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Der tägliche Bankraub

  • Dienstag, 16. Februar 2010 @ 08:17
Meinung Von Leo Furtlehner

„Bankraub ist eine Unternehmung von Dilettanten. Wahre Profis gründen eine Bank“ brachte Bertolt Brecht die Sache auf den Punkt. In der Tat, wer eine Bank ausraubt wird mit großer Wahrscheinlichkeit gefasst und kommt hinter Gittern.

Wer hingegen mit Milliarden am Finanzmarkt jongliert und tausende KundInnen schädigt geht meist straflos aus und wird sogar mit Bonus oder Abfertigung in Millionenhöhe belohnt. Aktuell wird diskutiert, ob der Staat gestohlene Bankdaten kaufen darf um damit Steuerhinterzieher an die Kandare zu nehmen. Die Verteidiger des Reichtums sehen den Rechtsstaat in Gefahr. Dass dieser schon längst zugunsten der „Bedürfnisse“ einer winzigen Minderheit demontiert wurde, wird schamvoll unterschlagen.

Das Bankgeheimnis als eine Säule des Systems ist ins Gerede gekommen: Bezeichnenderweise verteidigt die FPÖ, die „Partei des kleinen Mannes“, das Bankgeheimnis mit Zähnen und Klauen: Die kleinen SparerInnen werden vorgeschoben um die Millionen der G´stopften und Schwarzgeld aus Waffen, Drogen, Prostitution und Steuerhinterziehung zu schützen.

Der Finanzplatz Schweiz, seit Jahrzehnten Eldorado der Steuerhinterzieher, kommt in die Bredouille. Die Zeiten, wo angefangen von den Nazis über Despoten aus Entwicklungsländern bis zu diversen Spekulanten milliardenschwer in der Schweiz veranlagt wurde nähern sich dem Ende, weil auch weiterblickende Teile der herrschenden Klasse im Interesse der Systemerhaltung diese Auswüchse beseitigen wollen. Freilich ist auch Österreich ein Steuerparadies, denkt man nur an die 3.300 steuerschonenden Privatstiftungen oder die Abschaffung von Vermögens- und Erbschaftssteuer.

Der legalisierte Bankraub hat verschiedene Spielarten: Sei es die Spekulation mit fremden, weil anvertrauten Geld, bei der die EigentümerInnen bestenfalls in kleingedruckten Fußnoten auf das Risiko am Finanzmarkt hingewiesen werden und sich vielfach zu Recht betrogen sehen, wenn sich ihr Geld in Luft aufgelöst hat.

Sei es aber auch mit der tagtäglichen Abzocke. Ist es doch verwunderlich, wenn man sein Geld der Bank anvertraut und bei normaler Veranlagung ohnehin mit mageren Zinsen abgespeist wird, gleichzeitig aber für jeden Handgriff mit satten Spesen zahlen muss.

So wurde Ende der 60er Jahre die bargeldlose Auszahlung von Löhnen, Gehältern und Pensionen propagiert und damit den Banken das Geld im großen Stil zugeführt.

Ohne Konto funktioniert das tägliche Leben schon längst nicht mehr, für die Banken ein gefundenes Fressen. Denn die KontoinhaberInnen müssen für jede Leistung (Kontoführung, Kontoüberziehung, Kreditspesen, Spesen von Sparbüchern) brennen wie ein Luster. Bareinzahlungen an ein anderes Institut werden finanziell „bestraft”, selbst für die Kontoführung via Internet zockt die Bank ab.

Den Banken ist es gelungen, das Verhältnis zu ihrer Kundschaft von den Beinen auf den Kopf zu stellen. Obwohl die Finanzinstitute die Lohn- und Gehälter der gesamten Bevölkerung ansaugen und damit am Kredit-, Wertpapier- und Devisensektor gute Geschäfte machen, kassieren sie saftige Gebühren für jede erbrachte Leistung.

Dabei garantiert der große Zinsunterschied zwischen Sparbüchern und Konsum- oder Wohnbaukrediten ohnehin saftige Profite. Dennoch lassen die Kreditinstitute sich jeden Handgriff bezahlen, den sie nicht nur für die Kunden, sondern auch im eigenen Interesse tätigen. Das trifft speziell auf die Kontoführung zu. Laut EU-Kommission werden in Österreich dafür pro Jahr rund 140 Euro verrechnet – in Deutschland 89, in Belgien 58 und in den Niederlanden 46 Euro. Zusätzlich bescheinigt die EU den österreichischen Konten besondere Unübersichtlichkeit bei Ausweisung der Gebühren.

Zur Melkkuh der Finanzhaie werden alle Bankkunden, die den Überziehungsrahmen der Girokonten in Anspruch nehmen. Dafür werden laut Arbeiterkammer bis zu 18 Prozent Zinsen verrechnet, was auf den Kontoauszügen diskret verschwiegen wird – oft der Schritt in die Schuldenfalle und Armut. Wer den Rahmen voll ausschöpft, muss für den Zinsendienst mit dynamisch steigenden Bankschulden rechnen, die mit den laufenden Einkünften kaum mehr zu tilgen sind.

Braucht nur Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Scheidung dazukommen, schon ist die Misere perfekt. Lohn- oder Gehaltspfändung sind die Folge. Empfohlene Umschuldungen sind oft noch teurer als die Überziehungszinsen.

Nicht der vereinzelte Bankraub, bei dem jemand versucht sich fehlendes Geld von der Bank zu beschaffen, sollte uns bewegen, sondern der tagtägliche, massenhafte, aber völlig legalisierte Bankraub bei dem wir alle abgezockt werden. Die Banken haben Geld und Vertrauen der KundInnen missbraucht und durch ihre Geschäfte die Finanzkrise ausgelöst. Höchste Zeit daher mit dem Treiben Schluss zu machen und die Banken in gesellschaftliches Eigentum zu überführen und klarzustellen, dass es unser aller Geld ist, mit dem hier gearbeitet wird.

Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“