Die Schlüsselfrage ist das Personal
- Montag, 17. April 2017 @ 13:15
Franz Grün über die Perspektiven der Österreichischen Bundesbahnen
Der ÖBB-Konzern ist vor allem im Inland tätig, aber auch an ausländischen Unternehmungen beteiligt. Die rund 40.000 Beschäftigten in Österreich haben unterschiedliche Beschäftigungsverhältnisse. Bis 1995 wurden Bahnbeschäftigte in der Regel nach einigen Jahren in ein unkündbares Angestelltenverhältnis übernommen. Seit 1995 gibt es unterschiedliche Arbeitsverhältnisse: AVB-neu, DBO und EU-KV. Rund die Hälfte der ÖBB-Beschäftigten ist vor 1995 eingetreten und hat de facto ein unkündbares Dienstverhältnis.
Die Pensionsreform der schwarz-blauen Regierung von 2003/2004 hob das Pensionsantrittsalter von 54,5 auf 61,5 Lebensjahre an. Bei einer Pensionierung vor dem 65. Lebensjahr ist für den ÖBB-Pensionsanteil ein Pensionssicherungsbeitrag zu leisten, für den ASVG-Anteil werden Abschläge fällig.
In den nächsten fünf Jahren werden bei den ÖBB etwa 10.000 Eisenbahner_innen in Pension gehen. Diese zu ersetzen ist eine Chance für den Arbeitsmarktplatz, aber auch eine riesige Herausforderung für das Management. Müssen diese zu ersetzenden Mitarbeiter_innen großteils psychischen und physischen Ansprüchen gerecht werden, die für den speziellen Eisenbahndienst vonnöten sind.
Diese natürlichen Abgänge zu ersetzen ist aber nicht das einzige Problem für die ÖBB-Führung. Seit Jahren wird in sensiblen Bereichen (Triebfahrzeugführer_innen, Zugbegleiter_innen) gespart. Die unbestrittene Tatsache, dass Überstunden für das Unternehmen günstiger sind als zusätzliches Personal einzustellen wirkt sich aus. Immer am äußersten Limit zu arbeiten mag sich zwar in der Brieftasche des einzelnen auswirken, ist aber der Gesundheit abträglich.
Die Arbeitszeitverkürzung auf 38,5 Wochenstunden im Abtausch gegen eine Lohnerhöhung hat genau das gebracht, was man immer wusste, nämlich „nichts“. Mitarbeiter_innen, welche schon immer Überstunden machten, machen noch mehr Überstunden. Den anderen wurden Pausen gestreckt oder sie machen die gleiche Arbeit in einer kürzeren Zeit. Eine längst fällige Arbeitszeitverkürzung hat nur auf gesetzlicher Basis unter Einbeziehung der Verringerung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit Sinn.
Den Betriebsrat in diese für die Zukunft der ÖBB wichtigen Herausforderungen einzubinden wäre und ist vernünftig. Da der Betriebsrat eng mit der zuständigen Fachgewerkschaft vida verknüpft ist und also nicht nur für die innerbetrieblichen Aspekte bei den ÖBB zuständig ist, sondern auch die Kollektivvertragsverhandlungen mitgestaltet ist ein Miteinander eigentlich zwingend notwendig. Aber auch der Konzernbetriebsrat ist mit der Tatsache konfrontiert, dass drei Viertel seiner Mitglieder in den nächsten fünf Jahren ihr pensionsfähiges Alter erreichen.
Ein weiteres Problem und eine Herausforderung stellt sich mit zunehmenden Übergriffen in Bahnhöfen, aber auch in den Zügen: Vielfach wird Flüchtlingen und Menschen mit Migrationshintergrund die Schuld daran untergeschoben. Aber vor allem große Bahnhöfe, in denen nicht nur Wegfahren, Ankommen oder Umsteigen Bedeutung haben, sondern Shoppen, Fitnesscenter und Co. den Ablauf bestimmen, sind ein Magnet für subversive Elemente, aber auch für Menschen, die durch gesetzliche Regelungen zum Nichtstun verdammt sind.
