Falsche Weichenstellung
- Montag, 12. Oktober 2009 @ 14:45
Von Lutz Holzinger
Auf politischer Ebene ereignet sich im Moment ein dramatischer Umbruch. Er ist im Wesentlichen vom Zerfall der Sozialdemokratie und dem Erstarken rechtskonservativer bis rechtsextremer Parteien geprägt. In dem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Gewerkschaftsbewegung Opfer oder Täter dieser Entwicklung ist. Die Krisensuppe, die nun erst recht die Lohn- und Gehaltsabhängigen auslöffeln müssen, wurde systematisch in den 80er und 90er Jahren von jenen Polit- und Kapitalfraktionen eingebrockt, die einer hemmungslosen Liberalisierung aller Wirtschaftsbereiche und insbesondere der Finanzmärkte das Wort geredet haben.
Aufgrund der massiven Investitionen dieser Kreise in die neoliberale Gehirnwäsche der Multiplikatoren aller Ebenen – vor allem auch der Gesellschaftswissenschaften -, war es in dieser Periode zugegebener Maßen schwierig, beim allgegenwärtigen Gesudel und Gedudel für Liberalisierung, Flexibilisierung und Modernisierung sowie Privatisierung statt Verstaatlichung kühlen Kopf zu bewahren. Genau das ist jedoch eine Anforderung, der die Führungsgremien von Gewerkschaften gerecht werden sollten. Denn sie sind nicht gewählt, um die Interessen der Mitglieder zu verschaukeln, sondern sie mit allen demokratischen Mitteln (den Streik eingeschlossen) durchzusetzen.
Lohnquote im Sinkflug
Sieht man sich die Lage der Arbeitsklasse in Europa und in Österreich heute an, kann man nur sagen, dass sie – wenn man die Lohnquote als Maßstab nimmt - insofern beschissen ist, dass sie 20 Jahren europaweit zurückgeht. In Österreich ist der Anteil der Werktätigen am Volkseinkommen in dieser Zeit von knapp über 70 Prozent auf unter 60 Prozent gesunken. Entscheidend für diesen Rückschlag war die Bereitschaft der Gewerkschaftsspitzen beinahe in allen europäischen Ländern die Flexibilisierung von Arbeitszeit und Beschäftigungsverhältnissen in Kauf zu nehmen, statt die Arbeitszeitverkürzung weiter zu treiben.
Auf den Ende der 80-er Jahre noch geglückten Einstieg in die 35 Stunden Woche ist keine Offensive zur Durchsetzung dieses Ziels gefolgt. Vielmehr ließen die Gewerkschaftsspitzen sich auf einen Kleinkrieg mit den Unternehmern in Fragen der Teilzeit- und geringfügiger Beschäftigung, dem Aufbau von Arbeitszeitkonten und der Bildung bzw. Ausdehnung von Durchrechnungszeiträumen ein. Sie billigten geringfügige Beschäftigung und das Unterlaufen von regulären Beschäftigungsverhältnissen durch Werkverträge usw.
Die Armutsfalle droht
Ergebnis dieser Entwicklung ist die zunehmende Verarmung von großen Teilen der Arbeitsklasse. Mehr als die Hälfte der – häufig quasi als Heldentat gerühmten - Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze garantieren keine voll Erwerbstätigkeit. Vielmehr handelt es sich um Anstellungen, die unter den Begriff Working Poor fallen: Immer mehr ArbeiterInnen und Angestellte können mit ihrem Einkommen nicht mehr auskommen.
Schuld daran sind Erscheinungen wie unzureichend honorierte Teilzeitarbeit, geringfügige Beschäftigung, Heimarbeit, freie Werkverträge, Leiharbeit einerseits und seit der Privatisierung von Wohnbaugesellschaften und Energieversorgern überhöhte Mieten und Tarife andererseits. Eine Folge dieser Verhältnisse besteht darin, dass die Arbeiterklasse historisch noch nie so heterogen zusammengesetzt und in ihrer Interessenlage so gespalten war, wie das gegenwärtig der Fall ist. In einem Aufwaschen mit dieser Entwicklung wurden betriebliche Sozialnischen ausgeräuchert.
