Beschlüsse der GLB-Bundeskonferenz 2011
- Samstag, 3. Dezember 2011 @ 23:00
Resolution 1: Gesetzlicher Mindestlohn
Von 2000 bis 2010 ist die Zahl der „Working Poor“, also jener Menschen die trotz Beschäftigung weniger verdienen als die offizielle Armutsgefährdungsschwelle von 994 Euro monatlich (Stand 2011), von 256.000 auf 492.000 gestiegen. Bis dato konnte nicht einmal in allen Branchen ein Mindestlohn von tausend Euro brutto durchgesetzt werden und es gibt immer noch Bereiche, die nicht von einem Kollektivvertrag erfasst sind. Durch die ständig wachsende Prekarisierung können immer mehr Menschen mit derart geringen Einkommen das Leben kaum finanzieren. Darauf weisen unter anderem der Andrang auf Sozialmärkte, die wachsende Zahl an Schuldnerberatungen oder die Zahl der Haushalte die Strom oder Gas nicht mehr bezahlen können hin. Diese Situation wird durch Preissteigerungen bei Gütern des täglichen Bedarfs und vor allem der Wohnkosten weiter verschärft.
Der GLB tritt daher für die Einführung eines steuerfreien gesetzlichen Mindestlohns von zehn Euro pro Stunde mit jährlicher Indexanpassung ein. Gesetzliche Mindestlöhne in ähnlicher Höhe gibt es bereits in mit Österreich vergleichbaren Ländern der EU, beispielsweise in Luxemburg, Irland, Frankreich, den Niederlanden, Großbritannien oder Belgien. Ein gesetzlicher Mindestlohn greift nicht in die Kollektivvertragsfähigkeit der Gewerkschaften ein, sondern ergänzt und stärkt diese vielmehr bei ihren Lohnverhandlungen. Für einen solchen Mindestlohn soll gelten, dass jede Arbeitsstunde voll sozialversichert sein soll, demnach diese Regelung auch für freie DienstnehmerInnen gilt.
Resolution 2: Schuldenkrise
Die im Herbst 2008 ausgebrochene Finanzkrise hat sich rasch zu einer umfassenden und nachhaltigen tiefen Krise von Wirtschaft, Ökologie und Politik ausgewachsen und damit verdeutlicht, dass der seit der Freigabe des Kapitalverkehrs Anfang der 1980er Jahre regelrecht explodierte Finanzmarkt keineswegs von der Realwirtschaft abgekoppelt ist, sondern aus dieser resultiert und mit seinen Verwerfungen unweigerlich in aller Härte auf die Realwirtschaft zurückwirkt.
Bisher wurden von der Politik mit Bankenrettung, Rettungsschirmen samt Hebeln, Euro-Pakt, EU-Six-Pack etc. nur Symptome, nicht aber die Ursachen der Krise bekämpft. Der zentrale Aspekt der Krise ist eine seit dem Ende des Fordismus und der beginnenden Dominanz des neoliberalen Kapitalismus in den 1970er Jahren schieflastige Verteilung:
- Angefangen vom Zurückbleiben der Realeinkommen die sich in einer sinkenden Lohnquote ausdrückt,
- fortgesetzt mit der Veranlagung überschüssigen Kapitals auf dem Finanzmarkt
- über die systematisch rückläufige Besteuerung von Profiten und Vermögen (Abschaffung von Vermögens- und Erbschaftssteuer, Einführung steuerschonender Privatstiftungen, Senkung der Körperschaftssteuer und Einführung der steuerschonenden Gruppenbesteuerung)
- bis zum Abzocken der SteuerzahlerInnen durch die Banken im Wege der wachsenden Staatsverschuldung.
Die aktuell heftig diskutierte Schuldenkrise ist Ergebnis einer falschen Verteilung und Steuerverweigerung von Profiten und Millionenvermögen und sie hat sich als Folge der Milliardenpakete zur Bankenrettung auf Kosten der SteuerzahlerInnen und den Auswirkungen der Krise wie zurückbleibende Steuereinnahmen drastisch verschärft.
Die jetzt geplante Schuldenbremse im Verfassungsrang löst das Problem nicht, sondern dient nur als Vorwand für weiteren Sozialabbau und Massenbelastungen, weil eine Budgetsanierung nur ausgabenseitig erfolgt. Sie würde gleichzeitig den Spielraum für konjunkturelles Gegensteuern durch die Budgetpolitik verhindern und ist damit in jeder Hinsicht kontraproduktiv.
