Rechtsstaat Österreich?
- Dienstag, 27. Oktober 2009 @ 10:48
Von Renate Vodnek
2010 wird voraussichtlich der erste Prozess gegen einige TierrechtsaktivistInnen über die Bühne gehen. Diese wurden 2008 nach Actionfilm-gerechten Hausdurchsuchungen mit fadenscheinigen Begründungen für über 3 Monate in Untersuchungshaft festgehalten. Vorangegangen ist der Polizeiaktion eine über zweijähriger Bespitzelung mit vier großen Lauschangriffen, Peilsenderanbringungen an PKWs, verdeckten Ermittlungen etc. Begründung ist der Vorwurf der Bildung einer kriminellen Organisation gemäß dem „Mafia Paragraphen“ §278a StGB. Polizei und Staatsanwaltschaft können jedoch keinen einzigen konkreten Tatvorwurf vorbringen. Vollkommen willkürlich wird eine kriminelle Organisation konstruiert, die für sämtliche unaufgeklärte Straftaten der letzten Jahre verantwortlich gemacht wird.
Terrorismusbekämpfung
Laut Printmedien sind durch Aktionen von TierrechtlerInnen Schäden im Ausmaß von rund zwei Millionen Euro entstanden sind. Könnte es sein, dass es dabei v.a. auch um Schäden infolge negativer Publicity durch diese Aktionen und damit die Behinderung des freien Warenverkehrs geht? Und sich dadurch gleichzeitig eine gute Möglichkeit ergibt, (aktive und potentielle) KritikerInnen der herrschenden Verhältnisse einzuschüchtern und zu kriminalisieren sowie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit weiter auszuhöhlen?
In die gleiche Richtung weisen die Versuche, die Handlungsmöglichkeiten politischer AktivistInnen einzuschränken: sei es durch die Privatisierung des öffentlichen (Plakatflächen)raums, wodurch in Wien plakatieren abseits der offiziellen kostenpflichtigen Flächen mit Anzeigen und Geldstrafen geahndet wird – verantwortlich ist dabei die im Impressum aufscheinende Organisation, wodurch bei jedem aufgeklebten Plakat die „Schuldigen“ sofort zur Verantwortung gezogen werden können. Oder durch die aktuellen EuGh-Urteile, wonach gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen die vier Grundfreiheiten (Warenverkehr, Dienstleistungs-, Personenverkehr, Kapital- und Zahlungsverkehr) nicht behindern dürfen und Kampfmaßnahmen in so einem Fall nicht zulässig seien.
Die §§ 278 (Kriminelle Vereinigung), 278a (Kriminelle Organisation) sowie 278b (Terroristische Vereinigung) sind in dem Zusammenhang das Tüpfelchen auf dem I, um politischen Aktivismus und Kritik an den Herrschenden zu verhindern und ins terroristische Eck zu stellen. Wer entscheidet, was eine „unternehmensähnliche Verbindung einer größeren Zahl von Personen“ ist oder welche „Handlungen, das Vermögen bedrohen, schwere Sachbeschädigung oder Nötigung darstellen“ und „dadurch erheblichen Einfluss auf Politik oder Wirtschaft“ anstreben? (§ 278) Strebt nicht jede politische Organisation einen Einfluss auf Politik bzw. Wirtschaft an? Gehört ein auf der Erde liegendes verteiltes Flugblatt bereits in die Kategorie „Sachbeschädigung“? War der Oktoberstreik 1950 in Wirklichkeit eine breit angelegte terroristische Aktion der Lohnabhängigen?
In Zukunft könnte also ein Streik für bessere Arbeitsbedingungen nicht nur als nicht zulässig erklärt werden, sondern die Streikenden als TerroristInnen verhaftet werden. Auch die derzeit stattfindenden Uni-Besetzungen der Studierenden könnten zukünftig mit Gefängnisstrafen geahndet werden. Mit diesem Vorgehen sollen unangenehme politische AktivistInnen kriminalisiert werden. Gleichzeitig kommt es zu einer verschärften Repression der Polizei wie z.B. bei dem massiven Gewalteinsatz bei einer antifaschistischen Demonstration in Linz am 1. Mai 2009. Für Martin Balluch, VGT Obmann und einem der Betroffenen, ist deshalb die Antirepressionsarbeit ein urlinkes Anliegen und gleichzeitig antifaschistische Arbeit.