Keine Chance mehr für VerliererInnen
Durch die Ausgliederung von Tätigkeiten, die mit der Kernkompetenz eines Unternehmens nichts zu tun haben wie Tor- und Sicherheitswache, Reinigungs- und Kantinenwesen Sauberkeit, gingen Reservate verloren, in denen in der Vergangenheit jene KollegInnen beruflich überleben konnten, die der tägliche Stress, eine angegriffene Gesundheit oder Alkoholabhängigkeit aus der Bahn geworfen hatte. Diese Form des sozialen Zusammenhalts und der Verantwortung des Kollektivs für „traurige Einzelschicksale“ ist längst verloren gegangen.
Nach dem Muster der Akteure auf dem politischen Parkett schauen auch die Lohnabhängigen heute in erster Linie auf ihren eigenen Vorteil. Figuren wie Karl-Heinz Grasser machen vor, dass jeder ein Idiot ist, der in öffentlichen Angelegenheiten nicht in erster Linie den eigenen Vorteil und den seiner Freunde im Auge hat.
Das Spiel mit der Entsolidarisierung
Das ist ein Gebiet, auf dem Spitzen der Sozialdemokratie in Österreich (Stichwort: Hannes Androsch) ebenfalls bahnbrechend agiert haben mit dem Effekt, dass die Solidarität in der Gesellschaft insbesondere auf betrieblicher Ebene beim Teufel ist. In diesem Klima haben Rechtspartien vom Schlage der FPÖ besonders leichtes Spiel. Ohne mit der Wimper zu zucken und tatsächlich eine soziale Alternative bieten zu können, hängen sie die MigrantInnenproblematik, unterfasst mit antisemtischen Rülpsern, an die große Glocke.
Damit treffen sie zwei Fliegen mit einer Klappe:
* Bei heimischen „Modernisierungsverlierern“ und traditionellen Gemeindebaubewohnern, die sich von der unvermeidlichen Präsenz von „Ausländern“ – zu Recht und zu Unrecht - gestört fühlen, rennen sie offene Türen ein.
* Bei naturalisierten NeoösterreicherInnen stoßen sie ebenfalls auf volle Zustimmung, weil die als ernsteste Konkurrenz nichts mehr fürchten als den Nachzug von Personen ihrer eigenen Herkunft.
Leicht verfügbare WählerInnenmassen
Das Reservoir, aus dem die Rechtsextremen in Europa in erster Linie schöpfen, wird - soziologisch betrachtet – von jenen verschiedenen Schichten des Proletariats gebildet, denen der Neoliberalismus den G´stieß gegeben hat. Diese für Demagogen heute leicht verfügbaren Wählermassen haben von Parteien wie den Freiheitlichen zwar nichts zu erwarten; die St. Raches garantieren durch das systematische Verarschen der Herrschenden jedoch immerhin einen gewissen Unterhaltungswert.
Was man von den derzeitigen Knallchargen in Regierungsfunktionen nicht behaupten kann. Auf Unterhaltung zu setzen und sie zu schätzen, wurde das Fernsehen als oberste Sozialisierungsinstanz zum Mainstream geformt. Langsam geht es in ganz Europa zu wie im Wienerleid: Wenn sich schon nix ändern lässt, „verkauf ma unser G´wand und fahrn in Himmel“. Und statt der Lohn- interessieren die Einschaltquoten im TV.
Von der Sozialdemokratie eingeleitet
Die Sozialdemokratie hat diese Entwicklung in Europa zwar wesentlich eingeleitet – vor allem durch die Konzeption arbeiterfeindlicher Gesetze und die Zustimmung zur Privatisierung von Staatsbetreiben. Dieser Prozess war nicht auf Österreich beschränkt, sondern ging zunächst vor allem von Großbritannien aus, wo der Sozialdemokrat Tony Blair sich als Erbe und nicht als Alternative der Konservativen Margret Thatcher erwies.