Die Krise ist vor dem Hintergrund der neoliberalen Globalisierung zu betrachten, sie hat weltweiten Charakter auch wenn die Staaten unterschiedlich betroffen sind, daher ist auch eine globale und internationalistische Auseinandersetzung mit der Krise erforderlich. Die EU ist Teil des weltweiten kapitalistischen Systems und bedingt durch ihre auf monetäre und wirtschaftliche Kriterien beruhende Konstruktion eine Institution über welche die Banken und Konzerne europaweit ihre Interessen durchsetzen. Angesichts der mittlerweile stattgefundenen Globalisierung und Internationalisierung der des Kapitals ist zur Entwicklung von Alternativen eine andere Politik in allen Ländern und durch das Zusammenwirken von Gewerkschaften, Sozialbewegungen und Linksparteien notwendig.
Die herrschenden Eliten verweigern aus eigennützigen Gründen eine Abkehr von der neoliberalen Politik und setzen zunehmend auf autoritäre Auswege, von der Aushebelung der gewählten Parlamente bzw. deren Nötigung zu „Sparpaketen“ wie in Griechenland und Italien bis hin zu Scheinlösungen wie von oben diktierte Gemeindezusammenlegungen hierzulande.
Das TINA-Argument (There ist no Alternative) der früheren britischen Premierministerin Margret Thatcher wirkt trotz des offensichtlichen Scheiterns der neoliberalen Politik als Ausdruck anhaltenden neoliberalen Hegemonie weiter und blockiert den zunehmenden Protest gegen die zunehmenden unsozialen Anschläge auf Lohnabhängige, Prekarisierte, PensionistInnen und mittlerweile bis tief in den sogenannten Mittelstand.
Umso dringender ist es daher, zu zeigen, dass es sehr wohl Alternativen gibt und an der Entwicklung derselben im Sinne einer solidarischen Gesellschaft zu arbeiten:
- Es gilt deutlich zu machen, dass im Interesse des gesellschaftlichen Zusammenhalts und für eine elementare Solidarität entsprechend der Leistungsfähigkeit ordentlich Steuern zu zahlen sind: Für hohe Einkommen, für große Vermögen, für hohe Profite, für großen Grundbesitz usw.
- Es gilt sich vom Diktat der Banken zu befreien und das Primat der Politik gegenüber der Ökonomie wieder zu erringen, ebenso das Primat der Realökonomie gegenüber dem Finanzmarkt.
Aus der Sicht des GLB lautet daher die Schlussfolgerung: Den Kapitalverkehr kontrollieren, die Finanzmärkte trockenlegen, sich vom Diktat der Ratingagenturen und Börsen befreien, keine Rückzahlung der Schulden, die Banken vergesellschaften und unter demokratische Kontrolle stellen, die Profite und Millionenvermögen angemessen besteuern. Wir fordern daher insbesondere die GewerkschafterInnen im Parlament auf, entsprechend der Resolution des Arbeiterkammertages weder der Schuldenbremse noch anderen Anschlägen auf die Lebenslage der Lohnabhängigen zuzustimmen.
Resolution 3: Steuerpolitik
Das Budget gilt allgemein als in Zahlen gegossene Politik. Wie die Steuereinnahmen eines Budgets gestaltet werden ist daher Ausdruck von Klasseninteressen. Steuern sind damit ein wesentlicher Maßstab für soziale Gerechtigkeit. Gerade im Zusammenhang mit der Bewältigung der anhaltenden Krise und der immer dringlicher werdenden Umverteilung ist daher das Thema Steuerpolitik von zentraler Bedeutung.
Das Potential für eine andere Steuerpolitik ist beachtlich:
- Laut D.A.CH-Report 2010 haben 73.900 Euro-MillionärInnen in Österreich ein Vermögen von 230 Milliarden Euro. Nur ein Prozent Vermögenssteuer würde über zwei Milliarden Euro jährlich bringen.
- Die Vermögensverteilung ist extrem ungleich: Nur ein Prozent der Bevölkerung besitzt ein Drittel, weitere neun Prozent das zweite Drittel, die restlichen 90 Prozent dürfen sich das letzte Drittel teilen.
- In mittlerweile bereits 3.460 Privatstiftungen sind schätzungsweise 100 Milliarden Euro steuerschonend deponiert.
- Laut AK-Untersuchung zahlen die Kapitalgesellschaften statt nominell 25 Prozent Körperschaftssteuer real nur 18 Prozent, Banken sogar nur 7 Prozent.
