Hobek (GLB): Gegen Belastungspaket, für Volkseigentum
- Mittwoch, 25. April 2012 @ 23:00
AK-Präsident Tumpel setzte sich in seiner Rede vor der 157. Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer am 25. April 2012 unter anderem mit dem Thema Gesundheit auseinander. So ist die Zahl der Krankenstände aufgrund des besseren Arbeitsschutzes rückläufig, allerdings liegt ein weiterer Grund wohl darin, dass viele krank arbeiten gehen, weil sie Angst um ihren Arbeitsplatz haben. Massiv zugenommen hat die psychische Belastung am Arbeitsplatz, das ist eines jener Themen, mit denen sich die AK beschäftigen muss. Zum Budget der Bundesregierung tröstete sich Tumpel damit, dass zwar negative Auswirkungen vorhanden sind, die Situation aber besser sei als in anderen Ländern. Bei immer mehr Familien reicht das Einkommen aber nicht mehr zum Auskommen, eine der Ursachen sind die Preissteigerungen bei den Waren des täglichen Bedarfs - bei Energie, Mieten und Lebensmitteln.
Robert Hobek, Wiener Arbeiterkammerrat des GLB, erinnerte an die gemeinsame Konferenz von AK und ÖGB im Jänner, die im gleichen Saal stattfand. Die dort gestellte Forderung, dass endlich jene ihren Beitrag leisten müssen, die von den Bankenpaketen etc. profitiert haben - die Forderung nach Vermögensbesteuerung - all dies wird durch umfangreiches, ausgezeichnetes Material der AK untermauert.
Der GLB hat daher zuletzt im ÖGB-Bundesvorstand verlangt, dass GewerkschafterInnen dem Belastungspaket der Regierung nicht zustimmen. Dieses tritt nun ausgerechnet am 1. Mai in Kraft. Anstatt derartigen Belastungspaketen die Zustimmung zu geben wäre es sinnvoller, wenn der ÖGB mit seinen Gewerkschaften am 1. Mai gemeinsam gegen den Sozialabbau auf die Straße geht. Nulllohnrunden im Öffentlichen Dienst lehnt der GLB entschieden ab und hat einen entsprechenden gemeinsamen Antrag mit der AUGE/UG eingebracht.
„In einen möchte ich aber den ehemaligen ÖGB-Präsidenten und jetzigem Sozialabbauminister Hundstorfer recht geben, wenn er in der ORF-Pressestunde in Bezug auf die von AK und ÖGB geforderte Einführung der doch nicht gekommenen Vermögensteuer nicht umgefallen zu sein: Ich meine, wer am Boden liegt, kann nicht umfallen aber man kann ja versuchen wieder auf zustehen und wir sollten es hier am besten gleich tun jetzt, nämlich gegen weiteren Sozialabbau, für Arbeitszeitverkürzung und gegen Ausverkauf öffentlichen Eigentums“, so Hobek.
In einem gemeinsamer Antrag von GLB und ÖAAB-FCG wurde gefordert die Übergriffe auf die Menschenrechte am Arbeitsplatz zu stoppen. Auslöser dafür ist die geplante Einführung GPS-fähiger mobiler Geräte für die ZustellerInnen der Post AG. Der Bereich der mobilen Pflege, schon länger mit derartigen der Menschenwürde zuwiderlaufenden Kontrollsystemen gesegnet, zeigt deutlich, wofür große Unternehmen derartige Geräte einführen wollen. Nämlich zur permanenten Überwachung und letztlich um weiter Personal abzubauen. Auch der Bereich der Zustellung ist zudem von Auslagerung und Privatisierung betroffen: „Privatisierung ist Diebstahl", so Robert Hobek, der sich für eine grundsätzliche Debatte zum Thema und bezüglich des Umgangs mit Volkseigentum einsetzte.
Die gemeinsamen Anträge 1, 2 und 3 wurden angenommen, die gemeinsamen Anträge 5 und 6 zugewiesen (beide wollte die FSG-Mehrheit ursprünglich ablehnen, hat sich dann aber doch anders besonnen), die GLB-Anträge 1,2,3,4 und 7 wurden zugewiesen.
Die Anträge im Wortlaut:
Gemeinsamer Antrag Nr. 1 von FSG, ÖAAB/FCG, FA, GA, LP, GLB, Union, KI und BDA: Beibehaltung der fachärztlichen Begutachtungsstellen in der Pensionsversicherungsanstalt (angenommen)
Im Rahmen der Verhandlungen zur aktuellen Budgetkonsolidierung wurde im Ministerrat vom 6. März 2012 folgende Protokollanmerkung vorgenommen: „Man ist übereingekommen, eine einheitliche Begutachtungsstelle und einheitliche Standards in der Begutachtung zu schaffen. Die Einrichtung der einheitlichen Begutachtungsstelle hat im Einvernehmen des BMASK mit dem BMWFJ zu erfolgen. Eine legistische Umsetzung dieses Vorhabens wird bis Ende dieses Jahres (2012) angestrebt“.
Aus Sicht der Arbeiterkammer ist eine im Rahmen der gegenständlichen Protokollanmerkung offenbar intendierte Auslagerung diesbezüglicher Begutachtungen abzulehnen, da es die angesprochenen einheitlichen Begutachtungsstellen bereits in der Pensionsversicherungsanstalt gibt. Eine Ausgliederung der Begutachtung würde – ohne die Qualität auch nur ansatzweise zu erhöhen – zu einer Verzögerung der Verfahren und höheren Kosten führen. Das kann nicht im Interesse der Regierungsparteien und der Sozialpartner liegen.
Dazu kommt, dass es Aufgabe der Selbstverwaltung bleiben soll, das jeweilige Leistungsrecht zu vollziehen. Da gerade bei Invaliditätsverfahren eine sehr enge Verbindung zwischen dem medizinischen und berufskundlichen Begutachtungsergebnis und der Rechtsfrage besteht, wäre eine Entscheidung in den sozialpartnerschaftlich zusammengesetzten Leistungs- und Rehabilitationsausschüssen ohne eigene Begutachtungsstellen kaum möglich. Die Qualität der Begutachtung sollte durch eine professionelle berufskundliche Expertise noch erhöht werden.
Vor allem folgende Argumente sprechen im Detail gegen die geplante Auslagerung:
1. Verfahrensverzögerung: Vor jeder Untersuchung müssten weiterhin die Verfahren beim jeweiligen Versicherungsträger eingeleitet werden, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen geprüft werden müssen. Jeder „Fall“ hätte also den „Lauf“ Versicherungsträger – Untersuchung – Versicherungsträger. Konsequent gedacht, müsste in weiterer Folge auch die Gesundheitsstraße ausgelagert werden. Folglich wären drei Partnerorganisationen in das Verfahren involviert (PVA, Begutachtungsstelle, AMS). Ebenfalls konsequent weitergedacht, müsste auch die Überprüfung zum Pflegegeldbezug, die aktuell überwiegend von externen Ärzten durchgeführt wird, ausgelagert werden. Schlicht und einfach deswegen, weil keine Oberbegutachtungen mehr durchgeführt werden könnten.
2. Qualität: Die Qualität der Untersuchungen durch die PVA ist unumstritten, was sämtliche Partnerorganisationen regelmäßig auch bestätigen. Sämtliche qualitätssichernden Maßnahmen, die aktuell bestehen, müssten bei einer neuen, ausgelagerten Struktur in der bereits bestehenden Qualität erst geschaffen werden. Dafür gibt es einerseits vorab keine Garantie und andererseits wäre auch diesbezüglich mit – im Vorfeld – schwer zu beziffernden Kosten zu rechnen.
3. Mangelnde Wirtschaftlichkeit: Da die ausgegliederte Struktur jedenfalls nicht nur aus medizinischem Personal bestehen kann, sondern auch einen – wenn auch schlanken – „Overhead“ zur Durchführung der Verwaltung, sowie eine eigenständige Geschäftsführung und eventuell auch einen Aufsichtsrat benötigen würde, kann keinesfalls von geringeren Kosten ausgegangen werden. Dazu kommt, dass es aktuell funktionierende Strukturen in allen Bundesländern gibt, die zerschlagen und unter neuen Vorzeichen erst neu aufgebaut werden müssten. Es ist eine Illusion zu glauben, dass durch die geplante Ausgliederung Personalkosten gespart werden könnten. Gerade die Gehaltsentwicklung bei FachärztInnen – und das moderate Gehaltsschema der Sozialversicherung – zeigt in den betroffenen Einheiten täglich, wie schwer es ist, qualifizierte FachärztInnen zu bekommen.