Die Propagandisten des Neoliberalismus in der Sozialdemokratie sonnten sich im Ruhm, es sei ihrer Beweglichkeit und der Öffnung zur Mitte zu verdanken, dass die Parteien wieder mehrheitsfähig wurden. Geht man von den jüngsten Wahlgängen in Europa aus, sieht es von Griechenland abgesehen, wo eine Politikerfamilie die andere abgelöst hat, so aus, dass die Sozialdemokratie diesen Kredit weitgehend verspielt hat.
Das volle Dilemma der SPÖ und ihrer Schwesterparteien wird in Reinkultur in Deutschland demonstriert: Dort schwanken die Sozialdemokraten wie ein Halm im Wind zwischen einer Rechtsorientierung, um in der Mitte zu landen, und einer Linksorientierung, um der Partei Die Linke das Wasser abzugraben. In beiden Rollen sind Sozialdemokraten heute wenig glaubhaft. Was die liberale Karte betrifft, gehen die deutschen Wähler heute zum Schmied, der FDP, und nicht zum Schmiedl, der SPD. Und in puncto soziale Trümpfe steht die Partei splitternackt da, nachdem ihre Führung im Wahlkampf noch die Rente mit 67 propagiert hat.
Traditionell funktionieren in Österreich ÖGB und SPÖ weitgehend wie kommunizierende Gefäße. Das zeigt sich bis hinein in die Personalpolitik. Der Zustand beider Organisationen lässt sich an der Person des Kurzzeit-ÖGB-Präsidenten und jetzigen Sozialministers Rudolf Hundstorfer ablesen. Er wird von der Presse der politischen Gegner von ÖGB und SPÖ für seine Kompromissfähigkeit gelobt.
Die Werktätigen haben diese Nachrede damit zu bezahlen, dass die Netto-Lohn-Ersatzrate für Arbeitslose weiter lächerliche 55 Prozent ausmacht und den künftigen Beziehern der bedarfsorientierten Mindestsicherung der - bisher in jedem anderen Zusammenhang als unverzichtbar bezeichnete - 13. und 14. Monatsbezug gestohlen wird. Prost, Mahlzeit!
Lutz Holzinger ist Journalist und lebt in Wien
Auf politischer Ebene ereignet sich im Moment ein dramatischer Umbruch. Er ist im Wesentlichen vom Zerfall der Sozialdemokratie und dem Erstarken rechtskonservativer bis rechtsextremer Parteien geprägt. In dem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Gewerkschaftsbewegung Opfer oder Täter dieser Entwicklung ist. Die Krisensuppe, die nun erst recht die Lohn- und Gehaltsabhängigen auslöffeln müssen, wurde systematisch in den 80er und 90er Jahren von jenen Polit- und Kapitalfraktionen eingebrockt, die einer hemmungslosen Liberalisierung aller Wirtschaftsbereiche und insbesondere der Finanzmärkte das Wort geredet haben.
Aufgrund der massiven Investitionen dieser Kreise in die neoliberale Gehirnwäsche der Multiplikatoren aller Ebenen – vor allem auch der Gesellschaftswissenschaften -, war es in dieser Periode zugegebener Maßen schwierig, beim allgegenwärtigen Gesudel und Gedudel für Liberalisierung, Flexibilisierung und Modernisierung sowie Privatisierung statt Verstaatlichung kühlen Kopf zu bewahren. Genau das ist jedoch eine Anforderung, der die Führungsgremien von Gewerkschaften gerecht werden sollten. Denn sie sind nicht gewählt, um die Interessen der Mitglieder zu verschaukeln, sondern sie mit allen demokratischen Mitteln (den Streik eingeschlossen) durchzusetzen.
Lohnquote im Sinkflug
Sieht man sich die Lage der Arbeitsklasse in Europa und in Österreich heute an, kann man nur sagen, dass sie – wenn man die Lohnquote als Maßstab nimmt - insofern beschissen ist, dass sie 20 Jahren europaweit zurückgeht. In Österreich ist der Anteil der Werktätigen am Volkseinkommen in dieser Zeit von knapp über 70 Prozent auf unter 60 Prozent gesunken. Entscheidend für diesen Rückschlag war die Bereitschaft der Gewerkschaftsspitzen beinahe in allen europäischen Ländern die Flexibilisierung von Arbeitszeit und Beschäftigungsverhältnissen in Kauf zu nehmen, statt die Arbeitszeitverkürzung weiter zu treiben.
