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Trojanisches Pferd im ÖGB

  • Dienstag, 3. November 2009 @ 12:54
Meinung Von Leo Furtlehner

Der Widerspruch könnte nicht größer sein: Beim Bundeskongress beschließt der ÖGB Resolutionen gegen Rassismus, Antisemitismus und Faschismus. Gleichzeitig gibt es im ÖGB offiziell anerkannt die Fraktion Freiheitlicher Arbeitnehmer (FA). Und von der FSG-Mehrheit wird sogar, wie etwa bei der Konstituierung der 2009 neugewählten nö AK-Vollversammlung geschehen, der FA der Vorsitz im Kontrollausschuss überlassen.
Auch in Arbeiterkammern, Gewerkschaften und Betrieben reduziert sich freiheitliche Politik darauf, für alle Probleme die „Ausländer“ verantwortlich zu machen. Strache fordert getrennte Sozialsysteme für In- und Ausländer. Dabei zahlen MigrantInnen 1,5 Milliarden Euro mehr in den Sozialtopf ein als sie daraus erhalten, im Klartext wären durch Straches Vorschlag die von ihm so gehätschelten Inländer damit Verlierer.

Auf Unternehmerpfaden

Der oö FA-Landesobmann und Voest-Betriebsrat Pühringer verteidigte im März 2009 die Forderung des Ringes Freiheitlicher Wirtschaftstreibender nach einer „Notgesetzgebung“, durch die das Parlament sich selbst und die Sozialpartner für den Bereich der Arbeitswelt ausschalten soll. Dieser Bruch der Bundesverfassung würde es jedem Unternehmer ermöglichen, das Arbeitszeitgesetz und andere Arbeitnehmerrechte in seinem Betrieb außer Kraft zu setzen. Die unternehmerhörige Rolle der FA in der Tradition „gelber“ Gewerkschaften der 1. Republik und der Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisationen (NSBO) der Nazis könnte wohl nicht anschaulicher bestätigt werden.

Noch 1969 lehnte die SPÖ eine FP-Fraktion und deren Vertretung im ÖGB-Bundesvorstand ab. Anfang der 70er Jahre erfolgte als Preis für die Duldung der SPÖ-Minderheitsregierung eine Kehrtwendung. Die Linksgewerkschafter in der damaligen GE lehnten dies mit dem Widerspruch zum ÖGB-Statut ab. Damals wie heute ist die FA an der Haltung ihrer Mutterpartei FPÖ zu messen, deren Einstellung als „deutschnational, antisozialistisch, reaktionär bei sozialen Problemen“ charakterisiert wurde. Und wie ein roter Faden zieht sich durch die Jahrzehnte die Stoßrichtung gegen Gewerkschaften, Arbeiterkammern, Kollektivverträge, selbstverwaltete Sozialversicherungen wie überhaupt alle Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung.

Im Zuge des Aufstieges der FPÖ nach 1986 und dem Eindringen in traditionelle SPÖ-WählerInnenschichten gab es großspurig angekündigte Bestrebungen zur Gründung eigener Gewerkschaften. So wurde am 1. Mai 1998 die Gründung einer „Freiheitlichen Gewerkschaft Österreichs“ verkündet, die sich freilich rasch im Sande verlief. Letztlich beschränkte sich die FPÖ darauf, als trojanisches Pferd im ÖGB und den Arbeiterkammern zu agieren. Dabei biedert sich die selbsternannte „Arbeiterpartei“ teilweise recht demonstrativ bei verunsicherten Lohnabhängigen an.

Stoßrichtung Gewerkschaften

Hingegen tritt die FPÖ-Abspaltung BZÖ offen für die Auflösung der Arbeiterkammern als gesetzlicher Interessenvertretung der Lohnabhängigen ein. BZÖ-Chef Bucher erklärte dezidiert „Unser Gegner sind die Gewerkschaften!“ und behauptete der ÖGB habe AUA und ÖBB ruiniert und die Wirtschaft „zersetzt“. Die Erfahrungen der Politik von FPÖ (und BZÖ) für die Lohnabhängigen während der schwarzblau/orangen Koalition von 2000 bis 2006 – Sozialabbau, Privatisierung und eine hemmungslose Günstlingswirtschaft – wurden freilich von den Betroffenen sehr rasch verdrängt.

Die Politik der FPÖ ist ein Mix aus Populismus, Fremdenfeindlichkeit, sozialer Demagogie und Ruf nach autoritären Maßnahmen. Dazu kommt die personelle Verfilzung mit dem offenen Rechtsextremismus. Auch für ÖGB und AK gilt, dass die FPÖ der politische Ausdruck der nichtbewältigten Vergangenheit Österreichs ist. Ihr Populismus als Opposition wird freilich erst möglich durch die Politik der Regierung, wobei Fremdenfeindlichkeit als Ventil dient. Die Schlüsselfrage ist allerdings das Buhlen der beiden Großparteien um die FPÖ.

Natürlich ist es vom objektiven Interesse der Lohnabhängigen her gesehen dumm, wenn sie Burschenschafter zu ihren „Vertretern“ wählen. Aus Protest rechts wählen ist nämlich wie der berühmte Schuss ins eigene Knie, freilich auf Grund des allgemeinen politischen Niveaus und der Rolle von Großparteien und Medien nicht verwunderlich.

Leo Furtlehner ist Journalist in Linz und verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“