4. Für die PVA spricht darüber hinaus, dass
die Verfahren auch in Zukunft ohne zusätzliche Schnittstelle zu einer externen Organisation durchgeführt werden können (bekanntermaßen führt jede Schnittstelle zu Schnittstellenproblematiken),
sowohl einheitliche Strukturen und Standards, als auch gemeinsames Know How bereits vorhanden und jederzeit verfügbar sind,
nach den gängigen Tarifen für externe Begutachtungen langjährige Beobachtungen keinen potenziellen Einsparungseffekt zeigen,
durch den kundenorientierten Ansatz – Mehrfachuntersuchungen an einem Tag – die Versicherten ohne bürokratischen Aufwand und ohne Zeitverlust schnell und unkompliziert untersucht werden können, was zu kurzen Verfahrensdauern führt.
Fakten zu den Fachärztlichen Begutachtungen in der PVA:
Die Arztkosten pro Gutachten belaufen sich sowohl intern als auch extern auf derzeit rund 90 Euro pro Gutachten.
Die durchschnittliche medizinische Verfahrensdauer liegt seit 2007 kontinuierlich bei rund 1,7 Monaten.
Mehrfachuntersuchungen finden meistens an einem Tag statt.
Die hohen Qualitätsstandards werden regelmäßig kontrolliert und evaluiert.
Die Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien fordert, dass aus den genannten Gründen von einer Umsetzung der im Rahmen der oben erwähnten Protokollanmerkung des Ministerrates offenbar intendierten Einrichtung einer neuen einheitlichen Begutachtungsstelle Abstand genommen wird.
Gemeinsamer Antrag 2 von FSG, ÖAAB/FCG, FA, AUGE/UG, GA, LP, GLB, Union, KI und BDA: Mittel der Unfallversicherungsanstalt zweckentsprechend verwenden (angenommen)
Derzeit bestehen Pläne der Bundesregierung auch für Selbständige einen Leistungsanspruch auf Krankengeld einzuführen. Diese Verbesserung ist für Kleinunternehmer und Werkvertragsnehmer sicherlich ein wichtiger Schritt zu mehr sozialer Sicherheit und daher auch zu begrüßen.
In höchstem Grade ist es aber problematisch, dass zur Finanzierung dieser Maßnahmen Mittel der AUVA herangezogen werden sollen. Dieses Vorgehen bedeutet, dass Mittel der Unfallversicherung nicht zweckentsprechend verwendet werden.
Das hohe Niveau der Unfallverhütung und der Unfallheilbehandlung, sowie der Maßnahmen der Rehabilitation ist nur dann möglich wenn die Finanzierung der AUVA nachhaltig gesichert ist. Jede Beeinträchtigung der Finanzkraft durch versicherungsfremde Leistungen gefährdet die Erbringung der gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen, bzw. den weiteren Ausbau der Maßnahmen zur Unfallverhütung bzw. der Weiterentwicklung im Bereich der Unfallheilbehandlung bzw. Rehabilitation.
Der vorliegende Plan zur Finanzierung des Krankengeldes für Selbständige bedeutet, dass die AUVA mit jährlich 20 bis 25 Millionen Euro belastet wird. Dieses Geld steht künftig für die eigentliche Aufgabe und Leistungserbringung der AUVA nicht mehr zur Verfügung.
Angesichts des Umstandes, dass besonders im gesundheitlichen Präventionsbereich noch viel Handlungsbedarf besteht und auch die Zahl der psychischen Erkrankungen in der Arbeitswelt weiterhin zunimmt ist jeder sachfremde Entzug von Mitteln der AUVA weder zielführend, noch zu verantworten.
Die AK Wien lehnt daher die Finanzierung des Krankengeldes für Selbständige aus den Mitteln der AUVA strikt ab. Diese Mittel sollten vielmehr in die Prävention von berufs- und arbeitsbedingten Erkrankungen und die weitere Verbesserung der Leistungserbringung investiert werden. Die Finanzierung des Krankengeldes soll stattdessen zweckentsprechend durch Schaffung eines dienstgeberorientierten Fonds nachhaltig gesichert werden.
Gemeinsamer Antrag 3 von FSG, ÖAAB/FCG, AUGE/UG, LP, GLB, Union, KI und BDA: Gegen Eingriffe in das Vermögen der Sozialversicherungsträger (angenommen)
Die Maßnahmen der Bundesregierung im Rahmen des Stabilitätspaktes sehen auch Maßnahmen vor, welche nachhaltig und verschlechternd in die Gebarungssituation von Sozialversicherungsträgern eingreifen. Es ist festzuhalten, dass es sich bei den Mitteln der Sozialversicherung primär um Gelder der Versichertengemeinschaft (Dienstnehmer und Dienstgeber) handelt, deren Zweck es ist die Leistungserbringung des jeweiligen Trägers für diese Gemeinschaft sicherzustellen.
Konkret sind es zwei Maßnahmen, welche nachteilig in die Finanzgebarung von Sozialversicherungsträgern eingreifen:
I. Aussetzen bzw. Absenkung des Dienstgeberbeitrages bei der BVA
Die im Rahmen des Entwurfs zur Änderung des B-KUVG vorgeschlagene Absenkung der Dienstgeberbeiträge stellt eine völlig unsachliche und nicht nachvollziehbare Maßnahme dar. Aus unserer Sicht handelt es sich um einen untauglichen, darüber hinaus verfassungsrechtlich bedenklichen Versuch der Bundesregierung, bestehendes Vermögen der Versichertengemeinschaft (Dienstnehmer und Dienstgeber) zur Budgetsanierung heranzuziehen.
Da die Rücklagen der BVA überwiegend aus Beiträgen der Dienstnehmer/innen aufgebaut wurden (von Beitragsparität kann ja schon längst keine Rede mehr sein), dürfen sie nicht einseitig von der Dienstgeberseite für deren alleinige Interessen abgezogen und missbraucht werden.
Es ist nicht einzusehen, dass die Versichertengemeinschaft der BVA dieser Gelder beraubt wird. Die öffentliche Hand stiehlt sich damit aus ihrer Verantwortung zur Leistung von Dienstgeberbeiträgen zur sozialen Krankenversicherung für ihre Dienstnehmer/innen.
Der Bundesregierung sollte bekannt sein, dass Rücklagen der Versichertengemeinschaft dazu dienen, allfällige Schwankungen bei der Finanzgebarung des Sozialversicherungsträgers auszugleichen und das Leistungsniveau auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten aufrecht zu erhalten. Die geplante Maßnahme steht in einem krassen Widerspruch zur den politischen Forderungen nach einer sparsamen und vorausschauenden Gebarung der Sozialversicherungsträger!
Die Mittel, die der BVA entzogen werden sollen, sind Versichertengelder und ihr Entzug stellt eine „kalte Enteignung“ dar. Ebenso betrachten wir Ausmaß und Höhe der Belastung als völlig unverhältnismäßig und überzogen. Wir lehnen derartige fragwürdige Geldbeschaffungsaktionen der Bundesregierung für alle Sozialversicherungsträger sowie die gesamte Sozialversicherung kategorisch ab.
II. Senkung des KV Hebesatzes für die Pensionisten der SVA und der VAEB
Eine weitere geplante Maßnahme ist die Senkung des Hebesatzes für die Pensionisten gem. § 29, Abs 2 GSVG von 201 Prozent des Krankenversicherungsbeitrages im Jahr 2011 auf künftig 197 Prozent, ab 2016, wobei für die Jahre 2014 und 2015 sogar eine Herabsetzung auf 175 Prozent des KV Beitrages vorgesehen ist. Damit würde die bereits verankerte Herabsetzung des Hebesatzes gem. § 339, Absatz 4 GSVG noch einmal deutlich verschlechtert.
Mit dieser Maßnahme würden in den kommenden 5 Jahren rund 35 Millionen Euro für den Bereich der Krankenversicherung in der SVA zusätzlich verloren gehen. Das Gleiche gilt auch für die geplante Absenkung des KV-Hebesatzes im Bereich der VAEB.
