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Sozial gerecht schaut anders aus

  • Dienstag, 12. April 2011 @ 08:00
Meinung Als „soziale Heimatpartei“ gebärdet sich schon seit längerer Zeit, insbesondere bei Wahlen, die FPÖ.

Einst eindeutig antiklerikal und deutschnational, die österreichische Nation als „Missgeburt“ betrachtend hat die FP schon unter Haider und verstärkt unter Strache das Konzept der Stimmenmaximierung durch den Mix von Heimattümelei und sozialer Demagogie entdeckt. Das schaut dann so aus, dass zwar verstärkt stramme Burschenschafter in der FPÖ den Ton angeben, man sich gleichzeitig aber überaus austropatriotisch gibt, das „christliche Abendland“ gegen eine angebliche Islamisierung verteidigt und sogar Themen wie die Neutralität beschlagnahmt hat.

Rotschwarz macht´s möglich

Ermöglicht wurde und wird das natürlich durch die Politik der beiden „Großparteien“. Diese hat durch ihre Begünstigung von Kapital und Millionenvermögen immer mehr Menschen zu VerliererInnen der „Wohlstandsgesellschaft“ gemacht. Über Jahrzehnte entpolitisiert, sozialer Kämpfe entwöhnt und von der neoliberalen Hegemonie hemmungsloser Konkurrenz gegeneinander und der angeblichen Unfinanzierbarkeit des Sozialstaates geprägt, haben schon allzu viele den Glauben an aktive politische Gestaltungsmöglichkeiten verloren und sich in die Resignation zurückgezogen.

Weil aber gerade in Österreich das „Radfahrerprinzip“ – nach oben buckeln, nach unten treten – mehr denn je in ist und sich immer noch Schwächere finden, auf die auch der „kleine Mann“ einprügeln kann – AsylwerberInnen, MigrantInnen, „SozialschmarotzerInnen“, BettlerInnen usw. – funktioniert das Rezept der Strache-Partei. Denn der Kern ihrer Politik ist Fremdenfeindlichkeit und Sozialneid. Ein Aufbegehren gegen „die da oben“ wird systematisch verhindert, höchstens wenn verklausuliert antisemitische Reflexe gegen die „amerikanische Ostküste“ bedient werden, spielt man diese Karte aus.

„Sozial gerecht“ – nur für Einheimische

Wie es mit den sozialen Ansprüchen der FPÖ wirklich ausschaut wird etwa deutlich, wenn sie wie im März im Linzer Gemeinderat die Abschaffung des Gratis-Mittagessens in den Kindereinrichtungen verlangt und als „sozial gerecht“ versteht, dass MigrantInnen von Sozialleistungen ausgeschlossen werden, denn „sozial“ gilt nach FP-Lesart grundsätzlich nur für „Heimische“. Dazu wird heftig gegen die „Gießkanne“ polemisiert.

Ähnlich demagogisch ist es, wenn die FPÖ vor einem Lohn- und Sozialdumping durch die mit 1. Mai in Kraft tretende Öffnung des Arbeitsmarktes für neue EU-Länder warnt und dazu das Horrorszenario von drei Millionen Arbeitslosen aus Ostländern an die Wand malt, die angeblich nach Österreich strömen würden.

Nun tritt die Strache-Partei nicht etwa gegen Unternehmer auf, die Schundlöhne zahlen und ihr Personal drangsalieren, das hieße ja, sich ins eigene Fleisch schneiden. Vielmehr besteht ihr „Rezept“ darin, „Grenzen dicht“ zu fordern und die Lohnabhängigen gegeneinander aufzuhetzen. Solidarität ist für diese Partei natürlich ein Fremdwort.

Die unsoziale Linie der FP wird schließlich auch daran deutlich, wenn der mit dem rechtsextremen Witiko-Bund verbandelte oö Wohnbaulandesrat Haimbuchner die Wohnbeihilfe aushöhlt und den Bau von Mietwohnungen durch gemeinnützige Wohnbaugesellschaften durch Blockade von Förderungen ausdünnt, gleichzeitig aber die Förderung des Wohnungseigentums forciert.

Schuss ins eigene Knie

Auch in Arbeiterkammern, Gewerkschaften und Betrieben reduziert sich freiheitliche Politik darauf, für alle Probleme die „Ausländer“ verantwortlich zu machen. Strache fordert getrennte Sozialsysteme für In- und AusländerInnen. Dabei zahlen MigrantInnen 1,5 Milliarden Euro mehr in den Sozialtopf ein als sie daraus erhalten.

Natürlich ist es vom objektiven Interesse der Lohnabhängigen her gesehen dumm, wenn diese ausgerechnet Burschenschafter zu ihren „Vertretern“ wählen. Aus Protest rechts wählen ist und bleibt nämlich wie der berühmte Schuss ins eigene Knie. Dagegen hilft freilich nur Aufklärung, auch wenn diese nur mühsam zu vermitteln ist, weil sie bekanntlich auf den Kopf zielt und nicht auf den Bauch.

Leo Furtlehner ist Journalist in Linz und verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“