GLB: Fiskalpakt schließt Wachstum aus
- Mittwoch, 4. Juli 2012 @ 12:36
Nochmals appelliert die Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB) an die GewerkschafterInnen im Nationalrat dem EU-Fiskalpakt („Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion“) die Zustimmung zu verweigern und damit der breiten Ablehnung im ÖGB Rechnung zu tragen. Der GLB hat dazu am Rande des ÖGB-Europadialogs am 26. Juni 2012 auch einen Aufruf zahlreicher BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen übergeben, die den Fiskalpakt ablehnen. Darin wird unter anderem auch auf die Bedenken von ATTAC und der großen deutschen Dienstleistungsgewerkschaft ver.di verwiesen.
„Der Fiskalpakt verordnet den EU-Mitgliedsländern eine strikte Haushaltsdisziplin und ist somit die logische neoliberale Fortsetzung des Maastricht-Vertrages, dessen Vorgaben zur Höhe der Staatsverschuldung und zur Neuverschuldung den Gestaltungsspielraum, der einzelnen Staaten massiv eingeschränkt haben und als Turbo für Sozialabbau und Privatisierungen gewirkt hat. Außerdem hebt der Fiskalpakt das Recht auf selbstgestaltete Staatshaushalte de facto auf“, stellt GLB-Bundesvorsitzender Josef Stingl fest.
Der Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister warnt eindringlich: „Langfristig wird der Fiskalpakt Wirtschaft und Sozialstaat strangulieren“ und stellt klar „Sparzwang führt in die Depression“. Am Charakter des Fiskalpaktes ändert auch dessen Behübschung durch ein Wachstumspaket nichts. Schulmeister stellt treffend fest „Entweder man bremst oder steigt aufs Gas - beides geht nicht“ und fragt zu Recht „Wo soll das Geld denn herkommen, wenn der Fiskalpakt strikte Defizitgrenzen vorschreibt?“
„Wer also für ein Europa der Solidarität und Beschäftigung ist, muss gegen den Fiskalpakt stimmen“, so Stingls Schlussfolgerung. Kritisch äußert sich der GLB auch zum Euro-Rettungsschirm ESM, der von SPÖ, ÖVP und Grünen beschlossen wird. Damit werden Banken gerettet statt sie zu vergesellschaften. An der anhaltenden schieflastigen Verteilung des Vermögens die zu einer unermesslichen Konzentration bei einer kleinen Minderheit geführt hat die überschüssiges Kapital am Finanzmarkt veranlagt und damit die Krise verschärft wird jedoch nichts geändert, die längst fällige Umverteilung durch die EU-weite Besteuerung der Billionen überschüssigen Geldes wird einmal mehr verabsäumt.
Kritisiert wird vom GLB auch, dass mit dem Fiskalpakt - „ein Vertrag, der nach Europarecht schmeckt, nach Europarecht riecht - und daher wohl faktisch ein europarechtlicher Vertrag ist“ - ein schwerwiegender Eingriff in die Verfassung erfolgt, ohne dass dies durch eine Volksabstimmung oder eine Zweidrittelmehrheit legitimiert wird. Dies kritisieren auch namhafte Verfassungs- und Europarechtsexperten wie Heinz Mayer, Bernd-Christian Funk, Stefan Griller, Franz Leidenmühler und andere in einem Brief an Bundespräsident Heinz Fischer.
Dazu erhielt der GLB folgende Stellungnahme von Bundesrätin Monika Kemperle:
Werte Kollegen Stingl und Jonischkeit, der Fiskalpakt und der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) wurden nicht ohne Kritik beschlossen. Vor allem die wachstumshemmende Wirkung des Fiskalpakts erfordert als Ausgleich einen Sozialpakt und die Schaffung von Wachstum und Beschäftigung als einzige langfristige Strategie, um die Folgen der Krise auf die Staaten und ihre Budgets nachhaltig in den Griff zu bekommen. Ohne diese Maßnahmen droht das Kaputtsparen von Sozialsystemen zu Lasten der ArbeitnehmerInnen und sozial Schwächeren.
Angesichts der gegenwärtigen Lage in der EU – vor allem der hohen und steigenden Arbeitslosigkeit sowie der anhaltenden Finanzierungsprobleme einiger Mitgliedstaaten – war es trotz allem notwendig, Maßnahmen zu schaffen, die schnell ergriffen werden können, um die Belastung der Bevölkerung in den derzeit betroffenen Mitgliedstaaten nicht weiter zu verschärfen. Das entspricht auch dem Sinn von gewerkschaftlicher Solidarität.
Klar ist allerdings auch, dass uns wir sozialdemokratischen GewerkschafterInnen diese Finanz- und Wirtschaftskrise nicht herbeiersehnt haben – und damit auch nicht die jetzt beschlossenen Maßnahmen. Ganz im Gegenteil: Seit Jahren kämpfen wir gegen die neoliberale Vorherrschaft in der EU an und fordern eine „soziale Union“ und einen „echten“ Sozialen Dialog auf europäischer Ebene, auf gleicher Augenhöhe mit den EU-Institionen.
Durch die Veränderungen in der politischen Landschaft in der EU (z. B. zuletzt in Frankreich) sehen wir gegenwärtig die Chance als gegeben an, einen Kurswechsel in der EU erkämpfen zu können, das heißt zugleich auch unter anderem Einführung einer Finanztransaktionssteuer und von Projektbonds, Regulierung der Finanzmärkte sowie die Stärkung der Rolle der EZB und sozialer Grundrechte.
