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Ständige Verunsicherung

  • Montag, 5. Juli 2010 @ 13:32
GPF Neben Lohndumping und Sozialabbau, ständiger Rationalisierung und der Drohung, Arbeitsplätze zu vernichten gehört die permanente Umstrukturierung als ständige und gezielte Verunsicherung seit Jahren zum Standardrezept der Unternehmen. „Die Arbeit“ sprach darüber mit Robert Hobek, Personalvertreter bei der Post AG und GLB-Arbeiterkammerrat in Wien: Die Arbeit: Nicht erst seit dem legalisierten Raubzug Mitte Mai 2006, als 49 Prozent der Post an die Börse gingen ohne die Eigentümerin, nämlich die Bevölkerung, zu fragen, gewinnt man den Eindruck, dass die Post nicht zur Ruhe kommt. Moderne Verteilzentren wurden aus dem Boden gestampft, gleichzeitig wurden und werden laufend Postämter zugesperrt. Gerhard Fritz, Vorsitzender der Postgewerkschaft, lobte noch vor wenigen Wochen in Brüssel dar „Postmarktgesetz“ als beispielhaft für die EU. Siehst Du das auch so bzw. wird es auch noch in Zukunft „klassische“ Postämter mit qualifiziertem Personal geben?

Hobek: Alles ist so gekommen wie wir es vom GLB immer gesagt haben und dafür vor allem von der FSG und deren Vorsitzenden als Lügner und Verunsicherer beschimpft wurden. Natürlich ist jede Privatisierung von öffentlichem Eigentum Diebstahl, weil der Eigentümer, nämlich das Volk, nicht gefragt wurde. Wir vom GLB haben schon 2005 eine Petition an den Nationalrat geschickt mit der Forderung öffentliches Eigentum verfassungsmäßig zu schützen. Wir haben es deshalb gemacht weil mit der Ausgliederung und dem anschließenden EU-Beitritt immer klarer wurde was auf Beschäftigte in allen öffentlichen Bereichen also auch bei der Bahn usw. zukommt.

Ich möchte auch an das von der FCG initiierte Volksbegehren im Vorjahr erinnern, das vom FSG-Vorsitzenden Fritz zuerst auch keine Unterstützung erhielt, denn auch der Wiedner von der FCG wurde so wie ich als Lügner diffamiert. Es stimmt, die FSG hat uns immer die Wahrheit gesagt. Ihre Wahrheiten, immer für Kampfmaßnahmen gewesen zu sein, fanden aber an der Eingangstür bei Managern und Regierung ihr Ende. Sie waren für EU-Beitritt, sie haben gegen den Lissabon-Vertrag keinen Einwand gehabt. Das sind die eigentlichen Knebelungsverträge, die mit 2011 die Liberalisierung der Post vorantreiben. Und sie sind auch fürs Faymannsche Postmarktgesetz, das erst recht eine beschleunigte Schließungswelle von weiteren Postämtern zur Folge haben wird.

Die Arbeit: Du bist als nicht freigestellter Betriebsratsvorsitzender und GLB-Arbeiterkammerrat nach wie vor täglich als Zusteller unterwegs. Gerade dabei handelt es sich ja um eine verantwortungsvolle Aufgabe, da u.a. das Postgeheimnis gewahrt werden muss. Wie haben sich hier die Arbeitsbedingungen seit dem Börsegang der Post verändert? Werden die KollegInnen, die ständig mit Änderungen konfrontiert werden, davon nicht krank?

Hobek: Ja, ich bin nach wie vor Zusteller und das war für mich auch sehr wichtig um die Veränderungen selbst zu erleben um nicht abgehoben von der Basis zu sein wie es andere sind. Sicherlich ist es vor allem am Land mitunter nicht auszuschließen, dass die Vertraulichkeit gewahrt bleibt, wie es bei unseren KollegInnen der Fall ist und wer lange als Zusteller bei ein und denselben Personen seine Post austrägt, der wird so eine Vertrauensperson und das sagen uns auch die Leute. Sicherlich wird durch die ständigen Veränderungen der Arbeitsbedingungen die Unzufriedenheit der KollegInnen spürbar und auch die Unzufriedenheit gegenüber der Gewerkschaft, egal welche Fraktion, spürbarer und Austritte vermehren sich vor allem bei Älteren KollegInnen.

Die Arbeit: Seit einiger Zeit gibt es ja einen neuen Kollektivvertrag für neue KollegInnen und den Versuch, vor allem Teilzeitkräfte (z.B. Vorsortiererinnen), deren Kettendienstverträge alle drei Monate erneuert werden, dafür zu gewinnen, auf Basis dieses neuen KVs zu arbeiten. Sind Kettendienstverträge nicht eigentlich verboten?

Hobek: Ich möchte daran erinnern, dass wir vom GLB auf Basis der Erkenntnis des ÖGB Kettenverträge als ungesetzlich aufgezeigt haben und vermehrt in der ersten Phase solche erfolgreich eingeklagt haben. Wir als GLB lehnen diesen neuen KV ab, da es sich um Dumpinglöhne handelt und die Beschäftigten als Menschen zweiter Klasse behandelt werden.

Die Arbeit: Die Post vernichtet schon seit längerem Arbeitsplätze und hat extra ein „Karriereentwicklungscenter“ (KEC) eingerichtet. Werden dort überhaupt „Karrieren entwickelt“? Wie wirkt sich die unsichere Zukunft und Mehrbelastung gesundheitlich auf die Beschäftigten aus?

Hobek: Die Frage ist nur ironisch zu beantworten und man sollte hier fragen ob man dort eine Ausbildung zum Manager erhält und von dort als hochbezahlter Manager im Betrieb zurückkehrt. Doch Spaß bei Seite: Viele KollegInnen haben uns geschrieben und uns von Ihrer Situation berichtet. Aus den Medien war zu entnehmen, dass sich einer der Kollegen aus Verzweiflung über seine Situation das Leben genommen hat.

Die Arbeit: Welche Forderungen stellt der Gewerkschaftliche Linksblock im Bereich der Post?

Hobek: Wir fordern nach wie vor die Rückführung der Post in öffentliches Eigentum. Des Weiteren verlangen wir die Verkürzung der Arbeitszeit auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Die Rücknahme des neuen KV und einen gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde. Keine weiteren Schließungen von Postämtern, sondern einen Ausbau der Angebote im Bereich des Filialnetzes. Natürlich auch die Rücknahme des Postmarkgesetzes. Wir sagen „Stoppt den Postraub! Ja zum verfassungsmäßigen Schutz von öffentlichem Eigentum!“

Die Arbeit: Danke für das Gespräch.