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Seid umschlungen Millionen…

  • Montag, 23. Januar 2012 @ 14:58
Fakten Die Steuerprivilegien von Konzernen, Banken und Superreichen. Eine kleine (und sicher unvollständige) Auflistung, wie Profit und Vermögen systematisch aus der Steuerpflicht flüchten und die Lohnabhängigen zahlen lassen.

Austern, Kaviar, Münzen, Medaillen aus Edelmetall, Vogeleier und andere keineswegs lebensnotwendige Produkte (wie etwa Wohnungsmieten, Betriebskosten oder Medikamente) gehören zu jenen 50 Ausnahmen, die statt 20 nur mit zehn Prozent Mehrwertsteuer belegt werden. Von der Grundsteuer sind die katholische Kirche, bekanntlich einer der größten Grund- und Immobilienbesitzer Österreichs, und andere Religionsgemeinschaften befreit. Laut KDZ gehen den Gemeinden allein durch die länderspezifischen Befreiungen pro Jahr rund 85 Millionen Euro, das sind etwa 15 Prozent der gesamten Grundsteuereinnahmen, verloren.

Magere 35 Millionen Einkommensteuer zahlen die … LandwirtInnen Österreichs, weil landwirtschaftliche Betriebe bis 100.000 Euro Einheitswert, das entspricht einer Betriebsfläche bis 114 Hektar, unter die Vollpauschalierung fallen und keine Einkommensteuer zahlen.

Nur 27 Millionen der insgesamt 600 Millionen Grundsteuer stammt aus der Landwirtschaft. Der Anteil der Landwirtschaft an der Grundsteuer ist von 1970 bis 2008 von 20 auf fünf Prozent gesunken.

Der Anteil der Grundsteuer an der Wirtschaftsleistung ist in Österreich von 0,32 Prozent im Jahre 1965 auf 0,2 Prozent 2008 zurückgegangen, weil die Einheitswerte seit den 1980er Jahren nicht mehr angepasst wurden und immer mehr hinter dem Verkehrswert der Grundstücke zurückbleiben. Im selben Zeitraum ist in der EU15 der Anteil der Grundsteuer von 0,7 auf 0,9 Prozent des BIP gestiegen.

Weil die Sozialversicherungsbeiträge der LandwirtInnen nach den veralteten Einheitswerten bemessen werden, beträgt die Eigenfinanzierungsrate der Bauernpensionen nur 22 Prozent, hingegen bei Selbständigen 47 Prozent und im ASVG 85 Prozent.

Viele Trittbrettfahrer gibt es bei der Regelung, dass Einkommen von ArbeitnehmerInnen die „zeitlich begrenzte“ Auslandseinsätze unter „überwiegend erschwerenden Umständen leisten“ nur zu 40 Prozent besteuert werden.

Millionen Steuern entgehen dem Staat durch die Regelung, dass nur ein Drittel der Einkommen von SportlerInnen und KünstlerInnen besteuert wird, dadurch fallen statt dem Spitzensteuersatz von 50 Prozent nur 17 Prozent an.

Eine Begünstigung ist der Vorsteuerabzug bei der Anschaffung von LKWs, weil darunter laut der Typenliste des BMF auch Geländewagen der Oberklasse fallen, die als Firmenfahrzeug angemeldet sind. Diese Regelung bevorzugt laut VCÖ vor allem leitende Angestellte, auch wenn monatlich 1,5 Prozent des Anschaffungspreises auf die Lohnsteuer aufgeschlagen wird, freilich nur bis maximal 600 Euro.

Eine steuerliche Sonderstellung genießen auch Selbständige, die ihren Gewinn bis 100.000 Euro steuerfrei stellen können, wenn sie für mindestens vier Jahre in Wirtschaftsgüter investieren, worunter auch Wertpapiere fallen. Damit können etwa Primarärzte oder Anwälte ihr Geld durch Kauf von Anleihen steuerfrei stellen, die sie ohnehin gekauft hätten und die SteuerzahlerInnen finanzieren de facto privaten Vermögensaufbau.

