Willkommen bei GLB - Gewerkschaftlicher Linksblock (Alte Website - Archiv seit Mai 2023) 

Robert Hobek: Arbeitszeitverkürzung statt Kurzarbeit, gesetzlicher Mindestlohn

  • Dienstag, 3. November 2009 @ 23:00
Wien
In seiner Rede bei der 152. Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer am 3. November 2009 setzte sich der AK-Rat des Gewerkschaftlichen Linksblocks, Robert Hobek, kritisch mit der Forderung von Präsident Tumpel nach einem neuen Arbeitspaket auseinander. Anhand der nach wie vor steigenden Arbeitslosigkeit wäre es sinnvoller, statt Kurzarbeit die Arbeitszeit zu verkürzen. Mehr als tausend KollegInnen haben sich mit ihrer Unterschrift für die 35-Stundenwoche bei vollem Lohn statt Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit ausgesprochen. „Während sofort Millionen zur Rettung von Banken zur Verfügung gestellt werden, wird behauptet, es sei nicht genug Geld für den kostenlosen und freien Zugang zu den Universitäten, für die Studierenden bzw. Bildung oder für die Pensionen vorhanden. Und das in einem der reichsten Länder der Welt“ so Hobek. Gleichzeitig sollen ArbeiterInnen und Angestellte bei den laufenden Kollektivvertragsverhandlungen mit Almosen abgespeist werden und dies bei noch weiter reichender Flexibilisierung der Arbeitszeit, wie derzeit bei den KV-Verhandlungen in der Metallindustrie. Immer mehr kommen mit ihrem Einkommen selbst bei ganztägiger Arbeit nicht mehr aus. Daher ist ein gesetzlicher Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde notwendiger denn je.

Robert Hobek erklärte sich solidarisch mit den Protesten und berechtigten Anliegen der Studierenden: „Die gegenseitige Unterstützung der um ihren KV kämpfenden Beschäftigten und der Studierenden kann vieles bewegen“, so Robert Hobek.

Neuerlich forderte Hobek den sofortigen Rücktritt des 3. Nationalratspräsidenten Martin Graf und – da er dies offenbar nicht freiwillig macht – gesetzliche Regelungen, die dem Nationalrat auch die Abwahl ermöglicht: „Es ist unerträglich, dass Martin Graf kurz vor dem Gedenktag an die Reichskristallnacht immer noch im Amt ist“, so Hobek.

Nachdem ein AK-Rat der Freiheitlichen meinte, frühere Regierungen hätten es verabsäumt, Gastarbeiter zurückzuschicken, gab es eine klare Antwort von Willi Mernyi (FSG), der bedenkliche Zitate von früheren und heutigen FP-Politikern vortrug. Daraufhin zog die FA geschlossen aus der Vollversammlung aus, nicht ohne Robert Hobek und Willi Mernyi beim Auszug mit Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft zu drohen.

Der GLB brachte zu dieser Vollversammlung eine Resolution und zehn Anträge ein. Angenommen wurden neben einer Resolution an die spanische Regierung und Justiz, die Repressalien gegen den baskischen Gewerkschaftsverband L.A.B. einzustellen, unter anderem die GLB-Anträge zur Entkoppelung der Notstandshilfe vom Haushaltseinkommen und für Vermögensbesteuerung. Der Antrag auf Einführung der 35-Stunden-Woche statt Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit wurde dem entsprechenden Ausschuss zugewiesen. Nachstehend die GLB-Anträge im Wortlaut:

Resolution: Solidarität mit baskischer Gewerkschaft L.A.B. (angenommen)

Die 152. Vollversammlung der AK Wien verurteilt jede Form terroristischer und polizeistaatlicher Mittel zur Lösung von Minderheitsproblemen und protestiert entschieden gegen die Attacke der spanischen Justiz auf die Zentrale des baskischen Gewerkschaftsverbandes L.A.B. und gegen die Verhaftung des ehemaligen Generalsekretärs von L.A.B., Kollegen Rafael Diez Usabiaga. Die 152. Vollversammlung der AK Wien fordert die Regierung und Justiz Spaniens auf, unverzüglich das Recht der freien Gewerkschaftstätigkeit zu garantieren und die Repressalien gegen den baskischen Gewerkschaftsverband L.A.B. unverzüglich einzustellen.

Begründung: Am späten Nachmittag des 13. Oktober 2009 wurde die Zentrale des baskischen Gewerkschaftsverbandes L.A.B. von der spanischen Polizei gestürmt und 6 Personen, darunter der ehemalige Generalsekretär von L.A.B., Kollege Rafael Diez Usabiaga, verhaftet. Anwesende KollegInnen wurden mit gezogener Pistole gezwungen, sich mit erhobenen Händen an die Wand zu stellen, um perlustriert zu werden, sie mussten sich zudem ausweisen. Dies stellt einen massiven Angriff auf die Rechte der Gewerkschaften in Spanien dar.

