Reichtum ist gewollt. Armut auch!
- Mittwoch, 8. Februar 2012 @ 08:04
Von Josef Stingl
Zugegeben diese Aussage ist provokant, aber ist sie deshalb auch falsch? Stefan Hessels Buch „Empört euch“, bringt zur Sprache, was viele Menschen in unserer Gesellschaft bereits spüren: die Ungerechtigkeit. Die Politik vergibt zwar jährlich neue Armutsstudien, die jedes Mal noch mehr Armutbetroffene und -gefährdete ausgewiesen, aber umverteilende Gegenmaßnahmen werden nicht gesetzt. Schlimmer noch, weiter wird ständig „unten gespart“ und „nach oben gescheffelt“! Der Schluss also, dass Reichtum und Armut politisch gewollt sind, ist nicht von der Hand zu weisen.
Österreich gilt als eines der reichsten Länder der Welt. Trotzdem erreicht die Zahl der Menschen, die in Armut leben einen neuerlichen Höchststand: Eine Million Menschen, also jedeR achte unserer MitbürgerIn ist bereits armutsgefährdet! Laut EU-SILC*) lag die Armutsgefährdungsschwelle 2010 bei 1.031 Euro im Monat. Das verfügbare Einkommen (inklusive Transferleistungen) armutsgefährdeter Menschen beträgt jetzt monatlich durchschnittlich jedoch nur mehr ca. 854 Euro.
Armut ist weiblich!
„Die systematische (Lohn-)Diskriminierung von Frauen in Arbeitswelt und Gesellschaft wirkt sich auch in einer durchwegs höheren Armutsgefährdung aus“, berichtet die AK Oberösterreich . Auch der im EU SILC 2009 werden Frauen (mit 13 Prozent, gegenüber 10 bei Männern) als „überproportional armutsgefährdet“ ausgewiesen. Und bei den Frauen sind es die Alleinerziehenden (30 Prozent), die einen noch höheren Armutsrisiko unterworfen sind. Das Armutsrisiko Frau mit Kind setzt sich dann auch im Alter fort. Prekäre Verdienstmöglichkeiten, bedeuten eben auch prekäre Pensionen!
Immer mehr Menschen können sich so in Österreich den absolut notwendigen Mindestlebensstandard nicht mehr leisten. 2005 waren das 344.000 Personen, 2009 bereits 488.000 und 2010 sind es nunmehr 511.000 Menschen, die unter die besagte Armutsgrenze fallen. Mehr als die Hälfte von ihnen leidet unter gesundheitlichen Einschränkungen im Alltag; etwa zwei Drittel geben eine finanziell nicht bewältigbare Belastung durch Wohnkosten an und weitere 43 Prozent sind durch die Rückzahlung von Konsumkrediten mehr als überfordert.
Nicht verwunderlich, dass laut Auskunft des Alpenländischen Kreditorenverbandes (AKV) 2011 die Zahl der Privatkonkurse um 6,3 Prozent gestiegen ist, und dass es nächstes Jahr nochmals weitere zehn Prozent mehr Fälle von Insolvenz geben könnte. Und das, obwohl es in Österreich gesetzlich vorgesehene Entschuldungsverfahren für private Haushalte gibt! (Die jedoch, wie man sieht, alles andere als liberal oder unproblematisch zu bezeichnen sind...)
Ohne Hilfe mit Personal- und Mittelknappheit kämpfender SchuldnerInnenberatungen wäre für diese Menschen die als hoffnungslos zu bezeichnen. Dennoch, ihr Schicksal heißt warten, warten und nochmals warten - und wenn sich für die Betroffenen in einer Sieben-Jahres-Frist nicht einmal die zehnprozentige Rückzahlungsquote ausgeht, werden sie von einer Entschuldung ausgeschlossen und müssen sich weiterhin mit ihrem trostlosen Elend abfinden.
Volksbegehren „Armutsfreies Österreich“
Das britische Entschuldungsverfahren zeigt, dass in einer vor Geld strotzenden „Humangesellschaft“ eine Entschuldung im Sinne eines menschenwürdigen Daseins viel einfacher möglich wäre. Daher unterstützt der GLB das Einleitungsverfahren des Volksbegehrens mit dem Appell „Armutsfreies Österreich“.
