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Apropos Föderalismus

  • Montag, 15. November 2010 @ 11:23
Meinung Von Franz Grün

Der Föderalismus ist ein gesellschaftliches Ordnungsprinzip. Sein Zweck ist die Sicherstellung der Eigenverantwortung, ohne auf die Vorteile die eine größere Gemeinschaft bietet, verzichten zu müssen. Es ist jedoch kein billiges System und in mancherlei Hinsicht äußerst ineffizient. Der Föderalstaat Österreich entstand nach dem ersten Weltkrieg auf den Ruinen der Habsburger-Monarchie. 1920 nahm die Republik eine föderale Verfassung an. Diese beschreibt eine demokratische föderale Republik des „unitarischen“ Typs, also ziemlich zentralisiert. Die Bundeslegislative ist ein Zweikammernparlament, wo der Nationalrat, der die Bevölkerung vertritt, viel mächtiger als der Bundesrat ist, der die Länder vertritt.

Geteilte Kompetenzen

Da Österreich ein Bundesstaat ist wird die Macht zwischen dem Bund und den Ländern geteilt. Bei dieser Macht handelt es sich um Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung. Beim Bund liegt allerdings die Kompetenz-Kompetenz, also die Aufteilung der Staatsaufgaben zwischen Bund und den Ländern. Die meisten wichtigen Kompetenzen stehen dem Bund zu, besonders auch in finanziellen Angelegenheiten.

Die Länder können bei der Gesetzgebung mitwirken und sind durch den Bundesrat vertreten. Allerdings ist die Bedeutung des Bundesrates in Österreich eher gering einzuschätzen. Die Länder haben verfassungsrechtlich gewährleistete Bereiche, in denen sie selbst Landesgesetze erlassen können.

Neun verschiedene Landesgesetze

Die hauptsächlichen Aufgaben der Landesgesetzgebung findet man in den Bereichen der sozialen und gesundheitlichen Angelegenheiten (Sozialhilfe, Pflegeheime, Jugendfürsorge und Jugendschutz, Spitalsrecht, Rettungswesen und Katastrophenschutz), dem Umweltschutz (Natur- und Bodenschutz, Abwasserbeseitigung), im Bauwesen (Baurecht, Wohnbauförderung, Wasserversorgung), im Bildungswesen (Schulrecht, Kindergartenwesen) sowie in der Verwaltung (Gemeinderecht, Dienstrecht der Landes- und Gemeindebediensteten).

Die kleinste selbst verwaltende Einheit ist in Österreich die Gemeinde. Das Gemeinderecht von 1962 sieht vor, dass Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern „Städte mit eigenem Statut“ sein können. Gemeinden haben einen eigenen Wirkungsbereich (Selbstverwaltungsangelegenheiten) und einen vom Staat übertragenen. Wenn nicht ausdrücklich eine Zuständigkeit des Bundes gegeben ist, hat die Landesgesetzgebung das Gemeinderecht zu regeln.

Die Länder blockieren

Die Landesgesetzgebungen haben sicherlich in manchen Bereichen Sinn um auf regionale und Landesweite Bedürfnisse spezifischer eingehen zu können, in manchen Bereichen liegt hier aber der Pferdefuß. So wurde 2008 die Einführung der Mindestsicherung (wie immer man dazu stehen mag) durch den damaligen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider erfolgreich torpediert und dadurch in seiner Einführung verzögert.

Auch im Bereich des Jugendschutzes liegt einiges im Argen. So darf ein an der Landesgrenze lebender 16jähriger Jugendlicher der in der Steiermark wohnt zwar im Burgenland zeitlich uneingeschränkt eine Veranstaltung besuchen, zurück in die Steiermark darf er jedoch nach zwei Uhr nicht mehr fahren da das Steirische Jugendschutzgesetz eine Ausbleibezeit bis zwei Uhr vorsieht.

Die Macht der Länder und vor allem der jeweiligen Landeshauptleute bezieht sich also hauptsächlich auf den Bereich der ihnen zustehenden Landesgesetze und dem damit verbundenen Einspruchsrecht bei der Bundesgesetzgebung. Das dies ein politisch gefärbtes Spielchen, das je nach Ausgang der letzten Wahl bzw. der Zusammensetzung der Landesregierungen gespielt wird, versteht sich selbstredend.

Es ist höchst an der Zeit das sich alle maßgebenden Kräfte in diesem Land zusammensetzen und einmal die persönlichen und parteitaktischen Befindlichkeiten dem allgemeinen Wohle aller ÖsterreicherInnen unterordnen. Vor allem im sozialen Bereich aber auch im Bildungswesen wäre eine einheitlich Lösungen zu begrüßen. Eine Verwaltungsreform kann und wird nur gemeinsam funktionieren. Wo Kostenersparnisse zu erwarten sind sollte niemand einem Zentralismus im Wege stehen. Die zusätzlichen Kosten tragen nämlich nicht der Reichen in Österreich sondern wir alle.

Franz Grün ist Bundessekretär des GLBvida