Antrag 1: Produktivitätsentwicklung (angenommen)

Die 152. Vollversammlung der AK Wien setzt sich dafür ein, im jährlich erscheinenden Wirtschafts- und Sozialstatistischen Taschenbuch der Bundesarbeitskammer die Produktivitätsentwicklung in der Sachgüterproduktion (nach Beschäftigten und geleisteten Arbeitsstunden), wie dies früher auch der Fall war, wieder aufzunehmen.

Begründung: Die Produktivitätsentwicklung in den produzierenden Bereichen ist die Grundlage der gesellschaftlichen Produktivitätsentwicklung. Es ist aber den Unternehmern in den letzten zwei Jahrzehnten gelungen, die Reallohnentwicklung von der Produktivitätsentwicklung abzukoppeln. Ergebnis ist die dramatisch gesunkene Lohnquote am Volkseinkommen. Die offensivere Darstellung der Produktivitätsentwicklung in den Statistiken der Arbeiterkammer ist eine wichtige Hilfe für viele BetriebsrätInnen und GewerkschaftsfunktionärInnen bei der Durchsetzung von Lohnforderungen.

Antrag 2: AK-Bildungsgutschein (zugewiesen)

Die 152. Vollversammlung der AK Wien beschließt die Erhöhung des AK-Bildungsgutscheins um Euro 50.

Begründung: In den letzten Jahren wurde der Wert des AK-Bildungsgutscheins nicht angehoben, obwohl die Preise für Bildungsangebote gestiegen sind. Da eine gute Bildung bzw. Ausbildung die Chance erhöht, in Beschäftigung zu bleiben bzw. wieder auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen, ist die Erhöhung des Wertes des Bildungsgutscheines eine sinnvolle Investition zugunsten der AK-Mitglieder.

Antrag 3: Bonus-Malus-System für ältere Beschäftigte (zugewiesen)

Die 152. Vollversammlung der AK Wien fordert den Gesetzgeber auf, das Bonus-Malus System zugunsten älterer Beschäftigter wieder einzuführen.

Begründung: Wenn ein/e über 50jährige/r Beschäftigte/r eingestellt wurde, erhielt der Dienstgeber einen Bonus, wenn ein/e über 50jährige/r Beschäftigte/r nach mindestens zehnjähriger Betriebszugehörigkeit gekündigt wurde, musste vom Unternehmen ein Malus-Betrag bezahlt werden. Gerade jetzt, angesichts steigender Arbeitslosigkeit, sollen Schutzmechanismen ausgebaut statt abgeschafft werden. Davon sollen auch ältere Beschäftigte profitieren.

Antrag 4: Ersatzmitglieder in Ausschüssen (abgelehnt)

Die 152. Vollversammlung der AK Wien beschließt, dass Mitglieder einer wahlwerbenden Gruppe, die einem Ausschuss der AK Wien angehören, durch jeweils ein der AK Wien zu nennendes Ersatzmitglied im Ausschuss vertreten sein kann. Dieses muss aus dem Kreis der AK-RätInnen bzw. der Ersatz-AK-RätInnen kommen. Das Arbeiterkammergesetz soll dahingehend geändert werden.

Begründung: Immer wieder gibt es Gründe, warum ein Mitglied eines Ausschusses nicht an einer Beratung teilnehmen kann. Kleinere Fraktionen bzw. wahlwerbende Gruppen, die in der AK-Vollversammlung vertreten sind, werden oft in mehreren Ausschüssen durch den gleichen Kollegen bzw. die gleiche Kollegin vertreten. Damit wichtige inhaltliche Positionierungen der AK Wien auch gemeinsam erarbeitet werden, soll es künftig für Fraktionen bzw. wahlwerbende Gruppen die Möglichkeit geben, für jedes für einen Ausschuss nominiertes Mitglied ein Ersatzmitglied zu nominieren.

Antrag 5: Arbeitszeitverkürzung (zugewiesen)

Die 152. Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer fordert die sofortige Einführung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, jede darüber hinausgehende Stunde muss zuschlagspflichtig sein. Die Arbeiterkammer wird sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, darunter auch jenem der Gesetzesinitiative, dafür einsetzen.

Begründung: Angesichts der Arbeitsmarktprognosen, die von 100.000 zusätzlichen Arbeitslosen in den kommenden zwei Jahren ausgehen, sowie angesichts des Auslaufens der Kurzarbeitsvereinbarungen im Herbst dieses bzw. im Frühjahr nächsten Jahres wird die allgemeine Verkürzung der Arbeitszeit dringender denn je. Seit mehr als 20 Jahren steht die 35-Stundenwoche an. Die Produktivitätsentwicklung würde sogar eine weitergehende Arbeitszeitverkürzung nahe legen. Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich ist die vernünftigere Variante als Kurzarbeit mit Lohneinbußen, da sie die volle Kaufkraft aufrecht erhält.