Alleine die Tatsache das Bahnhöfe trocken, im Winter warm und durch die langen täglichen Öffnungszeiten der Reiseproviantgeschäfte das Billigbier unter fünfzig Cent zu haben ist, machen sie für manche zum Hotspot. Durch den regen Personenverkehr lässt sich auch der eine oder andere Euro schnorren, auch wenn der Geber den Zweck nicht wissen will. Die Präsenz des bahneigenen Sicherheitsdienstes hat sicherlich dazu beigetragen das sich Besucher_innen und Reisende wohler fühlen. Die Bezahlung ob deren Aufgaben (Erste Hilfe, Brandsicherheit, Auskünfte, Fremdsprachenkenntnisse, Betreuung eingeschränkter Personen usw.) könnte dann allerdings doch etwas höher ausfallen.
In den Personenzügen ist die gefühlte Sicherheit zweigeteilt: Den Paradezügen Railjet, Eurocity und Intercity, wo kompetente Zugbegleiter_innen die Fahrgäste umsorgen, stehen die vernachlässigten Regionalzüge und Schnellbahnen gegenüber. Hier werden die Fahrgäste alleine gelassen und auf Gedeih und Verderb allem und jedem ausgesetzt. Fahrkartenkontrollen werden sporadisch von meist unfreundlich wirkenden Mitarbeiter_innen oder „Wir kontrollieren im Auftrag der ÖBB“ von Fremdpersonal durchgeführt. Das Vertrauen ist am Boden. Oder man kontrolliert an Stellen, wo man eigentlich nicht mehr darf und erfüllt damit den Straftatbestand der Freiheitsberaubung.
Die ÖBB stehen also in den nächsten Jahren vor der Aufgabe genügend Menschen zu finden die sich nicht nur wegen eines vorübergehenden Jobs bewerben. Sie werden attraktive Arbeit mit Chancen auf Aufstieg bereitstellen und den Stressfaktor reduzieren müssen. Und sie werden eine Sicherheit bieten müssen, die gewährleistet, dass Mitarbeiter_innen auch wenn deren psychisches oder physisches Befinden nicht mehr gegeben ist, nicht alleingelassen und weggeworfen wird.
Franz Grün ist für die Organisation des GLB in der vida zuständig
Der ÖBB-Konzern ist vor allem im Inland tätig, aber auch an ausländischen Unternehmungen beteiligt. Die rund 40.000 Beschäftigten in Österreich haben unterschiedliche Beschäftigungsverhältnisse. Bis 1995 wurden Bahnbeschäftigte in der Regel nach einigen Jahren in ein unkündbares Angestelltenverhältnis übernommen. Seit 1995 gibt es unterschiedliche Arbeitsverhältnisse: AVB-neu, DBO und EU-KV. Rund die Hälfte der ÖBB-Beschäftigten ist vor 1995 eingetreten und hat de facto ein unkündbares Dienstverhältnis.
Die Pensionsreform der schwarz-blauen Regierung von 2003/2004 hob das Pensionsantrittsalter von 54,5 auf 61,5 Lebensjahre an. Bei einer Pensionierung vor dem 65. Lebensjahr ist für den ÖBB-Pensionsanteil ein Pensionssicherungsbeitrag zu leisten, für den ASVG-Anteil werden Abschläge fällig.
In den nächsten fünf Jahren werden bei den ÖBB etwa 10.000 Eisenbahner_innen in Pension gehen. Diese zu ersetzen ist eine Chance für den Arbeitsmarktplatz, aber auch eine riesige Herausforderung für das Management. Müssen diese zu ersetzenden Mitarbeiter_innen großteils psychischen und physischen Ansprüchen gerecht werden, die für den speziellen Eisenbahndienst vonnöten sind.
Diese natürlichen Abgänge zu ersetzen ist aber nicht das einzige Problem für die ÖBB-Führung. Seit Jahren wird in sensiblen Bereichen (Triebfahrzeugführer_innen, Zugbegleiter_innen) gespart. Die unbestrittene Tatsache, dass Überstunden für das Unternehmen günstiger sind als zusätzliches Personal einzustellen wirkt sich aus. Immer am äußersten Limit zu arbeiten mag sich zwar in der Brieftasche des einzelnen auswirken, ist aber der Gesundheit abträglich.