Es fordert kürzere Verfahrensdauer; eine Abschaffung der Mindestquote für Privatkonkurse; die Möglichkeit eines Zinsen- und Betreibungskostenstopps; keinen Schutz für - zum Rechtsbruch nötigende - Gläubige; die Senkung von Inkassogebühren durch Änderung bundesgesetzlicher Regelungen und ein einheitliches Existenzminimum. Mehr dazu auf www.gegen-armut.at
*) Community Statistics on Income an Living Conditions - Gemeinschaftsstatistiken über Einkommen und Lebensbedingungen
Josef Stingl ist Koch, Betriebsrat der Lamerer Stuben in Innsbruck und GLB-Bundesvorsitzender
Zugegeben diese Aussage ist provokant, aber ist sie deshalb auch falsch? Stefan Hessels Buch „Empört euch“, bringt zur Sprache, was viele Menschen in unserer Gesellschaft bereits spüren: die Ungerechtigkeit. Die Politik vergibt zwar jährlich neue Armutsstudien, die jedes Mal noch mehr Armutbetroffene und -gefährdete ausgewiesen, aber umverteilende Gegenmaßnahmen werden nicht gesetzt. Schlimmer noch, weiter wird ständig „unten gespart“ und „nach oben gescheffelt“! Der Schluss also, dass Reichtum und Armut politisch gewollt sind, ist nicht von der Hand zu weisen.
Österreich gilt als eines der reichsten Länder der Welt. Trotzdem erreicht die Zahl der Menschen, die in Armut leben einen neuerlichen Höchststand: Eine Million Menschen, also jedeR achte unserer MitbürgerIn ist bereits armutsgefährdet! Laut EU-SILC*) lag die Armutsgefährdungsschwelle 2010 bei 1.031 Euro im Monat. Das verfügbare Einkommen (inklusive Transferleistungen) armutsgefährdeter Menschen beträgt jetzt monatlich durchschnittlich jedoch nur mehr ca. 854 Euro.
Armut ist weiblich!
„Die systematische (Lohn-)Diskriminierung von Frauen in Arbeitswelt und Gesellschaft wirkt sich auch in einer durchwegs höheren Armutsgefährdung aus“, berichtet die AK Oberösterreich . Auch der im EU SILC 2009 werden Frauen (mit 13 Prozent, gegenüber 10 bei Männern) als „überproportional armutsgefährdet“ ausgewiesen. Und bei den Frauen sind es die Alleinerziehenden (30 Prozent), die einen noch höheren Armutsrisiko unterworfen sind. Das Armutsrisiko Frau mit Kind setzt sich dann auch im Alter fort. Prekäre Verdienstmöglichkeiten, bedeuten eben auch prekäre Pensionen!
Immer mehr Menschen können sich so in Österreich den absolut notwendigen Mindestlebensstandard nicht mehr leisten. 2005 waren das 344.000 Personen, 2009 bereits 488.000 und 2010 sind es nunmehr 511.000 Menschen, die unter die besagte Armutsgrenze fallen. Mehr als die Hälfte von ihnen leidet unter gesundheitlichen Einschränkungen im Alltag; etwa zwei Drittel geben eine finanziell nicht bewältigbare Belastung durch Wohnkosten an und weitere 43 Prozent sind durch die Rückzahlung von Konsumkrediten mehr als überfordert.
Nicht verwunderlich, dass laut Auskunft des Alpenländischen Kreditorenverbandes (AKV) 2011 die Zahl der Privatkonkurse um 6,3 Prozent gestiegen ist, und dass es nächstes Jahr nochmals weitere zehn Prozent mehr Fälle von Insolvenz geben könnte. Und das, obwohl es in Österreich gesetzlich vorgesehene Entschuldungsverfahren für private Haushalte gibt! (Die jedoch, wie man sieht, alles andere als liberal oder unproblematisch zu bezeichnen sind...)
Ohne Hilfe mit Personal- und Mittelknappheit kämpfender SchuldnerInnenberatungen wäre für diese Menschen die als hoffnungslos zu bezeichnen. Dennoch, ihr Schicksal heißt warten, warten und nochmals warten - und wenn sich für die Betroffenen in einer Sieben-Jahres-Frist nicht einmal die zehnprozentige Rückzahlungsquote ausgeht, werden sie von einer Entschuldung ausgeschlossen und müssen sich weiterhin mit ihrem trostlosen Elend abfinden.
Volksbegehren „Armutsfreies Österreich“
Das britische Entschuldungsverfahren zeigt, dass in einer vor Geld strotzenden „Humangesellschaft“ eine Entschuldung im Sinne eines menschenwürdigen Daseins viel einfacher möglich wäre. Daher unterstützt der GLB das Einleitungsverfahren des Volksbegehrens mit dem Appell „Armutsfreies Österreich“.
Es fordert kürzere Verfahrensdauer; eine Abschaffung der Mindestquote für Privatkonkurse; die Möglichkeit eines Zinsen- und Betreibungskostenstopps; keinen Schutz für - zum Rechtsbruch nötigende - Gläubige; die Senkung von Inkassogebühren durch Änderung bundesgesetzlicher Regelungen und ein einheitliches Existenzminimum. Mehr dazu auf www.gegen-armut.at
*) Community Statistics on Income an Living Conditions - Gemeinschaftsstatistiken über Einkommen und Lebensbedingungen
Josef Stingl ist Koch, Betriebsrat der Lamerer Stuben in Innsbruck und GLB-Bundesvorsitzender