Soziales Verhalten im Wirtschaftssystem
- Montag, 23. März 2009 @ 09:14
Von Heike Fischer
Eine aktuelle Studie der AK-Consult OÖ belegt, dass die Mittel- und Großunternehmen Österreichs in den vergangenen Jahren immer besser an ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verdienten: Im Jahr 2006 durchschnittlich mehr als 31.400 Euro pro Person. Die Tendenz ist weiter steigend, der Wert für 2007 wird bei mehr als 41.990 Euro pro Person und Jahr liegen. Die Differenz zwischen dem Wert, den jede/r Beschäftigte durchschnittlich zum ordentlichen betrieblichen Gesamtergebnis beiträgt – also die ordentliche Wertschöpfung pro Beschäftigten – und den Kosten, die jede/r Beschäftigte dem Unternehmen durchschnittlich verursacht – also der Personalaufwand – hat sich von 2002 bis 2006 insgesamt um ca. 24 Prozent erhöht. Die enorme Steigerung der Produktivität wurde also nur zum Teil an die ArbeitnehmerInnen weiter gegeben.
Was jedoch passiert mit dem Rest der Einnahmen?
Ein relativ großer Teil davon fließt nicht in beschäftigungsfördernde Sachinvestitionen, sondern wird auf dem Kapitalmarkt veranlagt oder für Unternehmensbeteiligungen verwendet. Im Jahr 2006 gingen rund 53 Prozent der Mittel, die von Unternehmen als Investitionen ausgewiesen wurden, in Finanzinvestitionen.
Ist es nicht vernünftiger und zukunftsorientierter diese Einnahmen in Menschen und deren Entwicklung zu investieren? Beispielsweise in eine Wertschöpfungsabgabe die zweckgebunden dem „kranken“ Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich oder der Finanzierung der Pensionen zugute kommen könnte?
Probleme bei der Finanzierung der Sozialversicherung führen dazu, dass nach zusätzlichen und breiteren Finanzierungsquellen gesucht wird. In Österreich kommt als spezieller Beweggrund der Umstand hinzu, dass aus den lohnbezogenen Beiträgen zum Familienlastenausgleich in erheblichem Umfang auch Leistungen an Selbständige (Bauern und Gewerbetreibende) finanziert werden.
Die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe zur Finanzierung von Sozialleistungen, oft auch als „Umbasierung“ der Sozialversicherungsbeiträge bezeichnet, kann aufkommensneutral erfolgen. In diesem Fall kann der Beitragssatz gesenkt werden, da er auf einer breiteren Bemessungsgrundlage angewendet wird.
Da der Anteil des Lohnes an der Wertschöpfung zwischen den Branchen erhebliche Unterschiede aufweist, kommt es bei einer aufkommensneutralen Umstellung sowohl zu Entlastungen als auch zu Mehrbelastungen. Mehr Beiträge hätten kapitalintensive Branchen wie die Energiewirtschaft, Banken oder Versicherungen zu leisten, entlastet würden Industrie und Gewerbe, der Handel und der Bausektor.
Von einer aufkommensneutralen Umstellung ist eine beschäftigungssteigernde Wirkung zu erwarten. Da die Abgabenbelastung der Arbeitskosten gesenkt und jene auf das Kapital erhöht wird, kommt es zu einer relativen Verbilligung der Arbeit, die deshalb vermehrt in der Produktion eingesetzt wird. Dadurch könnte sich auch die Beschäftigungsquote erhöhen und Arbeitsplätze geschaffen werden.
Das Argument, durch Lohnverzicht die Arbeitskosten zu senken, berücksichtigt nicht die Nachfrageseite. Die beschäftigungserhöhende Wirkung der billiger gewordenen Arbeit würde nicht eintreten, da gleichzeitig die Lohnempfänger ihre Nachfrage vermindern würden.
Wenn die Lohnquote wie in den letzten 15 Jahren eine sinkende Tendenz hat, so hätte eine zum Zeitpunkt der Umstellung aufkommensneutrale Einführung der Wertschöpfungsabgabe mittel- und längerfristig auch eine Steigerung des Beitragsaufkommens zur Folge, da die erweiterte Bemessungsgrundlage rascher zunimmt als die Lohnsumme.
Jene Unternehmen, die nur Rationalisierungsinvestitionen vornehmen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kündigen, entziehen sich dadurch auch einer adäquaten Finanzierung des Sozialstaates. Durch eine Wertschöpfungsabgabe ist dies nicht so leicht möglich. Sie kann dazu dienen, Sozialsysteme aufrecht zu erhalten.