Bereits in den letzten Jahren hat sich die AK immer wieder gegen Senkungen des Hebesatzes für die KV ausgesprochen, weil dadurch die Gebarung der Krankenversicherung nachhaltig verschlechtert wird, obwohl besonders ältere Menschen auf Leistungen der Krankenversicherungsträger angewiesen sind. Diese Maßnahme ist daher weder wirtschaftlich sinnvoll, noch entspricht sie dem Grundsatz sozial ausgewogener Sparmaßnahmen.
Die Arbeiterkammer Wien fordert die österreichische Bundesregierung und das zuständige BMASK auf beide beschlossenen Maßnahmen im Sinne einer dauerhaften Sicherung der Qualität und Leistungsfähigkeit des Sozialversicherungssystemes nicht umzusetzen und keine Verschlechterungen für die Finanzgebarung der Sozialversicherungsträger herbeizuführen.
Gemeinsamer Antrag 5 von AUGE/UG und GLB: Keine Nulllohnrunden in den öffentlichen Diensten! (zugewiesen)
Im Rahmen der Budgetkonsolidierung hat sich die Bundesregierung für eine Nulllohnrunde im öffentlichen Dienst des Bundes und bei den LandeslehrerInnen ausgesprochen und diese beschlossen. Inzwischen denken auch andere Gebietskörperschaften - Länder und Gemeinden - für ihre Beschäftigten Nulllohnrunden an.
Nulllohnrunden im öffentlichen Dienst betreffen dabei nicht nur die Beschäftigten von Bund, Ländern und Gemeinden, sondern drohen sich auch auf die ArbeitnehmerInnen ausgegliederter, öffentlicher Unternehmungen sowie sozialwirtschaftlicher Einrichtungen/Vereine, die mit der Erbringung sozialer Dienste im Auftrag der öffentlichen Hand betraut sind, sowie auf die Beschäftigten von Anstalten/Körperschaften des öffentlichen Rechts (z.B. Sozialversicherungen) auszuwirken, deren Einkommensentwicklung unmittelbar bzw. mittelbar an jener des öffentlichen Dienstes gekoppelt ist.
Die Verdienststruktur im öffentlichen Dienst ist dabei ebenso breit gefächert wie die Berufsfelder. Ein beträchtlicher Anteil der Beschäftigten im öffentlichen Dienst – bei Bund, Ländern, Gemeinden - liegt im unteren und mittleren Einkommensbereich. Für BezieherInnen mittlerer und – vor allem – niedriger Einkommen ist die Nulllohnrunde schlicht existenzgefährdend. Besonders betroffen sind dabei Frauen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang, dass laut Einkommensbericht des Rechnungshofs 2010 im „Niedriglohnbereich“ Soziales und Gesundheit bzw. Erziehung und Unterricht (öffentlicher Dienst, ausgegliederter öffentlicher Dienst bzw. überwiegend durch die öffentliche Hand finanzierter Bereich) der Frauenanteil mit 79 bzw. 55 Prozent besonders hoch liegt (mittleres Jahreseinkommen Soziales und Gesundheit: 19.672 Euro, mittleres Jahreseinkommen Erziehung und Unterricht: 17.463 Euro, mittleres Jahreseinkommen unselbständig Beschäftigte Österreich 2009: 24.449 Euro).
Geschätzter Weise liegt rund ein Drittel aller öffentlich Bediensteten unter dem österreichischen Medianeinkommen, was allerdings rund ein Fünftel der Lohnsumme im öffentlichen Dienst ausmacht!
Einrichtungen der Sozialwirtschaft bzw. des (Elementar-)Bildungsbereichs, die mit der Erbringung sozialer bzw. bildungspolitischer Dienstleistungen seitens der öffentlichen Hand beauftragt werden, können zwar nicht unmittelbar gezwungen werden, Nulllohnrunden zu übernehmen, jedoch droht sich gerade in Sparzeiten die gängige Praxis bzw. Entwicklung, Förderungen bzw. Subventionen unabhängig von Lohnabschlüssen gleich zu belassen zu reduzieren, noch zu verstärken. Zusätzlich orientieren sich innerbetriebliche Lohn- und Gehaltsschemata bzw. Betriebsvereinbarungen in zahlreichen entsprechenden Einrichtungen, die nicht dem BAGS-KV unterliegen, an entsprechenden Einkommen im öffentlichen Dienst. Nulllohnrunden drohen in derartigen Betrieben unmittelbar schlagend zu werden.
Von der seitens der Bundesregierung angekündigten bzw. beschlossenen Nulllohnrunde sind damit nicht nur rund 210.000 Bedienstete des Bundes und LandeslehrerInnen unmittelbar betroffen: die Nulllohnrunde droht auf über 900.000 Beschäftigte – Bundes-, Gemeinde-, Landesbedienstete, ArbeitnehmerInnen des Sozial- und Gesundheitsbereichs, ausgegliederter Betriebe sowie des Erziehungs- und Bildungssektors – mittel- wie unmittelbare Auswirkungen zu haben.
Damit bekommen die geplanten bzw. angedachten Nulllohnrunde allerdings eine weit über den öffentlichen Bundesdienst hinausgehende, wirtschaftspolitische Bedeutung, handelt es sich doch um beinahe ein Drittel aller unabhängig Beschäftigten, die betroffen sein könnten: es droht sich die, gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten zur Krisenbewältigung bzw. Konjunkturstabilisierung so wichtige Konsumnachfrage - angesichts des mit einer Nulllohnrunde verbundenen Kaufkraftverlustes – abzuschwächen, was die Krisensituation noch zu verschärfen droht. Der Aufnahmestopp in weiten Bereichen des öffentlichen Dienstes – ebenfalls regierungsseitig für den Bund bereits beschlossen, auf Landes- und Gemeindeebene vielfach angedacht – und der daraus resultierende Abbau relativ sicherer Arbeitsverhältnisse mit stabilen Einkommen, wird diese Entwicklung noch befördern.
Nulllohnrunden sind daher grundsätzlich abzulehnen. Es ist vollkommen uneinsichtig, warum gerade öffentlich Bedienstete, die vielfach gesellschaftlich wichtige wie notwendige, „sozialen Mehrwert“ schaffende Arbeit – von Bildung, Gesundheit, Betreuung, Erhalt von Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit und Kultur bis hin zu Infrastruktur und Mobilität – erbringen, nicht am gesamtgesellschaftlichen Wohlstand, der ohnehin immer ungleicher verteilt ist, entsprechend beteiligt werden sollen. Nulllohnrunden sind Budgetkonsolidierungsmaßnahme zu Lasten der ArbeitnehmerInnen – unabhängig davon, ob diese öffentlich bedienstet, oder privat beschäftigt sind.
Die 157. Vollversammlung der AK Wien möge daher beschließen:
Die Arbeiterkammer Wien spricht ihre grundsätzliche Ablehnung von Nulllohnrunden aus. Nulllohnrunden treffen insbesondere untere und mittlere Einkommensgruppen sozial hart – unter ihnen besonders viele weibliche Beschäftigte, junge sowie vielfach unter prekären Einkommens- und Beschäftigungsbedingungen arbeitende.
Die Arbeiterkammer Wien fordert daher für 2013 und 2014 Verhandlungen für die Beschäftigten der öffentlichen Dienste des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der ausgegliederten Betriebe sowie eine Teuerungsabgeltung insbesondere für die Beschäftigten im unteren und mittleren Einkommensbereich. Gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten gilt es, Kaufkraft zu erhalten und die Konsumnachfrage zu stärken. Nulllohnrunden wirken hier kontraproduktiv.
Die Arbeiterkammer Wien lehnt weiters jeden Versuch ab, mit etwaigen Nulllohnrunden im öffentlichen Dienst ein Präjudiz für Lohn- und Gehaltsverhandlungen in anderen Branchen – insbesondere in solchen, welche von öffentlichen Mitteln abhängig sind bzw. für die öffentliche Hand Aufgaben erbringen – schaffen zu wollen. Ein Umlegung auf andere Branchen ist unzulässig.