- Die Unternehmen schulden 1,74 Mrd. Euro Steuern und 0,96 Mrd. Euro Sozialabgaben.
- Allein in der Schweiz haben österreichische Reiche rund 120 Mrd. Euro veranlagt.
- Durch Umwidmung von Grünland in Bauland werden jährlich rund 2,7 Milliarden Euro Spekulationsgewinne erzielt.
Der GLB bekennt sich für eine hohe Abgabenquote als Anteil von Steuern und Sozialabgaben am BIP, da eine solche die Basis für einen funktionierenden Sozialstaat ist, wie im internationalen Vergleich etwa die skandinavischen Länder beweisen. Die jetzt diskutierte Festschreibung einer Abgabenquote in der Verfassung zielt auf die Festschreibung eines ungerechten Steuersystems zum Schutze von Profiten und großen Vermögen.
Ebenso lehnt der GLB eine immer wieder verlangte Flat-Tax als Einheitssteuersatz für Arbeit, Konsum, Profiten und Vermögen als sozial höchst ungerechte Gleichmacherei grundsätzlich ab, die BezieherInnen hoher Einkommen und BesitzerInnen großer Vermögen bevorzugt.
Der GLB hat seine Vorstellungen zur Steuerpolitik im Konzept „Sozial steuern. Löhne entlasten. Reichtum besteuern.“ zusammengefasst und veröffentlicht. Dieses Konzept tritt für eine klare steuerpolitische Umverteilung ein. Diese ist als Ergänzung zu einer offensiven Lohnpolitik im Bereich der Primärverteilung und als Alternative zur Schuldenbremse der Regierung, die einseitig ausgabenseitig durch Sozialabbau, Verschlechterung der Pensionen, Personalabbau im öffentlichen Dienst und weitere Privatisierungen wirken soll, zu verstehen.
Antrag 1: Fixbeträge bei KV-Verhandlungen
Fixbeträge führen nicht nur dazu, dass schwächere Lohngruppen bei Lohn- und Gehaltsverhandlungen besser aussteigen (da sie von der Stärke oberer Einkommensgruppen „mitgezogen“ werden), sondern tragen auch dazu bei die Differenzierung innerhalb der Lohnabhängigen zu überwinden und die Solidarität zu stärken. Gerade Jugendliche, Frauen und MigrantInnen der ArbeiterInnenklasse zählen zu jenen unteren Schichten, deren Lage sich durch solche Fixbeträge verbessern würde.
Der GLB erkennt die Wichtigkeit der Organisierung dieser Schichten, weshalb er beschließt, seine Lohnforderungen in künftigen KV-Verhandlungen stärker um Fixbeträge herum zu gruppieren, bzw. diese zu einem Kernelement in Lohnverhandlungen zu machen.
Antrag 2: Für freie politische und gewerkschaftliche Betätigung, nein zum „Antimafia-Paragraphen“ §278!
Die Paragraphen §278a+b+c ff des Strafgesetzbuches richten sich gegen jede fortschrittliche und demokratische Bewegung sowie gegen kämpferische gewerkschaftliche Arbeit. Dieser Angriff auf demokratische Grundrechte, bedeutet eine potentiell jederzeit anwendbare Einschränkung eben dieser Tätigkeiten.
Als GLB unterstützen wir Protestbewegungen oben genannten Charakters und stehen in unserer gewerkschaftlichen Arbeit konsequent auf Seite der Lohnabhängigen. Daher lehnen wir den Abbau demokratischer Grundrechte ab. Der GLB spricht sich gegen den §278 aus und befürwortet und unterstützt alle eben dagegen gerichteten Initiativen konsequent fortschrittlichen und demokratischen Charakters.
Antrag 3: Solidarität mit den Protestaktionen in Griechenland
Seit Beginn der sogenannten „Griechenlandkrise“ kämpfen die griechischen Lohnabhängigen entschlossen gegen Spar- und Kürzungsprogramme die von der dortigen Regierung auf Druck der EU und USA verabschiedet wurden. Der GLB bekundet seine Solidarität mit dem Protest der griechischen Lohnabhängigen und ihren Gewerkschaften.
Antrag 4: Solidarität mit den kämpferischen japanischen GewerkschafterInnen!
