Diese Prämie ist ein Schrott
- Montag, 30. März 2009 @ 11:07
Von Peter Baalmann
Die beschlossenen „Konjunktur-Pakete“ der Bundesregierung (u.a. die „Verschrottungsprämie“) sagen viel über die Schwerpunktbildung der Bundespolitik aus: Das Auto hat – trotz aller Beteuerungen zum Klimaschutz – nach wie vor Vorrang vor der Bahn! Die Straßen- und Autolobby hat die Politik – auf Kosten der Umwelt und der Bahnkunden - erfolgreich auf ihre Seite geholt. Soziale Aspekte
Durch die Abwrack-Prämie werden zigtausende Gebrauchtwagen im Marktwert bis 2.500 Euro mit Steuergeldern vernichtet. Damit werden fast ausschließlich Besserverdienende subventioniert, die sich einen prestigeträchtigen Neuwagen leisten können. Die Verschrottung betrifft Fahrzeuge, auf deren Kauf bisher Geringverdiener, größere Familien, Alleinerziehende, Arbeitslosengeld-Empfänger, Studenten und andere angewiesen waren und kein Statussymbol darstellen.
Die Preise für Gebrauchtwagen werden jetzt in die Höhe schnellen und für viele unerschwinglich werden. Manche werden abgelegene Arbeitsplätze nicht mehr erreichen können, da beim öffentlichen Verkehr eingespart wird und die im ländlichen Raum häufig verkehrenden Schulbusse von Nichtschülern nicht benützt werden dürfen.
Unsozialer geht es nicht: Die Niedrigverdiener müssen über ihre Steuern die Vernichtung von Autos mitbezahlen, die sie selbst nötig gebrauchen könnten, z. B. um einen abgelegenen Arbeitsplatz zu erreichen oder Hol- und Bringdienste zu leisten. (Wenn eine Gesellschaft gebrauchsfähige Autos verschrottet, auf die andere angewiesen sind, um erwerbstätig sein zu können, handelt wie jemand, der Brot verbrennt, während der Nachbar hungert.)
Vielfahrer werden mit der Verschrottungsprämie belohnt, Bahnkunden mit Tariferhöhung bestraft! Wenn der Bund den Autofahrern eine Verschrottungsprämie von 1.500 Euro zur Verfügung stellt, muss das wohl auch für die Bahnkunden möglich sein. Wenn schon keine Prämie, dann zumindest ein Einfrieren der Bahntarife.
Ökologische Aspekte
Auch da macht die Prämie keinen Sinn, selbst wenn jetzt mehr Kleinwagen gekauft werden, erteilen wir eine klare Absage. Es sind damit kaum ökologische Vorteile verbunden; die Abgasreduktion bei Neuwagen ist zu hinterfragen: Bei Berücksichtigung der Herstellungsenergie eines neuen Autos, ist eine lange Nutzungsdauer allemal am vernünftigsten. Insbesondere alte Autos werden von Wenig- und Langsam-Fahrern, somit mit relativ umweltschonender Fahrweise, benützt, während Viel- und Schnellfahrer ohnedies alle paar Jahre das Fahrzeug (meist aus der abgasintensiven Oberklasse) wechseln. Laut EUROSOLAR wird bei der Produktion von einem neuen herkömmlichen Auto bis zu 20 Tonnen CO² mehr erzeugt und neue Modelle sind oft nicht spritsparender. Der amtliche Ausdruck „Ökoprämie“ entpuppt sich als glatte Falschbezeichnung.
Daher sollte es nur dann eine Prämie geben, wenn der bisherige Autobesitzer ganz auf ein eigenes Auto verzichtet und sich im Umweltverbund fortbewegt (Rad, Fuß. Öffentlicher Verkehr) – z.B. Ökoprämie von hundert Euro für den Kauf eines neuen Fahrrades und einer Jahreskarte für den Öffentlichen Verkehr oder einer Vorteilscard auf Autoteilen (Carsharing) umsteigt (d.h. fallweise ein Auto benützen kann ohne eines zu besitzen; diese Autos werden besser ausgelastet) ein E-Mobil anschafft. Letzteres wäre eine ökologischere Maßnahme, würde Energieverbrauch, Lärm und Abgasbelastung reduzieren.
Elektroautos sollen der Impuls für die Autoindustrie sein, sich umzuorientieren, und der Einstieg in den Ausstieg von Verbrennungsmotoren sein. Österreich verfügt über eines der dichtesten Elektrotankstellennetze der Welt, dies sollte auch genutzt werden. Es wäre zielführender, die für die Verschrottungsprämie vorgesehenen Finanzmittel (Prognose: 50.000 Fahrzeuge x 2.500 = 125 Mio. Euro) für den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs mit elektrischen Antriebssystemen zu verwenden, z.B. Obus- und Stadtbahnprojekte in Salzburg, Linz, Klagenfurt, St. Pölten.