Betroffen sind derzeit AktivistInnen der Tierrechtsbewegung, aber treffen kann es jedeN von uns – gemeint sind wir alle. Oder mit den Worten von Martin Balluch: „Wenn wir uns jetzt gemeinsam wehren, dann sind wir vielleicht stark genug, diese Repressionswelle aufzuhalten.“
Infos aus Sicht der Betroffenen: http://solidaritaetsgruppe.lnxnt.org/, http://www.vgt.at/projekte/repression/history.php
Renate Vodnek ist Aktivistin der Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften in Wien
2010 wird voraussichtlich der erste Prozess gegen einige TierrechtsaktivistInnen über die Bühne gehen. Diese wurden 2008 nach Actionfilm-gerechten Hausdurchsuchungen mit fadenscheinigen Begründungen für über 3 Monate in Untersuchungshaft festgehalten. Vorangegangen ist der Polizeiaktion eine über zweijähriger Bespitzelung mit vier großen Lauschangriffen, Peilsenderanbringungen an PKWs, verdeckten Ermittlungen etc. Begründung ist der Vorwurf der Bildung einer kriminellen Organisation gemäß dem „Mafia Paragraphen“ §278a StGB. Polizei und Staatsanwaltschaft können jedoch keinen einzigen konkreten Tatvorwurf vorbringen. Vollkommen willkürlich wird eine kriminelle Organisation konstruiert, die für sämtliche unaufgeklärte Straftaten der letzten Jahre verantwortlich gemacht wird.
Terrorismusbekämpfung
Laut Printmedien sind durch Aktionen von TierrechtlerInnen Schäden im Ausmaß von rund zwei Millionen Euro entstanden sind. Könnte es sein, dass es dabei v.a. auch um Schäden infolge negativer Publicity durch diese Aktionen und damit die Behinderung des freien Warenverkehrs geht? Und sich dadurch gleichzeitig eine gute Möglichkeit ergibt, (aktive und potentielle) KritikerInnen der herrschenden Verhältnisse einzuschüchtern und zu kriminalisieren sowie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit weiter auszuhöhlen?
In die gleiche Richtung weisen die Versuche, die Handlungsmöglichkeiten politischer AktivistInnen einzuschränken: sei es durch die Privatisierung des öffentlichen (Plakatflächen)raums, wodurch in Wien plakatieren abseits der offiziellen kostenpflichtigen Flächen mit Anzeigen und Geldstrafen geahndet wird – verantwortlich ist dabei die im Impressum aufscheinende Organisation, wodurch bei jedem aufgeklebten Plakat die „Schuldigen“ sofort zur Verantwortung gezogen werden können. Oder durch die aktuellen EuGh-Urteile, wonach gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen die vier Grundfreiheiten (Warenverkehr, Dienstleistungs-, Personenverkehr, Kapital- und Zahlungsverkehr) nicht behindern dürfen und Kampfmaßnahmen in so einem Fall nicht zulässig seien.
Die §§ 278 (Kriminelle Vereinigung), 278a (Kriminelle Organisation) sowie 278b (Terroristische Vereinigung) sind in dem Zusammenhang das Tüpfelchen auf dem I, um politischen Aktivismus und Kritik an den Herrschenden zu verhindern und ins terroristische Eck zu stellen. Wer entscheidet, was eine „unternehmensähnliche Verbindung einer größeren Zahl von Personen“ ist oder welche „Handlungen, das Vermögen bedrohen, schwere Sachbeschädigung oder Nötigung darstellen“ und „dadurch erheblichen Einfluss auf Politik oder Wirtschaft“ anstreben? (§ 278) Strebt nicht jede politische Organisation einen Einfluss auf Politik bzw. Wirtschaft an? Gehört ein auf der Erde liegendes verteiltes Flugblatt bereits in die Kategorie „Sachbeschädigung“? War der Oktoberstreik 1950 in Wirklichkeit eine breit angelegte terroristische Aktion der Lohnabhängigen?
In Zukunft könnte also ein Streik für bessere Arbeitsbedingungen nicht nur als nicht zulässig erklärt werden, sondern die Streikenden als TerroristInnen verhaftet werden. Auch die derzeit stattfindenden Uni-Besetzungen der Studierenden könnten zukünftig mit Gefängnisstrafen geahndet werden. Mit diesem Vorgehen sollen unangenehme politische AktivistInnen kriminalisiert werden. Gleichzeitig kommt es zu einer verschärften Repression der Polizei wie z.B. bei dem massiven Gewalteinsatz bei einer antifaschistischen Demonstration in Linz am 1. Mai 2009. Für Martin Balluch, VGT Obmann und einem der Betroffenen, ist deshalb die Antirepressionsarbeit ein urlinkes Anliegen und gleichzeitig antifaschistische Arbeit.
Betroffen sind derzeit AktivistInnen der Tierrechtsbewegung, aber treffen kann es jedeN von uns – gemeint sind wir alle. Oder mit den Worten von Martin Balluch: „Wenn wir uns jetzt gemeinsam wehren, dann sind wir vielleicht stark genug, diese Repressionswelle aufzuhalten.“
Infos aus Sicht der Betroffenen: http://solidaritaetsgruppe.lnxnt.org/, http://www.vgt.at/projekte/repression/history.php
Renate Vodnek ist Aktivistin der Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften in Wien