Im März 2011 wurde Japan von einer der größten Atomkatastrophen der jüngsten Geschichte heimgesucht. Der bis heute anhaltenden Folgen belasten dort vor allem die Masse an Werktätigen, während die Regierung und Konzerne unmittelbar kaum von der Katastrophe betroffen sind. Als fortschrittliche GewerkschafterInnen lehnen wir Atomkraft als klar kapitalistische Form der Energiegewinnung ab und solidarisieren uns mit den Werktätigen Japans die dagegen ankämpfen – z.B. mit den EisenbahnerInnen von Doro-Chiba. In Österreich und der EU sehen wir eine wichtige Aufgabe aller fortschrittlichen und demokratischen Kräfte im Kampf gegen EURATOM.
Antrag 5: Nein zum Wiener Spitalskonzept 2030
In den nächsten 18 Jahren sollen im Rahmen des Spitalskonzept 2030 in Wien fünf Krankenhäuser geschlossen, Stationen zusammengelegt, die Arbeit in den Krankenhäuser rationalisiert und auf Tageskliniken umgestellt werden. Das bedeutet zum einen Kündigungen, zumindest indirekt weil Beschäftigte in den Küchen, in technischen Diensten, in der Reinigung usw. nicht übernommen werden. Gleichzeitig kommt mit Rationalisierungen, neuer „Qualitätssicherung“ (was auf Arbeitshetze und Überwachung hinausläuft) noch mehr Belastung auf die Beschäftigten in den Krankenhäusern zu.
Für PatientInnen, die sich keine Zusatz- oder Privatversicherung leisten können – und das ist die Mehrheit der Bevölkerung – wird dadurch die Gesundheitsversorgung verschlechtert. So wird die regionale Versorgung oftmals nicht mehr gegeben sein, für Fachstationen gibt es dann nur mehr das neue AKH. Neben der Umstellung auf Tageskliniken wird auch ein Teil der Versorgung auf private Haushalte abgeschoben. Das sind deutliche Verschlechterungen für die Werktätigen in den Spitälern sowie der Mehrheit der Bevölkerung im Allgemeinen.
Das Spitalskonzept 2030 zielt demnach auf eine verschärfte Rationalisierung und damit verbunden einen Personalabbau und verschlechtert die Gesundheitsversorgung. Daher lehnt der GLB dieses Spitalskonzept ab und unterstützt betroffene Beschäftigte und Initiativen, welche dagegen kämpfen wollen.
Antrag 6: Nein zur vorzeitigen Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen!
Die aktuelle Diskussion um die Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen geht an der Lebensrealität der Frauen vorbei:
- Schon jetzt haben Frauen ab 45 Jahre kaum mehr Chancen am Arbeitsmarkt. Das erwartete und angepeilte Sparpotenzial für die Pensionskassen würde sich nur zu den AMS-Kassen verlagert und dem Staat nichts ersparen.
- Die „ Gehaltssprünge“ in den letzten Arbeitsjahren betreffen statistisch gesehen nur Männer.
- Die faktische Gleichstellung von Frauen und Männern ist weder gesellschaftlich noch wirtschaftlich hergestellt: es gibt nach wie vor massive Benachteiligungen für Frauen während (!) der Erwerbstätigkeit z.B. Einkommensunterschiede Frauen (ein Drittel weniger als Männer), spätere ca. 40 Prozent weniger Pension, ungleiche Verteilung von unbezahlter Arbeit im Haushalt und bei den Betreuungspflichten, gläserne Decken, etc.; die entsprechenden Daten dazu sind hinlänglich bekannt.
Die Schraube beim Pensionsantrittsalters für Frauen anzusetzen bedeutet schlicht „mehr vom selben“, statt einer Strategie, die darauf basiert, Überlegungen anzustellen, wie unsere Gesellschaft auf die Herausforderungen des Arbeitsmarktes, der Wirtschaft und der demografischen Entwicklung reagieren sollte!
Sich an der Lebensrealität von Frauen (und tlw. Männern) zu orientieren, würde bedeuten:
- Gleichstellung von Frauen und Männern im Beruf (Angleichung der Einkommen) und Familie schneller vorantreiben.
- Wiedereinführung der Berechnung des Pensionsanspruches nach den besten 15 Verdienstjahren, Verbesserte Anrechnung der Kindererziehungszeiten,
- Väterkarenz für Männer verbessern und Papamonat auch in der Privatwirtschaft einführen.
- Einführung einer 30 Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich
- Frauen und Männer nicht als Kostenfaktor auf zwei Beinen sehen, sondern als Beschäftigte mit Recht auf Beständigkeit der Gesetzgebung (Wahrung des Vertrauensgrundsatzes).
