Willkommen bei GLB - Gewerkschaftlicher Linksblock (Alte Website - Archiv seit Mai 2023) 

Haben Sie eine Lobby?

  • Montag, 7. November 2011 @ 11:36
Meinung Von Leo Furtlehner

Das Spiel ist simpel: Bestimmte Wirtschaftssparten und deren dominante Konzerne setzen über ihre Lobby in Brüssel eine Richtlinie durch. Die EU-Kommission beschließt dieselbe, die nationalen Parlamente sorgen per Verordnung für die Umsetzung in den 27 Mitgliedsländern.

Manche lassen sich dabei viel Zeit, nicht so Österreich. Die hiesige Politik spannt den Regenschirm schon auf, wenn es in Brüssel noch gar nicht regnet. Konkret zeigt sich das bei der Umsetzung von mehr oder weniger unsinnigen EU-Richtlinien. Kommt Unmut auf wird mit dem Finger nach Brüssel gezeigt – und verschwiegen, dass man dort zugestimmt hat. Beispiel Lärmschutzwände

Für diese Methode gibt es anschauliche Beispiele. Etwa die Lärmschutzwände, die es kaum in keinem Land so im Übermaß gibt wie in Österreich. Anstatt den Verkehrslärm bei Autobahnen auf natürliche Weise durch Bäume und Sträucher zu dämpfen werden hierzulande kilometerlang Lärmschutzwände in allen Variationen aufgestellt, auch auf Strecken wo sich sprichwörtlich Fuchs und Hase gute Nacht sagen.

Ermöglicht hat das eine vom damaligen Wirtschaftsminister Johannes Fahrnleitner (ÖVP) 1999 erlassene Verordnung, welche die Grenzwerte entsprechend tief angesetzt hat, damit einige auf Lärmschutzwände spezialisierte Unternehmen saftig Profit machen und das Budget der Asfinag plündern.

Beispiel Hausbriefkästen

Gestützt auf eine EU-Richtlinie, wonach im Zuge der Liberalisierung auch privaten Postdiensten die Zustellung von Poststücken, meist Werbung ermöglicht werden sollte, erließ der vormalige Infrastrukturminister Hubert Gorbach (FPÖ, dann BZÖ) eine Verordnung die sogar mit 21.800 Euro Strafe bei Nichterfüllung drohte. Daraufhin ließen Hausverwaltungen im großen Stil Hausbriefkästen montieren, auf Kosten der Wohnungseigentümer bzw. MieterInnen.

Pech für die Eilfertigen, dass der Verfassungsgerichtshof die Verordnung zwei Monate vor der gesetzten Frist vom 30. Juni 2006 aufhob. Von Schadensersatz durch die Nutznießer, nämlich die Postdienste, war freilich keine Rede. Seither ist Sendepause. Die Post hat aber angekündigt, dass sie jetzt auf eigene Kosten rund eine Million Postkästen auf EU-konforme Hausbrieffachanlagen umrüsten wird.

Beispiel Energieausweis

Laut EU-Richtlinie ist für neu errichtete Gebäude ab 2008 und für bestehende Objekte ab 2009 ein Energieausweis verpflichtend. Während die EU-Richtlinie einen solchen maximal zehn Jahre geltenden Energieausweis nur für Neubauten ab einer Fläche von tausend Quadratmeter vorsieht, ist in Österreich jedes Einfamilienhaus und jede Mietwohnung betroffen.

In Deutschland genügt ein „Energieausweis light“ der aus dem Energieverbrauch der letzten drei Jahre errechnet wird und ganze 30 Euro kostet. In Österreich muss hingegen ein Ziviltechniker beauftragt werden. Das kostet natürlich entsprechend. Und das dürfte wohl auch der Hintergrund der hiesigen Verordnung gewesen sein, nämlich einem bestimmten Klientel ein Supergeschäft zukommen zu lassen.

Wie Konzerne ihre Profitinteressen durchboxen wurde uns auch mit den heftig umstrittenen Energiesparlampen vorgeführt. So edel das Motiv des Energiesparens natürlich ist, sollten negative Aspekte wie etwa durch die bisherige Beleuchtung verloren gegangene Raumwärme oder die Entsorgungsproblematik solcher Sparlampen vergessen werden. Gezeigt hat sich hingegen in aller Deutlichkeit, dass die entsprechende Richtlinie in erster Linie einigen großen Elektrokonzernen wie Philips oder Osram nützt.

Auf der Werkbank der Brüsseler Politik befindet sich trotz aller Beschwichtigungen von Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) weiterhin die Zulassung sogenannter Gigaliner. Das sind LKWs die 60 oder gar 90 Tonnen statt der bisher maximal möglichen 40 Tonnen transportieren. Solche Fahrzeuge sind in Schweden und Finnland als Ausnahmeregelung zugelassen, aber eine Lobby von Speditionen und Fahrzeugbauindustrie werkt auf Teufel komm raus um den Einsatz EU-weit zu ermöglichen. Den testweisen Einsatz hat man immerhin für Dänemark, Deutschland und die Niederlande bereits durchgesetzt. Man darf gespannt sein, ob dieser ökologisch wie verkehrspolitische Wahnsinn durchgeboxt wird und ob die österreichische Regierung dann eine Zulassung blockiert.

Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“