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9/11: Auf einem Auge blind?

  • Dienstag, 18. Oktober 2011 @ 08:36
International Von Ursula Lang

Angesichts des mörderischen Anschlags auf die Twin-Towers in New York City erklärte die US-Regierung vor zehn Jahren dem Terrorismus den Krieg. Jeglichem Terrorismus? Wohl kaum, wenn man das Verhältnis Washingtons zu manchen exilkubanischen Gruppen näher betrachtet. Terrorgruppen, die für die US-Regierung und Geheimdienste tödliche »Schmutzarbeit« verrichten, werden nach wie vor mit Wissen Washingtons ausgebildet und mit Waffen beliefert. Oder sie können, wie exilkubanische Terroristen in Miami, Terroranschläge planen und durchführen, ohne von den Behörden dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Und das, obwohl bekannt ist, dass bei ihren Terrorakten gegen kubanische Einrichtungen in den letzten 50 Jahren 3478 Menschen starben und 2099 verletzt wurden.

Einer der Köpfe des exilkubanischen Terrorismus ist der 1928 in Cienfuegos/Kuba geborene Luis Posada Carriles. Er arbeitet seit 40 Jahren im Auftrag der CIA und führt terroristische und paramilitärische Aktionen gegen progressive Kräfte in Lateinamerika durch. Zusammen mit Orlando Bosch (ebenfalls ein Exilkubaner) plante er 1976 das Bombenattentat auf ein Flugzeug der Fluggesellschaft Cubana, bei dem 78 Menschen starben, darunter 24 Mitglieder der kubanischen Fechtmannschaft, die an der zentralamerikanischen und karibischen Meisterschaft teilgenommen hatte.

In den 1990er Jahren war Posada Carriles an Bombenanschlägen gegen kubanische Touristenhotels beteiligt. - Bei der Explosion im Hotel Copacabana kam dabei etwa 1997 der 23jährige Italiener Fabio di Celmo ums Leben, 11 Menschen wurden verletzt.

Anfang des Jahres 2011 musste Posada Carriles vor ein Gericht in El Paso im US Bundesstaat Texas. Angeklagt wurde er allerdings nicht wegen seiner Terroranschläge, sondern lediglich wegen Verstößen gegen das Einwanderungsgesetz der USA. Bei dem drei Monate dauernden Prozess wurden dem Gericht Dokumente zur Verfügung gestellt, die die Beteiligung Carriles' an zahlreichen Anschlägen bestätigten, und es gab zudem auch Zeugenaussagen, die ihn beschuldigten. Trotzdem wurde er in allen Punkten freigesprochen.

Kuba und Venezuela fordern dagegen seit Jahren von den USA die Auslieferung von Posada Carriles. In Venezuela wird gegen ihn wegen Folter, Mord und anderer Gewaltverbrechen ermittelt.

Wie Carriles und die exilkubanische Szene von der US-Regierung beschützt werden, zeigt aber auch der Fall von fünf kubanischen Staatsbürgern, die in die Mühlen der amerikanischen Justiz gerieten: Gerardo Hernändez Nordelo, Rene Gonzales Sehwerert, Ramon Labanino Salazar, Fernando Gonzales Llort und Antonio Guerrero Rodrigues arbeiteten mit der kubanischen Regierung zusammen, mit dem Auftrag, Kuba vor dem organisierten Terrorismus zu schützen, der von Exilkubanern in Miami ausgeht und auch finanziert wird. Sie schleusten sich in die exilkubanischen Terrorgruppen in Miami ein und deckten Attentatspläne auf, die von den kubanischen Behörden den US-Behörden zur Kenntnis gebracht wurden.

In den entsprechenden Dokumenten waren auch Informationen enthalten, über Anschläge, die gegen verschiedene Luftfahrtgesellschaften durchgeführt werden sollten, die Flüge nach Kuba durchführen.

Man sollte annehmen, dass die US Behörden auf solche Informationen im Rahmen ihrer weltweiten Terrorbekämpfung mit Verhaftungen reagierten. Das taten sie auch. Es wurden allerdings nicht die Planer dieser Anschläge verhaftet, verurteilt und eingesperrt, sondern die fünf Kubaner, die diese Pläne aufdeckten.

Sie wurden wegen Spionage angeklagt und verurteilt. Gerardo Hernändez Nordelo wurde zudem wegen Verschwörung zum Mord verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, für den Abschuss zweier Kleinflugzuge verantwortlich zu sein. Am 24. Februar 1996 waren die beiden Flugzeuge der in Miami ansässigen terroristischen Organisation »Hermanos al Rescate« in den kubanischen Luftraum eingedrungen und wurden abgeschossen, nachdem sie die Aufforderung, den Luftraum zu verlassen, nicht befolgt hatten. Es ist erwiesen, dass sich Nordelo zu diesem Zeitpunkt in Miami aufhielt. Dass die entsprechende Anklage absurd war, erkannte auch der damalige US-Justizminister John Ashcroft; er versuchte mit einem Eilantrag an die Staatsanwaltschaft die Rücknahme dieser Beschuldigung zu veranlassen, weil dafür keine Beweise vorlägen. Der Antrag kam leider zu spät - und Nordelo wurde verurteilt.

Ein Berufungsgericht in Atlanta stellte darüber hinaus fest, dass die fünf Kubaner keinerlei geheime Informationen gesammelt hätten und deswegen auch keine Spione sein könnten. Trotzdem sitzen sie seit 13 Jahren in verschiedenen Haftanstalten der USA. Sie sind einer Vielzahl von Schikanen ausgesetzt. Zwei von ihnen dürfen keine Besuche von ihren Ehefrauen bekommen, weil denen die Einreise in die USA verweigert wird. - Kollateralschäden im »Krieg gegen den Terror«?

Ursula Lang ist GLB-Aktivistin in Salzburg und in der Kuba-Solidaritätsbewegung aktiv