Auf den Ende der 80-er Jahre noch geglückten Einstieg in die 35 Stunden Woche ist keine Offensive zur Durchsetzung dieses Ziels gefolgt. Vielmehr ließen die Gewerkschaftsspitzen sich auf einen Kleinkrieg mit den Unternehmern in Fragen der Teilzeit- und geringfügiger Beschäftigung, dem Aufbau von Arbeitszeitkonten und der Bildung bzw. Ausdehnung von Durchrechnungszeiträumen ein. Sie billigten geringfügige Beschäftigung und das Unterlaufen von regulären Beschäftigungsverhältnissen durch Werkverträge usw.
Die Armutsfalle droht
Ergebnis dieser Entwicklung ist die zunehmende Verarmung von großen Teilen der Arbeitsklasse. Mehr als die Hälfte der – häufig quasi als Heldentat gerühmten - Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze garantieren keine voll Erwerbstätigkeit. Vielmehr handelt es sich um Anstellungen, die unter den Begriff Working Poor fallen: Immer mehr ArbeiterInnen und Angestellte können mit ihrem Einkommen nicht mehr auskommen.
Schuld daran sind Erscheinungen wie unzureichend honorierte Teilzeitarbeit, geringfügige Beschäftigung, Heimarbeit, freie Werkverträge, Leiharbeit einerseits und seit der Privatisierung von Wohnbaugesellschaften und Energieversorgern überhöhte Mieten und Tarife andererseits. Eine Folge dieser Verhältnisse besteht darin, dass die Arbeiterklasse historisch noch nie so heterogen zusammengesetzt und in ihrer Interessenlage so gespalten war, wie das gegenwärtig der Fall ist. In einem Aufwaschen mit dieser Entwicklung wurden betriebliche Sozialnischen ausgeräuchert.
Keine Chance mehr für VerliererInnen
Durch die Ausgliederung von Tätigkeiten, die mit der Kernkompetenz eines Unternehmens nichts zu tun haben wie Tor- und Sicherheitswache, Reinigungs- und Kantinenwesen Sauberkeit, gingen Reservate verloren, in denen in der Vergangenheit jene KollegInnen beruflich überleben konnten, die der tägliche Stress, eine angegriffene Gesundheit oder Alkoholabhängigkeit aus der Bahn geworfen hatte. Diese Form des sozialen Zusammenhalts und der Verantwortung des Kollektivs für „traurige Einzelschicksale“ ist längst verloren gegangen.
Nach dem Muster der Akteure auf dem politischen Parkett schauen auch die Lohnabhängigen heute in erster Linie auf ihren eigenen Vorteil. Figuren wie Karl-Heinz Grasser machen vor, dass jeder ein Idiot ist, der in öffentlichen Angelegenheiten nicht in erster Linie den eigenen Vorteil und den seiner Freunde im Auge hat.
Das Spiel mit der Entsolidarisierung
Das ist ein Gebiet, auf dem Spitzen der Sozialdemokratie in Österreich (Stichwort: Hannes Androsch) ebenfalls bahnbrechend agiert haben mit dem Effekt, dass die Solidarität in der Gesellschaft insbesondere auf betrieblicher Ebene beim Teufel ist. In diesem Klima haben Rechtspartien vom Schlage der FPÖ besonders leichtes Spiel. Ohne mit der Wimper zu zucken und tatsächlich eine soziale Alternative bieten zu können, hängen sie die MigrantInnenproblematik, unterfasst mit antisemtischen Rülpsern, an die große Glocke.
Damit treffen sie zwei Fliegen mit einer Klappe:
* Bei heimischen „Modernisierungsverlierern“ und traditionellen Gemeindebaubewohnern, die sich von der unvermeidlichen Präsenz von „Ausländern“ – zu Recht und zu Unrecht - gestört fühlen, rennen sie offene Türen ein.
