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ÖVP will mit EisenbahnerInnen-Bashing von ihrer Verantwortung ablenken

  • Mittwoch, 25. November 2009 @ 11:53
News Auf die Taktik „Eisenbahner hauen“ setzt die ÖVP, um von ihrer politischen Verantwortung für den heutigen Zustand der ÖBB abzulenken, stellt Karin Antlanger, Bundesvorsitzende der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB) zu jüngsten Angriffen von ÖVP-Staatssekretär Reinhold Lopatka auf die ÖBB-Bediensteten fest. Lopatka ereiferte sich einmal mehr über die angeblichen Privilegien der ÖBB-Bediensteten und kündigte an binnen fünf Jahren die „extremsten Auswüchse des ÖBB-Dienstrechts“ zu beseitigen. Wie üblich stützt sich dieses EisenbahnerInnen-Bashing auf eine Gefälligkeitsumfrage, weil laut IMAS 67 Prozent der Suggestivfrage zustimmen, Infrastrukturministerin Doris Bures würde bei den ÖBB nicht konsequent genug durchgreifen.

Dabei hätte die Ministerin Anlässe genug um den schon in der schwarzblauen Regierungszeit angerichteten Saustall im ÖBB-Management aufzuräumen, der durch die gezielte Zerstörung der ÖBB in der schwarzblauen Regierungszeit durch Zergliederung in zahllose Teilgesellschaften unter dem Dach einer Holding angerichtet wurde um lukrative Teilbereiche für eine Privatisierung vorzubereiten: „Aber Lopatka hat wohl nicht diese Missstände gemeint, sondern will ganz im Stile der neoliberalen Entsolidarisierung den Unmut von ÖBB-Fahrgästen und Bevölkerung gegen die Beschäftigten lenken, welche den Unmut über die Desorganisation der ÖBB ausbaden sollen“, kritisiert Antlanger.

Wie auch ÖBB-Konzernbetriebsratsvorsitzender Wilhelm Haberzettl klarstellte sind die von Lopatka angeführten Argumente Schnee von gestern, weil die ÖBB-Bediensteten schon durch die rotschwarze Regierung vor 2000 enorme Einschnitte im Dienst- und Pensionsrecht verkraften mussten: So unterliegen als Konsequenz der Ausgliederung der ÖBB aus dem Bundesbudget im Jahre 1993 alle seit 1995 neueintretenden Bediensteten dem ASVG, die Anrechnung der Nebengebühren für die Pension wurde schon vor 40 Jahren pauschaliert, das allgemeine Arbeitszeitgesetz auch für EisenbahnerInnen eingeführt und zudem seit 1996 die ÖBB-PensionistInnen mit einem zusätzlichen Pensionssicherungsbeitrag belastet werden, der auch nicht aufgehoben wurde als 2000 die Pensionserhöhungen von den Gehaltserhöhungen der aktiven ÖBB-Beschäftigten abgekoppelt wurden.

Hinter diesem EisenbahnerInnen-Bashing von Lopatka sollen die wirklichen Skandale verschwinden: Etwa dass durch spekulative Geschäfte des ÖBB-Vorstandes mit riskanten Cross Border Leasing-Verträgen ein Verlust von 620 Millionen Euro bei Veranlagungen durch die Deutsche Bank entstanden ist. Oder dass der Staranwalt Eduard Saxinger als früherer ÖBB-Aufsichtsrat satte 100.000 Euro Beraterhonorar und ÖBB-Aufsichtsratsboss Horst Pöchacker (Porr) 82.300 Euro für Werkverträge ohne Aufsichtsratsbeschluss kassierten.

Legendär sind die politischen Postenbesetzungen mit Parteigünstlingen von FPÖ und BZÖ in der Ära der schwarzblau/orangen Regierung, deren Zahl durch die Zerschlagung der einheitlichen ÖBB gigantisch aufgeblasen und der Managementsektor zu einem riesigen Selbstbedienungsladen umgewandelt wurde. Gar nicht zu reden von den dubiosen Krankenstandsakten die durch Bespitzelung von Beschäftigten auf Weisung des Managements angelegt wurde. Die einzige wirkliche „Leistung“ der ÖBB-Chefs ist seit Jahren nur ein kontinuierlicher Personalabbau und damit verbunden ein wachsender Leistungsdruck auf die verbleibenden Beschäftigten. So ist laut Pöchhacker eine weitere Reduzierung von derzeit 42.000 auf 37.000 Beschäftigte vorgesehen.

Um die jahrzehntelang bewährte Bahn nicht endgültig in einen verkehrspolitischen Kollaps nach dem Negativ-Beispiel der britischen Bahn zu führen, fordert der GLB eine grundlegende Änderung der Bahnpolitik. Eine solche verlangt natürlich eine Absage an die EU-konforme Liberalisierung und die Aufhebung der Trennung von Infrastruktur und Betrieb: „Notwendig ist der Rückbau der ÖBB zu einem einheitlichen integrierten Verkehrsunternehmen nach dem Muster der Eisenbahnen in der Schweiz, Kanada oder Japan und eine Verkehrspolitik mit klarer Priorität für die Bahn“, so Antlanger abschließend. Lobbyisten die in eigener Sache handeln haben zudem im Aufsichtsrat nichts zu suchen und gehören abgelöst.