Antrag 6: AK-Wahlrecht (abgelehnt)

Die 152. Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer setzt sich für die Einrichtung einer Kommission der Bundesarbeiterkammer unter Einbeziehung aller Gruppen, die in den Arbeiterkammern vertreten sind, zur Überarbeitung und Demokratisierung des Wahlrechtes ein.

Begründung: Überprüft werden soll dabei u.a. ob die Zahl der KammerrätInnen in den einzelnen Bundesländern auch dem jeweiligen Stand an Beschäftigten entspricht. Weiters ist es eine besondere Hürde für neue bzw. kleine wahlwerbende Gruppen, 300 Unterstützungserklärungen nicht nur in den großen Bundesländern wie z.B. Wien, sondern die gleiche Anzahl auch in den kleineren Bundesländern erbringen zu müssen. Stattdessen treten wir für die Gleichstellung aller wahlwerbenden Gruppen für den Zugang zum Wahlrecht ein. Jede Stimme in jedem Bundesland soll gleich viel wert sein. Wie schon bei früheren Wahlen wurde durch die mangelhafte Erfassung der Wahlberechtigten auch 2009 wieder zahlreichen Kammermitgliedern das Wahlrecht vorenthalten. Für die Zukunft wäre es notwendig, dass die Kammern – wie im Gesetz vorgesehen – eine eigene WählerInnenevidenz führen, statt sich ausschließlich auf die Daten der Sozialversicherung zu stützen.

Antrag 7: Entkoppelung der Notstandshilfe vom Haushaltseinkommen (angenommen)

Die 152. Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer tritt für die Entkoppelung der Notstandshilfe vom Haushaltseinkommen ein.

Begründung: Durch die Entkoppelung der Notstandshilfe vom Haushaltseinkommen wird eine merkliche Entlastung der jeweiligen Partnerin/des jeweiligen Partners im Haushalt erreicht, der/die durch die bisherige Regelung quasi für den Lebensunterhalt seiner Partnerin/seines Partners aufkommen muss.

Antrag 8: Rücktritt Martin Grafs als 3. Nationalratspräsident (angenommen)

Die 152. Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer fordert den derzeitigen 3. Nationalratspräsidenten Martin Graf zum sofortigen Rücktritt auf. Zudem tritt sie für gesetzliche Regelungen ein, die dem Nationalrat auch die Möglichkeit der Abwahl einer Nationalratspräsidentin/eines Nationalratspräsidenten ermöglicht.

Begründung: Martin Graf hat mit seinen Handlungen mehrmals dem Ansehen der Republik Österreich schweren Schaden zugefügt. Unter anderem mit seinen Aussagen zum Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (dieser sei ein „Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus“). Dies ist mit dem Amt eines 3. Nationalratspräsidenten nicht vereinbar.

Antrag 9: Vermögensbesteuerung (angenommen)

Die 152. Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer tritt für die Wiedereinführung der Vermögen-, Erbschafs- und Schenkungssteuer, die Abschaffung der Steuerprivilegien der Stiftungen, sowie die Vermögenszuwachssteuer ein und unterstützt die diesbezüglichen Entwürfe der GPA-djp. Bis zur allgemeinen Einführung einer Finanztransaktionssteuer muss die im Jahr 2000 abgeschaffte Börsenumsatzsteuer wieder eingeführt werden.

Begründung: Die AK-Wien muss jetzt Pflöcke gegen drohende Sparpakete einschlagen, die sich gegen die arbeitende Bevölkerung, die PensionistInnen und Jugendliche richten. Der Abbau der jetzt zustande kommenden Budgetdefizite darf nicht in den Abbau von Sozialleistungen oder öffentlichen Dienstleistungen münden. Hätte die Regierung schon jetzt die Reichen und Profiteure der Finanzmarktspekulationen zur Kasse gebeten, fiele der Zuwachs an Staatsverschuldung wesentlich geringer aus.

Antrag 10: Gegen fremdenfeindliche Positionen (zugewiesen)

Die 152. Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer tritt gegen ethnische Spaltungen in der Arbeitnehmerschaft auf.

Begründung: Die Wahlergebnisse der letzten Zeit in Wien zeigen, dass fremdenfeindliche und verhetzende Positionen und Stimmungen in Wien überhand nehmen. Das führt auch dazu, dass ethnische Spaltungen in die Arbeitnehmerschaft hineingetragen werden. In Auseinandersetzung damit gehört jedenfalls auch dazu, all jene Menschen zu ermutigen, die im Alltag in Situationen, in denen rassistische Übergriffe und abwertendes Verhalten auftreten, eingreifen wollen. „ZARA“ (Beratungsstelle für Opfer und ZeugInnen von Rassismus, gefördert von der MA 17) hat genau dazu einige kurze Sports produziert, die zeigen, wie couragiertes Verhalten in verschiedenen solchen Situationen aussehen kann. Diese Spots sollen in öffentlichen Räumen, die von der AK Wien gestaltet werden und an anderen öffentlichen Plätzen gezeigt werden und es sollte von der AK Wien umgehend Kontakt mit dem Verein ZARA aufgenommen werden.