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GLB für soziale Gerechtigkeit und internationale Solidarität

  • Dienstag, 25. Oktober 2011 @ 23:00
Wien
Am 25. Oktober fand die 156. Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer statt. Robert Hobek, AK-Rat des Gewerkschaftlichen Linksblocks, nahm in seiner Wortmeldung erfreut zur Kenntnis, dass immer mehr Stimmen laut werden, die sich für eine Vermögenssteuer einsetzen. „Wenn sich zwei Drittel der Bevölkerung nur ein Drittel des Vermögens teilen und gleichzeitig Österreich eines der Schlusslichter bei der Vermögensbesteuerung in der EU ist, was ist das für eine Gerechtigkeit“, fragte Robert Hobek: „Wir sind entschieden dagegen, zur Budgetsanierung öffentliches Eigentum zu privatisieren, nur damit die Reichen nicht zahlen müssen“.

Der GLB setzt sich im Gegenteil für den verfassungsmäßigen Schutz öffentlichen Eigentums ein. Zur Debatte über die Einführung einer Vermögenssteuer merkte Hobek an, dass es Zeit für die Umsetzung wird. Ein Schritt in diese Richtung ist die unter dem Motto „Sozial steuern. Löhne entlasten. Reichtum besteuern“ laufende Petition an den Nationalrat, mehr Informationen dazu unter http://www.sozialsteuern.at

Verärgert zeigte sich Robert Hobek über die Ablehnung jener Anträge, bei denen die internationale Solidarität gefragt gewesen wäre. So forderte der GLB die sofortige Freilassung des ehemaligen Generalsekretärs des baskischen Gewerkschaftsverbandes LAB und die Einhaltung der Gewerkschaftsrechte auch im EU-Mitgliedsland Spanien. Alle Anträge, bei denen internationale Solidarität notwendig gewesen wäre, wurden von der Mehrheit in der AK-Vollversammlung abgelehnt.

Angenommen wurde jedoch ein Antrag des GLB, der sich mit dem leidigen Thema aufeinanderfolgender befristeter Dienstverträge beschäftigt und diese als rechtsungültig betrachtet. Ebenfalls angenommen wurde ein Antrag des GLB, bei dem es darum geht, dass in den Betrieben durch entsprechende Pausenregelungen und Erholungsmöglichkeiten dafür gesorgt wird, dass es nicht zu negativen Arbeitsnachwirkungen kommt.

Nachstehend die Anträge des GLB im Wortlaut:

Antrag 1: Sozial steuern - Löhne entlasten, Reichtum besteuern (mehrheitlich zugewiesen)

Die 156. Vollversammlung der AK Wien fordert den Nationalrat auf, sich für die Senkung der Eingangsbesteuerung und Beseitigung der „kalten Progression“ bei der Lohnsteuer einzusetzen. Im Gegenzug soll der Spitzensteuersatz angehoben sowie eine Vermögenssteuer eingeführt werden. Ebenfalls angehoben werden soll die Körperschaftssteuer und die Gruppenbesteuerung beseitigt werden.

Begründung: Der Anteil der von Lohnabhängigen und PensionistInnen geleisteten Steuern (Lohnsteuer, Mehrwertsteuer...) am Steueraufkommen steigt ständig, während die Steuerleistung der Kapitalgesellschaften sinkt und Millionenvermögen faktisch nicht mehr besteuert werden. Pur den gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine solidarische Gesellschaft im Sinne einer sozialen Gerechtigkeit ist ein Kurswechsel in der Steuerpolitik unumgänglich, um durch eine entsprechende Umverteilung Bildung und Gesundheit, Soziales und Pensionen nachhaltig zu finanzieren.

Antrag 2: Freilassung Rafael Diez Usabiaga (mehrheitlich abgelehnt)

Die 156. Vollversammlung der AK Wien fordert vom EU-Mitgliedsland Spanien die sofortige Freilassung des ehemaligen Generalsekretärs des baskischen Gewerkschaftsverbandes L.A.B., Rafael Diez Usabiaga, sowie die Einhaltung der Rechte der Gewerkschaften im eigenen Land.

