Schieflage beseitigen
- Donnerstag, 3. November 2011 @ 18:27
Von Lutz Holzinger
Die Entwicklung des Steueraufkommens ist insofern besorgniserregend, als es in immer stärkerem Ausmaß von denjenigen Teilen der Bevölkerung getragen wird, die lediglich mit mittleren bis kleinen Einkommen abgespeist werden.
Die Nutznießer des steigenden gesellschaftlichen Reichtums, die Bezieher von Spitzeneinkommen sowie Unternehmens- und Vermögensbesitzer, kommen hingegen mehr oder weniger ungeschoren davon. Über das reale Einkommen der Werktätigen entscheiden im Allgemeinen zwei Faktoren: Die Höhe von Lohn oder Gehalt und die Höhe der Sozialabgaben und der Lohnsteuer. Was man mit den Realeinkommen anfangen kann, das vom Bruttolohn bleibt, wird vom Niveau der Verkaufs- bzw. Umsatzsteuern mitbestimmt. Deren formale Gleichheit für alle Marktteilnehmer verschleiert, dass die Bezieher_innen von Großeinkommen für die Mehrwert-, Mineralöl- und/oder Tabaksteuer vergleichsweise viel weniger tief in die Tasche greifen müssen als Empfänger_innen von Niedriglöhnen oder Mindestrenten.
Die Lage der Werktätigen wird seit Jahren von einer immer ungerechteren Aufteilung des volkswirtschaftlichen Reichtums geprägt. Ausdruck dafür ist der rapide Rückgang der bereinigten Lohnquote in den letzten beiden Jahrzehnten – von einem Anteil von über 70 auf unter 60 Prozent der unselbständig Erwerbstätigen am gesamten Volkseinkommen. Mit der Folge, dass ein Prozent der Bevölkerung über 28 Prozent des gesamten inländischen Geldvermögens verfügt. Die obersten zehn Prozent besitzen 68 Prozent des gesamten Vermögens, während die restlichen 90 Prozent die verbleibenden 32 Prozent teilen.
Um die zu kurz Gekommenen bei Laune zu halten, wird staatlicherseits dafür gesorgt, dass der soziale Rand der Dauerarbeitslosen, Obdachlosen, Suchtkranken, Unangepassten usw. ständig reproduziert wird. Zu dem Zweck werden einerseits Erziehungsheime, Gefängnissen und Obdachlosenasyle betrieben und andererseits Notstandshilfe und Mindestsicherung so tief angesetzt, dass der Armutsfalle unweigerlich zuschnappt.
Unparteiischer erwünscht
Würde der Staat als Schiedsrichter zwischen Kapital und Lohnarbeit und nicht als Agent des Kapitals agieren, müsste sich das in der Steuerquote niederschlagen. Dass dies nicht der Fall ist, signalisiert der Titel des Steuerkonzepts, das der GLB am Volksstimme-Fest präsentiert hat: „Sozial steuern – Löhne entlasten, Reiche besteuern!“ In dem umfangreichen Dokumentationsmaterial, das in dem Papier der fortschrittlichen ÖGB Fraktion enthalten ist, wird die jeweilige Steuerquote für Gewinne in den Industrieländern ausgewiesen. Mit einem Anteil von bloß 5,8 Prozent liegt Österreich – knapp hinter Deutschland mit 6,1 Prozent – an letzter Stelle der Liste, die von Japan mit 16,8 Prozent, Tschechien 13,4 Prozent und den USA elf Prozent angeführt wird.
Beeindruckend fällt ein Vergleich zwischen nominellem und tatsächlichem Steuersatz der Großkonzerne aus: Der Belastung nach der Papierform von 25 Prozent stehen folgende reale Steuerleistungen gegenüber: Die an der Wiener Börse notierenden Aktiengesellschaften lieferten 20,5 Prozent, Einzelunternehmen 17,4 und der Bankensektor 7,4 Prozent ihrer Gewinne an den Staat ab. Dieser hat als „ideeller Gesamtkapitalist“ für möglichst optimale Rahmenbedingungen für die Wirtschaft (sprich: Unternehmen) zu sorgen. Dabei geraten die Staaten in der Ära des Neoliberalismus immer stärker in einen Zweispalt: Aufgrund der steuerlichen Entlastung der Unternehmen fehlen die Mittel, um Bildung, Forschung und Entwicklung ausreichend zu alimentieren. Der Notstand auf diesen Gebieten treibt nicht nur die Betroffenen in den Universitäten auf die Barrikaden, sondern veranlasste Wirtschaftskreise mit Hannes Androsch als Speerspitze, der Regierung bildungspolitisch Beine zu machen.
