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Fekter entdeckt „Bierdeckelsteuer“

  • Mittwoch, 19. Oktober 2011 @ 10:30
Meinung Von Josef Stingl

Bereits 2001 ließ der damalige FPÖ-Finanzminister Karl Heinz Grasser aufhorchen. Er wollte eine Steuerreform mit der „Berechnungsmöglichkeit auf einem Bierdeckel“.

Zehn Jahre danach hat jetzt die schwarze Finanzministerin Maria Fekter diese Idee aufgegriffen – umsetzen will sie diese, indem sie Einkommenssteuer und Sozialversicherungsbeiträge in einer 44prozentigen Einheitssteuer für jedes Einkommen über 10.000 Euro zusammenfasst. Diese Maßnahme hätte natürlichen einen Umverteilungseffekt, aber den richtigen? Im Vergleich ergibt sich daraus zwar für die EinkommensbezieherInnen unter tausend Euro brutto eine Erleichterung, aber jene bis 2.500 Euro wären die VerliererInnen. Darüber kann man sich bis zu einem Einkommen von 5.000 Euro wieder etwas ersparen. Insgesamt aber aufkommensneutral.

Sparen will Frau Fekter auch wo anders – bei den Finanzämtern mit 4.500 BeamtInnen. Nur, um diese BeamtInnen einsparen zu können, darf es natürlich keine Ausnahmen für sogenannte „Einzelrisiken“ mehr geben: Also keinen Alleinverdienerabsetzbetrag, keine Steuerbegünstigung des 13. und 14. Monatslohnes, keine Berücksichtigung von Sonderausgaben, kein Pendlerpauschale, keine Werbungskosten etc.

Und, wohin mit den „überflüssigen“ BeamtenInnen? „Gekündigt“ könnten sie ja nicht werden - also transferieren? Zur Post? Die PostlerInnen werden schon zur Polizei abgeschoben. Zur Polizei? Hoppla, die werden ja eh schon zur Finanz umgeleitet.

Aufhebung der Höchstbemessungsgrundlage

Ihr Vorschlag bedeutet bei der Sozialversicherung auch das Aus für die ungerechte Höchstbemessungsgrundlage, so die Finanzministerin. Wäre damit der „Steuer-Purzelbaum“ nicht zumindest bei hohen Einkommen eine (längst überfällige!) Umverteilung? Leider wieder weit gefehlt!

Die konkreten Berechnungen zeigen deutlich: Die Abgabesituation entwickelt sich hier faktisch linear und gleichmäßig. Sinkt aufgrund der Höchstbemessungsgrundlage beim derzeitigen System zwar der Anteil SV-Abgaben, so ist dafür durch die progressive Gestaltung der Lohn- und Einkommenssteuer der dementsprechende Steueranteil jeweils höher.

Und die SV-Dienstgeberbeiträge? Will Fekter diese klammheimlich abschaffen? Dann wären weder Kranken-, noch Pensions- und Arbeitslosenversicherung aufrecht zu erhalten! Oder die Dienstgeberbeiträge blieben unangetastet und sind die Überweisungsgrundlage an die Sozialversicherung – dann kassiert zwar die Finanz die Sozialabgaben uneingeschränkt, der SV wird aber nur mehr der Betrag mit besagter Höchstbemessungsgrundlage überweisen - ein nettes „Körberlgeld“ für die Bundeskasse. Oder gar die Höchstbemessungsgrundlage auch bei den DG-Beitragen aufheben? Undenkbar! Werden doch schon jetzt die Lohnnebenkosten als viel zu hoch kritisiert!

Wozu dann dies alles?

Geht`s vielleicht gar nicht um Erleichterung und Einsparung? Das derzeitige SV-System unterliegt der Selbstverwaltung. Beim derzeitigen Beitragssystem ist die Höhe des Beitragsaufkommens transparent. Die SV-Träger können aufgrund dieser Kennziffer die Leistungen anpassen (z.B. überlegt die TGKK derzeit aufgrund der verbesserten finanziellen Situation wieder Geldzuschüsse zu Zahnregulierungen zu gewähren.)

Bei SV-Beiträge als Teil einer Gesamtbesteuerung, kann niemand mehr garantieren, dass diese nicht gedeckelt oder gekürzt werden um das „eherne Ziel Nulldefizit“ als vorgegebenes Ziel bis 2021 zu erreichen. Und das ohne die lästige Mitbestimmung der ArbeitnehmerInnen. Gleiches würde übrigens auch für die Arbeiterkammern gelten! Unsere Pflichtbeiträge sind derzeit ebenso Teil der SV-Abgaben. Der Blick auf die derzeitige Praxis der Bundesländer und ihrer „Steuerkuchen-finanzierter“ Sozialleistungen, wie bei Pflege oder bei Psychosozialer Betreuung bestätigt eindrucksvoll die oben genannten Bedenken: Dort wird gekürzt, gestrichen, bis hin zur Wiedereinführung des „Angehörigen-Regresses“.

Diese nivellierende Form der SV-Abgabeverwaltung bedeutet letztlich einen Frontalangriff auf ein bewährtes System der Selbstverwaltung und Eigenverantwortung unseres Gesundheits-, Pensions- und Arbeiterkammerwesens!

Josef Stingl ist Betriebsrat der Lamerer Stuben in Innsbruck und Bundesvorsitzender des GLB