Heike Fischer ist Betriebsratsvorsitzende im Zentrum Spattstraße Linz
Eine aktuelle Studie der AK-Consult OÖ belegt, dass die Mittel- und Großunternehmen Österreichs in den vergangenen Jahren immer besser an ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verdienten: Im Jahr 2006 durchschnittlich mehr als 31.400 Euro pro Person. Die Tendenz ist weiter steigend, der Wert für 2007 wird bei mehr als 41.990 Euro pro Person und Jahr liegen. Die Differenz zwischen dem Wert, den jede/r Beschäftigte durchschnittlich zum ordentlichen betrieblichen Gesamtergebnis beiträgt – also die ordentliche Wertschöpfung pro Beschäftigten – und den Kosten, die jede/r Beschäftigte dem Unternehmen durchschnittlich verursacht – also der Personalaufwand – hat sich von 2002 bis 2006 insgesamt um ca. 24 Prozent erhöht. Die enorme Steigerung der Produktivität wurde also nur zum Teil an die ArbeitnehmerInnen weiter gegeben.
Was jedoch passiert mit dem Rest der Einnahmen?
Ein relativ großer Teil davon fließt nicht in beschäftigungsfördernde Sachinvestitionen, sondern wird auf dem Kapitalmarkt veranlagt oder für Unternehmensbeteiligungen verwendet. Im Jahr 2006 gingen rund 53 Prozent der Mittel, die von Unternehmen als Investitionen ausgewiesen wurden, in Finanzinvestitionen.
Ist es nicht vernünftiger und zukunftsorientierter diese Einnahmen in Menschen und deren Entwicklung zu investieren? Beispielsweise in eine Wertschöpfungsabgabe die zweckgebunden dem „kranken“ Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich oder der Finanzierung der Pensionen zugute kommen könnte?
Probleme bei der Finanzierung der Sozialversicherung führen dazu, dass nach zusätzlichen und breiteren Finanzierungsquellen gesucht wird. In Österreich kommt als spezieller Beweggrund der Umstand hinzu, dass aus den lohnbezogenen Beiträgen zum Familienlastenausgleich in erheblichem Umfang auch Leistungen an Selbständige (Bauern und Gewerbetreibende) finanziert werden.
Die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe zur Finanzierung von Sozialleistungen, oft auch als „Umbasierung“ der Sozialversicherungsbeiträge bezeichnet, kann aufkommensneutral erfolgen. In diesem Fall kann der Beitragssatz gesenkt werden, da er auf einer breiteren Bemessungsgrundlage angewendet wird.
Da der Anteil des Lohnes an der Wertschöpfung zwischen den Branchen erhebliche Unterschiede aufweist, kommt es bei einer aufkommensneutralen Umstellung sowohl zu Entlastungen als auch zu Mehrbelastungen. Mehr Beiträge hätten kapitalintensive Branchen wie die Energiewirtschaft, Banken oder Versicherungen zu leisten, entlastet würden Industrie und Gewerbe, der Handel und der Bausektor.
Von einer aufkommensneutralen Umstellung ist eine beschäftigungssteigernde Wirkung zu erwarten. Da die Abgabenbelastung der Arbeitskosten gesenkt und jene auf das Kapital erhöht wird, kommt es zu einer relativen Verbilligung der Arbeit, die deshalb vermehrt in der Produktion eingesetzt wird. Dadurch könnte sich auch die Beschäftigungsquote erhöhen und Arbeitsplätze geschaffen werden.
Das Argument, durch Lohnverzicht die Arbeitskosten zu senken, berücksichtigt nicht die Nachfrageseite. Die beschäftigungserhöhende Wirkung der billiger gewordenen Arbeit würde nicht eintreten, da gleichzeitig die Lohnempfänger ihre Nachfrage vermindern würden.
Wenn die Lohnquote wie in den letzten 15 Jahren eine sinkende Tendenz hat, so hätte eine zum Zeitpunkt der Umstellung aufkommensneutrale Einführung der Wertschöpfungsabgabe mittel- und längerfristig auch eine Steigerung des Beitragsaufkommens zur Folge, da die erweiterte Bemessungsgrundlage rascher zunimmt als die Lohnsumme.
Jene Unternehmen, die nur Rationalisierungsinvestitionen vornehmen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kündigen, entziehen sich dadurch auch einer adäquaten Finanzierung des Sozialstaates. Durch eine Wertschöpfungsabgabe ist dies nicht so leicht möglich. Sie kann dazu dienen, Sozialsysteme aufrecht zu erhalten.
Heike Fischer ist Betriebsratsvorsitzende im Zentrum Spattstraße Linz