Zeit für einen Kurswechsel
- Montag, 4. Juli 2011 @ 12:31
Von Leo Furtlehner
Die dramatischen Ereignisse in und um Griechenland haben weit über dieses EU-Mitgliedsland hinaus Bedeutung. Auch wenn Strache und Kleinformat den Ausschluss aus Eurozone oder EU verlangen, die grundsätzliche Problematik betrifft keineswegs nur dieses Land allein. Nach dem Motto „Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen“ erweist sich die EU und insbesondere die Eurozone als Schicksalsgemeinschaft, aus der man ein missliebiges Mitglied nicht ohne gravierende Folgen für alle anderen ausschließen kann.
Immer deutlicher zeigt sich, dass die Grundlagen der EU schieflastig, weil nur auf monetären und nicht auf sozialen Gesichtspunkten gegründet sind. Ob in Griechenland, in Österreich oder anderen Ländern, überall ist die Entwicklung der letzten Jahre von einer massiven Umverteilung nach oben gekennzeichnet.
Reiche werden noch reicher
Eine kleine parasitäre Minderheit von Superreichen hat zunächst durch die Stimulanz des Finanzmarktes maßgeblich zur größten Krise seit 1929 beigetragen. Sie brauchte aber nicht für die Folgen einstehen (was ihr von der Politik leicht gemacht wurde) sondern hat sich daran sogar noch weiter bereichert. Ein Indiz dafür ist etwa, dass die griechischen Eliten allein in der Schweiz 200 Milliarden Euro veranlagt haben, Geld das zwangsläufig im eigenen Land fehlt, wo sich eben dieser Klüngel jahrzehntelang von der Steuerleistung gedrückt hat.
Nun aber will man gerade mit Griechenland ein Exempel neoliberaler Politik statuieren um nach dem Willen von Banken und Konzernen Sozialabbau und Privatisierung öffentlichen Eigentums im großen Stil zu forcieren. Damit sollen die Privilegien der „oberen Zehntausend“ erhalten und ausgebaut werden. Zahlen sollen die Lohnabhängigen, PensionistInnen und Kleinunternehmer, also gerade jene, die nicht schuld an der Misere sind.
Es fällt auf, dass bei allem Lamento über Griechenland und andere Wackelkandidaten ein wesentlicher Fakt verschwiegen wird: Es geht nämlich immer um die Rettung der Banken, die jahrelang bereitwilligst Milliardenkredite vergeben haben, wohl in der Annahme, dass beim Auftauchen von Problemen ohnehin der sonst so verteufelte Staat einspringen und Steuergelder locker machen muss.
Eine Wirtschaftsregierung als Lösung?
Nun versuchen die politischen Eliten der 27 EU-Länder mit dem Zauberwort einer Wirtschaftsregierung den direkten Durchgriff des Kapitals auf die Politik. Das stößt sogar den unterwürfigen Gewerkschaften des EGB sauer auf. Denn was die EU braucht ist eine eindeutige Sozialkompetenz um das zunehmende Misstrauen in die europäische Zusammenarbeit nicht noch mehr zu vergrößern. Das verlangt zwangsläufig einen Kurswechsel, weg von einer strikt neoliberalen, rein monetären Politik mit dem Ziel der Profitmaximierung für die Konzerne und hin zu einer auf soziale Sicherheit für alle orientierte Politik.
Jetzt wird es am EGB bzw. seinen Mitgliedsgewerkschaften, darunter auch dem ÖGB, liegen, sich endlich von der falsch verstandenen sozialpartnerschaftlich verbrämten Standortpolitik – die vom Kapital immer dazu genützt wird um die Lohnabhängigen mit Gewerkschaftshilfe in Geiselhaft zu nehmen – zu lösen und europaweit gegen die von Banken und Konzernen diktierte Politik Stimmung zu machen. Der europaweiten Vernetzung des Kapitals muss endlich die europaweite Vernetzung und Solidarität der Lohnabhängigen gegenübergestellt werden.
Eine andere Verteilung
Ein politischer Kurswechsel heißt im Klartext Vorrang für eine Politik der Umverteilung zugunsten der Lohnabhängigen durch eine aktive Lohnpolitik, gesetzliche Mindestlöhne, Arbeitszeitverkürzung, Eindämmung der Prekarisierung, Erhalt des öffentlichen Eigentums, staatliche Investitionsprogramme, nachhaltige Sicherung des Sozialstaates und der Pensionen sowie eine offensive Bildungspolitik.