Dass der Staat Geld braucht, um die wirtschaftliche und soziale Infrastruktur zu finanzieren, liegt für GLB auf der Hand. Daher stimmt er nicht in das neuliberale Geheul nach einer niedrigen Abgabenquote (Summe der Sozialabgaben und Steuern) ein, das neben der ÖVP vor allem von FPÖ und BZÖ vorgetragen wird. Gerade um das soziale Netz zu sichern und weiter auszubauen (Stichwort: Pflegeversicherung), sind satte Steuererträge erforderlich. Allerdings muss dafür Besitz und Vermögen wesentlich stärker herangezogen werden, als das bisher der Fall ist.
Abgabequote kein Maßstab
Was die Abgabenquote betrifft, zeigt sich, dass sie in jenen Ländern relativ hoch ist, die über ein vergleichsweise dichtes Sozialnetz verfügen. In Staaten mit mehr als bescheidenem Schutzschirm für Kranke, Alte, Invalide usw. ist sie hingegen äußerst niedrig. Österreich liegt mit einer Quote von 42,9 Prozent über dem EU-Durchschnitt von 39,6 Prozent und hinter Dänemark (48,3 Prozent), Schweden (47,1 Prozent), Belgien (44,3 Prozent) und Finnland (43,2 Prozent). Die deutsche Sozialquote liegt exakt am EU-Durchschnitt. Am Ende rangieren Irland, Lettland und Rumänien positioniert mit 29,2, 28,9 bzw. 28,7 Prozent.
Die österreichische Schieflage der steuerlichen Belastung kommt nicht von ungefähr. Sie wurde systematisch herbeigeführt – weitgehend unabhängig von der parteipolitischen Zusammensetzung der jeweiligen Regierungen. Das hat der Siegeszug des Neoliberalismus bewirkt, der nach den USA und England als Ausgangspunkt auch auf Europa übergegriffen hat. Ausdruck fand diese Entwicklung in einer Reihe von Begünstigungen:
• Abschaffung der Kapitalverkehrssteuer
• Senkung des Spitzensteuersatzes von 62 auf 50 Prozent
• Abschaffung der Vermögenssteuer und Bankenabgabe
• Schaffung der steuerschonenden Privatstiftungen
• Senkung der Körperschaftssteuer
• Gruppenbesteuerung , die eine Gegenverrechnung von Auslandsverlusten mit Inlandsgewinnen erlaubt
• Steuerbegünstigung nicht entnommener Gewinne
• Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer
Diese Maßnahmen erklären die geringe Ergiebigkeit der Unternehmersteuern im Vergleich mit den Massensteuern. Zwischen dem Jahren 2000 und 2011 sind laut Finanzministerium die Einkommensteuer um 89 Prozent, die Kapitalertragsteuer um 117 Prozent und die Körperschaftssteuer um 116 Prozent gewachsen. Wesentlich dynamischer gestiegen sind die Lohnsteuer (149 Prozent), die Mehrwertsteuer (138 Prozent) und die Mineralölsteuer (160 Prozent).
Hohe Übereinstimmung
In einer vom GLB am Volksstimme-Fest organisierten Diskussion mit Josef Stingl (GLB-Bundesvorsitzender), Franz Bittner (Vorsitzender der ÖGB-Steuerkommission) und Markus Koza (Bundessekretär der AUGE/UG) stellte sich heraus, dass unter aktiven Gewerkschafter–innen in puncto Steuerpolitik sowohl in der Analyse als auch in den Forderungen ein hohes Maß an Übereinstimmung herrscht. Im Wesentlich geht es um höhere Beiträge der Unternehmen und Vermögenden über die Aufhebung von Steuerprivilegien, die Einführung der Wertschöpfungsabgabe und das Anzapfen von Millionärseinkommen und Spitzenvermögen. Wie weit diese gewerkschaftliche Eintracht darauf zurückzuführen ist, dass der ÖGB insgesamt deutlich an Einfluss verloren hat und die Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen in der SPÖ längst keine erste Geige mehr spielt, steht auf einem anderen Blatt.
