Spielsucht: Ein unappetitliches Geschäft mit politischer Rückendeckung
- Montag, 26. März 2012 @ 11:50
Von Claudia Klimt-Weithaler
Bisher war das so genannte Kleine Glücksspiel in vier Bundesländern legal. Die Länder konnten selbst festlegen, zu welchen Bedingungen gespielt werden darf und welche Abgaben die Automatenaufsteller dafür an Kommunen und Länder zu entrichten haben. Dass sich fünf Länder diesem Geschäft verweigerten, war Anlass für ein neues Bundesgesetz, welches das Glücksspiel nun im gesamten Bundesgebiet regelt – und auch dort legalisiert, wo es bisher verboten war. Die Länder werden dafür finanziell „entschädigt“, dass sie ihre Bevölkerung dieser zweifelhaften und auch gefährlichen Beglückung aussetzen – je mehr Automaten erlaubt werden, desto mehr Geld gibt es vom Finanzministerium.
Seit 2005 kämpft die KPÖ in der Steiermark gegen die Geschäftemacherei mit der Spielsucht. In keinem anderen Bundesland gibt es eine so hohe Dichte an Automaten und so viele von der Spielsucht Betroffene. Der letzte Suchtbericht des Landes aus dem Jahr 2008, der sich mit der Thematik auseinandersetzt, spricht von 60-80.000 direkt oder indirekt Betroffenen nur in der Steiermark. Weil es in der Steiermark so viele Automaten gibt, gilt eine Ausnahmeregelung: Die alten Automaten dürfen ein ganzes Jahr länger stehen bleiben als in Wien oder Kärnten und müssen erst mit 1. Jänner 2016 abgeschaltet werden.
Obwohl das noch geltende Landesgesetz vorsieht, dass nur um 50 Cent Einsatz gespielt werden darf und der Höchstgewinn 20 Euro beträgt – daher die Bezeichnung „Kleines Glücksspiel“ –, verlieren Spielsüchtige ganze Monatseinkommen in wenigen Minuten. Trotzdem werden diese Automaten vom Land genehmigt. Auch der Jugendschutz wird von vielen Anbietern nicht ernst genommen, und beim Ködern von KundInnen wird mit allen denkbaren Tricks gearbeitet. Trotz der gigantischen Gewinne, die die Automaten abwerfen, bleiben die Abgaben moderat. In der Steiermark verzichtet das Land jährlich auf ca. 40 Mio. Euro, weil den Automatenaufstellern höhere Abgaben nicht zugemutet werden. Dafür schließt die Landesregierung Volksschulen und denkt über die Privatisierung von Spitälern nach.
Anträge der KPÖ, keine Lizenzen nach dem neuen Bundesgesetz an Automatenaufsteller zu vergeben, fanden nicht die Zustimmung durch SPÖ und ÖVP. Dieses Gesetz ermöglicht es jedem Bundesland immerhin, weitgehend aus dem „kleinen Glücksspiel“ auszusteigen, auch wenn Automaten mit „zentraler Ausspielung“ (sogenannte Video Lotterie Terminals) betrieben werden dürfen. Die durch das neue Gesetz stark erhöhten Einsätze und Gewinnmöglichkeiten machen das Problem wesentlich größer und werden Spielsüchtige in noch kürzerer Zeit in den Ruin treiben.
Am 10. März 2012 hat die steirische SPÖ auf ihrem Landesparteitag den Ausstieg aus dem „kleinen Glücksspiel“ einstimmig beschlossen und damit eine inhaltliche Kehrtwende vollzogen. Vorbild war Wien, wo die rot-grüne Stadtregierung nach einem überraschenden SPÖ-Parteitagsbeschluss tatsächlich den Ausstieg aus dem Glücksspiel beschlossen hat, wo dies auf Landesebene möglich ist. Im März 2012 hat die KPÖ in der Steiermark zwei Anträge eingebracht, welche in Übereinstimmung mit dem Parteitagsbeschluss der SPÖ den Ausstieg aus dem „kleinen Glücksspiel“ auf Landes- und Bundesebene zum Inhalt haben. Es wird an der SPÖ liegen, ob diese Anträge eine Mehrheit bekommen oder folgenlos bleiben.
