Was ist soziale Arbeit wert?
- Montag, 1. Februar 2010 @ 14:54
Von Heike Fischer
Vielfältig sind die Berufsfelder in der Sozialen Arbeit: von der Betreuung von Wohnungslosen bis zur Beratung von überschuldeten Personen, vom Einsatz für auffällige Kinder und Jugendliche in Schule und Freizeit bis zur Beratung von Suchtkranken, von der Unterstützung kranker und pflegebedürftiger Menschen bis zur Betreuung von beeinträchtigten und älteren Personen, von der Hilfestellung für Haftentlassene bis zur beruflichen und gesellschaftlichen Integration von MigrantInnen. Und vieles andere mehr. Quer durch alle politischen Lager scheint man sich einig: Wenn es die Kolleginnen und Kollegen im Gesundheits- und Sozialbereich nicht geben würde, wäre unsere Gesellschaft viel kälter. Aber wie viel dürfen sie denn kosten?
Die vergangenen Jahre brachten vermehrt eine an betriebswirtschaftlichen Prinzipien orientierte Strömung in der Sozialen Arbeit. Neben fachspezifischen Erwägungen gewinnen Überlegungen zur Qualitätsprüfung und -maximierung, Effizienzsteigerung, Standardisierung usw. mehr und mehr an Bedeutung, dies insbesondere durch Spardruck (Mittelkürzungen und Preisdeckelung) und auch durch die gesteigerte Pflicht zum Nachweis der Wirtschaftlichkeit der Dienstleistungen.
Private und kirchliche Einrichtungen, Vereine und Dienste sehen sich seit Jahren steigenden Kosten gegenüber. Sei es, dass die Energiepreise angehoben werden oder mehr Personal erforderlich ist, um die Erwartungen und auch berechtigten Anforderungen an die Qualität sozialer Dienste zu erfüllen. Nur zu oft werden sie durch die Auftraggeber abgespeist mit dem Hinweis auf leere Kassen und Sparzwänge. Soziale Arbeit ist dennoch gefordert, mehr als nur Krisenintervention zu leisten.
Da verwundert es schon sehr, wenn bei Wirtschaftskrisen wie etwa im Finanzwesen oder in der Autoindustrie die Bereitschaft, Milliarden zur Verfügung zu stellen, sehr groß ist. Was zählt ein Mensch in der „sozialen Marktwirtschaft“? Wie „sozial“ kann sie sein, wenn die Investitionen in das „Soziale“ immer weiter zurückgefahren oder gedeckelt werden.
Welchen Wert, auch im Sinne des Preises, soziale Arbeit für eine Gesellschaft hat, impliziert die Frage nach dem Stellenwert, den die KlientInnen sozialer Arbeit in der Gesellschaft haben. Die Antwort darauf ist gleichbedeutend mit einer zentralen Kulturentscheidung unserer Gesellschaft. Hilfeleistung ist keine Ware wie ein Industrieprodukt.
Der Mensch steht im Mittelpunkt unseres Handelns. Die Forderung nach verbesserten Bedingungen für die soziale Arbeit dient nicht dem Selbstzweck der Beschäftigten in dieser Branche, sondern steht im Interesse der Qualität der Arbeit in sozialen Diensten und damit der Qualität der Versorgung durch die Dienste. Es geht hier nicht um eigene Interessen, sondern um Anliegen der KlientInnen gleichermaßen wie der Beschäftigten.
Beschäftigte in sozialen Diensten üben eine für die Gesellschaft überaus wichtige Arbeit aus. Sie haben ein Recht auf angemessene Vergütung und menschenwürdige Arbeitsbedingungen Diese können nicht von der Kassenlage der öffentlichen Hand abhängig gemacht und als zweitrangig hinter dem produzierenden Gewerbe behandelt werden oder einem Unterbietungswettbewerb im Sinne des billigsten Angebots ausgeliefert werden. Die Sozialbranche ist ein bedeutender Arbeitsmarkt mit weiter wachsender Tendenz und daher ein gewichtiger Wirtschaftsfaktor.
Wenn Beschäftigte in der Sozialbranche zu Demonstrationen auf die Straße gehen, dann ist das nicht nur eine Forderung nach fairer Entlohnung. Es zeigt zugleich auch das Dilemma, dass Sozialeinrichtungen und -vereine immer größere Schwierigkeiten haben, Löhne zu zahlen, die den gestiegenen Aufgaben gerecht werden. Ihnen fehlen die Mittel, weil sie von der Seiten der Auftrags- und Kostenträger mit Sparvorgaben und Kostenreduzierungen konfrontiert werden.
Dies ist nicht nur Angelegenheit der Beschäftigten, sondern insbesondere auch der GeschäftsführerInnen, Vorstände und Obfrauen/männer der Einrichtungen im Gesundheits- und Sozialbereich. Diesen sollte es doch nachhaltiger gelingen, Forderungen an die Politik des Landes und des Bundes und damit Einfluss auf die Umverteilung der finanziellen Mittel zu nehmen. Sie hätten die Chance, sich mit ihren Klientinnen und MitarbeiterInnen zu solidarisieren, und könnten damit ein Zeichen setzen, dass zumindest sie die soziale Arbeit in ihren Einrichtungen wertschätzen und achten. Aber stattdessen versinken die allermeisten von ihnen in einem Jammertal: Wir sind doch selbst so arm und können nichts tun! Ein paar mutige, intensive und deutliche Schritte auf dieser Ebene sind absolut notwendig.
Engagement für mehr Mitmenschlichkeit, nicht nur verbale Anerkennung sozialer Arbeit, sondern auch die Bereitschaft und der Wille sie durch entsprechende finanzielle Ausstattungen zu fördern, sind gefragt.