Diese Anträge wurden von der GLB-Bundeskonferenz am 3.12.2011 in Wien beschlossen.
Von 2000 bis 2010 ist die Zahl der „Working Poor“, also jener Menschen die trotz Beschäftigung weniger verdienen als die offizielle Armutsgefährdungsschwelle von 994 Euro monatlich (Stand 2011), von 256.000 auf 492.000 gestiegen. Bis dato konnte nicht einmal in allen Branchen ein Mindestlohn von tausend Euro brutto durchgesetzt werden und es gibt immer noch Bereiche, die nicht von einem Kollektivvertrag erfasst sind. Durch die ständig wachsende Prekarisierung können immer mehr Menschen mit derart geringen Einkommen das Leben kaum finanzieren. Darauf weisen unter anderem der Andrang auf Sozialmärkte, die wachsende Zahl an Schuldnerberatungen oder die Zahl der Haushalte die Strom oder Gas nicht mehr bezahlen können hin. Diese Situation wird durch Preissteigerungen bei Gütern des täglichen Bedarfs und vor allem der Wohnkosten weiter verschärft.
Der GLB tritt daher für die Einführung eines steuerfreien gesetzlichen Mindestlohns von zehn Euro pro Stunde mit jährlicher Indexanpassung ein. Gesetzliche Mindestlöhne in ähnlicher Höhe gibt es bereits in mit Österreich vergleichbaren Ländern der EU, beispielsweise in Luxemburg, Irland, Frankreich, den Niederlanden, Großbritannien oder Belgien. Ein gesetzlicher Mindestlohn greift nicht in die Kollektivvertragsfähigkeit der Gewerkschaften ein, sondern ergänzt und stärkt diese vielmehr bei ihren Lohnverhandlungen. Für einen solchen Mindestlohn soll gelten, dass jede Arbeitsstunde voll sozialversichert sein soll, demnach diese Regelung auch für freie DienstnehmerInnen gilt.
Resolution 2: Schuldenkrise
Die im Herbst 2008 ausgebrochene Finanzkrise hat sich rasch zu einer umfassenden und nachhaltigen tiefen Krise von Wirtschaft, Ökologie und Politik ausgewachsen und damit verdeutlicht, dass der seit der Freigabe des Kapitalverkehrs Anfang der 1980er Jahre regelrecht explodierte Finanzmarkt keineswegs von der Realwirtschaft abgekoppelt ist, sondern aus dieser resultiert und mit seinen Verwerfungen unweigerlich in aller Härte auf die Realwirtschaft zurückwirkt.
Bisher wurden von der Politik mit Bankenrettung, Rettungsschirmen samt Hebeln, Euro-Pakt, EU-Six-Pack etc. nur Symptome, nicht aber die Ursachen der Krise bekämpft. Der zentrale Aspekt der Krise ist eine seit dem Ende des Fordismus und der beginnenden Dominanz des neoliberalen Kapitalismus in den 1970er Jahren schieflastige Verteilung:
- Angefangen vom Zurückbleiben der Realeinkommen die sich in einer sinkenden Lohnquote ausdrückt,
- fortgesetzt mit der Veranlagung überschüssigen Kapitals auf dem Finanzmarkt
- über die systematisch rückläufige Besteuerung von Profiten und Vermögen (Abschaffung von Vermögens- und Erbschaftssteuer, Einführung steuerschonender Privatstiftungen, Senkung der Körperschaftssteuer und Einführung der steuerschonenden Gruppenbesteuerung)
- bis zum Abzocken der SteuerzahlerInnen durch die Banken im Wege der wachsenden Staatsverschuldung.
Die aktuell heftig diskutierte Schuldenkrise ist Ergebnis einer falschen Verteilung und Steuerverweigerung von Profiten und Millionenvermögen und sie hat sich als Folge der Milliardenpakete zur Bankenrettung auf Kosten der SteuerzahlerInnen und den Auswirkungen der Krise wie zurückbleibende Steuereinnahmen drastisch verschärft.
Die jetzt geplante Schuldenbremse im Verfassungsrang löst das Problem nicht, sondern dient nur als Vorwand für weiteren Sozialabbau und Massenbelastungen, weil eine Budgetsanierung nur ausgabenseitig erfolgt. Sie würde gleichzeitig den Spielraum für konjunkturelles Gegensteuern durch die Budgetpolitik verhindern und ist damit in jeder Hinsicht kontraproduktiv.