Wenn der SPÖ-Beschluss nicht nur eine Showeinlage am Parteitag war, dann besteht jetzt die große Chance, aus dem ‚kleinen Glücksspiel‘ auszusteigen. Für die ganze Steiermark wäre das ein erfreulicher Schritt, nicht nur für die tausenden Spielsüchtigen und deren Familien. Einer zweifelhaften Branche wird mit unter unsauberen Umständen zustande gekommenen Gesetzen zu Milliardengewinnen verholfen, während gleichzeitig Schulen und Krankenhäuser geschlossen werden.
Auch auf Bundesebene wird die Kritik am neuen Gesetz immer lauter. Schon vor Beschluss gab es zahlreiche Hinweise darauf, dass nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Tatsache ist, dass nicht der Jugend- oder SpielerInnenschutz im Zentrum des Gesetzes steht, sondern dass den Glücksspielkonzernen unvorstellbar hohe Gewinne ermöglicht werden. Da der Einfluss dieser Unternehmen auf die Politik auf allen Ebenen ebenso tief verankert wie undurchsichtig ist, ist es kaum vorstellbar, dass es zu einer gesetzlichen Regelung ohne Einflussnahme der Glücksspielindustrie kommen kann. Schon alleine aus diesem Grund ist die einzige saubere Lösung ein völliges Verbot von Glücksspielautomaten aller Art, auf Bundes- und auf Landesebene. Letztendlich ist es immer ein Geschäft mit dem Elend, dass mit „Spiel“ ebenso wenig zu tun hat wie mit Glück.
Claudia Klimt-Weithaler ist Klubobfrau der KPÖ im steirischen Landtag. Die KPÖ kämpft seit ihrem Einzug in den steirischen Landtag im Jahr 2005 gegen die Geschäftemacherei mit der Spielsucht.
Bisher war das so genannte Kleine Glücksspiel in vier Bundesländern legal. Die Länder konnten selbst festlegen, zu welchen Bedingungen gespielt werden darf und welche Abgaben die Automatenaufsteller dafür an Kommunen und Länder zu entrichten haben. Dass sich fünf Länder diesem Geschäft verweigerten, war Anlass für ein neues Bundesgesetz, welches das Glücksspiel nun im gesamten Bundesgebiet regelt – und auch dort legalisiert, wo es bisher verboten war. Die Länder werden dafür finanziell „entschädigt“, dass sie ihre Bevölkerung dieser zweifelhaften und auch gefährlichen Beglückung aussetzen – je mehr Automaten erlaubt werden, desto mehr Geld gibt es vom Finanzministerium.
Seit 2005 kämpft die KPÖ in der Steiermark gegen die Geschäftemacherei mit der Spielsucht. In keinem anderen Bundesland gibt es eine so hohe Dichte an Automaten und so viele von der Spielsucht Betroffene. Der letzte Suchtbericht des Landes aus dem Jahr 2008, der sich mit der Thematik auseinandersetzt, spricht von 60-80.000 direkt oder indirekt Betroffenen nur in der Steiermark. Weil es in der Steiermark so viele Automaten gibt, gilt eine Ausnahmeregelung: Die alten Automaten dürfen ein ganzes Jahr länger stehen bleiben als in Wien oder Kärnten und müssen erst mit 1. Jänner 2016 abgeschaltet werden.