Sollte allerdings die EU weiterhin neoliberale Entscheidungen treffen und die Umbruchstimmung im Sand verlaufen, dann droht der Kollaps des Projektes der Europäischen Union. Das würde aber auch drohen, hätte Österreich den Fiskalpakt und den ESM jetzt nicht beschlossen!
Mit freundlichen Grüßen
Monika Kemperle, Bundesrätin
„Der Fiskalpakt verordnet den EU-Mitgliedsländern eine strikte Haushaltsdisziplin und ist somit die logische neoliberale Fortsetzung des Maastricht-Vertrages, dessen Vorgaben zur Höhe der Staatsverschuldung und zur Neuverschuldung den Gestaltungsspielraum, der einzelnen Staaten massiv eingeschränkt haben und als Turbo für Sozialabbau und Privatisierungen gewirkt hat. Außerdem hebt der Fiskalpakt das Recht auf selbstgestaltete Staatshaushalte de facto auf“, stellt GLB-Bundesvorsitzender Josef Stingl fest.
Der Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister warnt eindringlich: „Langfristig wird der Fiskalpakt Wirtschaft und Sozialstaat strangulieren“ und stellt klar „Sparzwang führt in die Depression“. Am Charakter des Fiskalpaktes ändert auch dessen Behübschung durch ein Wachstumspaket nichts. Schulmeister stellt treffend fest „Entweder man bremst oder steigt aufs Gas - beides geht nicht“ und fragt zu Recht „Wo soll das Geld denn herkommen, wenn der Fiskalpakt strikte Defizitgrenzen vorschreibt?“
„Wer also für ein Europa der Solidarität und Beschäftigung ist, muss gegen den Fiskalpakt stimmen“, so Stingls Schlussfolgerung. Kritisch äußert sich der GLB auch zum Euro-Rettungsschirm ESM, der von SPÖ, ÖVP und Grünen beschlossen wird. Damit werden Banken gerettet statt sie zu vergesellschaften. An der anhaltenden schieflastigen Verteilung des Vermögens die zu einer unermesslichen Konzentration bei einer kleinen Minderheit geführt hat die überschüssiges Kapital am Finanzmarkt veranlagt und damit die Krise verschärft wird jedoch nichts geändert, die längst fällige Umverteilung durch die EU-weite Besteuerung der Billionen überschüssigen Geldes wird einmal mehr verabsäumt.
Kritisiert wird vom GLB auch, dass mit dem Fiskalpakt - „ein Vertrag, der nach Europarecht schmeckt, nach Europarecht riecht - und daher wohl faktisch ein europarechtlicher Vertrag ist“ - ein schwerwiegender Eingriff in die Verfassung erfolgt, ohne dass dies durch eine Volksabstimmung oder eine Zweidrittelmehrheit legitimiert wird. Dies kritisieren auch namhafte Verfassungs- und Europarechtsexperten wie Heinz Mayer, Bernd-Christian Funk, Stefan Griller, Franz Leidenmühler und andere in einem Brief an Bundespräsident Heinz Fischer.
Dazu erhielt der GLB folgende Stellungnahme von Bundesrätin Monika Kemperle:
Werte Kollegen Stingl und Jonischkeit, der Fiskalpakt und der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) wurden nicht ohne Kritik beschlossen. Vor allem die wachstumshemmende Wirkung des Fiskalpakts erfordert als Ausgleich einen Sozialpakt und die Schaffung von Wachstum und Beschäftigung als einzige langfristige Strategie, um die Folgen der Krise auf die Staaten und ihre Budgets nachhaltig in den Griff zu bekommen. Ohne diese Maßnahmen droht das Kaputtsparen von Sozialsystemen zu Lasten der ArbeitnehmerInnen und sozial Schwächeren.
Angesichts der gegenwärtigen Lage in der EU – vor allem der hohen und steigenden Arbeitslosigkeit sowie der anhaltenden Finanzierungsprobleme einiger Mitgliedstaaten – war es trotz allem notwendig, Maßnahmen zu schaffen, die schnell ergriffen werden können, um die Belastung der Bevölkerung in den derzeit betroffenen Mitgliedstaaten nicht weiter zu verschärfen. Das entspricht auch dem Sinn von gewerkschaftlicher Solidarität.
Klar ist allerdings auch, dass uns wir sozialdemokratischen GewerkschafterInnen diese Finanz- und Wirtschaftskrise nicht herbeiersehnt haben – und damit auch nicht die jetzt beschlossenen Maßnahmen. Ganz im Gegenteil: Seit Jahren kämpfen wir gegen die neoliberale Vorherrschaft in der EU an und fordern eine „soziale Union“ und einen „echten“ Sozialen Dialog auf europäischer Ebene, auf gleicher Augenhöhe mit den EU-Institionen.
Durch die Veränderungen in der politischen Landschaft in der EU (z. B. zuletzt in Frankreich) sehen wir gegenwärtig die Chance als gegeben an, einen Kurswechsel in der EU erkämpfen zu können, das heißt zugleich auch unter anderem Einführung einer Finanztransaktionssteuer und von Projektbonds, Regulierung der Finanzmärkte sowie die Stärkung der Rolle der EZB und sozialer Grundrechte.
Sollte allerdings die EU weiterhin neoliberale Entscheidungen treffen und die Umbruchstimmung im Sand verlaufen, dann droht der Kollaps des Projektes der Europäischen Union. Das würde aber auch drohen, hätte Österreich den Fiskalpakt und den ESM jetzt nicht beschlossen!
Mit freundlichen Grüßen
Monika Kemperle, Bundesrätin