Die Krise ist vor dem Hintergrund der neoliberalen Globalisierung zu betrachten, sie hat weltweiten Charakter auch wenn die Staaten unterschiedlich betroffen sind, daher ist auch eine globale und internationalistische Auseinandersetzung mit der Krise erforderlich. Die EU ist Teil des weltweiten kapitalistischen Systems und bedingt durch ihre auf monetäre und wirtschaftliche Kriterien beruhende Konstruktion eine Institution über welche die Banken und Konzerne europaweit ihre Interessen durchsetzen. Angesichts der mittlerweile stattgefundenen Globalisierung und Internationalisierung der des Kapitals ist zur Entwicklung von Alternativen eine andere Politik in allen Ländern und durch das Zusammenwirken von Gewerkschaften, Sozialbewegungen und Linksparteien notwendig.
Die herrschenden Eliten verweigern aus eigennützigen Gründen eine Abkehr von der neoliberalen Politik und setzen zunehmend auf autoritäre Auswege, von der Aushebelung der gewählten Parlamente bzw. deren Nötigung zu „Sparpaketen“ wie in Griechenland und Italien bis hin zu Scheinlösungen wie von oben diktierte Gemeindezusammenlegungen hierzulande.
Das TINA-Argument (There ist no Alternative) der früheren britischen Premierministerin Margret Thatcher wirkt trotz des offensichtlichen Scheiterns der neoliberalen Politik als Ausdruck anhaltenden neoliberalen Hegemonie weiter und blockiert den zunehmenden Protest gegen die zunehmenden unsozialen Anschläge auf Lohnabhängige, Prekarisierte, PensionistInnen und mittlerweile bis tief in den sogenannten Mittelstand.
Umso dringender ist es daher, zu zeigen, dass es sehr wohl Alternativen gibt und an der Entwicklung derselben im Sinne einer solidarischen Gesellschaft zu arbeiten:
- Es gilt deutlich zu machen, dass im Interesse des gesellschaftlichen Zusammenhalts und für eine elementare Solidarität entsprechend der Leistungsfähigkeit ordentlich Steuern zu zahlen sind: Für hohe Einkommen, für große Vermögen, für hohe Profite, für großen Grundbesitz usw.
- Es gilt sich vom Diktat der Banken zu befreien und das Primat der Politik gegenüber der Ökonomie wieder zu erringen, ebenso das Primat der Realökonomie gegenüber dem Finanzmarkt.
Aus der Sicht des GLB lautet daher die Schlussfolgerung: Den Kapitalverkehr kontrollieren, die Finanzmärkte trockenlegen, sich vom Diktat der Ratingagenturen und Börsen befreien, keine Rückzahlung der Schulden, die Banken vergesellschaften und unter demokratische Kontrolle stellen, die Profite und Millionenvermögen angemessen besteuern. Wir fordern daher insbesondere die GewerkschafterInnen im Parlament auf, entsprechend der Resolution des Arbeiterkammertages weder der Schuldenbremse noch anderen Anschlägen auf die Lebenslage der Lohnabhängigen zuzustimmen.
Resolution 3: Steuerpolitik
Das Budget gilt allgemein als in Zahlen gegossene Politik. Wie die Steuereinnahmen eines Budgets gestaltet werden ist daher Ausdruck von Klasseninteressen. Steuern sind damit ein wesentlicher Maßstab für soziale Gerechtigkeit. Gerade im Zusammenhang mit der Bewältigung der anhaltenden Krise und der immer dringlicher werdenden Umverteilung ist daher das Thema Steuerpolitik von zentraler Bedeutung.
Das Potential für eine andere Steuerpolitik ist beachtlich:
- Laut D.A.CH-Report 2010 haben 73.900 Euro-MillionärInnen in Österreich ein Vermögen von 230 Milliarden Euro. Nur ein Prozent Vermögenssteuer würde über zwei Milliarden Euro jährlich bringen.
- Die Vermögensverteilung ist extrem ungleich: Nur ein Prozent der Bevölkerung besitzt ein Drittel, weitere neun Prozent das zweite Drittel, die restlichen 90 Prozent dürfen sich das letzte Drittel teilen.
- In mittlerweile bereits 3.460 Privatstiftungen sind schätzungsweise 100 Milliarden Euro steuerschonend deponiert.
- Laut AK-Untersuchung zahlen die Kapitalgesellschaften statt nominell 25 Prozent Körperschaftssteuer real nur 18 Prozent, Banken sogar nur 7 Prozent.