Das erfordert zwangsläufig auch die Allmacht des Kapitals einzuschränken (etwa durch die Vergesellschaftung der Banken), höhere Steuern auf die Profite und großen Vermögen sowie eine Wirtschaftsdemokratie bei welcher jene die produzieren auch mitbestimmen. Vor allem gilt es endlich das schon fast religiöse Dogma des Glaubens an die Selbstregulierung durch den „freien Markt“ zu überwinden.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“
Die dramatischen Ereignisse in und um Griechenland haben weit über dieses EU-Mitgliedsland hinaus Bedeutung. Auch wenn Strache und Kleinformat den Ausschluss aus Eurozone oder EU verlangen, die grundsätzliche Problematik betrifft keineswegs nur dieses Land allein. Nach dem Motto „Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen“ erweist sich die EU und insbesondere die Eurozone als Schicksalsgemeinschaft, aus der man ein missliebiges Mitglied nicht ohne gravierende Folgen für alle anderen ausschließen kann.
Immer deutlicher zeigt sich, dass die Grundlagen der EU schieflastig, weil nur auf monetären und nicht auf sozialen Gesichtspunkten gegründet sind. Ob in Griechenland, in Österreich oder anderen Ländern, überall ist die Entwicklung der letzten Jahre von einer massiven Umverteilung nach oben gekennzeichnet.
Reiche werden noch reicher
Eine kleine parasitäre Minderheit von Superreichen hat zunächst durch die Stimulanz des Finanzmarktes maßgeblich zur größten Krise seit 1929 beigetragen. Sie brauchte aber nicht für die Folgen einstehen (was ihr von der Politik leicht gemacht wurde) sondern hat sich daran sogar noch weiter bereichert. Ein Indiz dafür ist etwa, dass die griechischen Eliten allein in der Schweiz 200 Milliarden Euro veranlagt haben, Geld das zwangsläufig im eigenen Land fehlt, wo sich eben dieser Klüngel jahrzehntelang von der Steuerleistung gedrückt hat.
Nun aber will man gerade mit Griechenland ein Exempel neoliberaler Politik statuieren um nach dem Willen von Banken und Konzernen Sozialabbau und Privatisierung öffentlichen Eigentums im großen Stil zu forcieren. Damit sollen die Privilegien der „oberen Zehntausend“ erhalten und ausgebaut werden. Zahlen sollen die Lohnabhängigen, PensionistInnen und Kleinunternehmer, also gerade jene, die nicht schuld an der Misere sind.
Es fällt auf, dass bei allem Lamento über Griechenland und andere Wackelkandidaten ein wesentlicher Fakt verschwiegen wird: Es geht nämlich immer um die Rettung der Banken, die jahrelang bereitwilligst Milliardenkredite vergeben haben, wohl in der Annahme, dass beim Auftauchen von Problemen ohnehin der sonst so verteufelte Staat einspringen und Steuergelder locker machen muss.
Eine Wirtschaftsregierung als Lösung?
Nun versuchen die politischen Eliten der 27 EU-Länder mit dem Zauberwort einer Wirtschaftsregierung den direkten Durchgriff des Kapitals auf die Politik. Das stößt sogar den unterwürfigen Gewerkschaften des EGB sauer auf. Denn was die EU braucht ist eine eindeutige Sozialkompetenz um das zunehmende Misstrauen in die europäische Zusammenarbeit nicht noch mehr zu vergrößern. Das verlangt zwangsläufig einen Kurswechsel, weg von einer strikt neoliberalen, rein monetären Politik mit dem Ziel der Profitmaximierung für die Konzerne und hin zu einer auf soziale Sicherheit für alle orientierte Politik.
Jetzt wird es am EGB bzw. seinen Mitgliedsgewerkschaften, darunter auch dem ÖGB, liegen, sich endlich von der falsch verstandenen sozialpartnerschaftlich verbrämten Standortpolitik – die vom Kapital immer dazu genützt wird um die Lohnabhängigen mit Gewerkschaftshilfe in Geiselhaft zu nehmen – zu lösen und europaweit gegen die von Banken und Konzernen diktierte Politik Stimmung zu machen. Der europaweiten Vernetzung des Kapitals muss endlich die europaweite Vernetzung und Solidarität der Lohnabhängigen gegenübergestellt werden.
Eine andere Verteilung
Ein politischer Kurswechsel heißt im Klartext Vorrang für eine Politik der Umverteilung zugunsten der Lohnabhängigen durch eine aktive Lohnpolitik, gesetzliche Mindestlöhne, Arbeitszeitverkürzung, Eindämmung der Prekarisierung, Erhalt des öffentlichen Eigentums, staatliche Investitionsprogramme, nachhaltige Sicherung des Sozialstaates und der Pensionen sowie eine offensive Bildungspolitik.
Das erfordert zwangsläufig auch die Allmacht des Kapitals einzuschränken (etwa durch die Vergesellschaftung der Banken), höhere Steuern auf die Profite und großen Vermögen sowie eine Wirtschaftsdemokratie bei welcher jene die produzieren auch mitbestimmen. Vor allem gilt es endlich das schon fast religiöse Dogma des Glaubens an die Selbstregulierung durch den „freien Markt“ zu überwinden.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“