die Verbesserung der Linzer Luft abzuwehren. Die Interessen der Bevölkerung auf ein gesundheitlich risikoärmeres Leben spielen im Vergleich mit den Interessen der Wirtschaft auf „freien Waren- und Personenverkehr“ eine untergeordnete Rolle.
Aktuell werden in Linz im großen Stil Eisenbahntrassen stillgelegt und beseitigt. Mit dem Abriss der Eisenbahnbrücke wurde die Verbindung der Mühlkreisbahn an das ÖBB-Streckennetz gekappt. Die Stadt ging sofort daran auch die Verbindungsgleise abzutragen. Zudem wurden Betrieben im Industrie- und Hafenviertel die Anschlussbahnverträge für den Gütertransport gekündigt und auch dort die Gleisanlagen entfernt.
Dabei gäbe es gerade im Linzer Osten Entwicklungspotential sowohl im Personen- als auch im Gütertransport auf der Schiene. Auch die Zukunft der Mühlkreisbahn ist ungewiss. Die Stadt hat kein Interesse am Erhalt. Diese Nebenbahn – wenn modernisiert und ausgebaut – wäre aber eine wichtige Maßnahme um den Einpendelverkehr aus dem oberen Mühlviertel nach Linz zu reduzieren.
Los Angeles galt im 20. Jahrhundert als Prototyp für die autogerechte Stadt. Die Radikalität dieser US-Verkehrspolitik blieb Europa und auch Linz größtenteils erspart. Inzwischen fahren sogar in L.A. wieder Straßenbahnen. Das Leitbild einer autogerechten Stadt wurde aber auch bei uns verfolgt. Die Ergebnisse spüren wir mehr denn je. Es ist daher höchst an der Zeit eine solidarisch-ökologische Verkehrswende einzuleiten.
Michael Schmida ist Lehrer und Personalvertreter an der HTL Traun
Um 1900 besaß die US-Großstadt Los Angeles eines der längsten Straßenbahnnetze der Welt. In den 1930er Jahren begannen General Motors und andere Autokonzerne die privaten Straßenbahngesellschaften aufzukaufen und stillzulegen und durch ihre Autobusse zu ersetzen. 1963 wurde in L.A. die Straßenbahn endgültig zu Gunsten des Autos eingestellt. Diese Methode erstreckte sich auf die gesamten USA und ging als „Großer amerikanischer Straßenbahnskandal“ in die Geschichte ein.
In Linz kaufen keine Automultis die Linz Linien, den städtischen Verkehrsbetrieb, auf und werden auch keine Straßenbahnen stillgelegt. Im Gegenteil wuchs das Streckennetz in den letzten Jahrzehnten wieder und neue Linien kamen hinzu. Trotzdem hat Linz wie viele andere Städte ein großes Problem: Den zunehmenden Autoverkehr mit allen Folgen. Neben dem Binnenverkehr - zirka 50 Prozent der Wege werden mit dem Auto zurückgelegt – fahren täglich über 100.000 Menschen überwiegend mit dem Auto aus dem Umland in die Landeshauptstadt.
Auch wenn die Anteile des Rad- und öffentlichen Verkehrs steigen, wenn das Verkehrsaufkommen insgesamt steigt, wächst auch der Autoverkehr, solange keine Verkehrswende zu „sanften Mobilitätsformen“, also Zufußgehen, Radfahren und öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), eingeleitet wird. Genau diese Wende passiert aber in Linz nicht.
Hier herrscht eine Verkehrspolitik wie im 20. Jahrhundert. Je nach politischem Couleur gibt es ein paar Akzente für RadfahrerInnen oder den ÖPNV. Aber diese Maßnahmen bleiben nur Makulatur, an grundsätzlichen Problemen ändert sich wenig. Linz erstickt schon seit Jahren im Stau. Mehr noch: Die Politik will die Probleme aus dem überbordenden Autoverkehr mit noch mehr Straßen und Autoinfrastruktur, etwa Tiefgaragen, „bekämpfen“.