Durch die unter Grasser eingeführte Gruppenbesteuerung können Kapitalgesellschaften Auslandsverluste mit Inlandsgewinnen gegenrechnen und zahlen damit statt der nominell fälligen 25 Prozent laut AK im Schnitt nur 17 Prozent, Banken gar nur sieben Prozent Körperschaftssteuer. Würde der volle Steuersatz von 25 Prozent eingehoben kämen 2012 statt 5,5 Mrd. 8,1 Mrd. Euro in die Staatskasse, womit die Debatte über Schuldenbremse in einem anderen Licht erscheint.

Das Bauherrenmodell, bei dem mehrere Bauherren ein baufälliges Gebäude erwerben, mit Sanierungsförderung adaptieren und erweitern und dann vermieten können sämtliche Kosten statt der bei Immobilien üblichen 66 Jahren abgabenschonend in 15 Jahren abgeschrieben werden.

Nach wie vor genießen die Privatstiftungen steuerliche Privilegien. Immer noch bleiben Gewinne aus Unternehmensbeteiligungen steuerfrei, wenn mindestens zehn Prozent in neue Firmenbeteiligungen investiert werden.

Enorme 2,7 Millionen Euro Spekulationsgewinne werden jährlich bundesweit durch Umwidmung von Grünland in Bauland erzielt, wenn nach einer zehnjährigen Spekulationsfrist verkauft wird.

Ökologisch völlig kontraproduktiv ist die Befreiung von der Kfz-Steuer für land- und forstwirtschaftlich genutzte Zugmaschinen und von der Mineralölsteuer für Agrardiesel, Schiffsdiesel und Kerosin für den Luftverkehr.

Die Höchstbeitragsgrundlage für die Sozialversicherung von derzeit 4.230 Euro pro Monat führt dazu, dass bis zu diesem Einkommen die Steuerbelastung auf 50 Prozent steigt, darüber aber wieder bis auf 38 Prozent sinkt.

Die Zahl der 1994 vom damaligen Finanzminister Lacina (SPÖ) geschaffenen steuerschonenden Privatstiftungen ist 2010 bereits auf 3.309 mit einem auf rund 100 Mrd. Euro geschätzten veranlagten Vermögen gewachsen, beim BMF sind aber nur 3.208 als steuerpflichtig registriert, gut hundert haben demnach bislang überhaupt keine Steuer bezahlt.

Noch 155 Mio. Euro brachte zuletzt 2007 die mittlerweile abgeschaffte Erbschafts- und Schenkungssteuer, bekanntlich sind Erbschaften mit keiner Leistung verbunden.

Findige Köpfe melden teure Luxusautos (bei Firmen ist das oft schon eine kleiner Fuhrpark) im Ausland an, obwohl damit hauptsächlich in Österreich gefahren wird und schießen den österreichischen Staat um NOVA (16 Prozent des Kaufpreises) und Kfz-Steuer. Das macht bei einem Ferrari schon gleich 20.000 Euro aus. Laut der Großbetriebsprüfung des Linzer Finanzamtes schätzt man rund 10.000 derartige Fälle, was schätzungsweise 30 Millionen Euro Steuerausfall bedeutet. Bis 2010 wurde dieses üble Spiel auch mit bei deutschen Firmen geleasten Fahrzeugen betrieben.

Satte 1,74 Milliarden Euro betrugen mit Stand vom 30. November 2009 die „am Fälligkeitstag nicht entrichteten“ Steuern von Unternehmen und Selbständigen sowie nicht abgeführter, von Lohnabhängigen bzw. KonsumentInnen geleisteter Lohnsteuer bzw. Mehrwertsteuer laut Anfragebeantwortung des früheren Finanzminister Josef Pröll (ÖVP).

Laut Anfragebeantwortung von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) wurden mit Stand vom 31. Dezember 2008 Beitragsrückstände für die Sozialversicherung von 955 Millionen Euro aus. Davon 435 Millionen Euro DienstnehmerInnenanteile, die im Wege der Lohn- und Gehaltsverrechnung abgezogen, aber nicht an die Sozialversicherungen abgeführt wurden. Laut Hundstorfer mussten 2008 satte 170 Millionen Euro als uneinbringlich abgeschrieben werden, im Zeitraum von 2000 bis 2008 waren es sogar 1,1 Milliarden Euro.