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Demokratie unerwünscht

  • Montag, 4. Juli 2011 @ 12:28
Meinung Von Oliver Jonischkeit

Demokratie heißt übersetzt eigentlich Volksherrschaft. Während wir in Österreich ohnehin noch weit davon entfernt sind und jedes Mitbestimmungsrecht mühsam erkämpft werden muss, endet jedenfalls auch die Meinungsfreiheit vor den Betrieben.

Für manche, die etwas zu viel von sich und ihren Neigungen im Internet preisgeben, endet sie schon vorher – sie scheitern bereits an den google- und facebooksüchtigen Personalchefs. Ein Antrag des als Polterer bekannten ehemaligen Tiroler AK-Präsidenten Dinkhauser im Tiroler Landtag brachte ans Tageslicht, dass in über einem Dutzend Unternehmen, an denen das Land ab 12,5 Prozent beteiligt ist – darunter z.B. der Verkehrsverbund oder die „Congress- und Messe GmbH“ - kein Betriebsrat existiert. Der als Unterstützung für deren Gründung gedachte Antrag wurde von der SP/VP-Mehrheit ausgesetzt und damit elegant entsorgt.

Eiertanz der SPÖ

SP-Vorsitzender Gschwentner wollte sich aber gemeinsam mit dem ÖGB der Sache annehmen, betonte jedoch, zuvor die rechtlichen Voraussetzungen dafür prüfen zu müssen. Ein beachtlicher Eiertanz, denn dies hätte er von ÖGB und AK in wenigen Minuten erfahren können. Betriebsräte sind offenbar zumindest in Tirol auch in landesnahen Betrieben nicht erwünscht.

Nicht nur in Tirol sehen es Unternehmer oft am liebsten, wenn ihre Beschäftigten sich im Betrieb das Motto „Hände falten, Goschen halten“ zu Herzen nehmen. Leider sind es aber auch immer wieder z.B. Betriebsratsvorsitzende, meist schon länger in Amt und Würden und Einheitslisten gewöhnt, die ihren Beschäftigten ähnliches empfehlen und es als Affront betrachten, wenn jemand ihr/sein Recht in Anspruch nimmt, ebenfalls mit einer eigenen Liste zur Betriebsratswahl anzutreten.

Beispiel Brauunion Schwechat

So war es für die FSG-Einheitsliste in der Brauunion Schwechat zunächst offenbar ungehörig, als sie mitbekam, dass ein seit Jahren engagierter Kollege offenbar tatsächlich zur Wahl antreten wollte. Es folgte eine Einladung zu einem Gespräch mit der Geschäftsleitung, an der auch der Betriebsratsvorsitzende teilnahm. Dabei sollte offenbar ausgelotet werden, ob es eine Möglichkeit gibt, den widerborstigen Kollegen einvernehmlich los zu werden. Dies ist jedoch nicht gelungen und der GLB mit Kollegen Ringl und seinem Team mit einem Mandat nun im Betriebsrat vertreten.

Auch bei den Zugbegleitern zwischen Wien und Mürzzuschlag war der Schrecken bei der FSG groß, als die Liste Unabhängiger Zugbegleiter rund um Kollegen Eisinger in den Betriebsrat einzog. Der Betriebsratsvorsitzende musste sich daraufhin eingehend mit der Arbeitsverfassung auseinandersetzen und erfahren, dass der Betriebsrat ein Kollegialorgan ist – auch wenn mehrere Fraktionen dort vertreten sind. Nicht anders erging es dem Betriebsratsvorsitzenden bei Stahl Judenburg, als der GLB mit Fritz Kranz und Kollegen in den Betriebsrat einzog.

Beispiel Post

Der Betriebsratsvorsitzende des Postamtes 1230 Wien und Wiener AK-Rat, Kollege Robert Hobek, macht schon seit einigen Jahren seine Erfahrungen, wie es mit Meinungsfreiheit und Demokratie bei der Post aussieht.

Dem Unternehmen, aber auch der FSG-Führung in Wien, wurde er spätestens ein Dorn im Auge, als er für den GLB die Mehrheit der Mandate auf seinem Postamt erreichte. Ihm wurde ein Disziplinarverfahren angedroht, das Unternehmen hatte genug Geld, um gegen ihn jahrelang vor Gericht zu prozessieren, ob ein solches überhaupt zulässig ist.

Die Unterstützung der Postgewerkschaft war enden wollend. Auch bei der Unterstützung seiner Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzender. Der Regionalausschuss Wien der Postgewerkschaft fand es nicht nötig, ihn zu den Sitzungen beizuziehen - offenbar sollten die KollegInnen des Postamtes dafür bestraft werden, „falsch gewählt“ zu haben.

Das Ergebnis dieser Ausgrenzungspolitik: bei der letzten Betriebsratswahl hat der GLB mit Kollegen Hobek alle fünf zu vergebenden Mandate erreicht, leider schaut es so aus, als habe die FSG nichts daraus gelernt.

Nun hat es den FCG-Vorsitzenden Wiedner erwischt, dem ein Disziplinarverfahren angedroht wurde, weil er u.a. ein FCG-Pickerl auf das Dienstauto geklebt hätte. Auch ihm steht möglicherweise ein längeres Gerichtsverfahren bevor.

Das sind nur einige Fallbeispiele, die zeigen, dass es manchmal selbst dort schwer ist, sein Recht zu erkämpfen, wo es eigentlich durch die Arbeitsverfassung geschützt ist. Trotzdem lohnt es sich, diesen Weg zu gehen. Der GLB hilft dabei gerne.

Oliver Jonischkeit ist Bundessekretär des GLB