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Belastungspaket und Eurokrise

  • Montag, 2. April 2012 @ 16:58
International Von Gerald Kemski

An deutschen Stammtischen und in großen Teilen der veröffentlichten Meinung wird darüber geredet, dass die Griechen aus der Eurozone geworfen werden sollten.

Betrachtet man die Dinge sachlich, so würde es vielmehr Sinn machen, die Bundesrepublik Deutschland aus der Eurozone zu werfen. Es ist nämlich die aggressive Exportstrategie der deutschen Konzerne und die von der Bundesregierung begleitend betriebene Politik, die zu den Ungleichgewichten der Handelsbilanz der EU- und Eurostaaten führt.

Deutsche Konzerne und Bundesregierung weigern sich gleichermaßen, an denen von ihnen verursachten Ungleichgewichten etwas zu ändern.

Diese Exportoffensive der deutschen Konzerne (hierbei geht es mittlerweile nicht etwa nur um Automobile, sondern auch um Chemie und Lebensmittel und Agrarprodukte) hat ihre Ursache in den deutlich niedrigeren Lohnstückkosten in der Bundesrepublik Deutschland.

Stiegen die Lohnstückkosten in Ländern wie Frankreich, Griechenland, Italien, Spanien, Irland im Vergleich zum Jahre 2000 auf über 125 Prozent, so stiegen sie in der BRD nur auf 107 Prozent. (1) Man kann es auch noch deutlicher sagen: In der Bundesrepublik Deutschland sind die Reallöhne in den letzten zehn Jahren um 4,5 Prozent gesunken, während sie in allen anderen Ländern Europas gestiegen sind.

Die Ursache hierfür geht auf die Agenda 2010 zurück, die seinerzeit von Kanzler Schröder (SPD) und seinem grünen Vizekanzler Fischer durchgesetzt wurden. Es handelt sich um die Hartz-Gesetze (besonders bekannt Hartz IV), die jede Arbeitslose bzw. jeden Arbeitslosen dazu zwingt, jede erdenkliche auch noch so schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen.

Dies ist nicht nur katastrophal für die Betroffenen, sondern auch für die Gewerkschaften, deren Kampfkraft mit dieser politisch gewollten Strategie zur Lohnsenkung unterhöhlt wird. Die im Jahre 2002 von dieser Regierung durchgesetzten Verschlechterungen bei der Leiharbeit und Förderung prekärer Arbeitsverhältnisse hat ihr Übriges getan.

Mit dieser Lohnsenkungsstrategie hat sich die Bundesrepublik zum „Exportvizeweltmeister“ emporgeschwungen auf Kosten der eigenen Bevölkerung. Da die Länder mit den Handelsdefiziten innerhalb der Eurozone nicht mehr die Möglichkeit besitzen ihre Währungen abzuwerten, müsste man die Länder mit den Überschüssen dazu bringen, diese abzubauen, wozu sie zumindest was die BRD betrifft, nicht bereit sind, oder sich andere Mechanismen überlegen, mit dem Problem umzugehen.

Wie ein Mitbegründer der Financial Times Deutschland entwickelt hat, wäre eine „Transfer-Union“ sinnvoll, die diese Ungleichgewichte ausgleicht. Dies wird auch in einem von vielen führenden deutschen GewerkschafterInnen unterstützten Aufruf „Europa neu begründen“, der vor wenigen Tagen erschien unterstützt.

Ein linker griechischer Gewerkschafter sagte im vergangenen Jahr auf einer unserer Konferenzen: „Die beste Form der Solidarität mit uns ist, dass ihr Eure Kämpfe zu Hause gewinnt.“ An die deutschen Gewerkschaften gerichtet bedeutet dies zum Beispiel das Durchsetzen von echten Reallohnerhöhungen um die Massenkaufkraft hierzulande zu stärken.

Gleichwohl sind auch politische Maßnahmen erforderlich. Was fordert DIE LINKE:
- Wir wollen eine Millionärssteuer. Man kann es auch anders sagen: Die Staatsschulder sind die Vermögen der reichen Leute
- Wir wollen, dass das Geschäft mit der Staatsverschuldung beendet wird. Die EZB oder eine entsprechende öffentliche europäische Bank müssen muss direkte Kredite an Euro-Staaten ohne Umwege über Geschäftsbanken vergeben,
- Wir wollen einen Schuldenschnitt für überschuldete Staaten statt immer neue Bankenrettungen und eine Vergesellschaftung der Banken.
- Wir halten Aufbauprogramme für Krisenstaaten für notwendig anstelle des Sozialabbaus.

Das würde in die richtige Richtung gehen. Wie sagte doch Mikis Theodorakis im vergangenen Jahr: „Im Jahre 1941 kamen die Deutschen mit ihren Panzern, heute kommen sie mit ihren Exporten.“ Heute wie damals gibt es aber auch andere Kräfte und dazu gehören wir.

(1) Quelle: AMECO-Datenbank der EU-Kommission

Gerald Kemski ist Bundessprecher AG betrieb & gewerkschaft DIE LINKE, Koordinator Netzwerk der GewerkschafterInnen bei der Europäischen Linken