* Bei naturalisierten NeoösterreicherInnen stoßen sie ebenfalls auf volle Zustimmung, weil die als ernsteste Konkurrenz nichts mehr fürchten als den Nachzug von Personen ihrer eigenen Herkunft.
Leicht verfügbare WählerInnenmassen
Das Reservoir, aus dem die Rechtsextremen in Europa in erster Linie schöpfen, wird - soziologisch betrachtet – von jenen verschiedenen Schichten des Proletariats gebildet, denen der Neoliberalismus den G´stieß gegeben hat. Diese für Demagogen heute leicht verfügbaren Wählermassen haben von Parteien wie den Freiheitlichen zwar nichts zu erwarten; die St. Raches garantieren durch das systematische Verarschen der Herrschenden jedoch immerhin einen gewissen Unterhaltungswert.
Was man von den derzeitigen Knallchargen in Regierungsfunktionen nicht behaupten kann. Auf Unterhaltung zu setzen und sie zu schätzen, wurde das Fernsehen als oberste Sozialisierungsinstanz zum Mainstream geformt. Langsam geht es in ganz Europa zu wie im Wienerleid: Wenn sich schon nix ändern lässt, „verkauf ma unser G´wand und fahrn in Himmel“. Und statt der Lohn- interessieren die Einschaltquoten im TV.
Von der Sozialdemokratie eingeleitet
Die Sozialdemokratie hat diese Entwicklung in Europa zwar wesentlich eingeleitet – vor allem durch die Konzeption arbeiterfeindlicher Gesetze und die Zustimmung zur Privatisierung von Staatsbetreiben. Dieser Prozess war nicht auf Österreich beschränkt, sondern ging zunächst vor allem von Großbritannien aus, wo der Sozialdemokrat Tony Blair sich als Erbe und nicht als Alternative der Konservativen Margret Thatcher erwies.
Die Propagandisten des Neoliberalismus in der Sozialdemokratie sonnten sich im Ruhm, es sei ihrer Beweglichkeit und der Öffnung zur Mitte zu verdanken, dass die Parteien wieder mehrheitsfähig wurden. Geht man von den jüngsten Wahlgängen in Europa aus, sieht es von Griechenland abgesehen, wo eine Politikerfamilie die andere abgelöst hat, so aus, dass die Sozialdemokratie diesen Kredit weitgehend verspielt hat.
Das volle Dilemma der SPÖ und ihrer Schwesterparteien wird in Reinkultur in Deutschland demonstriert: Dort schwanken die Sozialdemokraten wie ein Halm im Wind zwischen einer Rechtsorientierung, um in der Mitte zu landen, und einer Linksorientierung, um der Partei Die Linke das Wasser abzugraben. In beiden Rollen sind Sozialdemokraten heute wenig glaubhaft. Was die liberale Karte betrifft, gehen die deutschen Wähler heute zum Schmied, der FDP, und nicht zum Schmiedl, der SPD. Und in puncto soziale Trümpfe steht die Partei splitternackt da, nachdem ihre Führung im Wahlkampf noch die Rente mit 67 propagiert hat.
Traditionell funktionieren in Österreich ÖGB und SPÖ weitgehend wie kommunizierende Gefäße. Das zeigt sich bis hinein in die Personalpolitik. Der Zustand beider Organisationen lässt sich an der Person des Kurzzeit-ÖGB-Präsidenten und jetzigen Sozialministers Rudolf Hundstorfer ablesen. Er wird von der Presse der politischen Gegner von ÖGB und SPÖ für seine Kompromissfähigkeit gelobt.
Die Werktätigen haben diese Nachrede damit zu bezahlen, dass die Netto-Lohn-Ersatzrate für Arbeitslose weiter lächerliche 55 Prozent ausmacht und den künftigen Beziehern der bedarfsorientierten Mindestsicherung der - bisher in jedem anderen Zusammenhang als unverzichtbar bezeichnete - 13. und 14. Monatsbezug gestohlen wird. Prost, Mahlzeit!
Lutz Holzinger ist Journalist und lebt in Wien