Klimaschutz ist nur durch „mehr Bahn“ machbar, in der Form, dass die Rolle des Autos vom Hauptverkehrsmittel auf ein den öffentlichen Verkehr ergänzendes Verkehrsmittel verringert wird. Eine Nahverkehrsmilliarde für einen dichteren öffentlichen Verkehr ist unabdingbar und auch zu rechtfertigen, denn dadurch wird die Autoabhängigkeit gesenkt. Mit diesem Geld sollen auch Bahnhöfe attraktiviert und zu städtischen Dienstleistungszentren ausgebaut werden.
Wirtschaftliche Aspekte
Zahlreiche Staaten rund um die Welt zeigen sich trotz angespannter Budgets für die Autoindustrie äußerst spendabel. Von staatlichen Bürgschaften über Direktsubventionen, Steuerbegünstigungen für Neuwagen bis zu großzügigen Straßenbauprogrammen wird unter dem Deckmantel der Sicherung von Arbeitsplätzen die Auto- und Straßenlobby massiv gefördert. Andere Branchen hingegen, die ebenso Umsatzrückgänge aufzuweisen haben, haben das Unternehmerrisiko ohne derartige Hilfen bis zum Konkurs auszubaden.
Die Verschrottungsprämie ist ein branchenmäßig einseitiger Eingriff der Politik (trotz „freier“ Marktwirtschaft) in die Wirtschaft zugunsten der Autolobby. Dabei wird die Zahl der vom Auto abhängigen Arbeitsplätze bewusst hochgeschraubt und die Zahl der bei Bahnen wegrationalisierten Arbeitsplätze verheimlicht. Weiterer Vorteil: gleich viel Geld sichert im Bahnbau um ca. ein Drittel bis 50 Prozent mehr Arbeitsplätze als im Straßenbau.
Finanzielle Aspekte
Die externen Kosten des Straßenverkehrs sind um ein mehrfaches höher als die des Schienenverkehrs. Denn die Umweltschäden werden für kommende Generationen immer teurer. An die fällig werdenden Ausgleichszahlungen bei Nichterreichen der Klimaschutzziele denken die Politiker überhaupt nicht. Die Unfall(folge)kosten werden ebenfalls nicht angedacht; vielmehr werden Autounfälle als ein unabwendbares Naturgesetz hingenommen, als Preis der „freien Fahrt für freie Bürger“.
Wir sind enttäuscht über das Aus des Österreich-Tickets; die Bundesregierung gab der Autolobby durch die Verschrottungsprämie den Vorzug. Der frühere Finanzminister Molterer wollte noch im Vorjahr das Österreich-Ticket mit einem Preis von 1.486 Euro einführen und dafür 100 Mio. Euro zur Verfügung stellen.
Davon ist jetzt keine Rede mehr, sein Nachfolger Pröll stellt stattdessen 22 Mio. Euro für die fragwürdige Verschrottungsprämie zur Verfügung. Dieser Betrag hätte immerhin ausgereicht, 22.000 Österreich-Tickets zu finanzieren. Stattdessen kündigte ÖBB-Chef Klugar an, 100 Mio. Euro einsparen zu wollen (in der Praxis sicher nicht auf dem Rücken der Manager, sondern der Bahnkunden!).
Der Bahnverkehr in Österreich leidet allzu sehr unter fragwürdigen Streckenausbauten, die nicht prioritär sind und auch nicht im Einklang mit einem integralen Taktfahrplan (ITF)(=leicht merkbare Taktzeiten, kurze Umsteigezeiten, gute Anschlussverbindungen zu Bahn und Bus) stehen. Hiefür sind eine selektiver Streckenausbau und Lückenschlüsse erforderlich. Der von den ÖBB angekündigte Taktfahrplan 2009-201 ist aufgrund der sich abzeichnenden schlechten Rahmenbedingungen äußerst gefährdet. Die Bahnkunden erwarten aber einen attraktiven Fahrplan und ansprechende Fahrzeuge, jedoch keine Monsterprojekte (z.B. Brenner-Basistunnel)
Daher fordern wir die Umschichtung der Geldmittel von der Verschrottungsprämie auf Für den ITF notwendigen Infrastrukturausbauten auf der Schiene, elektrischen Antrieb und Energieeffizienztechnologien im öffentlichen Verkehr, sowie Nachrüstung von dieselbetriebenen ÖV-Fahrzeugen mit Partikelfiltern Einfrieren der Bahntarife, Ökoprämie für Radkauf, Netz- und Vorteilskarten kein Sparpaket bei den ÖBB
Peter Baalmann ist Aktivist von FAHRGAST und Pro-Bahn
Die beschlossenen „Konjunktur-Pakete“ der Bundesregierung (u.a. die „Verschrottungsprämie“) sagen viel über die Schwerpunktbildung der Bundespolitik aus: Das Auto hat – trotz aller Beteuerungen zum Klimaschutz – nach wie vor Vorrang vor der Bahn! Die Straßen- und Autolobby hat die Politik – auf Kosten der Umwelt und der Bahnkunden - erfolgreich auf ihre Seite geholt. Soziale Aspekte
Durch die Abwrack-Prämie werden zigtausende Gebrauchtwagen im Marktwert bis 2.500 Euro mit Steuergeldern vernichtet. Damit werden fast ausschließlich Besserverdienende subventioniert, die sich einen prestigeträchtigen Neuwagen leisten können. Die Verschrottung betrifft Fahrzeuge, auf deren Kauf bisher Geringverdiener, größere Familien, Alleinerziehende, Arbeitslosengeld-Empfänger, Studenten und andere angewiesen waren und kein Statussymbol darstellen.
