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Telekom-Korruptionssumpf mit nachhaltigen Auswirkungen

  • Donnerstag, 25. August 2011 @ 12:11
News Als riesiger Korruptions-Saustall erweist sich immer deutlicher die mit 28,42 Prozent ÖIAG-Anteilen immer noch teilstaatliche Telekom AG, kritisiert Josef Stingl, Bundesvorsitzender der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB). Stingl verlangt entschlossene strafrechtliche Ermittlungen gegen alle Betroffenen sowie Schadensersatzleistungen aller Profiteure. Wie sich jetzt herausstellt soll Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach (zunächst FPÖ, dann BZÖ) als „Gegenleistung“ für eine von ihm als damaligen Infrastrukturminister 2006 durchgesetzte Verordnung, welche der Telekom zehn Millionen Euro Mehreinnahmen bescherte, 264.000 Euro auf dem Umweg über die Agentur des Lobbyisten Peter Hochegger erhalten haben. Weiters soll das BZÖ 600.000 Euro auf dem Umweg über die parteinahe Werbeagentur Orange von der Telekom gesponsert worden sein.

Bereits seit längerem bekannt ist, dass der zum Netzwerk von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (erst FPÖ, dann ÖVP) gehörende Hochegger von der Telekom 25 Millionen Euro für „Beratungen“ erhalten hat, davon zumindest neun Millionen ohne erkenntliche Gegenleistung. Bekannt ist, dass Hochegger gemeinsam mit dem Investor Martin Schlaff bei Übernahmen in Bulgarien, Serbien und Weißrussland für die Telekom Austria tätig war.

Als „Subunternehmer“ Hocheggers soll Grasser-Spezi Walter Meischberger 900.000 Euro für Lobbying in den Parlamentsklubs von BZÖ und FPÖ erhalten haben. Meischberger soll auch beim Verkauf des Telekom-Gebäudes in der Wiener Noßbergstraße an den Baukonzern Porr tätig gewesen sein und dafür 708.000 Euro Provision kassiert haben.

Unter Korruptionsverdacht steht auch Ex-Innenminister Ernst Strasser (ÖVP): Er soll 2002 im Zusammenhang mit der Vergabe des Behördenfunknetzes 100.000 Euro via Hochegger kassiert haben. Die FCG in der Telekom-Personalvertretung wurde mit 30.000 Euro gesponsert. Ebenfalls 30.000 Euro soll FCG-Telekom-Gewerkschafter Franz Kusin von Hocheggers Valora für „Beratungstätigkeit“ erhalten haben. Deutlich überhöhte 20.000 Euro zahlte die Telekom für Bandenwerbung des Unterliga-Vereins SV Sierning, offenbar über Vermittlung des früheren Vizekanzlers Wilhelm Molterer.

Über 1,1 Millionen Euro soll der Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly (Ehemann von Ex-Frauenministerin Maria Rauch-Kallat, ÖVP) im Zusammenhang mit diesem Projekt erhalten haben. Im Zuge der Ermittlungen über den Telekom-Sumpf ist auch ein Beratervertrag mit der Briefkastenfirma Valex (Panama) über 2,6 Millionen Euro aufgetaucht, die dem britischen „Wahlonkel“ von Mensdorff-Pouilly gehört. Im Sumpf des Telekom-Netzwerkes gediehen ist auch der Verkauf eines Telekom-Gebäudes um 5,8 Millionen Euro im Jahre 2006 an Barbara Huber-Lipp, die Gattin des damaligen ÖVP-nahen ÖBB-Chefs Martin Huber. Ein Jahr später verkaufte diese das Objekt um elf Millionen an die ÖBB.

2004 überwies Hocheggers Partner Meischberger an die „Neue Freie Zeitung“ der FPÖ 192.000 Euro für Berichte über Telekom-Aktivitäten. 600.000 Euro sollen ohne erkennbare Gegenleistung an die FPÖ-nahe Werbeagentur Schmied geflossen sein. Vergleichsweise bescheiden sind dazu ein Gratis-Jagdausflug für den damaligen Industriellen-Generalsekretär und jetzigen ÖIAG-Chef Markus Beyrer und „ein paar tausend Euro“ für die Ex-SPÖ-Politiker Peter Schieder und Karl Blecha. Um alle Gemüter zu besänftigen wurde wohl aus parteipolitischer Rücksichtnahme eine gezielte Streuung vorgenommen.

Der milliardenschwere Glücksspielkonzern Novomatic ist mit der Telekom über die gemeinsame Tochterfirma Aon Wettdienstleistungs GmbH verbunden. Bei dieser Kooperation sollen 6,5 Millionen Euro an Hocheggers Valora geflossen sein. Die „Gegenleistung“ sollte darin bestehen, das Glücksspielgesetz im Sinne von Novomatic zu novellieren, was letztendlich auch gelungen ist.

Durch den kurzfristigen Verkauf von 900.000 Aktien stieg der Kurs der Aktie am 26. Februar 2004 kurzfristig auf 11,70 Euro. Dadurch profitierten über hundert Telekom-Manager durch ein Bonus-Programm. Die damaligen Vorstandsmitglieder kassierten zwischen 320.000 und 390.000 Euro, insgesamt wurden 8,7 Millionen Euro Prämie netto ausbezahlt. Der Börsenhändler Johann Wanovits soll dafür eine „Risikoprämie“ von Hochegger erhalten haben.

Der GLB sieht die Korruptionslawine der Telekom als Beispiel dafür, wohin die Liberalisierung öffentlicher Infrastruktur und Privatisierung öffentlichen Eigentums in Verbindung mit der typisch neoliberalen Selbstbedienungsmentalität für diverse Günstlinge für welche entsprechend kapitalistischen Gepflogenheiten natürlich die Unschuldsvermutung gilt führen kann: „Damit ist die Telekom das negative Musterbeispiel für die Regierungspolitik von schwarz-blau-orange mit nachhaltigen Wirkungen“ kritisiert Stingl und bekräftigt die Position des GLB, dass wesentliche Infrastruktureinrichtungen im öffentlichen Besitz sein sollen und mit demokratischer Kontrolle verbunden sein müssen.