Heike Fischer ist BRV von Zentrum Spattstraße in Linz
Vielfältig sind die Berufsfelder in der Sozialen Arbeit: von der Betreuung von Wohnungslosen bis zur Beratung von überschuldeten Personen, vom Einsatz für auffällige Kinder und Jugendliche in Schule und Freizeit bis zur Beratung von Suchtkranken, von der Unterstützung kranker und pflegebedürftiger Menschen bis zur Betreuung von beeinträchtigten und älteren Personen, von der Hilfestellung für Haftentlassene bis zur beruflichen und gesellschaftlichen Integration von MigrantInnen. Und vieles andere mehr. Quer durch alle politischen Lager scheint man sich einig: Wenn es die Kolleginnen und Kollegen im Gesundheits- und Sozialbereich nicht geben würde, wäre unsere Gesellschaft viel kälter. Aber wie viel dürfen sie denn kosten?
Die vergangenen Jahre brachten vermehrt eine an betriebswirtschaftlichen Prinzipien orientierte Strömung in der Sozialen Arbeit. Neben fachspezifischen Erwägungen gewinnen Überlegungen zur Qualitätsprüfung und -maximierung, Effizienzsteigerung, Standardisierung usw. mehr und mehr an Bedeutung, dies insbesondere durch Spardruck (Mittelkürzungen und Preisdeckelung) und auch durch die gesteigerte Pflicht zum Nachweis der Wirtschaftlichkeit der Dienstleistungen.
Private und kirchliche Einrichtungen, Vereine und Dienste sehen sich seit Jahren steigenden Kosten gegenüber. Sei es, dass die Energiepreise angehoben werden oder mehr Personal erforderlich ist, um die Erwartungen und auch berechtigten Anforderungen an die Qualität sozialer Dienste zu erfüllen. Nur zu oft werden sie durch die Auftraggeber abgespeist mit dem Hinweis auf leere Kassen und Sparzwänge. Soziale Arbeit ist dennoch gefordert, mehr als nur Krisenintervention zu leisten.
Da verwundert es schon sehr, wenn bei Wirtschaftskrisen wie etwa im Finanzwesen oder in der Autoindustrie die Bereitschaft, Milliarden zur Verfügung zu stellen, sehr groß ist. Was zählt ein Mensch in der „sozialen Marktwirtschaft“? Wie „sozial“ kann sie sein, wenn die Investitionen in das „Soziale“ immer weiter zurückgefahren oder gedeckelt werden.
Welchen Wert, auch im Sinne des Preises, soziale Arbeit für eine Gesellschaft hat, impliziert die Frage nach dem Stellenwert, den die KlientInnen sozialer Arbeit in der Gesellschaft haben. Die Antwort darauf ist gleichbedeutend mit einer zentralen Kulturentscheidung unserer Gesellschaft. Hilfeleistung ist keine Ware wie ein Industrieprodukt.
Der Mensch steht im Mittelpunkt unseres Handelns. Die Forderung nach verbesserten Bedingungen für die soziale Arbeit dient nicht dem Selbstzweck der Beschäftigten in dieser Branche, sondern steht im Interesse der Qualität der Arbeit in sozialen Diensten und damit der Qualität der Versorgung durch die Dienste. Es geht hier nicht um eigene Interessen, sondern um Anliegen der KlientInnen gleichermaßen wie der Beschäftigten.
Beschäftigte in sozialen Diensten üben eine für die Gesellschaft überaus wichtige Arbeit aus. Sie haben ein Recht auf angemessene Vergütung und menschenwürdige Arbeitsbedingungen Diese können nicht von der Kassenlage der öffentlichen Hand abhängig gemacht und als zweitrangig hinter dem produzierenden Gewerbe behandelt werden oder einem Unterbietungswettbewerb im Sinne des billigsten Angebots ausgeliefert werden. Die Sozialbranche ist ein bedeutender Arbeitsmarkt mit weiter wachsender Tendenz und daher ein gewichtiger Wirtschaftsfaktor.
Wenn Beschäftigte in der Sozialbranche zu Demonstrationen auf die Straße gehen, dann ist das nicht nur eine Forderung nach fairer Entlohnung. Es zeigt zugleich auch das Dilemma, dass Sozialeinrichtungen und -vereine immer größere Schwierigkeiten haben, Löhne zu zahlen, die den gestiegenen Aufgaben gerecht werden. Ihnen fehlen die Mittel, weil sie von der Seiten der Auftrags- und Kostenträger mit Sparvorgaben und Kostenreduzierungen konfrontiert werden.
Dies ist nicht nur Angelegenheit der Beschäftigten, sondern insbesondere auch der GeschäftsführerInnen, Vorstände und Obfrauen/männer der Einrichtungen im Gesundheits- und Sozialbereich. Diesen sollte es doch nachhaltiger gelingen, Forderungen an die Politik des Landes und des Bundes und damit Einfluss auf die Umverteilung der finanziellen Mittel zu nehmen. Sie hätten die Chance, sich mit ihren Klientinnen und MitarbeiterInnen zu solidarisieren, und könnten damit ein Zeichen setzen, dass zumindest sie die soziale Arbeit in ihren Einrichtungen wertschätzen und achten. Aber stattdessen versinken die allermeisten von ihnen in einem Jammertal: Wir sind doch selbst so arm und können nichts tun! Ein paar mutige, intensive und deutliche Schritte auf dieser Ebene sind absolut notwendig.
Engagement für mehr Mitmenschlichkeit, nicht nur verbale Anerkennung sozialer Arbeit, sondern auch die Bereitschaft und der Wille sie durch entsprechende finanzielle Ausstattungen zu fördern, sind gefragt.
Heike Fischer ist BRV von Zentrum Spattstraße in Linz