Dass das Steuer- und Abgabenaufkommen einer gründlichen Reparatur bedarf, zeigt eine Berechnung der gesamten Abgabenbelastung (Mehrwertsteuer, Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer) nach den Einkommensdezilen. Daraus geht hervor, dass sämtliche Gruppen unabhängig von ihrem Einkommensniveau mit rund 36 bis 38 Prozent relativ gleich stark belastet sind. Der Unterschied ergibt sich nicht aus der Einkommenshöhe, sondern wird von der Abgabenart bestimmt, die jeweils schlagend wird. Abgesehen davon, dass es ein Armutszeugnis ist, wenn SPÖ-Politiker mit einem gewissen Stolz darauf verweisen, dass rund zwei Millionen Werktätige gar keine Lohnsteuer blechen, müssen diese umso tiefer für Sozialangaben und Mehrwertsteuer in die Tasche greifen.
Ein System, in dem die Bankengewinne mitunter mit lediglich durchschnittlich knapp mehr als sieben Prozent belastet werden und selbst die Körperschaftssteuer (für Großbetriebe) sich nominell lediglich auf 25 Prozent beläuft, während die Werktätigen zwischen 36 und 38 Prozent ihres Lohneinkommens im Steuertopf verschwinden sehen, ist krank. Vor diesem Hintergrund ist eine Reichensteuer, von der die SPÖ-Spitze plappert, bestenfalls ein Schönheitspflaster.
Wirkungsvolle Maßnahmen hat der GLB systematisch in einem Forderungspaket zusammengefasst. Es beginnt bei der Entlastung der unteren Lohnsteuergruppen, reicht über die Erhöhung des Spitzensteuersatzes, die Wiedereinführung der Vermögens- und Erbschaftssteuersteuer, die Anhebung der Grundsteuer und endet bei Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzmärkte wie Börsenumsatz- und Transaktionssteuer. So notwendig eine entsprechende Steuerpolitik ist, so schwer wird sie umzusetzen sein.
Lutz Holzinger ist Journalist in Wien
Die Entwicklung des Steueraufkommens ist insofern besorgniserregend, als es in immer stärkerem Ausmaß von denjenigen Teilen der Bevölkerung getragen wird, die lediglich mit mittleren bis kleinen Einkommen abgespeist werden.
Die Nutznießer des steigenden gesellschaftlichen Reichtums, die Bezieher von Spitzeneinkommen sowie Unternehmens- und Vermögensbesitzer, kommen hingegen mehr oder weniger ungeschoren davon. Über das reale Einkommen der Werktätigen entscheiden im Allgemeinen zwei Faktoren: Die Höhe von Lohn oder Gehalt und die Höhe der Sozialabgaben und der Lohnsteuer. Was man mit den Realeinkommen anfangen kann, das vom Bruttolohn bleibt, wird vom Niveau der Verkaufs- bzw. Umsatzsteuern mitbestimmt. Deren formale Gleichheit für alle Marktteilnehmer verschleiert, dass die Bezieher_innen von Großeinkommen für die Mehrwert-, Mineralöl- und/oder Tabaksteuer vergleichsweise viel weniger tief in die Tasche greifen müssen als Empfänger_innen von Niedriglöhnen oder Mindestrenten.
Die Lage der Werktätigen wird seit Jahren von einer immer ungerechteren Aufteilung des volkswirtschaftlichen Reichtums geprägt. Ausdruck dafür ist der rapide Rückgang der bereinigten Lohnquote in den letzten beiden Jahrzehnten – von einem Anteil von über 70 auf unter 60 Prozent der unselbständig Erwerbstätigen am gesamten Volkseinkommen. Mit der Folge, dass ein Prozent der Bevölkerung über 28 Prozent des gesamten inländischen Geldvermögens verfügt. Die obersten zehn Prozent besitzen 68 Prozent des gesamten Vermögens, während die restlichen 90 Prozent die verbleibenden 32 Prozent teilen.