Die Arbeiterkammer Wien fordert zusätzlich die Rücknahme des Aufnahmestopps im öffentlichen Dienst. Die AK Wien lehnt entsprechend geäußerte Überlegungen, einen generellen Aufnahmestopp auch auf Länder- und Gemeindeebenen umzusetzen, ab.
Gemeinsamer Antrag 6 von ÖAAB/FCG, GA und GLB: Übergriffe auf die Menschenwürde am Arbeitsplatz stoppen (zugewiesen)
Die AK-Vollversammlung fordert den zuständigen Gesetzgeber auf, das Arbeitsrecht dahingehend zu verbessern, dass Kontrollmaßnahmen, welche die Menschenwürde berühren, in allen Bereichen der Arbeitswelt untersagt werden.
Begründung: Die Würde des Menschen ist in jeder Hinsicht zu respektieren und zu schützen. Besonders im Arbeitsprozess kommt es jedoch immer wieder zu versuchten oder auch tatsächlichen Übergriffen auf die Menschenwürde.
Aktuell versucht gerade ein Österreichisches Großunternehmen mit einer permanenten Kontrolle seiner Zusteller den Druck durch eine totale Überwachung zu erhöhen. Technisch soll jeder Zusteller mit einem GPS-Sender ausgestattet werden, wobei regelmäßig der Standort in eine Überwachungszentrale übermittelt wird. Mit der Bedrohung durch eine permanente Kontrolle sind etwa auch Bedienstete in der Hauskrankenpflege konfrontiert. Dies ist ein höchst skandalöses Vorgehen und gleicht etwa der Kontrolle von Häftlingen, bei welchen mit einer Fußfessel sämtliche Bewegungen überwacht werden.
Im Arbeitsverfassungsgesetz § 96 Abs. 1 Zf. 3 ist die Einführung von Kontrollmaßnahmen und technischen Systemen zur Kontrolle der Arbeitnehmer, sofern diese Maßnahmen die Menschenwürde berühren, eine zustimmungspflichtige Maßnahme. Das heißt, wenn der Betriebsrat mit einer Betriebsvereinbarung einer derartigen Kontrollmaßnahme zustimmt, ist sie im Unternehmen zulässig. In Betrieben, wo kein Betriebsrat besteht, gibt es im Hinblick auf Kontrollmaßnahmen, kein geeignetes arbeitsrechtliches Regulativ.
Im öffentlichen Dienst ist gemäß § 70c Beamtendienstrechtgesetz die „Einführung und Verwendung von Kontrollmaßnahmen und technischen Systemen, welche die Menschenwürde berühren“, generell unzulässig.
Wie das Beispiel des Österreichischen Großunternehmens zeigt wird versucht, aus Gründen der Gewinnmaximierung die Leistungskomponente der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ohnehin bereits angespannt ist, noch weiter zu erhöhen. Wenn dies mit ausgeklügelten technischen Systemen stattfindet, die eine lückenlose Kontrolle möglich machen, ist in jedem Fall die Menschenwürde verletzt. Es ist daher höchst an der Zeit, die Einführung von Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren, generell in allen Bereichen der Arbeitswelt für unzulässig zu erklären.
GLB-Antrag 1: Belastungspaket (zugewiesen)
Die 157. Vollversammlung der AK Wien lehnt das von der Bundesregierung geschnürte Belastungspaket zur Budgetsanierung ab, da die Budgetsanierung wieder in besonderem Maß die Beschäftigten und PensionistInnen betrifft, welche die kapitalistische Krise nicht verursacht haben und wesentliche Forderungen von ÖGB und AK, unter anderem zur Vermögensbesteuerung, nicht enthalten sind.
Begründung: Im Zuge des drohenden Belastungspakets zur Budgetsanierung fand am 20. Jänner 2012 eine Beratung von AK und ÖGB in Wien statt. Die dort vorgelegten Materialien unterstrichen, dass Österreich ein Paradies für Vermögende ist:
die reichsten 10 Prozent besitzen 61 Prozent der Immobilien
2010 betrugen die Vermögenssteuern im OECD-Durchschnitt 1,8 Prozent, in Österreich lediglich 0,5 Prozent
die reichsten 10 Prozent der Haushalte besitzen 54 Prozent des Geldvermögens
die ärmsten 40 Prozent der Haushalte besitzen 5 Prozent des Geldvermögens
Folglich forderte die gemeinsame AK/ÖGB-Konferenz am 21. Jänner, einnahmenseitig auf gerechte Vermögenssteuern zu setzen. Festgehalten wurde, dass es höchst an der Zeit ist, dass die Hauptprofiteure der Konjunktur- und Bankenpakete, also jene, deren Vermögen und Vermögenswerte dadurch geschützt und gerettet werden, ihren Beitrag an der Sanierung des Staatshaushaltes leisten.
Festgehalten wurde auf der Konferenz, dass die Budgetkonsolidierung den Schwerpunkt auf die Besteuerung von Vermögen setzen soll, da dies die geringste Auswirkung auf die Nachfrage und damit auf Beschäftigung und Wachstum hat. Das zu erwartende Konsolidierungsvolumen von ca. 9 Mrd. Euro entspricht nur geringfügig mehr als 1 Prozent des Vermögens des obersten Zehntels der privaten Haushalte. Zudem forderten AK und ÖGB eine Anhebung des Spitzensteuersatzes für besonders hohe Einkommen sowie die Einführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer.
Im nun vorgelegten Belastungspaket der Bundesregierung sind wesentliche Forderungen von AK und ÖGB nicht enthalten, es ist sozial unausgewogen und wird daher abgelehnt.
GLB-Antrag 2: Pensionen (zugewiesen)
Die 157. Vollversammlung der AK Wien lehnt die Verschlechterungen für PensionistInnen im Zuge der Budgetsanierung ab, Pensionen sind finanzierbar.
Begründung: Auch wenn Vizekanzler Michael Spindelegger bei der Präsentation des von der Bundesregierung vereinbarten Belastungspaketes meinte, er sei sich sicher, „dass auch die PensionistInnen ihren Beitrag zur Budgetsanierung leisten wollen“, trifft dies sicher nicht auf die Masse jener zu, die mit kleinen Pensionen ihren Alltag fristen müssen. Viele von ihnen sind ohnehin bereits armutsgefährdet. Die Summe der Maßnahmen zum Pensionsbereich im Belastungspaket der Regierung bedeutet daher eine vorprogrammierte Altersarmut. Maßnahmen für eine nachhaltige Finanzierung der Pensionen, etwa durch eine Wertschöpfungsabgabe, fehlen hingegen. Auch ist der Staat weit von der im ASVG 1956 vereinbarten Drittelfinanzierung der Pensionen entfernt. Hingegen bleibt Vermögen nach wie vor annähernd unangetastet.
GLB-Antrag 3: Fiskalpaket (zugewiesen)
Die 157. Vollversammlung der AK Wien lehnt den EU-Fiskalpakt und damit die „automatisierte“ Kürzung von Löhnen, Pensionen, Gesundheits- und Sozialleistungen entschieden ab.
Begründung: Die Delegierung zentraler wirtschaftspolitischer Entscheidungen an demokratisch nicht legitimierte Institutionen, die Genehmigung der Budgets durch die EU-Kommission und den EU-Rat und umfassende Kontroll- und Sanktionsrechte des EuGH über die Einführung einer automatisierten Schuldenbremse in den Mitgliedsstaaten bedeutet nicht nur die faktische Entmachtung der nationalen Parlamente in ihrer Kernkompetenz. Vor allem bedeutet der Fiskalpakt die automatisierte Kürzung von Löhnen, Pensionen, gesundheits- und Sozialleistungen. Er verstärkt die Armut und verschärft daher die bestehende Krise.
GLB-Antrag 4: Live-Übertragung AK-Vollversammlungen (zugewiesen)
Die 157. Vollversammlung der AK Wien beschließt, dass künftige Vollversammlungen live im Internet übertragen werden.
Begründung: Die Vollversammlungen der AK Wien sind öffentlich. Die Liveübertragung der Vollversammlungen ermöglicht einem größeren Kreis von AK-Mitgliedern, diese auch zu verfolgen. Wichtige Ausschnitte können zudem auf der Homepage der AK Wien veröffentlicht werden.