Begründung: Am 16. September 2011 wurde der ehemalige Generalsekretär des baskischen Gewerkschaftsverbandes LAB. von einem spanischen Gericht zu einer 10-jährigen Haftstrafe verurteilt. Dies nur deshalb, weil er an einem Treffen im Haus des Gewerkschaftsverbandes L.A.B, teilgenommen hat, bei dem es darum ging, eine friedliche Lösung für das Baskenland zu erarbeiten. Dabei wurde das Gewerkschaftsgebäude von der Polizei besetzt und u.a. Kollege Rafael Diez Usabiaga verhaftet. Zudem versucht die spanische Justiz immer wieder, L.A.B. in seiner Tätigkeit zu behindern, beispielsweise bei der Organisierung von Arbeitskämpfen.

Antrag 3: Einhaltung der Gewerkschaftsrechte in Kasachstan (mehrheitlich abgelehnt)

Die 156, Vollversammlung der AK Wien fordert die Republik Kasachstan auf, das Recht der Beschäftigten, sich in Gewerkschaften zu organisieren, einzuhalten und das Recht der Beschäftigten, sich auch mit Streiks für ihre Interessen einzusetzen, zu respektieren.

Begründung: Seit 5 Monaten befinden sich die Arbeiterinnen auf den Ölfeldern von Aktau und Schanaösen im Streik, dabei kämpfen sie für höhere Löhne und für das Recht, sich in Gewerkschaften selbst zu organisieren. Immer wieder kommt es im Zuge dieser Auseinandersetzung zu Verhaftungen, inhaftiert ist beispielsweise Natalia Sokolova, die Anwältin der streikenden Ölarbeiterlnnen.

Antrag 4: Berichte auf der AK-Homepage (mehrheitlich abgelehnt)

Die 156. Vollversammlung der AK Wien beschließt, auf ihrer Homepage sowie in ihren Medien regelmäßig über Aktionen von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen in Europa zu berichten, die sich gegen die Verursacher der gegenwärtigen kapitalistischen Finanzkrise richten.

Begründung: Gewerkschaften und soziale Bewegungen in ganz Europa kämpfen gegen die Auswirkungen der kapitalistischen Finanzkrise und vor allem dagegen, dass die Beschäftigten dafür wiederholt zur Kasse gebeten werden. Der Weg, bei den Beschäftigten, den Arbeitslosen, bei Pflege und Bildung zu sparen, führt unweigerlich zu einer Verschärfung der Krise. Dagegen gibt es Proteste der Gewerkschaften und sozialen Bewegungen in vielen europäischen Ländern, deren Kenntnis auch für die Beschäftigten Wiens von Interesse ist.

Antrag 5: Kettendienstverträge (mehrheitlich angenommen)

Die 156. Vollversammlung der AK Wien setzt sich dafür ein dass aufeinander folgende befristete Dienstverträge ohne Ausnahme als Kettenverträge gesehen werden müssen und folglich als rechtsungültig behandelt werden.

Begründung: Neben der Post AG, bei der es schon in der Vergangenheit immer wieder zur Aneinanderreihung von mehreren befristeten Dienstverträgen kam gibt es solche beispielsweise auch bei der MedUni. Ein zeitlich befristeter Dienstvertrag reiht sich an den nächsten, auch solche müssen als Kettenverträge eingestuft werden.

Antrag 6: Arbeitszeitgestaltung (mehrheitlich angenommen)

Die 156. Vollversammlung der AK Wien tritt dafür ein, bei der Arbeitszeitgestaltung darauf zu achten, dass entsprechende Pausenregelungen und genügend Erholungsmöglichkeiten im Betrieb dafür sorgen, dass es nicht zu negativen Arbeitsnachwirkungen kommt.

Begründung: Es gibt auch ein Leben vor der Pension. Die Arbeitsbelastungen sind heute derart hoch geworden, dass immer mehr unter Burn Out leiden. Das Kapital will nicht nur seinen Profit ins Unermessliche steigern sondern auch die Arbeitenden derart belasten, dass ihre Widerstandskraft gebrochen wird. Die uralten Forderungen von Arbeitswissenschaftlerlnnen aus der ehemaligen DDR sind heute aktueller denn je: Arbeit muss persönlichkeitsfördernd sein und die Nutzbarkeit der Freizeit darf nicht durch Arbeitsnachwirkungen geschmälert werden, denn es muss genügend Erholungsmöglichkeiten während der Arbeitszeit geben.