Um die zu kurz Gekommenen bei Laune zu halten, wird staatlicherseits dafür gesorgt, dass der soziale Rand der Dauerarbeitslosen, Obdachlosen, Suchtkranken, Unangepassten usw. ständig reproduziert wird. Zu dem Zweck werden einerseits Erziehungsheime, Gefängnissen und Obdachlosenasyle betrieben und andererseits Notstandshilfe und Mindestsicherung so tief angesetzt, dass der Armutsfalle unweigerlich zuschnappt.
Unparteiischer erwünscht
Würde der Staat als Schiedsrichter zwischen Kapital und Lohnarbeit und nicht als Agent des Kapitals agieren, müsste sich das in der Steuerquote niederschlagen. Dass dies nicht der Fall ist, signalisiert der Titel des Steuerkonzepts, das der GLB am Volksstimme-Fest präsentiert hat: „Sozial steuern – Löhne entlasten, Reiche besteuern!“ In dem umfangreichen Dokumentationsmaterial, das in dem Papier der fortschrittlichen ÖGB Fraktion enthalten ist, wird die jeweilige Steuerquote für Gewinne in den Industrieländern ausgewiesen. Mit einem Anteil von bloß 5,8 Prozent liegt Österreich – knapp hinter Deutschland mit 6,1 Prozent – an letzter Stelle der Liste, die von Japan mit 16,8 Prozent, Tschechien 13,4 Prozent und den USA elf Prozent angeführt wird.
Beeindruckend fällt ein Vergleich zwischen nominellem und tatsächlichem Steuersatz der Großkonzerne aus: Der Belastung nach der Papierform von 25 Prozent stehen folgende reale Steuerleistungen gegenüber: Die an der Wiener Börse notierenden Aktiengesellschaften lieferten 20,5 Prozent, Einzelunternehmen 17,4 und der Bankensektor 7,4 Prozent ihrer Gewinne an den Staat ab. Dieser hat als „ideeller Gesamtkapitalist“ für möglichst optimale Rahmenbedingungen für die Wirtschaft (sprich: Unternehmen) zu sorgen. Dabei geraten die Staaten in der Ära des Neoliberalismus immer stärker in einen Zweispalt: Aufgrund der steuerlichen Entlastung der Unternehmen fehlen die Mittel, um Bildung, Forschung und Entwicklung ausreichend zu alimentieren. Der Notstand auf diesen Gebieten treibt nicht nur die Betroffenen in den Universitäten auf die Barrikaden, sondern veranlasste Wirtschaftskreise mit Hannes Androsch als Speerspitze, der Regierung bildungspolitisch Beine zu machen.
Dass der Staat Geld braucht, um die wirtschaftliche und soziale Infrastruktur zu finanzieren, liegt für GLB auf der Hand. Daher stimmt er nicht in das neuliberale Geheul nach einer niedrigen Abgabenquote (Summe der Sozialabgaben und Steuern) ein, das neben der ÖVP vor allem von FPÖ und BZÖ vorgetragen wird. Gerade um das soziale Netz zu sichern und weiter auszubauen (Stichwort: Pflegeversicherung), sind satte Steuererträge erforderlich. Allerdings muss dafür Besitz und Vermögen wesentlich stärker herangezogen werden, als das bisher der Fall ist.
Abgabequote kein Maßstab
Was die Abgabenquote betrifft, zeigt sich, dass sie in jenen Ländern relativ hoch ist, die über ein vergleichsweise dichtes Sozialnetz verfügen. In Staaten mit mehr als bescheidenem Schutzschirm für Kranke, Alte, Invalide usw. ist sie hingegen äußerst niedrig. Österreich liegt mit einer Quote von 42,9 Prozent über dem EU-Durchschnitt von 39,6 Prozent und hinter Dänemark (48,3 Prozent), Schweden (47,1 Prozent), Belgien (44,3 Prozent) und Finnland (43,2 Prozent). Die deutsche Sozialquote liegt exakt am EU-Durchschnitt. Am Ende rangieren Irland, Lettland und Rumänien positioniert mit 29,2, 28,9 bzw. 28,7 Prozent.