GLB-Antrag 7: Leiharbeit (zugewiesen)
Die 157. Vollversammlung der AK Wien spricht sich grundsätzlich gegen Leiharbeit aus und wird alle Schritte bis hin zur Möglichkeit der Gesetzesinitiative unternehmen, um diese zurückzudrängen bzw. abzuschaffen.
Begründung: Auch wenn sich die Situation für Leiharbeitskräfte durch die Einführung des entsprechenden Kollektivvertrags etwas verbessert hat, sind Leiharbeitskräfte nach wie vor „Beschäftigte 2. Klasse“. Konzerne besitzen bereits seit langem eigene Leiharbeitsfirmen, um flexibler und kostengünstiger agieren zu können.
Robert Hobek, Wiener Arbeiterkammerrat des GLB, erinnerte an die gemeinsame Konferenz von AK und ÖGB im Jänner, die im gleichen Saal stattfand. Die dort gestellte Forderung, dass endlich jene ihren Beitrag leisten müssen, die von den Bankenpaketen etc. profitiert haben - die Forderung nach Vermögensbesteuerung - all dies wird durch umfangreiches, ausgezeichnetes Material der AK untermauert.
Der GLB hat daher zuletzt im ÖGB-Bundesvorstand verlangt, dass GewerkschafterInnen dem Belastungspaket der Regierung nicht zustimmen. Dieses tritt nun ausgerechnet am 1. Mai in Kraft. Anstatt derartigen Belastungspaketen die Zustimmung zu geben wäre es sinnvoller, wenn der ÖGB mit seinen Gewerkschaften am 1. Mai gemeinsam gegen den Sozialabbau auf die Straße geht. Nulllohnrunden im Öffentlichen Dienst lehnt der GLB entschieden ab und hat einen entsprechenden gemeinsamen Antrag mit der AUGE/UG eingebracht.
„In einen möchte ich aber den ehemaligen ÖGB-Präsidenten und jetzigem Sozialabbauminister Hundstorfer recht geben, wenn er in der ORF-Pressestunde in Bezug auf die von AK und ÖGB geforderte Einführung der doch nicht gekommenen Vermögensteuer nicht umgefallen zu sein: Ich meine, wer am Boden liegt, kann nicht umfallen aber man kann ja versuchen wieder auf zustehen und wir sollten es hier am besten gleich tun jetzt, nämlich gegen weiteren Sozialabbau, für Arbeitszeitverkürzung und gegen Ausverkauf öffentlichen Eigentums“, so Hobek.
In einem gemeinsamer Antrag von GLB und ÖAAB-FCG wurde gefordert die Übergriffe auf die Menschenrechte am Arbeitsplatz zu stoppen. Auslöser dafür ist die geplante Einführung GPS-fähiger mobiler Geräte für die ZustellerInnen der Post AG. Der Bereich der mobilen Pflege, schon länger mit derartigen der Menschenwürde zuwiderlaufenden Kontrollsystemen gesegnet, zeigt deutlich, wofür große Unternehmen derartige Geräte einführen wollen. Nämlich zur permanenten Überwachung und letztlich um weiter Personal abzubauen. Auch der Bereich der Zustellung ist zudem von Auslagerung und Privatisierung betroffen: „Privatisierung ist Diebstahl", so Robert Hobek, der sich für eine grundsätzliche Debatte zum Thema und bezüglich des Umgangs mit Volkseigentum einsetzte.
Die gemeinsamen Anträge 1, 2 und 3 wurden angenommen, die gemeinsamen Anträge 5 und 6 zugewiesen (beide wollte die FSG-Mehrheit ursprünglich ablehnen, hat sich dann aber doch anders besonnen), die GLB-Anträge 1,2,3,4 und 7 wurden zugewiesen.
Die Anträge im Wortlaut:
Gemeinsamer Antrag Nr. 1 von FSG, ÖAAB/FCG, FA, GA, LP, GLB, Union, KI und BDA: Beibehaltung der fachärztlichen Begutachtungsstellen in der Pensionsversicherungsanstalt (angenommen)
Im Rahmen der Verhandlungen zur aktuellen Budgetkonsolidierung wurde im Ministerrat vom 6. März 2012 folgende Protokollanmerkung vorgenommen: „Man ist übereingekommen, eine einheitliche Begutachtungsstelle und einheitliche Standards in der Begutachtung zu schaffen. Die Einrichtung der einheitlichen Begutachtungsstelle hat im Einvernehmen des BMASK mit dem BMWFJ zu erfolgen. Eine legistische Umsetzung dieses Vorhabens wird bis Ende dieses Jahres (2012) angestrebt“.
Aus Sicht der Arbeiterkammer ist eine im Rahmen der gegenständlichen Protokollanmerkung offenbar intendierte Auslagerung diesbezüglicher Begutachtungen abzulehnen, da es die angesprochenen einheitlichen Begutachtungsstellen bereits in der Pensionsversicherungsanstalt gibt. Eine Ausgliederung der Begutachtung würde – ohne die Qualität auch nur ansatzweise zu erhöhen – zu einer Verzögerung der Verfahren und höheren Kosten führen. Das kann nicht im Interesse der Regierungsparteien und der Sozialpartner liegen.
Dazu kommt, dass es Aufgabe der Selbstverwaltung bleiben soll, das jeweilige Leistungsrecht zu vollziehen. Da gerade bei Invaliditätsverfahren eine sehr enge Verbindung zwischen dem medizinischen und berufskundlichen Begutachtungsergebnis und der Rechtsfrage besteht, wäre eine Entscheidung in den sozialpartnerschaftlich zusammengesetzten Leistungs- und Rehabilitationsausschüssen ohne eigene Begutachtungsstellen kaum möglich. Die Qualität der Begutachtung sollte durch eine professionelle berufskundliche Expertise noch erhöht werden.
Vor allem folgende Argumente sprechen im Detail gegen die geplante Auslagerung:
1. Verfahrensverzögerung: Vor jeder Untersuchung müssten weiterhin die Verfahren beim jeweiligen Versicherungsträger eingeleitet werden, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen geprüft werden müssen. Jeder „Fall“ hätte also den „Lauf“ Versicherungsträger – Untersuchung – Versicherungsträger. Konsequent gedacht, müsste in weiterer Folge auch die Gesundheitsstraße ausgelagert werden. Folglich wären drei Partnerorganisationen in das Verfahren involviert (PVA, Begutachtungsstelle, AMS). Ebenfalls konsequent weitergedacht, müsste auch die Überprüfung zum Pflegegeldbezug, die aktuell überwiegend von externen Ärzten durchgeführt wird, ausgelagert werden. Schlicht und einfach deswegen, weil keine Oberbegutachtungen mehr durchgeführt werden könnten.
2. Qualität: Die Qualität der Untersuchungen durch die PVA ist unumstritten, was sämtliche Partnerorganisationen regelmäßig auch bestätigen. Sämtliche qualitätssichernden Maßnahmen, die aktuell bestehen, müssten bei einer neuen, ausgelagerten Struktur in der bereits bestehenden Qualität erst geschaffen werden. Dafür gibt es einerseits vorab keine Garantie und andererseits wäre auch diesbezüglich mit – im Vorfeld – schwer zu beziffernden Kosten zu rechnen.
3. Mangelnde Wirtschaftlichkeit: Da die ausgegliederte Struktur jedenfalls nicht nur aus medizinischem Personal bestehen kann, sondern auch einen – wenn auch schlanken – „Overhead“ zur Durchführung der Verwaltung, sowie eine eigenständige Geschäftsführung und eventuell auch einen Aufsichtsrat benötigen würde, kann keinesfalls von geringeren Kosten ausgegangen werden. Dazu kommt, dass es aktuell funktionierende Strukturen in allen Bundesländern gibt, die zerschlagen und unter neuen Vorzeichen erst neu aufgebaut werden müssten. Es ist eine Illusion zu glauben, dass durch die geplante Ausgliederung Personalkosten gespart werden könnten. Gerade die Gehaltsentwicklung bei FachärztInnen – und das moderate Gehaltsschema der Sozialversicherung – zeigt in den betroffenen Einheiten täglich, wie schwer es ist, qualifizierte FachärztInnen zu bekommen.