Antrag 7: Postamtsschließungen (zurückgezogen zugunsten eines gemeinsamen Antrags, der angenommen wurde)

Die 25. Vollversammlung der AK Wien fordert von der Post AG ein sofortiges Ende der weiteren Schließung von Postämtern bzw. keine Zusammenlegungen zu BAWAG/Post-Filialen sowie ausreichend Personal.

Begründung: Wie sich bisher zeigt, sind sogenannte „Postpartner“ nicht in der Lage, das gesamte Angebot eines Postamtes abzudecken. Dazu werden auch die geplanten gemeinsamen BAWAG/Post-Filialen nicht in der Lage sein. Bereits jetzt gibt es offensichtlich auf etlichen Postämtern zu wenig Personal und entsprechend lange Wartezeiten an den Schaltern.

Antrag 8: Einführung einer 6. Urlaubswoche (mehrheitlich zugewiesen)

Die 25. Vollversammlung der AK Wien fordert neben der Verkürzung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit bei vollem Lohn die Einführung einer 6. Urlaubswoche auf gesetzlicher Basis und wird entsprechend initiativ werden.

Begründung: Neben der dringend notwendigen Verkürzung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit soll mit der Einführung einer 6. Urlaubswoche sichergestellt werden, dass ein Urlaub gerade aufgrund der ständig zunehmenden Arbeitsverdichtung auch wirklich einen Erholungswert hat.

Antrag 9: Gegen Gebührenerhöhungen in Wien (mehrheitlich abgelehnt, ÖAAB und AUGE stimmten für den Antrag)

Die AK Wien lehnt die derzeit in Wien geplanten Gebührenerhöhungen (Wasser, Kanal- und Müllgebühr, Parkscheine, Abschleppkosten etc.) ab. auf gesetzlicher Basis und wird entsprechend initiativ werden.

Begründung: Mit 1.1.2012 soll der Preis für Wasser in Wien um sagenhafte 33 Prozent ansteigen. Zudem werden die Parkscheine um 8 Prozent, die Kanal- und Müllgebühr um rund 6 Prozent und die Kosten für das Abschleppen eines PKWs um 26 Prozent erhöht. Schon vor dem neuerlichen Drehen an der Gebührenspirale waren die Belastungen, denen die Wiener Bevölkerung ausgesetzt war, beachtlich. In den letzten 5 Jahren wurde der Gaspreis um rund 40 Prozent, der Strompreis um rund 20 Prozent, die Kanalgebühr um 35 Prozent, die Müllgebühr um 27 Prozent und das Parkpickerl um ca. 30 Prozent angehoben. Zugleich leben in Wien an die 300.000 Menschen - so ein Bericht der Statistik Austria vom Jänner 2011 - an oder unter der Armutsgrenze. Wien liegt mit einer Armutsgefährdungsquote von 17,1 Prozent weit über dem Bundesdurchschnitt.

Antrag 10: Energiegrundsicherung (mehrheitlich zugewiesen)

Die 156. Vollversammlung der AK Wien fordert die Stadt Wien auf, Vor- und Nachteile einer kostenlosen Energiegrundsicherung (jedem Haushalt wird dabei ein kostenloser Grundbezug an Energie ermöglicht - wer mehr verbraucht, soll stark ansteigende Preise zahlen) durch eine unabhängige Expertinnen-Kommission prüfen zu lassen und anschließend in einer breiten Informationskampagne die Argumente und die Debatte öffentlich wiederzugeben.

Darüber hinaus gab es etliche gemeinsame Anträge, beispielsweise für die ausreichende und nachhaltige Finanzierung von Pflege- und Betreuung bzw. gegen die Verschlechterung der Postinfrastruktur in Wien, die auch vom GLB unterstützt wurden.