Obwohl das noch geltende Landesgesetz vorsieht, dass nur um 50 Cent Einsatz gespielt werden darf und der Höchstgewinn 20 Euro beträgt – daher die Bezeichnung „Kleines Glücksspiel“ –, verlieren Spielsüchtige ganze Monatseinkommen in wenigen Minuten. Trotzdem werden diese Automaten vom Land genehmigt. Auch der Jugendschutz wird von vielen Anbietern nicht ernst genommen, und beim Ködern von KundInnen wird mit allen denkbaren Tricks gearbeitet. Trotz der gigantischen Gewinne, die die Automaten abwerfen, bleiben die Abgaben moderat. In der Steiermark verzichtet das Land jährlich auf ca. 40 Mio. Euro, weil den Automatenaufstellern höhere Abgaben nicht zugemutet werden. Dafür schließt die Landesregierung Volksschulen und denkt über die Privatisierung von Spitälern nach.
Anträge der KPÖ, keine Lizenzen nach dem neuen Bundesgesetz an Automatenaufsteller zu vergeben, fanden nicht die Zustimmung durch SPÖ und ÖVP. Dieses Gesetz ermöglicht es jedem Bundesland immerhin, weitgehend aus dem „kleinen Glücksspiel“ auszusteigen, auch wenn Automaten mit „zentraler Ausspielung“ (sogenannte Video Lotterie Terminals) betrieben werden dürfen. Die durch das neue Gesetz stark erhöhten Einsätze und Gewinnmöglichkeiten machen das Problem wesentlich größer und werden Spielsüchtige in noch kürzerer Zeit in den Ruin treiben.
Am 10. März 2012 hat die steirische SPÖ auf ihrem Landesparteitag den Ausstieg aus dem „kleinen Glücksspiel“ einstimmig beschlossen und damit eine inhaltliche Kehrtwende vollzogen. Vorbild war Wien, wo die rot-grüne Stadtregierung nach einem überraschenden SPÖ-Parteitagsbeschluss tatsächlich den Ausstieg aus dem Glücksspiel beschlossen hat, wo dies auf Landesebene möglich ist. Im März 2012 hat die KPÖ in der Steiermark zwei Anträge eingebracht, welche in Übereinstimmung mit dem Parteitagsbeschluss der SPÖ den Ausstieg aus dem „kleinen Glücksspiel“ auf Landes- und Bundesebene zum Inhalt haben. Es wird an der SPÖ liegen, ob diese Anträge eine Mehrheit bekommen oder folgenlos bleiben.
Wenn der SPÖ-Beschluss nicht nur eine Showeinlage am Parteitag war, dann besteht jetzt die große Chance, aus dem ‚kleinen Glücksspiel‘ auszusteigen. Für die ganze Steiermark wäre das ein erfreulicher Schritt, nicht nur für die tausenden Spielsüchtigen und deren Familien. Einer zweifelhaften Branche wird mit unter unsauberen Umständen zustande gekommenen Gesetzen zu Milliardengewinnen verholfen, während gleichzeitig Schulen und Krankenhäuser geschlossen werden.
Auch auf Bundesebene wird die Kritik am neuen Gesetz immer lauter. Schon vor Beschluss gab es zahlreiche Hinweise darauf, dass nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Tatsache ist, dass nicht der Jugend- oder SpielerInnenschutz im Zentrum des Gesetzes steht, sondern dass den Glücksspielkonzernen unvorstellbar hohe Gewinne ermöglicht werden. Da der Einfluss dieser Unternehmen auf die Politik auf allen Ebenen ebenso tief verankert wie undurchsichtig ist, ist es kaum vorstellbar, dass es zu einer gesetzlichen Regelung ohne Einflussnahme der Glücksspielindustrie kommen kann. Schon alleine aus diesem Grund ist die einzige saubere Lösung ein völliges Verbot von Glücksspielautomaten aller Art, auf Bundes- und auf Landesebene. Letztendlich ist es immer ein Geschäft mit dem Elend, dass mit „Spiel“ ebenso wenig zu tun hat wie mit Glück.
Claudia Klimt-Weithaler ist Klubobfrau der KPÖ im steirischen Landtag. Die KPÖ kämpft seit ihrem Einzug in den steirischen Landtag im Jahr 2005 gegen die Geschäftemacherei mit der Spielsucht.