4. Für die PVA spricht darüber hinaus, dass
die Verfahren auch in Zukunft ohne zusätzliche Schnittstelle zu einer externen Organisation durchgeführt werden können (bekanntermaßen führt jede Schnittstelle zu Schnittstellenproblematiken),
sowohl einheitliche Strukturen und Standards, als auch gemeinsames Know How bereits vorhanden und jederzeit verfügbar sind,
nach den gängigen Tarifen für externe Begutachtungen langjährige Beobachtungen keinen potenziellen Einsparungseffekt zeigen,
durch den kundenorientierten Ansatz – Mehrfachuntersuchungen an einem Tag – die Versicherten ohne bürokratischen Aufwand und ohne Zeitverlust schnell und unkompliziert untersucht werden können, was zu kurzen Verfahrensdauern führt.
Fakten zu den Fachärztlichen Begutachtungen in der PVA:
Die Arztkosten pro Gutachten belaufen sich sowohl intern als auch extern auf derzeit rund 90 Euro pro Gutachten.
Die durchschnittliche medizinische Verfahrensdauer liegt seit 2007 kontinuierlich bei rund 1,7 Monaten.
Mehrfachuntersuchungen finden meistens an einem Tag statt.
Die hohen Qualitätsstandards werden regelmäßig kontrolliert und evaluiert.
Die Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien fordert, dass aus den genannten Gründen von einer Umsetzung der im Rahmen der oben erwähnten Protokollanmerkung des Ministerrates offenbar intendierten Einrichtung einer neuen einheitlichen Begutachtungsstelle Abstand genommen wird.
Gemeinsamer Antrag 2 von FSG, ÖAAB/FCG, FA, AUGE/UG, GA, LP, GLB, Union, KI und BDA: Mittel der Unfallversicherungsanstalt zweckentsprechend verwenden (angenommen)
Derzeit bestehen Pläne der Bundesregierung auch für Selbständige einen Leistungsanspruch auf Krankengeld einzuführen. Diese Verbesserung ist für Kleinunternehmer und Werkvertragsnehmer sicherlich ein wichtiger Schritt zu mehr sozialer Sicherheit und daher auch zu begrüßen.
In höchstem Grade ist es aber problematisch, dass zur Finanzierung dieser Maßnahmen Mittel der AUVA herangezogen werden sollen. Dieses Vorgehen bedeutet, dass Mittel der Unfallversicherung nicht zweckentsprechend verwendet werden.
Das hohe Niveau der Unfallverhütung und der Unfallheilbehandlung, sowie der Maßnahmen der Rehabilitation ist nur dann möglich wenn die Finanzierung der AUVA nachhaltig gesichert ist. Jede Beeinträchtigung der Finanzkraft durch versicherungsfremde Leistungen gefährdet die Erbringung der gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen, bzw. den weiteren Ausbau der Maßnahmen zur Unfallverhütung bzw. der Weiterentwicklung im Bereich der Unfallheilbehandlung bzw. Rehabilitation.
Der vorliegende Plan zur Finanzierung des Krankengeldes für Selbständige bedeutet, dass die AUVA mit jährlich 20 bis 25 Millionen Euro belastet wird. Dieses Geld steht künftig für die eigentliche Aufgabe und Leistungserbringung der AUVA nicht mehr zur Verfügung.
Angesichts des Umstandes, dass besonders im gesundheitlichen Präventionsbereich noch viel Handlungsbedarf besteht und auch die Zahl der psychischen Erkrankungen in der Arbeitswelt weiterhin zunimmt ist jeder sachfremde Entzug von Mitteln der AUVA weder zielführend, noch zu verantworten.
Die AK Wien lehnt daher die Finanzierung des Krankengeldes für Selbständige aus den Mitteln der AUVA strikt ab. Diese Mittel sollten vielmehr in die Prävention von berufs- und arbeitsbedingten Erkrankungen und die weitere Verbesserung der Leistungserbringung investiert werden. Die Finanzierung des Krankengeldes soll stattdessen zweckentsprechend durch Schaffung eines dienstgeberorientierten Fonds nachhaltig gesichert werden.
Gemeinsamer Antrag 3 von FSG, ÖAAB/FCG, AUGE/UG, LP, GLB, Union, KI und BDA: Gegen Eingriffe in das Vermögen der Sozialversicherungsträger (angenommen)
Die Maßnahmen der Bundesregierung im Rahmen des Stabilitätspaktes sehen auch Maßnahmen vor, welche nachhaltig und verschlechternd in die Gebarungssituation von Sozialversicherungsträgern eingreifen. Es ist festzuhalten, dass es sich bei den Mitteln der Sozialversicherung primär um Gelder der Versichertengemeinschaft (Dienstnehmer und Dienstgeber) handelt, deren Zweck es ist die Leistungserbringung des jeweiligen Trägers für diese Gemeinschaft sicherzustellen.
Konkret sind es zwei Maßnahmen, welche nachteilig in die Finanzgebarung von Sozialversicherungsträgern eingreifen:
I. Aussetzen bzw. Absenkung des Dienstgeberbeitrages bei der BVA
Die im Rahmen des Entwurfs zur Änderung des B-KUVG vorgeschlagene Absenkung der Dienstgeberbeiträge stellt eine völlig unsachliche und nicht nachvollziehbare Maßnahme dar. Aus unserer Sicht handelt es sich um einen untauglichen, darüber hinaus verfassungsrechtlich bedenklichen Versuch der Bundesregierung, bestehendes Vermögen der Versichertengemeinschaft (Dienstnehmer und Dienstgeber) zur Budgetsanierung heranzuziehen.
Da die Rücklagen der BVA überwiegend aus Beiträgen der Dienstnehmer/innen aufgebaut wurden (von Beitragsparität kann ja schon längst keine Rede mehr sein), dürfen sie nicht einseitig von der Dienstgeberseite für deren alleinige Interessen abgezogen und missbraucht werden.
Es ist nicht einzusehen, dass die Versichertengemeinschaft der BVA dieser Gelder beraubt wird. Die öffentliche Hand stiehlt sich damit aus ihrer Verantwortung zur Leistung von Dienstgeberbeiträgen zur sozialen Krankenversicherung für ihre Dienstnehmer/innen.
Der Bundesregierung sollte bekannt sein, dass Rücklagen der Versichertengemeinschaft dazu dienen, allfällige Schwankungen bei der Finanzgebarung des Sozialversicherungsträgers auszugleichen und das Leistungsniveau auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten aufrecht zu erhalten. Die geplante Maßnahme steht in einem krassen Widerspruch zur den politischen Forderungen nach einer sparsamen und vorausschauenden Gebarung der Sozialversicherungsträger!
Die Mittel, die der BVA entzogen werden sollen, sind Versichertengelder und ihr Entzug stellt eine „kalte Enteignung“ dar. Ebenso betrachten wir Ausmaß und Höhe der Belastung als völlig unverhältnismäßig und überzogen. Wir lehnen derartige fragwürdige Geldbeschaffungsaktionen der Bundesregierung für alle Sozialversicherungsträger sowie die gesamte Sozialversicherung kategorisch ab.
II. Senkung des KV Hebesatzes für die Pensionisten der SVA und der VAEB
Eine weitere geplante Maßnahme ist die Senkung des Hebesatzes für die Pensionisten gem. § 29, Abs 2 GSVG von 201 Prozent des Krankenversicherungsbeitrages im Jahr 2011 auf künftig 197 Prozent, ab 2016, wobei für die Jahre 2014 und 2015 sogar eine Herabsetzung auf 175 Prozent des KV Beitrages vorgesehen ist. Damit würde die bereits verankerte Herabsetzung des Hebesatzes gem. § 339, Absatz 4 GSVG noch einmal deutlich verschlechtert.
Mit dieser Maßnahme würden in den kommenden 5 Jahren rund 35 Millionen Euro für den Bereich der Krankenversicherung in der SVA zusätzlich verloren gehen. Das Gleiche gilt auch für die geplante Absenkung des KV-Hebesatzes im Bereich der VAEB.
Bereits in den letzten Jahren hat sich die AK immer wieder gegen Senkungen des Hebesatzes für die KV ausgesprochen, weil dadurch die Gebarung der Krankenversicherung nachhaltig verschlechtert wird, obwohl besonders ältere Menschen auf Leistungen der Krankenversicherungsträger angewiesen sind. Diese Maßnahme ist daher weder wirtschaftlich sinnvoll, noch entspricht sie dem Grundsatz sozial ausgewogener Sparmaßnahmen.
