Freiheitsberaubung und Nötigung für einvernehmliche Kündigung
- Mittwoch, 4. August 2010 @ 13:53
Von Josef Stingl, GLB-Sprecher Tirol
Februar, „hoher Besuch“ in einer Tiroler Schlecker-Filiale: Der Bezirksleiterin missfällt, dass die Filialleiterin ein Cola getrunken hat und dieses erst am nächsten Tag kassiert wurde. Dass sich Schlecker-Angestellte nicht selbst kassieren dürfen und die Filialleiterin zum Zeitpunkt des Konsums des Getränks – wie so oft – alleine in der Filiale Dienst hatte, lässt die Schlecker-Bezirkschefin nicht gelten: Dann hätte sie eben den ganzen Tag dursten müssen! Besagte Bezirksleiterin hatte die Filialleiterin ohnehin schon am Kicker, hatte diese schon einmal während der Dienstzeit – verbotenerweise – vor dem Geschäft schnell eine Tschick inhaliert. Ohne entsprechendes Macht-Exempel könnten diese „schlechten Sitten“ womöglich noch NachahmerInnen finden. Kündigung oder gar eine Fristlose wollte „Frau Chefin“ aber doch nicht aussprechen – negative Medienberichte über die „rigide Schlecker-Personalführung“ hatten schon mehrmals den Geschäftsgang beeinträchtigt und außerdem könnte dies ja wieder zu lästigen Gewerkschaftsvisiten „ihrer“ Filialen führen.
Eine „einvernehmliche Lösung“ musste deshalb her – nicht so einfach, denn die Filialleiterin war bockig und wollte nicht zustimmen. „Eine Unverschämtheit, bodenlose Frechheit! “, das konnte sich die Bezirksleiterin nicht bieten lassen – sich in der Bürotür breit machend versperrte sie ihrer Noch-Angestellten so lange den Ausgang, bis diese ihre Unterschrift unter die „einvernehmliche“ Kündigung setzte.
So oder so ähnlich hat sich die maßlose Kompetenzüberschreitung, die am Dienstag im Innsbrucker Landesgericht verhandelt wurde, abgespielt. Der Staatsanwaltschaft zeigte sich über den Umgang mit Mitarbeitern und dem Zustandekommen der einvernehmlichen Kündigung erschüttert – er erweiterte die Anklage der Freiheitsentziehung auch auf den Tatbestand der vollendeten Nötigung. Bei der Einvernahme kam dann noch zu Tage, dass die Schlecker-Bezirksleiterin in „Personalunion“ auch die zuständige Betriebsrätin für den Bezirk ist. Eine Interessenskollision, wie es der Staatsanwalt „noch nie erlebt“ hat.
Das Urteil der Richterin, eine bedingte Geldstrafe von 9.600 Euro auf drei Jahre. Und das, obwohl die Angeklagte auf die Frage, ob sich die Filialleiterin auch bei einer blutenden Wunde kein Pflaster gegen spätere Bonierung nehmen dürfe, lapidar meinte, dass dies in ihren Augen Diebstahl wäre! Eine eigenwillige Meinung, für eine Betriebsrätin überhaupt skandalös. Immerhin sieht Österreichs Arbeitsrecht eine Obsorgepflicht vor – die Verpflichtung der ArbeitgeberInnen, die schutzwürdigen Interessen (Leben, Gesundheit, Sittlichkeit, Eigentum) der ArbeitnehmerInnen zu wahren.
Die uneinsichtige „Schlecker-Chefin“ kann sich freuen, obwohl sie wegen Freiheitsentzug und Nötigung (noch nicht rechtskräftig) für schuldig gesprochen wurde, kommt sie mit einem Eintrag im Strafregisterauszug davon. Von ihrem Arbeitgeber hat sie deshalb sicher nichts zu befürchten, außer vielleicht den Erhalt einer Prämie für ihre unternehmerische Effizienz. Zudem ist dieses milde Urteil eine Einladung Beschäftigte mit Gesetzesübertretungen unanständig zu behandeln.
Ein Fall für die GPA, sich wieder verstärkt mit den Schlecker-Märkten auseinanderzusetzen, ein Fall für Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund sich verstärkt gegen manch unverständliche Urteilsfindung österreichischer Gerichte zu wehren.