Während bei Bildung, Kultur und Soziales gespart wird, gibt man viel Geld für künftige Straßen- und Autobahnprojekte aus. Für den „Westring“, eine Autobahn mitten durch Linz, oder neue Autobahnanschlussstellen hat man sich sogar eine Co-Finanzierung mit der ASFINAG aus- bzw. eingehandelt, um diese Projekte durchzubringen.
Derzeit gibt es 16 Autofahrspuren über die Donau die den Nord- und Südteil der Stadt miteinander verbinden. Nach der aktuellen Verkehrsplanung und -politik sollen es in ein paar Jahren 34 Querungen sein. Heute sind davon sechs Spuren Autobahn, künftig sollen bis zu 18 Spuren die Donau queren. Wer aber neue und größere Straßen baut, darf sich nicht wundern, wenn noch mehr Verkehr und Belastungen produziert werden. Die Geister die ich rief, werd‘ ich nicht mehr los!
Zwei Beispiele, wie einseitig in Linz zugunsten des Autos Politik gemacht wird: Seit Längerem werden die zulässigen Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO²) deutlich überschritten. Hauptursache dafür sind die NO²-Emissionen durch den Autoverkehr. Durch die wiederholte Nichteinhaltung der Grenzwerte werden Strafzahlungen an die EU fällig. Statt nach dem Verursacherprinzip Lösungen zur Verminderung der Emissionen anzugehen, tut die Stadt wieder einmal nichts.
Es droht die „Gefahr“ von Umweltzonen, in welchen bei zu hohen Belastungen temporär für bestimmte Stadtgebiete Fahrverbote, etwa für alte Diesel-Pkw, verhängt werden. Solche Zonen gibt es in europäischen Städten schon länger. Nun wird die Stadtpolitik – allen voran die „Lebensstadtpartei“ SPÖ – aktiv, aber nur, um solche Zonen mit allen Mitteln zu verhindern.
Mit Erfolg: „Ich bin froh, dass dieses Schreckgespenst vom Tisch ist. Die Einführung hätte eine massive Gefahr für den Wirtschaftsstandort Linz bedeutet“ so SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger, nachdem es ihm gelungen war die Maßnahme für die Verbesserung der Linzer Luft abzuwehren. Die Interessen der Bevölkerung auf ein gesundheitlich risikoärmeres Leben spielen im Vergleich mit den Interessen der Wirtschaft auf „freien Waren- und Personenverkehr“ eine untergeordnete Rolle.
Aktuell werden in Linz im großen Stil Eisenbahntrassen stillgelegt und beseitigt. Mit dem Abriss der Eisenbahnbrücke wurde die Verbindung der Mühlkreisbahn an das ÖBB-Streckennetz gekappt. Die Stadt ging sofort daran auch die Verbindungsgleise abzutragen. Zudem wurden Betrieben im Industrie- und Hafenviertel die Anschlussbahnverträge für den Gütertransport gekündigt und auch dort die Gleisanlagen entfernt.
Dabei gäbe es gerade im Linzer Osten Entwicklungspotential sowohl im Personen- als auch im Gütertransport auf der Schiene. Auch die Zukunft der Mühlkreisbahn ist ungewiss. Die Stadt hat kein Interesse am Erhalt. Diese Nebenbahn – wenn modernisiert und ausgebaut – wäre aber eine wichtige Maßnahme um den Einpendelverkehr aus dem oberen Mühlviertel nach Linz zu reduzieren.
Los Angeles galt im 20. Jahrhundert als Prototyp für die autogerechte Stadt. Die Radikalität dieser US-Verkehrspolitik blieb Europa und auch Linz größtenteils erspart. Inzwischen fahren sogar in L.A. wieder Straßenbahnen. Das Leitbild einer autogerechten Stadt wurde aber auch bei uns verfolgt. Die Ergebnisse spüren wir mehr denn je. Es ist daher höchst an der Zeit eine solidarisch-ökologische Verkehrswende einzuleiten.
Michael Schmida ist Lehrer und Personalvertreter an der HTL Traun