Die Arbeiterkammer Wien fordert die österreichische Bundesregierung und das zuständige BMASK auf beide beschlossenen Maßnahmen im Sinne einer dauerhaften Sicherung der Qualität und Leistungsfähigkeit des Sozialversicherungssystemes nicht umzusetzen und keine Verschlechterungen für die Finanzgebarung der Sozialversicherungsträger herbeizuführen.
Gemeinsamer Antrag 5 von AUGE/UG und GLB: Keine Nulllohnrunden in den öffentlichen Diensten! (zugewiesen)
Im Rahmen der Budgetkonsolidierung hat sich die Bundesregierung für eine Nulllohnrunde im öffentlichen Dienst des Bundes und bei den LandeslehrerInnen ausgesprochen und diese beschlossen. Inzwischen denken auch andere Gebietskörperschaften - Länder und Gemeinden - für ihre Beschäftigten Nulllohnrunden an.
Nulllohnrunden im öffentlichen Dienst betreffen dabei nicht nur die Beschäftigten von Bund, Ländern und Gemeinden, sondern drohen sich auch auf die ArbeitnehmerInnen ausgegliederter, öffentlicher Unternehmungen sowie sozialwirtschaftlicher Einrichtungen/Vereine, die mit der Erbringung sozialer Dienste im Auftrag der öffentlichen Hand betraut sind, sowie auf die Beschäftigten von Anstalten/Körperschaften des öffentlichen Rechts (z.B. Sozialversicherungen) auszuwirken, deren Einkommensentwicklung unmittelbar bzw. mittelbar an jener des öffentlichen Dienstes gekoppelt ist.
Die Verdienststruktur im öffentlichen Dienst ist dabei ebenso breit gefächert wie die Berufsfelder. Ein beträchtlicher Anteil der Beschäftigten im öffentlichen Dienst – bei Bund, Ländern, Gemeinden - liegt im unteren und mittleren Einkommensbereich. Für BezieherInnen mittlerer und – vor allem – niedriger Einkommen ist die Nulllohnrunde schlicht existenzgefährdend. Besonders betroffen sind dabei Frauen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang, dass laut Einkommensbericht des Rechnungshofs 2010 im „Niedriglohnbereich“ Soziales und Gesundheit bzw. Erziehung und Unterricht (öffentlicher Dienst, ausgegliederter öffentlicher Dienst bzw. überwiegend durch die öffentliche Hand finanzierter Bereich) der Frauenanteil mit 79 bzw. 55 Prozent besonders hoch liegt (mittleres Jahreseinkommen Soziales und Gesundheit: 19.672 Euro, mittleres Jahreseinkommen Erziehung und Unterricht: 17.463 Euro, mittleres Jahreseinkommen unselbständig Beschäftigte Österreich 2009: 24.449 Euro).
Geschätzter Weise liegt rund ein Drittel aller öffentlich Bediensteten unter dem österreichischen Medianeinkommen, was allerdings rund ein Fünftel der Lohnsumme im öffentlichen Dienst ausmacht!
Einrichtungen der Sozialwirtschaft bzw. des (Elementar-)Bildungsbereichs, die mit der Erbringung sozialer bzw. bildungspolitischer Dienstleistungen seitens der öffentlichen Hand beauftragt werden, können zwar nicht unmittelbar gezwungen werden, Nulllohnrunden zu übernehmen, jedoch droht sich gerade in Sparzeiten die gängige Praxis bzw. Entwicklung, Förderungen bzw. Subventionen unabhängig von Lohnabschlüssen gleich zu belassen zu reduzieren, noch zu verstärken. Zusätzlich orientieren sich innerbetriebliche Lohn- und Gehaltsschemata bzw. Betriebsvereinbarungen in zahlreichen entsprechenden Einrichtungen, die nicht dem BAGS-KV unterliegen, an entsprechenden Einkommen im öffentlichen Dienst. Nulllohnrunden drohen in derartigen Betrieben unmittelbar schlagend zu werden.
Von der seitens der Bundesregierung angekündigten bzw. beschlossenen Nulllohnrunde sind damit nicht nur rund 210.000 Bedienstete des Bundes und LandeslehrerInnen unmittelbar betroffen: die Nulllohnrunde droht auf über 900.000 Beschäftigte – Bundes-, Gemeinde-, Landesbedienstete, ArbeitnehmerInnen des Sozial- und Gesundheitsbereichs, ausgegliederter Betriebe sowie des Erziehungs- und Bildungssektors – mittel- wie unmittelbare Auswirkungen zu haben.
Damit bekommen die geplanten bzw. angedachten Nulllohnrunde allerdings eine weit über den öffentlichen Bundesdienst hinausgehende, wirtschaftspolitische Bedeutung, handelt es sich doch um beinahe ein Drittel aller unabhängig Beschäftigten, die betroffen sein könnten: es droht sich die, gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten zur Krisenbewältigung bzw. Konjunkturstabilisierung so wichtige Konsumnachfrage - angesichts des mit einer Nulllohnrunde verbundenen Kaufkraftverlustes – abzuschwächen, was die Krisensituation noch zu verschärfen droht. Der Aufnahmestopp in weiten Bereichen des öffentlichen Dienstes – ebenfalls regierungsseitig für den Bund bereits beschlossen, auf Landes- und Gemeindeebene vielfach angedacht – und der daraus resultierende Abbau relativ sicherer Arbeitsverhältnisse mit stabilen Einkommen, wird diese Entwicklung noch befördern.
Nulllohnrunden sind daher grundsätzlich abzulehnen. Es ist vollkommen uneinsichtig, warum gerade öffentlich Bedienstete, die vielfach gesellschaftlich wichtige wie notwendige, „sozialen Mehrwert“ schaffende Arbeit – von Bildung, Gesundheit, Betreuung, Erhalt von Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit und Kultur bis hin zu Infrastruktur und Mobilität – erbringen, nicht am gesamtgesellschaftlichen Wohlstand, der ohnehin immer ungleicher verteilt ist, entsprechend beteiligt werden sollen. Nulllohnrunden sind Budgetkonsolidierungsmaßnahme zu Lasten der ArbeitnehmerInnen – unabhängig davon, ob diese öffentlich bedienstet, oder privat beschäftigt sind.
Die 157. Vollversammlung der AK Wien möge daher beschließen:
Die Arbeiterkammer Wien spricht ihre grundsätzliche Ablehnung von Nulllohnrunden aus. Nulllohnrunden treffen insbesondere untere und mittlere Einkommensgruppen sozial hart – unter ihnen besonders viele weibliche Beschäftigte, junge sowie vielfach unter prekären Einkommens- und Beschäftigungsbedingungen arbeitende.
Die Arbeiterkammer Wien fordert daher für 2013 und 2014 Verhandlungen für die Beschäftigten der öffentlichen Dienste des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der ausgegliederten Betriebe sowie eine Teuerungsabgeltung insbesondere für die Beschäftigten im unteren und mittleren Einkommensbereich. Gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten gilt es, Kaufkraft zu erhalten und die Konsumnachfrage zu stärken. Nulllohnrunden wirken hier kontraproduktiv.
Die Arbeiterkammer Wien lehnt weiters jeden Versuch ab, mit etwaigen Nulllohnrunden im öffentlichen Dienst ein Präjudiz für Lohn- und Gehaltsverhandlungen in anderen Branchen – insbesondere in solchen, welche von öffentlichen Mitteln abhängig sind bzw. für die öffentliche Hand Aufgaben erbringen – schaffen zu wollen. Ein Umlegung auf andere Branchen ist unzulässig.
Die Arbeiterkammer Wien fordert zusätzlich die Rücknahme des Aufnahmestopps im öffentlichen Dienst. Die AK Wien lehnt entsprechend geäußerte Überlegungen, einen generellen Aufnahmestopp auch auf Länder- und Gemeindeebenen umzusetzen, ab.
Gemeinsamer Antrag 6 von ÖAAB/FCG, GA und GLB: Übergriffe auf die Menschenwürde am Arbeitsplatz stoppen (zugewiesen)
Die AK-Vollversammlung fordert den zuständigen Gesetzgeber auf, das Arbeitsrecht dahingehend zu verbessern, dass Kontrollmaßnahmen, welche die Menschenwürde berühren, in allen Bereichen der Arbeitswelt untersagt werden.