- Die Unternehmen schulden 1,74 Mrd. Euro Steuern und 0,96 Mrd. Euro Sozialabgaben.
- Allein in der Schweiz haben österreichische Reiche rund 120 Mrd. Euro veranlagt.
- Durch Umwidmung von Grünland in Bauland werden jährlich rund 2,7 Milliarden Euro Spekulationsgewinne erzielt.
Der GLB bekennt sich für eine hohe Abgabenquote als Anteil von Steuern und Sozialabgaben am BIP, da eine solche die Basis für einen funktionierenden Sozialstaat ist, wie im internationalen Vergleich etwa die skandinavischen Länder beweisen. Die jetzt diskutierte Festschreibung einer Abgabenquote in der Verfassung zielt auf die Festschreibung eines ungerechten Steuersystems zum Schutze von Profiten und großen Vermögen.
Ebenso lehnt der GLB eine immer wieder verlangte Flat-Tax als Einheitssteuersatz für Arbeit, Konsum, Profiten und Vermögen als sozial höchst ungerechte Gleichmacherei grundsätzlich ab, die BezieherInnen hoher Einkommen und BesitzerInnen großer Vermögen bevorzugt.
Der GLB hat seine Vorstellungen zur Steuerpolitik im Konzept „Sozial steuern. Löhne entlasten. Reichtum besteuern.“ zusammengefasst und veröffentlicht. Dieses Konzept tritt für eine klare steuerpolitische Umverteilung ein. Diese ist als Ergänzung zu einer offensiven Lohnpolitik im Bereich der Primärverteilung und als Alternative zur Schuldenbremse der Regierung, die einseitig ausgabenseitig durch Sozialabbau, Verschlechterung der Pensionen, Personalabbau im öffentlichen Dienst und weitere Privatisierungen wirken soll, zu verstehen.
Antrag 1: Fixbeträge bei KV-Verhandlungen
Fixbeträge führen nicht nur dazu, dass schwächere Lohngruppen bei Lohn- und Gehaltsverhandlungen besser aussteigen (da sie von der Stärke oberer Einkommensgruppen „mitgezogen“ werden), sondern tragen auch dazu bei die Differenzierung innerhalb der Lohnabhängigen zu überwinden und die Solidarität zu stärken. Gerade Jugendliche, Frauen und MigrantInnen der ArbeiterInnenklasse zählen zu jenen unteren Schichten, deren Lage sich durch solche Fixbeträge verbessern würde.
Der GLB erkennt die Wichtigkeit der Organisierung dieser Schichten, weshalb er beschließt, seine Lohnforderungen in künftigen KV-Verhandlungen stärker um Fixbeträge herum zu gruppieren, bzw. diese zu einem Kernelement in Lohnverhandlungen zu machen.
Antrag 2: Für freie politische und gewerkschaftliche Betätigung, nein zum „Antimafia-Paragraphen“ §278!
Die Paragraphen §278a+b+c ff des Strafgesetzbuches richten sich gegen jede fortschrittliche und demokratische Bewegung sowie gegen kämpferische gewerkschaftliche Arbeit. Dieser Angriff auf demokratische Grundrechte, bedeutet eine potentiell jederzeit anwendbare Einschränkung eben dieser Tätigkeiten.
Als GLB unterstützen wir Protestbewegungen oben genannten Charakters und stehen in unserer gewerkschaftlichen Arbeit konsequent auf Seite der Lohnabhängigen. Daher lehnen wir den Abbau demokratischer Grundrechte ab. Der GLB spricht sich gegen den §278 aus und befürwortet und unterstützt alle eben dagegen gerichteten Initiativen konsequent fortschrittlichen und demokratischen Charakters.
Antrag 3: Solidarität mit den Protestaktionen in Griechenland
Seit Beginn der sogenannten „Griechenlandkrise“ kämpfen die griechischen Lohnabhängigen entschlossen gegen Spar- und Kürzungsprogramme die von der dortigen Regierung auf Druck der EU und USA verabschiedet wurden. Der GLB bekundet seine Solidarität mit dem Protest der griechischen Lohnabhängigen und ihren Gewerkschaften.
Antrag 4: Solidarität mit den kämpferischen japanischen GewerkschafterInnen!
