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Absage an die Sozialpartnerschaft

  • Donnerstag, 29. Januar 2009 @ 10:31
Tirol Josef Stingl, Spitzenkandidat des GLB, beantwortet wichtige Fragen zur Arbeiterkammerwahl 2009 in Tirol

Vom 2. bis 13. März 2009 wird in Tirol die neue Arbeiterkammer-Vollversammlung gewählt. Wie viele Listen treten an?

Stingl: Acht Listen – wir, der Gewerkschaftliche Linksblock (GLB) unterscheiden uns aber markant von den Anderen. Wir sind unabhängig von Regierungsparteien und unsere Liste stellt einen repräsentativen Querschnitt der Tiroler Arbeitswelt dar. Bei uns kandidieren ArbeiterInnen und Angestellte, Arbeitslose und Auszubildende, sowie ÖsterreicherInnen und MigrantInnen aus dem EU- und Nicht-EU-Bereich. Welchen gesetzlichen Auftrag hat die Vollversammlung? In welchen Fragen werden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vertreten?

Stingl: Der gesetzliche Auftrag ist im § 4 AK-G geregelt. Darin heißt es: „Die Arbeiterkammern sind berufen, alle zur Interessenvertretung der Arbeitnehmer - einschließlich der zuvor als Arbeitnehmer beschäftigten Arbeitslosen und Pensionisten - erforderlichen und zweckmäßigen Maßnahmen zu treffen.“ Insbesondere kann sie Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen und Gesetzesvorhaben abgeben und durch Gutachten, Vorschläge und sonstige gesetzliche Mitwirkungsrechte die Interessen der Arbeitnehmer wahrnehmen. Leider hat sich aber sowohl in den SP-dominierten, als auch VP-dominierten Arbeiterkammern politische Lähmung breit gemacht. Da wird lieber am Verhandlungstisch „tot verhandelt“, als gegen die Schwesterparteien Flagge gezeigt.

Wer ist wahlberechtigt? Auch geringfügig Beschäftigte und freie Dienstnehmer und Karenz befindliche Personen?

Stingl: Wahlberechtigt sind bis auf wenige Ausnahmen alle ArbeitnehmerInnen. Ausnahmen bilden beispielsweise Beschäftigte bei Apotheken oder in landwirtschaftlichen Betrieben, diese sind kurioserweise apothekerkammer- oder landwirtschaftskammerzugehörig. Theoretisch sind auch geringfügig Beschäftigte, freie DienstnehmerInnen, KarenzgeldbezieherInnen, Zivil- und Präsenzdiener und Lehrlinge wahlberechtigt. Theoretisch deshalb, da diese nicht automatisch im WählerInnenverzeichnis aufscheinen und sich nur ein Bruchteil derer in die WählerInnenliste reklamiert. Vertretungsanspruch aber kein Wahlrecht haben PensionistInnen - beides demokratiepolitischer Nonsens.

Wie und wo können die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Gebrauch von Ihrem Wahlrecht machen und ab wann können Briefwähler ihre Stimme abgeben?

Stingl: Drei Möglichkeiten stehen fürs Wählen zur Verfügung: Entweder die Stimmabgabe zwischen dem 2. und 13. März in einem der Bezirkswahlbüros, oder KollegInnen mit einem Arbeitsplatz mit Betriebswahlsprengel können in ihrer Firma zum ausgehangenen Wahltermin wählen, oder nach Erhalt der Wahlkarte kann mittels Briefwahl sofort gewählt werden.

Wie viele Wahlberechtigte gibt es in Tirol?

Stingl: Laut vorläufiger WählerInnenliste (Stand 10. Jänner 2008) sind 216.500 KollegInnen wahlberechtigt, dazu kommen noch einige tausend, die sich ins WählerInnenverzeichnis reklamiert haben.

Welche Leistungen bietet die Arbeiterkammer an?

Stingl: Als Serviceorganisation funktioniert die AK ja ganz gut: Rechtsberatung, KonsumentInnenschutz, Lehrlingsschutz, Bildungsförderung etc. - auf der politischen Ebene werden aber die Möglichkeiten der Einflussnahme z.B. durch Gesetzesinitiativen nicht genützt. Da mangelt es einfach an linken oppositionellen Positionen. Dafür braucht es einen GLB. Denn wir wollen eine offensive Nutzung der politischen Möglichkeiten der Arbeiterkammern - insbesondere durch fortschrittliche Gesetzesinitiativen.

Welche Forderungen und Wünsche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stehen derzeit im Vordergrund?

Stingl: Umverteilung unter dem Motto: Es ist genug für alle da! Uns ist dabei klar, dass die Möglichkeiten der AK beschränkt sind und die Revolution dort sicher nicht stattfindet. Das schließt aber nicht aus, dass die AK zu einer stärkeren politischen Vertretung der ArbeitnehmerInnen, der Arbeitslosen, der Prekarisierten und der PensionistInnen werden kann - es bedarf „nur“ der Absage an der institutionalisierten Sozialpartnerschaft.

Interview mit Sepp Stingl für das „Osttirol-Journal“, Ausgabe Februar 2009