Februar, „hoher Besuch“ in einer Tiroler Schlecker-Filiale: Der Bezirksleiterin missfällt, dass die Filialleiterin ein Cola getrunken hat und dieses erst am nächsten Tag kassiert wurde. Dass sich Schlecker-Angestellte nicht selbst kassieren dürfen und die Filialleiterin zum Zeitpunkt des Konsums des Getränks – wie so oft – alleine in der Filiale Dienst hatte, lässt die Schlecker-Bezirkschefin nicht gelten: Dann hätte sie eben den ganzen Tag dursten müssen! Besagte Bezirksleiterin hatte die Filialleiterin ohnehin schon am Kicker, hatte diese schon einmal während der Dienstzeit – verbotenerweise – vor dem Geschäft schnell eine Tschick inhaliert. Ohne entsprechendes Macht-Exempel könnten diese „schlechten Sitten“ womöglich noch NachahmerInnen finden. Kündigung oder gar eine Fristlose wollte „Frau Chefin“ aber doch nicht aussprechen – negative Medienberichte über die „rigide Schlecker-Personalführung“ hatten schon mehrmals den Geschäftsgang beeinträchtigt und außerdem könnte dies ja wieder zu lästigen Gewerkschaftsvisiten „ihrer“ Filialen führen.
Eine „einvernehmliche Lösung“ musste deshalb her – nicht so einfach, denn die Filialleiterin war bockig und wollte nicht zustimmen. „Eine Unverschämtheit, bodenlose Frechheit! “, das konnte sich die Bezirksleiterin nicht bieten lassen – sich in der Bürotür breit machend versperrte sie ihrer Noch-Angestellten so lange den Ausgang, bis diese ihre Unterschrift unter die „einvernehmliche“ Kündigung setzte.
So oder so ähnlich hat sich die maßlose Kompetenzüberschreitung, die am Dienstag im Innsbrucker Landesgericht verhandelt wurde, abgespielt. Der Staatsanwaltschaft zeigte sich über den Umgang mit Mitarbeitern und dem Zustandekommen der einvernehmlichen Kündigung erschüttert – er erweiterte die Anklage der Freiheitsentziehung auch auf den Tatbestand der vollendeten Nötigung. Bei der Einvernahme kam dann noch zu Tage, dass die Schlecker-Bezirksleiterin in „Personalunion“ auch die zuständige Betriebsrätin für den Bezirk ist. Eine Interessenskollision, wie es der Staatsanwalt „noch nie erlebt“ hat.
Das Urteil der Richterin, eine bedingte Geldstrafe von 9.600 Euro auf drei Jahre. Und das, obwohl die Angeklagte auf die Frage, ob sich die Filialleiterin auch bei einer blutenden Wunde kein Pflaster gegen spätere Bonierung nehmen dürfe, lapidar meinte, dass dies in ihren Augen Diebstahl wäre! Eine eigenwillige Meinung, für eine Betriebsrätin überhaupt skandalös. Immerhin sieht Österreichs Arbeitsrecht eine Obsorgepflicht vor – die Verpflichtung der ArbeitgeberInnen, die schutzwürdigen Interessen (Leben, Gesundheit, Sittlichkeit, Eigentum) der ArbeitnehmerInnen zu wahren.
Die uneinsichtige „Schlecker-Chefin“ kann sich freuen, obwohl sie wegen Freiheitsentzug und Nötigung (noch nicht rechtskräftig) für schuldig gesprochen wurde, kommt sie mit einem Eintrag im Strafregisterauszug davon. Von ihrem Arbeitgeber hat sie deshalb sicher nichts zu befürchten, außer vielleicht den Erhalt einer Prämie für ihre unternehmerische Effizienz. Zudem ist dieses milde Urteil eine Einladung Beschäftigte mit Gesetzesübertretungen unanständig zu behandeln.
Ein Fall für die GPA, sich wieder verstärkt mit den Schlecker-Märkten auseinanderzusetzen, ein Fall für Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund sich verstärkt gegen manch unverständliche Urteilsfindung österreichischer Gerichte zu wehren.