Im März 2011 wurde Japan von einer der größten Atomkatastrophen der jüngsten Geschichte heimgesucht. Der bis heute anhaltenden Folgen belasten dort vor allem die Masse an Werktätigen, während die Regierung und Konzerne unmittelbar kaum von der Katastrophe betroffen sind. Als fortschrittliche GewerkschafterInnen lehnen wir Atomkraft als klar kapitalistische Form der Energiegewinnung ab und solidarisieren uns mit den Werktätigen Japans die dagegen ankämpfen – z.B. mit den EisenbahnerInnen von Doro-Chiba. In Österreich und der EU sehen wir eine wichtige Aufgabe aller fortschrittlichen und demokratischen Kräfte im Kampf gegen EURATOM.
Antrag 5: Nein zum Wiener Spitalskonzept 2030
In den nächsten 18 Jahren sollen im Rahmen des Spitalskonzept 2030 in Wien fünf Krankenhäuser geschlossen, Stationen zusammengelegt, die Arbeit in den Krankenhäuser rationalisiert und auf Tageskliniken umgestellt werden. Das bedeutet zum einen Kündigungen, zumindest indirekt weil Beschäftigte in den Küchen, in technischen Diensten, in der Reinigung usw. nicht übernommen werden. Gleichzeitig kommt mit Rationalisierungen, neuer „Qualitätssicherung“ (was auf Arbeitshetze und Überwachung hinausläuft) noch mehr Belastung auf die Beschäftigten in den Krankenhäusern zu.
Für PatientInnen, die sich keine Zusatz- oder Privatversicherung leisten können – und das ist die Mehrheit der Bevölkerung – wird dadurch die Gesundheitsversorgung verschlechtert. So wird die regionale Versorgung oftmals nicht mehr gegeben sein, für Fachstationen gibt es dann nur mehr das neue AKH. Neben der Umstellung auf Tageskliniken wird auch ein Teil der Versorgung auf private Haushalte abgeschoben. Das sind deutliche Verschlechterungen für die Werktätigen in den Spitälern sowie der Mehrheit der Bevölkerung im Allgemeinen.
Das Spitalskonzept 2030 zielt demnach auf eine verschärfte Rationalisierung und damit verbunden einen Personalabbau und verschlechtert die Gesundheitsversorgung. Daher lehnt der GLB dieses Spitalskonzept ab und unterstützt betroffene Beschäftigte und Initiativen, welche dagegen kämpfen wollen.
Antrag 6: Nein zur vorzeitigen Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen!
Die aktuelle Diskussion um die Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen geht an der Lebensrealität der Frauen vorbei:
- Schon jetzt haben Frauen ab 45 Jahre kaum mehr Chancen am Arbeitsmarkt. Das erwartete und angepeilte Sparpotenzial für die Pensionskassen würde sich nur zu den AMS-Kassen verlagert und dem Staat nichts ersparen.
- Die „ Gehaltssprünge“ in den letzten Arbeitsjahren betreffen statistisch gesehen nur Männer.
- Die faktische Gleichstellung von Frauen und Männern ist weder gesellschaftlich noch wirtschaftlich hergestellt: es gibt nach wie vor massive Benachteiligungen für Frauen während (!) der Erwerbstätigkeit z.B. Einkommensunterschiede Frauen (ein Drittel weniger als Männer), spätere ca. 40 Prozent weniger Pension, ungleiche Verteilung von unbezahlter Arbeit im Haushalt und bei den Betreuungspflichten, gläserne Decken, etc.; die entsprechenden Daten dazu sind hinlänglich bekannt.
Die Schraube beim Pensionsantrittsalters für Frauen anzusetzen bedeutet schlicht „mehr vom selben“, statt einer Strategie, die darauf basiert, Überlegungen anzustellen, wie unsere Gesellschaft auf die Herausforderungen des Arbeitsmarktes, der Wirtschaft und der demografischen Entwicklung reagieren sollte!
Sich an der Lebensrealität von Frauen (und tlw. Männern) zu orientieren, würde bedeuten:
- Gleichstellung von Frauen und Männern im Beruf (Angleichung der Einkommen) und Familie schneller vorantreiben.
- Wiedereinführung der Berechnung des Pensionsanspruches nach den besten 15 Verdienstjahren, Verbesserte Anrechnung der Kindererziehungszeiten,
- Väterkarenz für Männer verbessern und Papamonat auch in der Privatwirtschaft einführen.
- Einführung einer 30 Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich
- Frauen und Männer nicht als Kostenfaktor auf zwei Beinen sehen, sondern als Beschäftigte mit Recht auf Beständigkeit der Gesetzgebung (Wahrung des Vertrauensgrundsatzes).
Diese Anträge wurden von der GLB-Bundeskonferenz am 3.12.2011 in Wien beschlossen.