Begründung: Die Würde des Menschen ist in jeder Hinsicht zu respektieren und zu schützen. Besonders im Arbeitsprozess kommt es jedoch immer wieder zu versuchten oder auch tatsächlichen Übergriffen auf die Menschenwürde.
Aktuell versucht gerade ein Österreichisches Großunternehmen mit einer permanenten Kontrolle seiner Zusteller den Druck durch eine totale Überwachung zu erhöhen. Technisch soll jeder Zusteller mit einem GPS-Sender ausgestattet werden, wobei regelmäßig der Standort in eine Überwachungszentrale übermittelt wird. Mit der Bedrohung durch eine permanente Kontrolle sind etwa auch Bedienstete in der Hauskrankenpflege konfrontiert. Dies ist ein höchst skandalöses Vorgehen und gleicht etwa der Kontrolle von Häftlingen, bei welchen mit einer Fußfessel sämtliche Bewegungen überwacht werden.
Im Arbeitsverfassungsgesetz § 96 Abs. 1 Zf. 3 ist die Einführung von Kontrollmaßnahmen und technischen Systemen zur Kontrolle der Arbeitnehmer, sofern diese Maßnahmen die Menschenwürde berühren, eine zustimmungspflichtige Maßnahme. Das heißt, wenn der Betriebsrat mit einer Betriebsvereinbarung einer derartigen Kontrollmaßnahme zustimmt, ist sie im Unternehmen zulässig. In Betrieben, wo kein Betriebsrat besteht, gibt es im Hinblick auf Kontrollmaßnahmen, kein geeignetes arbeitsrechtliches Regulativ.
Im öffentlichen Dienst ist gemäß § 70c Beamtendienstrechtgesetz die „Einführung und Verwendung von Kontrollmaßnahmen und technischen Systemen, welche die Menschenwürde berühren“, generell unzulässig.
Wie das Beispiel des Österreichischen Großunternehmens zeigt wird versucht, aus Gründen der Gewinnmaximierung die Leistungskomponente der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ohnehin bereits angespannt ist, noch weiter zu erhöhen. Wenn dies mit ausgeklügelten technischen Systemen stattfindet, die eine lückenlose Kontrolle möglich machen, ist in jedem Fall die Menschenwürde verletzt. Es ist daher höchst an der Zeit, die Einführung von Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren, generell in allen Bereichen der Arbeitswelt für unzulässig zu erklären.
GLB-Antrag 1: Belastungspaket (zugewiesen)
Die 157. Vollversammlung der AK Wien lehnt das von der Bundesregierung geschnürte Belastungspaket zur Budgetsanierung ab, da die Budgetsanierung wieder in besonderem Maß die Beschäftigten und PensionistInnen betrifft, welche die kapitalistische Krise nicht verursacht haben und wesentliche Forderungen von ÖGB und AK, unter anderem zur Vermögensbesteuerung, nicht enthalten sind.
Begründung: Im Zuge des drohenden Belastungspakets zur Budgetsanierung fand am 20. Jänner 2012 eine Beratung von AK und ÖGB in Wien statt. Die dort vorgelegten Materialien unterstrichen, dass Österreich ein Paradies für Vermögende ist:
die reichsten 10 Prozent besitzen 61 Prozent der Immobilien
2010 betrugen die Vermögenssteuern im OECD-Durchschnitt 1,8 Prozent, in Österreich lediglich 0,5 Prozent
die reichsten 10 Prozent der Haushalte besitzen 54 Prozent des Geldvermögens
die ärmsten 40 Prozent der Haushalte besitzen 5 Prozent des Geldvermögens
Folglich forderte die gemeinsame AK/ÖGB-Konferenz am 21. Jänner, einnahmenseitig auf gerechte Vermögenssteuern zu setzen. Festgehalten wurde, dass es höchst an der Zeit ist, dass die Hauptprofiteure der Konjunktur- und Bankenpakete, also jene, deren Vermögen und Vermögenswerte dadurch geschützt und gerettet werden, ihren Beitrag an der Sanierung des Staatshaushaltes leisten.
Festgehalten wurde auf der Konferenz, dass die Budgetkonsolidierung den Schwerpunkt auf die Besteuerung von Vermögen setzen soll, da dies die geringste Auswirkung auf die Nachfrage und damit auf Beschäftigung und Wachstum hat. Das zu erwartende Konsolidierungsvolumen von ca. 9 Mrd. Euro entspricht nur geringfügig mehr als 1 Prozent des Vermögens des obersten Zehntels der privaten Haushalte. Zudem forderten AK und ÖGB eine Anhebung des Spitzensteuersatzes für besonders hohe Einkommen sowie die Einführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer.
Im nun vorgelegten Belastungspaket der Bundesregierung sind wesentliche Forderungen von AK und ÖGB nicht enthalten, es ist sozial unausgewogen und wird daher abgelehnt.
GLB-Antrag 2: Pensionen (zugewiesen)
Die 157. Vollversammlung der AK Wien lehnt die Verschlechterungen für PensionistInnen im Zuge der Budgetsanierung ab, Pensionen sind finanzierbar.
Begründung: Auch wenn Vizekanzler Michael Spindelegger bei der Präsentation des von der Bundesregierung vereinbarten Belastungspaketes meinte, er sei sich sicher, „dass auch die PensionistInnen ihren Beitrag zur Budgetsanierung leisten wollen“, trifft dies sicher nicht auf die Masse jener zu, die mit kleinen Pensionen ihren Alltag fristen müssen. Viele von ihnen sind ohnehin bereits armutsgefährdet. Die Summe der Maßnahmen zum Pensionsbereich im Belastungspaket der Regierung bedeutet daher eine vorprogrammierte Altersarmut. Maßnahmen für eine nachhaltige Finanzierung der Pensionen, etwa durch eine Wertschöpfungsabgabe, fehlen hingegen. Auch ist der Staat weit von der im ASVG 1956 vereinbarten Drittelfinanzierung der Pensionen entfernt. Hingegen bleibt Vermögen nach wie vor annähernd unangetastet.
GLB-Antrag 3: Fiskalpaket (zugewiesen)
Die 157. Vollversammlung der AK Wien lehnt den EU-Fiskalpakt und damit die „automatisierte“ Kürzung von Löhnen, Pensionen, Gesundheits- und Sozialleistungen entschieden ab.
Begründung: Die Delegierung zentraler wirtschaftspolitischer Entscheidungen an demokratisch nicht legitimierte Institutionen, die Genehmigung der Budgets durch die EU-Kommission und den EU-Rat und umfassende Kontroll- und Sanktionsrechte des EuGH über die Einführung einer automatisierten Schuldenbremse in den Mitgliedsstaaten bedeutet nicht nur die faktische Entmachtung der nationalen Parlamente in ihrer Kernkompetenz. Vor allem bedeutet der Fiskalpakt die automatisierte Kürzung von Löhnen, Pensionen, gesundheits- und Sozialleistungen. Er verstärkt die Armut und verschärft daher die bestehende Krise.
GLB-Antrag 4: Live-Übertragung AK-Vollversammlungen (zugewiesen)
Die 157. Vollversammlung der AK Wien beschließt, dass künftige Vollversammlungen live im Internet übertragen werden.
Begründung: Die Vollversammlungen der AK Wien sind öffentlich. Die Liveübertragung der Vollversammlungen ermöglicht einem größeren Kreis von AK-Mitgliedern, diese auch zu verfolgen. Wichtige Ausschnitte können zudem auf der Homepage der AK Wien veröffentlicht werden.
GLB-Antrag 7: Leiharbeit (zugewiesen)
Die 157. Vollversammlung der AK Wien spricht sich grundsätzlich gegen Leiharbeit aus und wird alle Schritte bis hin zur Möglichkeit der Gesetzesinitiative unternehmen, um diese zurückzudrängen bzw. abzuschaffen.
Begründung: Auch wenn sich die Situation für Leiharbeitskräfte durch die Einführung des entsprechenden Kollektivvertrags etwas verbessert hat, sind Leiharbeitskräfte nach wie vor „Beschäftigte 2. Klasse“. Konzerne besitzen bereits seit langem eigene Leiharbeitsfirmen, um flexibler und kostengünstiger agieren zu können.