Die Arbeitszeitverkürzung auf 38,5 Wochenstunden im Abtausch gegen eine Lohnerhöhung hat genau das gebracht, was man immer wusste, nämlich „nichts“. Mitarbeiter_innen, welche schon immer Überstunden machten, machen noch mehr Überstunden. Den anderen wurden Pausen gestreckt oder sie machen die gleiche Arbeit in einer kürzeren Zeit. Eine längst fällige Arbeitszeitverkürzung hat nur auf gesetzlicher Basis unter Einbeziehung der Verringerung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit Sinn.
Den Betriebsrat in diese für die Zukunft der ÖBB wichtigen Herausforderungen einzubinden wäre und ist vernünftig. Da der Betriebsrat eng mit der zuständigen Fachgewerkschaft vida verknüpft ist und also nicht nur für die innerbetrieblichen Aspekte bei den ÖBB zuständig ist, sondern auch die Kollektivvertragsverhandlungen mitgestaltet ist ein Miteinander eigentlich zwingend notwendig. Aber auch der Konzernbetriebsrat ist mit der Tatsache konfrontiert, dass drei Viertel seiner Mitglieder in den nächsten fünf Jahren ihr pensionsfähiges Alter erreichen.
Ein weiteres Problem und eine Herausforderung stellt sich mit zunehmenden Übergriffen in Bahnhöfen, aber auch in den Zügen: Vielfach wird Flüchtlingen und Menschen mit Migrationshintergrund die Schuld daran untergeschoben. Aber vor allem große Bahnhöfe, in denen nicht nur Wegfahren, Ankommen oder Umsteigen Bedeutung haben, sondern Shoppen, Fitnesscenter und Co. den Ablauf bestimmen, sind ein Magnet für subversive Elemente, aber auch für Menschen, die durch gesetzliche Regelungen zum Nichtstun verdammt sind.
Alleine die Tatsache das Bahnhöfe trocken, im Winter warm und durch die langen täglichen Öffnungszeiten der Reiseproviantgeschäfte das Billigbier unter fünfzig Cent zu haben ist, machen sie für manche zum Hotspot. Durch den regen Personenverkehr lässt sich auch der eine oder andere Euro schnorren, auch wenn der Geber den Zweck nicht wissen will. Die Präsenz des bahneigenen Sicherheitsdienstes hat sicherlich dazu beigetragen das sich Besucher_innen und Reisende wohler fühlen. Die Bezahlung ob deren Aufgaben (Erste Hilfe, Brandsicherheit, Auskünfte, Fremdsprachenkenntnisse, Betreuung eingeschränkter Personen usw.) könnte dann allerdings doch etwas höher ausfallen.
In den Personenzügen ist die gefühlte Sicherheit zweigeteilt: Den Paradezügen Railjet, Eurocity und Intercity, wo kompetente Zugbegleiter_innen die Fahrgäste umsorgen, stehen die vernachlässigten Regionalzüge und Schnellbahnen gegenüber. Hier werden die Fahrgäste alleine gelassen und auf Gedeih und Verderb allem und jedem ausgesetzt. Fahrkartenkontrollen werden sporadisch von meist unfreundlich wirkenden Mitarbeiter_innen oder „Wir kontrollieren im Auftrag der ÖBB“ von Fremdpersonal durchgeführt. Das Vertrauen ist am Boden. Oder man kontrolliert an Stellen, wo man eigentlich nicht mehr darf und erfüllt damit den Straftatbestand der Freiheitsberaubung.
Die ÖBB stehen also in den nächsten Jahren vor der Aufgabe genügend Menschen zu finden die sich nicht nur wegen eines vorübergehenden Jobs bewerben. Sie werden attraktive Arbeit mit Chancen auf Aufstieg bereitstellen und den Stressfaktor reduzieren müssen. Und sie werden eine Sicherheit bieten müssen, die gewährleistet, dass Mitarbeiter_innen auch wenn deren psychisches oder physisches Befinden nicht mehr gegeben ist, nicht alleingelassen und weggeworfen wird.
Franz Grün ist für die Organisation des GLB in der vida zuständig