Die Preise für Gebrauchtwagen werden jetzt in die Höhe schnellen und für viele unerschwinglich werden. Manche werden abgelegene Arbeitsplätze nicht mehr erreichen können, da beim öffentlichen Verkehr eingespart wird und die im ländlichen Raum häufig verkehrenden Schulbusse von Nichtschülern nicht benützt werden dürfen.
Unsozialer geht es nicht: Die Niedrigverdiener müssen über ihre Steuern die Vernichtung von Autos mitbezahlen, die sie selbst nötig gebrauchen könnten, z. B. um einen abgelegenen Arbeitsplatz zu erreichen oder Hol- und Bringdienste zu leisten. (Wenn eine Gesellschaft gebrauchsfähige Autos verschrottet, auf die andere angewiesen sind, um erwerbstätig sein zu können, handelt wie jemand, der Brot verbrennt, während der Nachbar hungert.)
Vielfahrer werden mit der Verschrottungsprämie belohnt, Bahnkunden mit Tariferhöhung bestraft! Wenn der Bund den Autofahrern eine Verschrottungsprämie von 1.500 Euro zur Verfügung stellt, muss das wohl auch für die Bahnkunden möglich sein. Wenn schon keine Prämie, dann zumindest ein Einfrieren der Bahntarife.
Ökologische Aspekte
Auch da macht die Prämie keinen Sinn, selbst wenn jetzt mehr Kleinwagen gekauft werden, erteilen wir eine klare Absage. Es sind damit kaum ökologische Vorteile verbunden; die Abgasreduktion bei Neuwagen ist zu hinterfragen: Bei Berücksichtigung der Herstellungsenergie eines neuen Autos, ist eine lange Nutzungsdauer allemal am vernünftigsten. Insbesondere alte Autos werden von Wenig- und Langsam-Fahrern, somit mit relativ umweltschonender Fahrweise, benützt, während Viel- und Schnellfahrer ohnedies alle paar Jahre das Fahrzeug (meist aus der abgasintensiven Oberklasse) wechseln. Laut EUROSOLAR wird bei der Produktion von einem neuen herkömmlichen Auto bis zu 20 Tonnen CO² mehr erzeugt und neue Modelle sind oft nicht spritsparender. Der amtliche Ausdruck „Ökoprämie“ entpuppt sich als glatte Falschbezeichnung.
Daher sollte es nur dann eine Prämie geben, wenn der bisherige Autobesitzer ganz auf ein eigenes Auto verzichtet und sich im Umweltverbund fortbewegt (Rad, Fuß. Öffentlicher Verkehr) – z.B. Ökoprämie von hundert Euro für den Kauf eines neuen Fahrrades und einer Jahreskarte für den Öffentlichen Verkehr oder einer Vorteilscard auf Autoteilen (Carsharing) umsteigt (d.h. fallweise ein Auto benützen kann ohne eines zu besitzen; diese Autos werden besser ausgelastet) ein E-Mobil anschafft. Letzteres wäre eine ökologischere Maßnahme, würde Energieverbrauch, Lärm und Abgasbelastung reduzieren.
Elektroautos sollen der Impuls für die Autoindustrie sein, sich umzuorientieren, und der Einstieg in den Ausstieg von Verbrennungsmotoren sein. Österreich verfügt über eines der dichtesten Elektrotankstellennetze der Welt, dies sollte auch genutzt werden. Es wäre zielführender, die für die Verschrottungsprämie vorgesehenen Finanzmittel (Prognose: 50.000 Fahrzeuge x 2.500 = 125 Mio. Euro) für den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs mit elektrischen Antriebssystemen zu verwenden, z.B. Obus- und Stadtbahnprojekte in Salzburg, Linz, Klagenfurt, St. Pölten.
