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Altern und Zukunft

  • Mittwoch, 4. Juli 2012 @ 12:41
Meinung Von Lilian Stadler

Rechtzeitig zum „Europäischen Jahr des aktiven Alterns“ wurde Ende Mai bei einem Symposium der vom Bundesseniorenbeirat herausgegebene Bundesplan „Altern und Zukunft“ im Parlament präsentiert.

Darin wird, beruhend auf wissenschaftlichen Grundlagen, die Lage der älteren Menschen analysiert, Ziele formuliert und Pläne bzw. Lösungen entwickelt, die deren Lebensqualität wahren bzw. verbessern sollen. Durch den demographischen Wandel - die Menschen leben länger und ihr Anteil der Älteren an der Bevölkerung wächst - wird unsere Gesellschaft mit neuen Perspektiven und Herausforderungen konfrontiert.

Sowohl die objektiven Bedingungen der Lebenssituation älterer Menschen, als auch deren subjektive Bewertung im Sinne von Zufriedenheit und Wohlbefinden werden als Zielstellung definiert.

So wird die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, Aktivitäten, Bildung, die ökonomische Lage, soziale Differenzierung und Generationengerechtigkeit, Armut, Ungleichheit und Ausgrenzung in Bezug auf die ältere Generation durchleuchtet. Zum Themenbereich Arbeitswelt wird angemerkt, dass die Beschäftigungsquote in den letzten Jahren bei den 30- 44jährigen relativ stabil bei 80 Prozent liegt, während sie ab 45 Jahren deutlich absinkt.

Obwohl von allen Seiten die Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters propagiert wird, haben die meisten Betriebe bisher keine adäquate Strategie für die Beschäftigung Älterer entwickelt und die Arbeitslosigkeit steigt in diesem Bereich. Um gängigen Altersbildern und Vorurteilen zu begegnen wird auch die betriebliche Gesundheitsförderung angesprochen: belastende Arbeitsbedingungen sollen vermindert und die Arbeitnehmenden zu gesundheitsförderndem Handeln motiviert werden.

Alter ist nicht gleich Krankheit. Eine zukunftsweisende Gesundheitspolitik muss zugleich auch Gesellschaftspolitik sein. Der Gesundheitszustand im Alter ist je nach Einkommen, Bildung, Geschlecht und regionaler Zugehörigkeit verschieden.

In einem weiteren Kapitel wird auf die systematische Benachteiligung von Frauen eingegangen. Hier wird festgehalten, dass der Beitrag der Frauen zur gesellschaftlichen Gestaltung weniger sichtbar ist und auch gegenüber jener der Männer oft minder bewertet wird. Große Bedeutung wird auch dem Bereich Wohnbedingungen und Mobilität eingeräumt. Der Vereinsamung könnte mit neuen Wohnformen entgegengewirkt werden. Im Pflegebereich gilt es viele Probleme anzugehen. Einen positiven Aspekt im stationären Pflegebereich sehen die Autoren im Nationalen Qualitätszertifikat für Alten- und Pflegeheime (NQZ), das eine objektive externe Bewertung der Qualität der Leistungserbringung bieten soll.

Hinsichtlich der sozialen Sicherheit wird angemerkt, dass entgegen der derzeitigen Entwicklung eine Änderung in Richtung Verminderung der Ungleichheit gehen muss und Umverteilungseffekte nicht zur Schlechterstellung z.B. im Bereich der Pensions- und Krankenversicherung gehen dürfen.

Ebenso wird die einseitige und oft herabwürdigende Darstellung der älteren Generation angeführt. Altersdiskriminierung hat viele Gesichter und bereitet den Boden zur Gewalt auf. Ein eigenes Kapitel wird dem Thema „Ältere Migrantinnen und Migranten“ gewidmet. Hier wird auf die vielseitigen Benachteiligungen von Menschen aus EX-Jugoslawien und der Türkei gegenüber den EU-Ländern hingewiesen. Im zweiten Teil der Studie werden die Ziele und Empfehlungen, die sich aus den wissenschaftlichen Analysen ergeben haben, noch einmal zusammengefasst.

Insgesamt ist zu hoffen, dass die politisch Verantwortlichen den Schlussfolgerungen dieses „Bundesplans für Seniorinnen und Senioren“ Folge leisten und ihn auch umsetzen. Doch derzeit gibt es nicht einmal einen universitären Lehrstuhl für Gerontologie in Österreich, um weitere wissenschaftliche Forschungsarbeit auf diesem Gebiet leisten zu können.

Lilian Stadler ist GLB-Aktivistin in Wien und vertritt den Zentralverband der PensionistInnen im Seniorenrat