Die österreichische Schieflage der steuerlichen Belastung kommt nicht von ungefähr. Sie wurde systematisch herbeigeführt – weitgehend unabhängig von der parteipolitischen Zusammensetzung der jeweiligen Regierungen. Das hat der Siegeszug des Neoliberalismus bewirkt, der nach den USA und England als Ausgangspunkt auch auf Europa übergegriffen hat. Ausdruck fand diese Entwicklung in einer Reihe von Begünstigungen:
• Abschaffung der Kapitalverkehrssteuer
• Senkung des Spitzensteuersatzes von 62 auf 50 Prozent
• Abschaffung der Vermögenssteuer und Bankenabgabe
• Schaffung der steuerschonenden Privatstiftungen
• Senkung der Körperschaftssteuer
• Gruppenbesteuerung , die eine Gegenverrechnung von Auslandsverlusten mit Inlandsgewinnen erlaubt
• Steuerbegünstigung nicht entnommener Gewinne
• Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer
Diese Maßnahmen erklären die geringe Ergiebigkeit der Unternehmersteuern im Vergleich mit den Massensteuern. Zwischen dem Jahren 2000 und 2011 sind laut Finanzministerium die Einkommensteuer um 89 Prozent, die Kapitalertragsteuer um 117 Prozent und die Körperschaftssteuer um 116 Prozent gewachsen. Wesentlich dynamischer gestiegen sind die Lohnsteuer (149 Prozent), die Mehrwertsteuer (138 Prozent) und die Mineralölsteuer (160 Prozent).
Hohe Übereinstimmung
In einer vom GLB am Volksstimme-Fest organisierten Diskussion mit Josef Stingl (GLB-Bundesvorsitzender), Franz Bittner (Vorsitzender der ÖGB-Steuerkommission) und Markus Koza (Bundessekretär der AUGE/UG) stellte sich heraus, dass unter aktiven Gewerkschafter–innen in puncto Steuerpolitik sowohl in der Analyse als auch in den Forderungen ein hohes Maß an Übereinstimmung herrscht. Im Wesentlich geht es um höhere Beiträge der Unternehmen und Vermögenden über die Aufhebung von Steuerprivilegien, die Einführung der Wertschöpfungsabgabe und das Anzapfen von Millionärseinkommen und Spitzenvermögen. Wie weit diese gewerkschaftliche Eintracht darauf zurückzuführen ist, dass der ÖGB insgesamt deutlich an Einfluss verloren hat und die Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen in der SPÖ längst keine erste Geige mehr spielt, steht auf einem anderen Blatt.
Dass das Steuer- und Abgabenaufkommen einer gründlichen Reparatur bedarf, zeigt eine Berechnung der gesamten Abgabenbelastung (Mehrwertsteuer, Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer) nach den Einkommensdezilen. Daraus geht hervor, dass sämtliche Gruppen unabhängig von ihrem Einkommensniveau mit rund 36 bis 38 Prozent relativ gleich stark belastet sind. Der Unterschied ergibt sich nicht aus der Einkommenshöhe, sondern wird von der Abgabenart bestimmt, die jeweils schlagend wird. Abgesehen davon, dass es ein Armutszeugnis ist, wenn SPÖ-Politiker mit einem gewissen Stolz darauf verweisen, dass rund zwei Millionen Werktätige gar keine Lohnsteuer blechen, müssen diese umso tiefer für Sozialangaben und Mehrwertsteuer in die Tasche greifen.
Ein System, in dem die Bankengewinne mitunter mit lediglich durchschnittlich knapp mehr als sieben Prozent belastet werden und selbst die Körperschaftssteuer (für Großbetriebe) sich nominell lediglich auf 25 Prozent beläuft, während die Werktätigen zwischen 36 und 38 Prozent ihres Lohneinkommens im Steuertopf verschwinden sehen, ist krank. Vor diesem Hintergrund ist eine Reichensteuer, von der die SPÖ-Spitze plappert, bestenfalls ein Schönheitspflaster.
Wirkungsvolle Maßnahmen hat der GLB systematisch in einem Forderungspaket zusammengefasst. Es beginnt bei der Entlastung der unteren Lohnsteuergruppen, reicht über die Erhöhung des Spitzensteuersatzes, die Wiedereinführung der Vermögens- und Erbschaftssteuersteuer, die Anhebung der Grundsteuer und endet bei Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzmärkte wie Börsenumsatz- und Transaktionssteuer. So notwendig eine entsprechende Steuerpolitik ist, so schwer wird sie umzusetzen sein.
Lutz Holzinger ist Journalist in Wien