Klimaschutz ist nur durch „mehr Bahn“ machbar, in der Form, dass die Rolle des Autos vom Hauptverkehrsmittel auf ein den öffentlichen Verkehr ergänzendes Verkehrsmittel verringert wird. Eine Nahverkehrsmilliarde für einen dichteren öffentlichen Verkehr ist unabdingbar und auch zu rechtfertigen, denn dadurch wird die Autoabhängigkeit gesenkt. Mit diesem Geld sollen auch Bahnhöfe attraktiviert und zu städtischen Dienstleistungszentren ausgebaut werden.
Wirtschaftliche Aspekte
Zahlreiche Staaten rund um die Welt zeigen sich trotz angespannter Budgets für die Autoindustrie äußerst spendabel. Von staatlichen Bürgschaften über Direktsubventionen, Steuerbegünstigungen für Neuwagen bis zu großzügigen Straßenbauprogrammen wird unter dem Deckmantel der Sicherung von Arbeitsplätzen die Auto- und Straßenlobby massiv gefördert. Andere Branchen hingegen, die ebenso Umsatzrückgänge aufzuweisen haben, haben das Unternehmerrisiko ohne derartige Hilfen bis zum Konkurs auszubaden.
Die Verschrottungsprämie ist ein branchenmäßig einseitiger Eingriff der Politik (trotz „freier“ Marktwirtschaft) in die Wirtschaft zugunsten der Autolobby. Dabei wird die Zahl der vom Auto abhängigen Arbeitsplätze bewusst hochgeschraubt und die Zahl der bei Bahnen wegrationalisierten Arbeitsplätze verheimlicht. Weiterer Vorteil: gleich viel Geld sichert im Bahnbau um ca. ein Drittel bis 50 Prozent mehr Arbeitsplätze als im Straßenbau.
Finanzielle Aspekte
Die externen Kosten des Straßenverkehrs sind um ein mehrfaches höher als die des Schienenverkehrs. Denn die Umweltschäden werden für kommende Generationen immer teurer. An die fällig werdenden Ausgleichszahlungen bei Nichterreichen der Klimaschutzziele denken die Politiker überhaupt nicht. Die Unfall(folge)kosten werden ebenfalls nicht angedacht; vielmehr werden Autounfälle als ein unabwendbares Naturgesetz hingenommen, als Preis der „freien Fahrt für freie Bürger“.
Wir sind enttäuscht über das Aus des Österreich-Tickets; die Bundesregierung gab der Autolobby durch die Verschrottungsprämie den Vorzug. Der frühere Finanzminister Molterer wollte noch im Vorjahr das Österreich-Ticket mit einem Preis von 1.486 Euro einführen und dafür 100 Mio. Euro zur Verfügung stellen.
Davon ist jetzt keine Rede mehr, sein Nachfolger Pröll stellt stattdessen 22 Mio. Euro für die fragwürdige Verschrottungsprämie zur Verfügung. Dieser Betrag hätte immerhin ausgereicht, 22.000 Österreich-Tickets zu finanzieren. Stattdessen kündigte ÖBB-Chef Klugar an, 100 Mio. Euro einsparen zu wollen (in der Praxis sicher nicht auf dem Rücken der Manager, sondern der Bahnkunden!).
Der Bahnverkehr in Österreich leidet allzu sehr unter fragwürdigen Streckenausbauten, die nicht prioritär sind und auch nicht im Einklang mit einem integralen Taktfahrplan (ITF)(=leicht merkbare Taktzeiten, kurze Umsteigezeiten, gute Anschlussverbindungen zu Bahn und Bus) stehen. Hiefür sind eine selektiver Streckenausbau und Lückenschlüsse erforderlich. Der von den ÖBB angekündigte Taktfahrplan 2009-201 ist aufgrund der sich abzeichnenden schlechten Rahmenbedingungen äußerst gefährdet. Die Bahnkunden erwarten aber einen attraktiven Fahrplan und ansprechende Fahrzeuge, jedoch keine Monsterprojekte (z.B. Brenner-Basistunnel)
Daher fordern wir die Umschichtung der Geldmittel von der Verschrottungsprämie auf Für den ITF notwendigen Infrastrukturausbauten auf der Schiene, elektrischen Antrieb und Energieeffizienztechnologien im öffentlichen Verkehr, sowie Nachrüstung von dieselbetriebenen ÖV-Fahrzeugen mit Partikelfiltern Einfrieren der Bahntarife, Ökoprämie für Radkauf, Netz- und Vorteilskarten kein Sparpaket bei den ÖBB
Peter Baalmann ist Aktivist von FAHRGAST und Pro-Bahn